Journalismus


Die WAZ oder auch “der Westen” hat sich offenbar ein Beispiel an den Piraten aus den Asterix-Comics genommen und ihren Kahn selbst versenkt. Seit Wochen, offenbar gar seit Monaten, sieht man beim Aufruf von waz.de das da:

waz

Nach einem absolut nichtssagenden Artikel darüber, wie irre wichtig die WAZ ist und einem längeren Impressum ist ein Monate altes ödes Video aufzurufen. Darunter erst, im Scrollrad-Keller, liegen die aktuellen Artikel. Immerhin wechselt die Werbung häufiger.

Was soll das? Ist das eine Protestaktion? Ist der Typ mit der Bierflasche am Kiosk gegenüber vielleicht auch eine Mahnwache der WAZ? Oder soll die Kapitulation im Netz die Super-Idee zur Förderung der Printe sein?
Wer’s blöder kann, melde sich, für Skurrilitäten bin ich immer zu haben.
Ansonsten gilt: Selbst wenn einem fast nix einfällt – es gibt immer noch größeres Elend. Einfach drüber schreiben! Wenn’s gut gemacht ist, kommen Männer immer wieder. Und Frauen. Und der ganze Rest sowieso.

Während die Beschützer rechtsextremer Rhetorik sich selbst in Kommentaren bei der TAZ gegen den Begriff (Rechts-)”Populist” verwahren, der sie in bezug auf Lafontaine nie gestört hat, zeigt SpOn einmal mehr, wie Propaganda geht. Ich bin zu müde für eine Analyse, daher nur der Schnelldurchlauf:

Sigmar Gabriel wettert zurecht gegen die Vermietung des Ministerpräsidenten Rüttgers. Wahlkampf hin oder her, aber man darf wohl kaum erwarten, daß er den Skandal auf sich beruhen läßt. Sebastian Fischer und Florian Gathmann sehen darin offenbar nichts weiter als die demagogische Attacke eines linken Verräters. War Lafontaine der “Populist”, wird Gabriel zum “Kampagnero”. Zitate:

Gabriel treibt die Genossen zur Jagd auf Rüttgers“;
Er rückt die umstrittene Sponsoring-Praxis von CDU-Ministerpräsident Rüttgers in den Mittelpunkt seiner Kampagne.”;
Immer schärfer werden Gabriels Attacken“;
Und legt nach, knöpft sich nun sogar Norbert Lammert vor, den zur Überparteilichkeit verpflichteten Bundestagspräsidenten, den zweiten Mann im deutschen Staat.”
Gabriel, der Kampagnero, kennt da keine Hemmungen“;
Damit nicht genug. Gabriel gibt den Saubermann

Ekelhaft, dieser Gabriel, widerlich seine Kampagne, die nicht einmal vor der Vizemajestät halt macht.
Dieser Gossenjournalismus, der sich im übrigen durchgängig einer Front- und Kriegsrhetorik bedient, richtet sich selbst und baumelt an dem Strick, den die verantwortlichen Propagandisten einem politischen Feind drehen wollen. Wenn der Eimer und die Tüten voll sind, wird halt auf den Teppich gereihert.

Das stilistische Massaker findet seinen Höhepunkt dann in der Bemühung, die Reaktion der Reaktion ins Lob der eisernen Jungfrau zu zwängen:

Parteichefin Angela Merkel schickt nun sogar einen Vertrauten in Rüttgers’ Wahlteam nach Düsseldorf: Joachim Koschnicke, bisher Leiter für Strategische Planung in der Berliner CDU-Zentrale, gilt als Experte für den Umgang mit Wahlumfragen, heißt es.”

Es heißt, er gilt. Und zwar als “Experte für den Umgang mit Wahlumfragen”. So einen schickt sie sogar.
Das ist so bitter dämlich, daß ich meinem Hirn die Gefahr einer weiteren Beschäftigung damit erspare.

Sind scheinbar mehrheitlich rechtsradikal, wenn man die Kommentatoren für repräsentativ nimmt. Die Saat geht auf. Bloß nicht drüber nachdenken!

[via]

Was die Deutsche Bank unter “Volkswirtschaft” versteht, wird immer dümmer, die Linie bleibt allerdings erkennbar: Arbeit soll sich nur für eine kleine Kaste höherer Angestellter lohnen – und natürlich für Kapitaleigner. Für den großen Bodensatz gilt: Viel arbeiten, wenig verdienen. Unproduktive Jobs fordert der Herr Mayer von der Deutschen Bank. Irgendwer in Deutschland soll sich Leute leisten können, die den Rasen mähen. Derweil sollen die anderen Europäer, vor allem die, denen eh nicht mehr zu helfen ist, produktiver werden und auf Export setzen. Natürlich mit niedrigen Löhnen, so wie Deutschland das vorgemacht hat. Man möchte sich die Stirn in Scheiben hauen.

Die Vorlage der Interviewer, die Löhne um fette zwei bis drei Prozent zu erhöhen, ist ihm “zu einfach”. Warum, das verrät er nicht. Und wird auch nicht danach gefragt. Überhaupt ist da ein kondebiles Gespann am Werk, das weder Probleme definiert noch ernsthaft Lösungen erörtert. Robert von Heusinger, den ich sonst durchaus schätze, macht sich zum Deppen vor einem vermeintlich unantastbaren Experten. Wenn er das nicht besser kann, sollte er keine Interviews mehr führen. Seine neue Rolle in der Zentralredaktion der du Monts könnte in einer Selbstdemontage enden.

Die armselige Veranstaltung dieses “Interviews” ist der FR nicht würdig, es ist eine Orgie neoliberaler Plattitüden.
Ja, die Arbeitsmarktreformen waren erfolgreich“; “Ich habe überhaupt nichts gegen Kombi-Lohnmodelle und bessere Zuverdienstmöglichkeiten“; “Die Wettbewerbsfähigkeit kann man in einer Währungsunion nur verbessern, indem man die Produktivität steigert, oder die Nominallöhne senkt.
Zum Teil sind die Äußerungen Mayers widersprüchlich, zumal niemand ihn fragt, wie eine Binnennachfrage mit “Kombilöhnen” auf die Füße kommen soll. Die Frage nach einer Erklärung für die “Saldenmechanik” wird mit zwei Sätzen abgefrühstückt:
Wenn ein Land einen Exportüberschuss aufweist, muss der Rest der Welt ein Handelsbilanzdefizit haben. Denn der Saldo aller grenzüberschreitenden Transaktionen ist immer null.
Ganz großes Expertenwissen!

Mayers Eingeständnis zum Auftakt, daß die Fixierung der deutschen Wirtschaft auf den Export nicht richtig war, ist wohl das Zückerchen, mit dem sich Heusinger und Roth haben abspeisen lassen, sodaß es für den Rest halt nur noch Kamelle aus dem Phrasensack gibt. Es kommt nicht einmal das Bemühen um ein Verständnis der Lage auf, geschweige denn ein kritisches Nachhaken. Wie zum Beispiel das gescheiterte Exportmodell überhaupt funktionieren soll in Ländern, die gar keine Infrastruktur dafür haben, wäre wohl das Mindeste, das hätte geklärt werden müssen.

So endet das Spiel “Frag mich nichts, dann sag ich nichts” denn auch als Cliffhanger, dessen marktwirtschaftlich freier Fall den Zuschauern nicht mehr zugemutet wird:
Die Staatsknete sei verschossen und wir könnten nicht noch einmal das Defizit verdoppeln, erklärt Mayer. Dazu die Qualitätsjournalisten:

Weil wir das Geld den Banken geben mussten.

Hier schweige ich besser“, ist die zynische Abfuhr des Leistungsträgers, der weiß, daß er sich vor diesen sportinvaliden Sparringspartnern nicht verantworten muß. Sie wollen schließlich gar nicht, daß ihre Leser auch nur der Hauch einer Erkenntnis anweht.
Solche geistige Windstille bildet also die öffentliche Meinung. Für eine Zeitung, die sich jüngst als ein rarer Lichtblick im unkritischen Medienzirkus erwiesen hat, eine einzige Schande.

Er trägt Mantel und Anzug von Hugo Boss. Seine leichte Champagnerfahne mischt sich mit dem Geruch schweren Parfums. Als er von der Willy-Brandt-Straße in die Brandstwiete einbiegt, sieht er die junge Frau mit den grell gefärbten Haaren und dem Piercing. Wie aufgescheucht rennt er auf sie zu, schlägt ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Der Siegelring hinterläßt tiefe Striemen.
“Du Scheißschlampe”, brüllt er, “es ist elf Uhr. Hast du keine Arbeit oder was? Wie du schon aussiehst! Kein Wunder, wenn du keinen Job findest. Früher hätten wir dich…”

Die sogenannten “Streifenbeamten” erleben das immer wieder hier, rund um das Verlagshaus des “Spiegel”:
“Die Redakteure dort sind sehr engagiert für den Sozialsstaat. Da gehen die Pferde mit ihnen öfter schon mal durch, wenn sie auf Leute treffen, die arbeitslos sein könnten.”
Die junge Frau hält sich ein Taschentuch vors Gesicht. “Ich bin doch gar nicht arbeitslos”, stammelt sie entsetzt.
“Dann sollten Sie besser nicht so herumlaufen wie die Asozialen”, rät die Beamtin, “nicht in dieser Gegend!”

Jakob Augstein äußerst sich zum Journalismus, wie er sein sollte und nimmt eine äußerst sympathische Haltung ein, von der ich hoffe, daß er sie beim “Freitag” auf lange Sicht etablieren kann. Im Mittelpunkt steht das Verhältnis der Journalisten zu Politikern, von dem Augstein sagt, es sei am besten gar keins, man sollte “Fremder” bleiben. Andere sehen das nicht nur anders, die hauptstädtische Realität des Schulterklopfens wird vielmehr gepflegt und verteidigt von Elitejournalisten, die sich in einer “win-win” Situation wähnen. Das kann man so sehen, denn die einen werden mit Exklusivinformationen versorgt, die bares Geld wert sind, die anderen müssem Kritik nicht wirklich fürchten, weil sie sich erfolgreich dagegen abschirmen.

Was dabei verliert, sind Wahrheit, Transparenz, Demokratie. Und ganz en passant natürlich ein Journalismus, der seine Qualität in gerade diesen Bereichen einmal gefunden hatte. Augstein Senior stand protoypisch für diesen, der noch von Journalisten und Demokraten geprägt wurde, nicht von Parteigängern und Umsatzzielen. Das hat sich gründlich geändert, und wie dumm eindimensionales Gewinnstreben sein kann, zeigt sich nirgends so deutlich wie hier. Die Qualität der Springerpresse lag noch nie in dem, was sie “Berichterstattung” oder “Kommentar” nennt. Verkaufen lassen sich ihre Produkte gleichwohl. Wenn inzwischen beinahe alle diesen Antijournalismus für seligmachend halten, bleibt nach dem Ethos auch noch die wirtschaftliche Substanz auf der Strecke. Das hat mit einer Online-Revolution herzlich wenig zu tun.

Eine Lösung ist vor allem deshalb nicht in Sicht, weil die Medien von selbsternannten Leistungträgern für vermeintlich Ihresgleichen gemacht werden. Jakob Augstein bringt das auf die Formel:
Der soziale Aufstieg hat die Journalisten selber in die herrschende Klasse gespült: Ihre Kinder besuchen die selben Schulen, sie wohnen in den selben Vierteln, sie gehören zu den selben Clubs“.
Und sie behandeln ihr Fußvolk dementsprechend: Als Kostenfaktoren, Befehlsempfänger und Contentarbeiter. Sie betrachten Absatzeinbrüche als Kostendruck, anstatt sich um höhere Qualität zu bemühen. Sie halten sich für unangefochtene “Gatekeeper”, die ihre unmündigen Leser mit preiswerten Informationshäppchen versorgen. Ihre Werbung sagt, das sei schmackhaft und gesund, und wenn der widerspenstige Kunde das nicht goutiert, dreht man ihm dasselbe in einer neuen Verpackung an. An dem Zutaten muß dafür noch ein wenig mehr gespart werden.

Die Meinungsbürokratie der Karrieristen ist nicht nur undemokratisch und der Tod jeder relevanten Kritik, sie ist obendrein auch muffig wie das Aktenarchiv im Finanzamt. Bezeichnender Weise werden Skandale nicht mehr von Journalisten aufgedeckt, sondern von Politikern ganz offen produziert. Es wird nicht mehr mühsam ans Tageslicht gefördert, was die Herrschaft verschämt in ihren Kellern versteckt, sondern eifrig mitgeschrieben, was sie ungehemmt verkündet.

Wo sind Mut und Lust, die Suche nach der Wahrheit, die Idee von einer besseren Welt geblieben? Wen soll dieser Betrieb zum Lesen animieren? Ein böser Demagoge sagte einmal:
Wenn wir uns selbst begeistern, dann können wir auch andere begeistern.” Damit meinte er freilich nicht eine losgelassene Eitelkeit, die in arroganter Verachtung endet, verendet sind dennoch seine Partei und die schreibende Zunft gleichermaßen. Daß ihm längst der blanke Hass des Establishments aus Politik und Medien entgegen schlägt, ist die Ironie des gegebenen Zustands.

Wer Journalist werden will, sollte sich Kurt Kister oder Diogenes von Sinope zum Vorbild nehmen. Wem die Majestät die Hand reicht, der sollte noch den kleinen Finger ausschlagen. Wer will, daß dieser Beruf ernstgenommen wird, muß Unabhängigkeit fördern und leben. Und wer nicht völlig der Idiotie des selbstverschuldeten Sachzwangs erlegen ist, sollte erkennen, daß die Zukunft der Zeitung in solcher Unabhängigkeit liegt.
Sollte, könnte, müßte. Es wird wohl anders kommen. Die Schuldigen wird man schon irgendwo finden.

Ojeh. Ich habe am Handelsblatt noch nie etwas finden können, aber die Strafe, die jetzt über die Redaktion und die Leser kommt, erscheint mir dennoch annähernd grundgesetzwidrig – Gabor Steingart wird Chefredakteur. Jens Berger sagt das Wichtigste dazu, ich empfehle zur stimmungsvollen Untermalung “Hell’s Bells” von AC/DC.

Steingart hat bislang mit allem daneben gelegen, sich u.a. in bezug auf Obama und die gelbe Gefahr mindestens an den Rand des Rassismus vorgewagt und ein hochnotpeinliches Geschwurbel abgelassen, in dem er Erhardt und den Schweiß des deutschen Mannes aufgefahren hat, um den Amis die Neue Soziale Marktwirtschaft zu erklären. Dies alles, nachdem er ganz offen im “Spiegel” Kampganenjournalismus bertrieben hatte – erst für Schröders Agenda und dann für Angela Merkel.

Immer geradeaus vor den Schrank, vor die Wand, für den Marktliberalismus, das ist sein Weg. Eine witzige akademische Frage wäre die, ob seine Berufung als prozyklisch oder antizyklisch zu werten ist. Antizyklisch wäre sie insofern, als daß immer mehr Journalisten den Holzweg verlassen, prozyklisch insofern, als daß sich ja die bewährten Kampagneros konzentrieren. Nicht nur bei Springers, sondern jetzt offenbar auch beim Handelsblatt.

Für den deutschen Blätterwald kann sich das als Segen entpuppen, denn Meinungsmache und Fehlprognosen Steingartscher Prägung sind geradezu eine Provokation, es anders und besser zu machen. Einen Haken hat das Ganze allerdings: Wer zu Schnitttchen und Schampus eingeladen werden will, muß sich in nächster Zukunft wohl einer Inkompetenz andienen, die den bereits hinreichend schmerzhaften Dummschrieb der letzten Dekade noch in den Schatten stellt. Welche Wirkungen diese Tendenz entfaltet, werden wir erleben. Montags bis sonntags auch in diesem Theater.

Der Stern hat festgestellt, daß Herr Steinmeier gar nicht der glänzende Retter der SPD ist, sondern in etwa das Gegenteil: Ein kreuzlangweiliger braver Verwalter seiner selbst, der als Bremsklotz in der politischen Landschaft herumliegt und dem neuen Parteivorsitzenden nur im Weg ist.
Überhaupt sei das alte Personal der SPD, das aus der Schröder-Zeit noch übrig ist, ein Ladenhüter, untauglich für eine Aufarbeitung der Vergangenheit oder die Gestaltung einer Zukunft. Sogar Lafontaines Flucht vor der Schröderia wird in diesem Zusammenhang neu bewertet. “Den Lafo machen”, wie der Stern das prekariatstauglich nennt, bedeutet demnach die Einsicht, daß die Führung einen nicht mehr braucht und man vor der Wahl steht, die Überzeugung zu wechseln oder zu gehen.

Die FTD, die ich nicht wirklich als “die treuesten Knappen des Ordo Neoliberalis” bezeichnen würde, falls Chat Atkins das so meinte, gibt gar jede Zurückhaltung auf und tritt der Merkelschen Gurkentruppe zünftig in den Hintern. Thomas Schmoll redet Tacheles:
Die Liberalen brauchten keine 100 Tage zur Selbstdemontage” und
Die CDU-Vorsitzende hat das System Kohl des Aussitzens und beharrlichen Schweigens perfektioniert. Bloß nicht festlegen und wenn doch, dann mit Hintertür oder Notausgang“.
Pinkwart und Rüttgers wirft er gar (zurecht) “Populismus” vor, und bedient sich damit jener Vokabel, die bislang für Oskar Lafontaine reserviert war.

Allmählich kollabiert tatsächlich die Front der Schönschreiber einer Einheitsmeinung, die bislang stets dieselben Helden und Schurken kannte und deren sprachliches Instrumentarium entsprechend festgelegt war. Inzwischen findet lustvolle Majestätsbeleidigung statt, und die Entzauberung der vorgeblich ewig Rechthabenden grenzt an Bildersturm. Einige sind offenbar ihrer eigenen öden Propaganda überdrüssig geworden und probieren etwas Neues. Das kann ich nur begrüßen. Ein frischer Wind ist das zwar noch nicht, aber der übelste Gestank konzentriert sich wieder auf den Halden, die schon immer den gärenden Müll von vorgestern gepflegt haben.

Das da könnte glatt von mir sein. Die FR ist derzeit um Längen vorn auf der Papierpiste. Chapeau!

Eine kleine Umschau:

Der “Standard” berichtet über den geplanten Umgang mit Asylbewerbern in EUsterreich. Da werden Menschen kaserniert und eingesperrt, die man als Exemplare betrachtet, welche aufgeteilt werden sollen, sanktioniert, wenn sie sich “der längerfristigen Internierung entziehen“, gegen die “Anwesenheitspflicht in Erstaufnahmezentren” verstoßen, bei deren “Zahlen [es] einen Einbruch gegeben hat” – der wohl willkommener ist als die Flüchtlinge – und Ähnliches. Wie verräterisch kann Sprache doch sein, nicht zuletzt, weil sie scheinheilig noch den Begriff “Lager” vermeidet. Ein Kommentar dazu findet sich dortselbst.

Wie Meinung ohne Umweg zu Geld gemacht wird und welche “Verflechtungen” auch in übernationalen Organisationen wie der UNO bestehen, die nichts Anderes sind als der Gipfel der Korruption, berichtet tagesschau.de. Lobend hervorzuheben ist die Formulierung “Journalisten und Politiker verfielen daraufhin einer globalen grippalen Hysterie“. Ein wenig Selbstkritik, immerhin.

Weniger kritisch fällt ein Kommentar zu Apples tollem Tablet durch Michael Wolff aus (Zitat TAZ):
Selbst wenn der traditionelle Content in neuer Form vom Verbraucher angenommen würde – woran er nicht glaubt – werde dies die Printmedien nicht retten. Eher werde es sie endgültig vernichten. Apple – das habe man bei der Musik gesehen – suche vor allem billige Inhalt(e), um ihre Geräte zu füllen.”
Ginge das heimliche Konzept der Printmedien auf, mehr Content mit weniger Einsatz zu poduzieren, wäre das doch genau die richtige Plattform. Thema verfehlt. Oder was war noch gerade “Qualitätsjournalismus”?

Die Phrase vom Wettbewerb, der ja gar nicht “unanständig” sein will, eimert Arne Storm durch sein Artikelchen, in dem er beinahe in Sichtweite einer fast-Kritik an ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen den Mindestlohn kippen möchte, weil doch der Monopolist Post dem guten “Geist des Wettbewerbs” im Wege steht. Das Waschlappengeschmiere zum PIN-Skandal ist preiswürdig:
Dass diese neue Gewerkschaft später vom Amtsgericht Köln wegen ihrer Verflechtungen mit der Arbeitgeberseite als »nicht tariffähig« eingestuft wurde, war in den Augen der Berliner Richter für die juristische Einschätzung irrelevant.”
Damit ist es das dann auch? Hier wäre eine deutliche Stellungnahme zur fatalen Schwächung der Arbeitnehmer in der ach so sozialen Marktwirtschaft die Mindestanforderung an einen brauchbaren Text gewesen. Aber Wachstum, Wettberwerb, Leistung und dergleichen Blabla sind halt noch immer journalistischer Standard. Das reicht allerdings nur dann aus, wenn man sein Gehalt aus dem Phrasenschwein bezieht.

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