Report Mainz berichtete heute von einer Gewerkschaftsgründung der dritten Art (leider kein aktueller Link zum Inhalt des Beitrags). Nachdem schon berichtet worden war, wie die Springerpresse Meinung macht, um ihren Postversand “PIN” vor lästigen Mindestlöhnen zu schützen, legt PIN/Springer jetzt nach und gründet die erste von Arbeitgebern gesteuerte Gewerkschaft. Was Anfang Oktober noch eine Drohung war, die ausgerechnet Florian Gerster, Präsident des Arbeitgeberverbandes, verkündete, wird jetzt in die Tat umgesetzt. “GNBZ” soll die “Gerwerkschaft” heißen, die unter Regie einer PR-Firma erst einmal eine Demo gegen höhere Löhne organisierte. Zwar hat sie noch keine Mitglieder, aber offenbar schon Geldmittel. Woher die kommen, wird nicht verraten.
Noch einmal im Schnelldurchlauf: Springer unterhält einen Briefträgerdienst. Nach Wegfall des Briefmonopols der Post startet Springer eine Kampagne gegen Mindestlöhne bei Briefzustellern. Eine PR-Firma organisiert eine Demo, zu der PIN-Mitarbeiter geschickt werden – gegen Bezahlung. Sie müssen sich dazu in Listen eintragen, die der Arbeitgeber einsehen kann. Wer nicht draufsteht, kann sich ausrechnen, wie das “oben” ankommt. Als nächstes gründet sich eine “Gewerkschaft”, die Unternehmerinteressen vertritt. PIN-Mitarbeiter werden gedrängt, dort einzusteigen. Andere Dumpinglohnempfänger werden sicher auch bald dazu genötigt. Wer es sich nicht leisten kann, solche Jobs abzulehnen, wird mit Zuckerbrot und Peitsche sicher leicht zum Eintritt bewegt werden können. Am Ende handelt der Arbeitgeber mit sich selbst die Hungerlöhne aus, die das Gesetz unterlaufen sollen.
Allmählich gehen selbst mir die Worte aus. Was Springer da veranstaltet, ist nahe am Staatsstreich. Daß jemand wie Gerster sich vor diesen Karren spannen läßt, der als Chef der Bundesagentur gegen Arbeitslose schon den nützlichen Deppen gespielt hat, nimmt nicht wunder, macht die Sache aber nicht appetitlicher. Ich gehe davon aus, daß der Gesetzgeber sich diesen Putsch nicht gefallen lassen wird und den Damen und Herren kräftig auf die Finger haut. Allein schon aus Selbstschutz, denn diese Sauerei ließen sich nicht einmal die schmerzresistenten deutschen Arbeitnehmer gefallen.
Daß aber eine Arbeitgebermischpoke zu einem derart ekelhaften Anschlag auf den Anstand imstande ist, bestätigt die rüdesten Kritiker des Neoliberalismus’. Solche gewissenlosen Hanswurste anzuspucken, wäre noch zu viel der Ehre.