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April 2010


Daß die “Kartastrophe” im Golf von Mexiko keine ist, sondern ein auf vermeidbare Schlamperei und Rücksichtslosigkeit zurückzuführender Fall, ist nicht wirklich mehr eine Vermutung. WDR2 berichtet über Hintergründe, die deutlich machen, daß für ein paar Dollar weniger Risiken eingegangen werden, die dann halt zu einem bißchen Ölpest führen. Daß Obama BP in Regress nehmen will, ist richtig, allerdings ist der Hinweis auf die Verantwortlichkeit der von BP beauftragten Firmen nicht minder wichtig.

Da taucht dann auch wenig überraschend der Name “Halliburton” auf, jene Firma, der Dick Ceheney und die Bush-Administration zutiefst verbunden sind. Hinweise darauf fand ich bislang nicht in den Medien, lediglich Telepolis erwähnte die Beteiligung Halliburtons an dem Desaster und benennt deutlich Profitgier als Ursache.
Ob die selbstgemachte Katastrophe einen Einfluß auf die amerikanische Ölpolitik haben wird – etwa auf Bohrungen in Alaska – ist eine andere Frage. Was kostet ein Biotop? Das holen wir doch locker wieder raus, frei nach dem Motto: “Kill Baby, Drill!”

Im US-Senat haben die Republikaner ihre Blockade gegen Regulierungsansätze der Demokraten und ihres Präsidenten aufgegeben. Im Kern sollen Großbanken auf ein Niveau gestutzt werden, das die Steuerzahler nicht zu Geiseln “systemrelevanter” schwarzer Löcher macht und die Volcker-Regel eingeführt werden, die Spekulationsgeschäften von Banken einen Riegel vorschiebt.

Wie das Rennen ausgeht und ob es zu wirksamen Beschränkungen führt, wird sich zeigen. Daß selbst die Amerikaner die Notwendigkeit drastischer Einschnitte in die “Freiheit” von Finanzgeschäften eingesehen haben, macht deutlich, wie tief der Schock über das eigene Treiben sitzt. Der Glaube an die unbegrenzten Möglichkeiten eines ebensolchen Kapitalismus ist dort vorläufig gebrochen.

Die mächtigste europäische Wirtschaftsmacht interpretiert die Detonationen im eigenen Haus hingegen immer noch als Silvesterböller, die von unartigen Schülern der Nachbarklasse gezündet werden. Von dem Ladykracher im Kanzleramt ist ein Sinneswandel indes ebensowenig zu erwarten wie von den neoliberalen Strategen rund um die heimische Freiheitsstatue. Wer erwartet, dies sei die Stunde der Opposition, vermutet wohl in quasi katholischer Frömmigkeit, es gäbe eine. Kritik, radikale Forderungen nach Umkehr gar, gilt hierzulande aber als linkskommunistisch. Diesem Ruch mag sich niemand aussetzen, der seinen Namen gern in der Zeitung liest.

Zitat des Tages:

tagesschau. de: Andere Stimmen sagen: Wir haben die Stabilitätskriterien eingehalten durch eine zurückhaltende Lohnpolitik und gut gewirtschaftet, und jetzt sollen wir für die einspringen, die das nicht getan haben. Ist das nicht ein berechtigter Einwand?

Flassbeck: Das ist vollkommen falsch. Man hat eine Währungsunion gemacht mit einem Inflationsziel von zwei Prozent. Das ist eine implizite Verpflichtung, die Löhne ungefähr zwei Prozent über der Produktivität zu halten. Deutschland ist massiv darunter geblieben und hat damit sozusagen eine Deflationspolitik betrieben, ohne es den anderen zu sagen. So wurde Deutschland fast zum alleinigen Gewinner, während fast alle anderen darunter leiden. Das hat nichts mit Sparen zu tun: Das war und ist ein klarer Verstoß gegen den Geist der Währungsunion.

Heiner Flassbeck war freilich nicht so gefragt im Zeitgeist. Hans-Wener Sinn, der noch immer von journalistischen Hasardeuren zitiert wird, wurde zur Ikone des Neoliberalismus und seiner Medien. Seit 30 Jahren wird gebetet, Konsum sei schädlich, niedrige Löhne gut und die jährliche Exportweltmeisterschaft pure Glückseligkeit. Die Rezepte dementsprechend. Werden wir doch einfach alle Exportweltmeister! Daß die “Stabilitätskriterien” eine maximal 3-prozentige Inflation vorschrieben, wurde uns ebenfalls eingebläut. Daß es auch einer minimalen Inflation bedarf, kann ja nicht angehen in einer Zinswirtschaft?

Kein Wort war es den gefragten “Experten” wert, wie volkswirtschaftlich – und zwar global – vernünftige Politik gestaltet werden könnte. Im Gegenteil wurde das Wohl und Wehe der Menschen dem “Standortwettbewerb” überantwortet, was nichts anderes heißt, als den manischen Egoismus eines einäugigen Betriebswirtschaftsdenkens der politischen Ökonomie überzustülpen. Werden in der kruden Konkurrenz der Betriebe und Konzerne die Verlierer vom Markt radiert oder ausgeweidet, ist das unschön, aber in Grenzen praktikabel. Dieses Prinzip aber als alternativloses den Staatswirtschaften zu verschreiben, ist ökonomischer Völkermord.

Es sollte keine Volkswirtschaft existieren dürfen, die sich nicht den Regeln der profitorientierten freien Märkte unterwarf. Alternativen wurden mit aller Macht unterdrückt. Selbst die sprachlichen Mittel der Kritiker und Zweifler unterliegen der Diktatur des Neoliberalismus. Staaten, die “Hilfe” benötigen, weil sie der Konkurrenz nicht standhalten, wurden und werden durch IWF, Weltbank und andere Institutionen der heiligen Einfältigkeit auf Kurs gezwungen. Gesetze werden angepaßt, Lohnabhängige global entmündigt und unterjocht, um private “Investoren” mit multiplen Erwerbsorgasmen zu befriedigen.

Trifft es Afrika, ist das Hunger as usual. Ist es Dubai, haben die Scheichs es nicht anders verdient. Springt Griechenland über die Klinge, sind es die faulen Korruptis selber schuld. Und morgen die ganze Welt. Deutschland wird derweil von Sozialschmarotzern bedroht, die sich jeder Eigenverantwortung entziehen.
Daß Volkswirtschaft die Völker betrifft, deren Menschen so viel Einfluß auf diesen Irrsinn haben wie zum Stumpfsinn verzogene Kinder, ist bestenfalls ein Thema in Ethikseminaren, die der Effizienz des Studiums zum Opfer fallen und freiwillig nachgeholt werden dürfen.

Politik und Boulevard nutzen die Gunst der fröhlichen Stunde und tun, was sie am besten können: Das ihnen anvertraute Vieh auf anderes zu hetzen. Die “Pleite-Griechen” wollen unser Geld und legen ihre faulen Kadaver in die Sonne oder streiken. Streiken!
Es ist nicht so, daß ich mich hier in Rage rede. Vielmehr finde ich nicht die Worte, die meiner Rage auch nur annähernd Ausdruck verleihen. Ich breche das an dieser Stelle ab.

Was ist das für eine “Union”? Die Weltmeister, die gern mit dem Geld anderer Wirtschaften, das sie den Lohnempfängern im eigenen Land vorenthalten, haben bei der Einführung des Euro Bedingungen diktiert, die angeblich für Stabilität sorgen. Auch ohne eine blasse Ahnung von der Finanzierung von Staatsschulden (eine solche habe ich gerade noch) hätte man darauf kommen können, daß die Kriterien von einigen Euroländern nicht eingehalten werden konnten. Von einigen offensichtlich schon von Anfang an nicht. Auch ohne eine Ahnung von irgendetwas kann man nunmehr erkennen: Der Titel “Stabilitätspakt” ist eine Lüge, der gegenüber griechische Bilanzierungstechniken ein augenzwinkerndes Flunkern waren.

Was die Bundesregierung derzeit veranstaltet, ist ein Fiasko, das einen neuen politischen Tiefpunkt markiert. Robert von Heusinger faßt die kognitiven Verwüstungen der Berliner Experten angemessen zusammen und erläutert die Folgen ihrer Borniertheit. Noch weitsichtiger ist seine Analyse vom 13.04.: Es ist nicht nur ein Akt notwendiger Solidarität, wenn ein Eurostaat dem anderen Geld leiht – auch und gerade unterhalb der an Kapitalmärkten ausgezockten Zinssätzen.

Das ließe sich übrigens durchaus erweitern auf Staaten allgemein, ganz gleich in welcher Währung. Daß Staaten im Jahr 2010 definitiv die besseren Banken sind, weil es für sie ein “Morgen” gibt und sie sich nicht auflösen, wenn sie “zahlungsunfähig” sind, hebt ihre Handlungen auf ein Niveau von Verantwortung, von dem die Banken sich um Lichtjahre entfernt haben. Wenn es um Leben und Tod geht, kann sich ein Staat nicht mal eben mit seinen Milliarden vom Acker machen.

Analysen und Kritik an falschen Analysen gibt es reichlich. Wie es dazu kam, das dürfte einigermaßen klar sein. Brauchbare Lösungsansätze, die sich von der Blödheit des “Et hätt noch immer jootjejange” frei machen, finde ich hingegen nicht.

Es geht um nicht weniger als (Bürger-)Krieg und Frieden. Und da gilt dann noch immer die Priorität des “freien Marktes”, was nichts anderes heißt, als daß der Schutz von Privatvermögen, mit denen Staatsschulden finanziert werden, über den Erhalt einer staatlichen Ordnung gehen – und das im noblen Europa?
Was habe ich da fundamental nicht kapiert? Steuert diese Systemkrise auf einen fiskalisch-ökonomischen Weltkrieg zu? Gibt es wirklich keine Mittel zur Abwehr der fatalen Mechanismen einer auf private Interessen ausgerichteten “Weltwirtschaft”?

Ich bitte darum, in den Kommentaren von Hinweisen auf das unvermeidliche Scheitern des Kapitalismus abzusehen. Soweit das stimmt, bedarf ich keiner Belehrung. Es geht mir vielmehr um die Details zur aktuellen Lage.

Als Tagebuchnotiz quasi gebe ich hier zu Protokoll, daß die Selbstidentifikation des freigesetzten deutschen Angestellten als jemand, der tüchtig zu sein hat, auch meinen Subscheitelbereich fest in den kalten Krallen hält. Anstatt Muße zu empfinden und sich schöngeistigen wie zweckfreien Beschäftigungen hinzugeben im Bewußtsein, daß alles zu etwas führt, werde ich cholerisch, weil die Tücken der Technik mir vermeintlich Zeit rauben, von der ich eigentlich reichlich habe. Ausgerechnet auch noch TV-Technik – das Empfangsgerät streikt und der Nachfolger beschert nichts als Ärger.

Tatsächlich werfe ich mir vor, mich über das gebotene zeitliche Maß hinaus mit solchen Niederwertigkeiten aufzuhalten – wo ich doch eine Zukunft zu planen und aufzubauen hätte. Die Pflicht zur Eigenbemühung ist mir ein Zwang, da muß mir niemand mit Stützekürzen drohen. Und darüber errege ich mich natürlich erst recht.

Wenn ich dann die Restproduktivität zur Legitimierung meiner ja noch zu gründenden Existenz anwerfen will, bleibe ich an der nächsten Hürde hängen. Selbst meine verminderte Teilzeit-Nützlichkeit steht auf dem Spiel. Aber ich kann nicht dauernd über dieselben politischen Malaisen schwadronieren. Das will ich doch selber nicht mehr lesen. Ja verdammt, ich bin auch müde – obwohl ich lange schlafe und nicht lohnarbeite. Wer kürzt mir bitte den Personalausweis oder bringt mein akademisches Lametta auf den neuesten Stand? Dipl. Soz-schmar. oder Dr. rer. schmatz AA wären aussagekräftige Ergänzungen des Befindlichkeitsprofils.

Zurück zu den wichtigen Gründen der Nützlichkeitsverweigerung des unqualifizierten Online-Publizisten. Afghanistan zum Beispiel. Habe ich irgendetwas noch nicht gesagt? Soll ich ernsthaft betonen, daß für mich niemand sterben muß, wo mir der Herr am Kreuz schon unten an demselben vorbeigeht und ich eh “Rücken” habe? Eine gute Lösung für das inhaltliche Problem hat epikur gefunden: Eine Rede von Mauer-und-Stacheldraht-Gysi hat er gepostet. Da ist alles drin.
Gute Nacht allerseits!

Er hat endlich echte Ämter inne: Vizekanzler, Außenminister. Ersteres ermächtigt ihn, das Glöckchen zu bimmeln, wenn die Chefin bei der Kabinettssitzung fehlt. Vielleicht würde ein Mensch mit Mut und Ideen ja mit Inhalten in die Bresche springen, wo Frau Merkel delegiert und aussitzt. Raum wäre da genug. Aber Westerwelle mit den genannten Kompetenzen in Verbindung zu bringen, fällt nicht einmal dem bemühtesten Bückling der Hofpresse ein.

Er ist der unbeliebteste Außenminister aller Zeiten. Das ginge noch an, hätte er sich denn durch Handeln und Entscheidungen diesen Nimbus verdient, aber im Gegenteil ist nicht einmal erkennbar, was er sich überhaupt vorstellt unter “Außenpolitik”.

Als Parteipolitiker steht er nicht nur für das Versagen einer Ideologie, an die sich desorientierte Wähler zuletzt noch leichtgläubig geklammert haben. Er steht auch dafür, in atemberaubendem Tempo dafür gesorgt zu haben, daß die leeren Sprüche den vollen Sog ihres Vakuums entfaltet haben.
Dieses Versagen nagt seit Amtsantritt an ihm, und die Versuche, durch peinliche und aggressive Ausfälle fehlende Fähigkeiten zu kaschieren, haben die Fratze nur noch deutlicher bloßgelegt.

Der FDP-Vorsitzende ist darüberhinaus verantwortlich für ein verblüffendes Ausmaß an Selbstversorgung und Klientelpolitik des kleinen Koalitionspartners. Halbgar räumt Westerwelle jetzt abstrakt ein, es seien “Fehler gemacht” worden – ohne diese zu benennen oder auch nur ein Mindestmaß an Selbtskritik erkennen zu lassen.

“Emotional” nennen Tagesschau und andere Medien ernsthaft die blasse Show, in deren Rahmen der Guy d’Eau deultich macht, was er unter “Solidarität” versteht. Mit unbeteiligter Miene und weinerlichem Tonfall bedankt er sich bei seiner Partei, die noch die albernsten Eskapaden mit Feuerschutz begleitet hat. “Solidarität”, das ist ihm die Treue zum Führer durch dick und doof.

Die NRW-Wahl steht an, es sieht miserabel aus für die Neoliberalen. Was hat ihr Chef im Angebot, um mögliche Wähler zu überzeugen?
Die “Entlastung des Mittelstands”, jene Jahrzehnte alte Lüge, die “Mittelstand” sagt und Großverdiener meint. Obendrein erkühnt sich die passionierte Blendgranate und Freiheitsstatue zu schwadronieren, es sei ja auch Geld für die Banken da. Das Verbrennen von Steuergeldern für das Versagen der neoliberalen Marktreligion ist sein Argument für weitere Geschenke an seine Klientel.

Und weil ihm noch nie etwas anderes eingefallen ist als rechte Propaganda, bietet er wieder einmal verzweifelte Ablenkungslyrik auf:

Aber was ist denn die Alternative? Rot- Rot-Grün! Da – möchte – ich – unser – Land – vor – bewahren;
Das hat unser Land nicht verdient, dass in unserem Land 20 Jahre danach Sozialisten und Kommunisten wieder etwas zu sagen kriegen.

Nein, was wir verdient haben, sind 20 Jahre nach dem Mauerfall die Spukgeschichten aus dem Kalten Krieg, als gelte es, den Todesstreifen um Düsseldorf zu durchbrechen, dargeboten in einer rhetorischen Erbärmlichkeit, der nicht einmal die strapazierten Claqeure der eigenen Partei mehr zuhören mögen.
Allmählich fragen sich auch bislang Wohlgesonnene, wie der Mann jemals so weit kommen konnte. Um diese Geschichte aufzuarbeiten, wird man andere Karrieren zum Vergleich heranziehen müssen.

Ein Zeitgeist, der die Menschen sowohl ihres Denkvermögens als auch ihres Mitgefühls beinahe vollständig beraubt, erzeugt offenbar immer wieder Figuren, die die Massen in eine kaum nachvollziehbare Anhängerschaft bringen. Dabei beruht das Charisma dieser Idole auf Eigenschaften, die man niemandem nachsehen würde, der auch nur regelmäßig seine Stammkneipe heimsucht.
Es muß nicht gleich Hitler sein. Im Fall Guido W. wäre Oliver Pocher ein vortrefflich geeignetes Studienobjekt.

Der letzte Staatsratsvorsitzende der SED, Egon Krenz, und der heimliche Chef der ehemaligen “Staatssicherheit”, Mischa Wolf, erklärten in einem Doppelinterview, die Partei “Die Linke” sei ein angepaßter Haufen von Anbetern des Kapitals. Der Weg in den Sozialismus führe nur über den konsequenten militanten Klassenkampf. Nach der Weltrevolution werde man Lafontaine und Gysi als erste an die Laternen hängen.

Über eine solche Meldung würden sich vermutlich nicht mehr allzuviele empören, weil es zurecht für lächerlich gehalten würde, wenn die Versager von gestern den Führungskräften von heute mit den gescheiterten Rezepten von vorgestern kämen. Aber auch das gilt nicht für ganz Gallien.

Die Abteilung Desinformation des ehemaligen Nachrichtenmagazins läßt Friedrich Merz und Wolfgang Clement auflaufen, um diese virtuosen Eigentorschützen gegen die Bundespolitik grätschen zu lassen. Selbstverständlich findet sich kein Hinweis darauf, daß beide im Dienste des neoliberalen Stupidity Tanks “INSM” stehen.

Clement geht gar so weit, vor einer Zusammenarbeit der NRW-SPD mit den Grünen zu warnen. Er erinnert sich noch daran, wie letztere dem Berufscholeriker mehrfach Anlaß zum Aktenweitwurf gaben. Daß es – wie auch immer unverdient – seiner Expartei gelingen könnte, endlich wieder einmal bei einer Wahl nicht mit wehenden Fahnen unterzugehen, scheint ihm ein besonderer Dorn im Auge zu sein. Immer, wenn die SPD sich zu erholen droht, wenn sie gar eine Ministerpräsidentin stellen könnte, ballert er ihr beherzt seine rechte Klebe ins Netz.

Sozial ist, was Sklavenarbeit schafft. Demokratie ist, was die Vorstände beschließen. Sozialdemokratie ist die Forsetzung dieser Politik mit allen Mitteln.
Qualitätsjournalismus ist, diese Weisheiten “professionell aufzubereiten und [sie] als Nachricht, Bericht oder Reportage wieder in die Gesellschaft einzuspeisen“.
Der Montagsleser kann sich auf diese Weise stets ein Bild vom aktuellen Wüten des furchtbaren “Linksrutschs” machen.

Nach empörten Christen klagen jetzt auch empörte Zyniker – wegen Plagiats !

rottenfaq

Quelle: rotten.com

p.s.: Wer rotten.com nicht kennt, sollte dort nicht vor dem Frühstück herumsurfen. Es ist fürwahr widerlich, was es dort zu sehen gibt. Diese Warnung ist ernst gemeint.

Nachdem ich neulich bereits den Grünen ein miserables Zeugnis ausgestellt habe, muß ich aktuell leider für NRW eingestehen, daß die real existierende Linken ggf. durchaus regierungsfähig sind, aber ein geradezu widerwärtiges Politikverständnis spazieren führen. Ausgehend von Bemerkungen zu Vorgängen in einem Kreisverband habe ich ein wenig über Figuren im Landesvorstand recherchiert. Ich fasse das einmal so zusammen: Das wollt ihr gar nicht wissen. Es ist nicht wirklich nachprüfbar, wer da was gegen wen veranstaltet, aber eines wird deutlich: Von einer solidarischen Organisation zur Durchsetzung linker Inhalte könnte der Laden kaum weiter entfernt sein.

Ich war noch nie so ratlos vor einer Wahl wie diesmal. Vermutlich werde ich Leute wählen, von denen ich weiß, daß sie sich mit dem Programm, das sie vertreten, den Hintern abwischen. So weit haben es die Parteien gebracht: Dazu gibt es tatsächlich keine Alternative. Heute jedenfalls nicht.

Womit ich zu einer Frage komme, an die man entweder Hoffnung hängen kann oder sich alternativ so tief im Schlamm der Enttäuschung wälzen, daß man nachher wenigstens so bematscht aussieht, wie man sich fühlt. Gibt es eine Organisationsform von Politik, die deren Ideen nicht zu Tode verwaltet oder zwischen konkurrierenden Klubs besserwisserlicher Brutalstrategen zerrieben wird?

Hätten etwa die Grünen ihren Charme und ihre Unbestechlichkeit behalten können, wenn sie ihre Prinzipien nicht mit den ursprünglichen Strukturen über Bord geworfen hätten? Was hätte sie dann besser gewappnet gegen den Durchmarsch der Frankfuter Realo-Front rund um Fischer und Cohn-Bendit?
Muß eine Linke immer sketiererisch und gnadenlos auftreten in ihren internenen Konfilkten?
Ist Politik allgemein dazu verurteilt, in Führerkult oder Apparatschismus zu münden?

Um kurz noch einmal auf Linke einzugehen, wie ich sie kennengelernt habe:
Ob in den Zirkeln rund um stramme Parteigänger (etwa der DKP) oder in Debatten im Studierendenparlament, es setzten sich meist diejenigen durch, die genügend Claqeure um sich versammelt hatten und den Verlauf einer Diskussion zu steuern wußten. Ich habe an der Uni derart hirnentkernte Schlachten um Geschäftsordnung, Tagesordnung und Abstimmungsmodalitäten erlebt, daß ich mir vorkam wie in einem Raumschiff der Vogonen oder auf einer Station für hysterisch-aggressive Finanzbeamte. Mit politischen Auseinandersetzungen oder gar überzeugenden Argumenten hatte das in der Regel nicht die Bohne zu tun. Es ging darum, zu gewinnen.

Daß im Schatten dieser kommunikativen Qualität in den 80ern und frühen 90ern jene Auswüchse von Political Correctness entstanden, für die sich heute rechte Menschenhasser rächen, nimmt nicht wunder.

Der Glaube, die Struktur der politischen Diskurse beeinflussen zu können, politische Inhalte durch die richtige Organisationsform allein durchsetzen zu können, ist mehrfach gescheitert. Ironischerweise sind es immer wieder Führerfiguren, die gerade aus solchen Bemühungen hervorgehen, weil einzig noch der, den überhaupt keine Regeln interessieren, Rettung aus Filz und Kleinkrieg verspricht. Beugt sich die Organisation gänzlich diesen Persönlichkeiten, ist freilich die Demokratie am Ende.

Wie könnte also Politik in einer parlamentarischen Demokratie noch erträglich organisiert werden? Dies scheint eine Frage zu sein, die unmittelbar auf das Problem weist, wie sich Menschen als Persönlichkeiten so zusammentun, daß weder Klüngel-Eliten oder gestutze Diktatoren die Wirklichkeit bestimmen, noch eine Maschinerie entsteht, innerhalb derer die einzelne Meinung in einer absurden Bürokratie untergeht. Last not least soll es sich schließlich so gestalten, daß die politischen Inhalte nicht durch Korruption pervertiert werden.
Derzeit werden diese Aufgaben von keiner politischen Partei auch nur annähernd zufriedenstellend gelöst. Ob und wie das möglich ist, darüber werde ich in Kürze meditieren.

Ich habe mich eben mit einem Berater für kleine und mittlere Unternehmen unterhalten. In bezug auf die Arbeitsagentur meinte er, man sehe, von wem diese beraten worden sei:

Man merkt, wer sich von McKinsey oder Berger hat beraten lassen: Bei denen geht keiner mehr ans Telefon.

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