Man könnte meinen, er sei schon gut in den Siebzigern und sehnte sich in die Nachkriegszeit zurück, als er mit seinen Pfadfinderkumpels stickige Hütten teilte. Er versucht, auch etwas zur Wirtschaftskrise zu sagen, und ihm fällt nichts anderes ein als “Schweiß”, Männerschweiß vermutlich, der es ihm furchtbar angetan hat. Der Sermon aus romantisierender Ludwig-Erhard-Verehrung, Merkelei, Besserwissen, nationaler Eitelkeit und eben “Schweiß” hat mit vielem zu tun, “Wirtschaft” ist allerdings ebensowenig darunter wie irgendeine Kompetenz oder Information. Es ist Geschwurbel pur, wie wir es von einem kennen, der sich schon mehrfach selbst überlebt hat. Das mit nicht einmal fünfzig Jahren hinzulegen, ist schon achtbar.
Was sagt uns also der Dichter, und vor allem: Worüber eigentlich?
Was Obama von Deutschland lernen kann” will er uns erzählen und wartet mit einem Mix an Plattitüden und halbwissentlichen Stereotypen auf, daß man sich wünschte, Obama würde das wirklich lesen. It’ll make his day, er wird selten so gelacht haben.
Über den New Deal weiß Steingart, daß er durch Schulden finanziert wurde, furchtbare Schulden, die die USA in schreckliche Bedrängnis gebracht haben. Kaum achtzig Jahre danach waren sie immer noch die stärkste Wirtschaftmacht. Hätten sie doch nur auf Deutschland und seine Weltökonomen gehört, die ihnen das böse Konjunkturprogramm ausgeredet hätten, sie wären sicher viel erfolgreicher gewesen.
Ludwig Erhard, der wußte, wie es geht. “Stabilitätskultur” als “Handarbeit” Erhards setzt Gabor gegen den New Deal. Ernsthaft sieht er solche im Merkelschen Konjunkturprogrämmchen, denn:

Übermäßiger Kredit ist gemäß dieser Anleitung verboten. Geld müsse knapp und wertvoll sein, dann erst strengten sich alle an. Man erzielt die besten Ergebnisse, wenn man nach alter Väter Sitte verfährt, glaubte Erhard: Arbeite hart und vergiss das Sparen nicht. “Der Staat kann nichts leisten, was nicht aus der Kraft seiner Bürger fließt”, lautete seine Botschaft. Er hätte auch sagen können: Ohne Fleiß kein Preis.

So einfach ist das, Herr Obama. Klare Kante, diese Bewerbung auf einen Beraterposten im Stab des Präsidenten.
Wenn jemand nichts, aber auch gar nichts über den Sinn und Zweck von Konjunkturprogrammen kapiert hat, dann schreibt er einen solchen Mumpitz und schwafelt in einer Rezession, die sich gewaschen hat, von “Sparen”. Schenken wir uns einmal die Worte über Steingarts Anbetung der Bush-Administration, die so gar nicht in seine Versuche passen will, den Ökonomen aller Länder zu erklären, was er so alles weiß. Sparen wir uns auch den schmerzhaften Gedanken, daß sein “Ich weiß was” ernsthaft ein Beitrag zum Problem der Weltwirtschaftskrise sein soll. Was lesen wir dann?
Die Deutschen haben eine “Stabilitätskultur”. Worin diese besteht, wird leider nicht erläutert. Was das mit der Ära des Neoliberalismus seit den frühen Achtzigern zu tun hat oder mit der kurzen Ära sozialliberaler Wirtschaftspolitik, erschließt sich auch nicht. Wie der Vergleich der Nachkriegsära ins Bild passen soll, der eines Dollar-gesponsorten Neubeginns, schon gar nicht. Muß ja auch nicht, denn Ökonomie ist ja ganz einfach: Stabilitätskultur plus Schweiß. Blicken wir also bei ersterer nicht so recht durch, bleibt uns also nur letzterer, der “Schweiß”. Gabor weiß, daß der für alles Gute steht, aber:

So kann Deutschland heute zwar Autos, Maschinen und Riesling exportieren, nicht aber seine Stabilitätskultur. Schweiß verkauft sich so schlecht.”

Ähm, ja. Will heißen? Daß der Neger nicht schwitzt? Vermutlich verbirgt sich hinter dieser bahnbrechenden Erkenntnis eine esoterische Weltformel, die nur kennt, wer Roosevelts Tagebuch gelesen hat. “FDR”, wie Steingart ihn zu nennen beliebt, was ungemein informiert klingt, hat dort nämlich etwas vom Schlechten der Schulden notiert. Und wer sich wirklich auskennt, dem ist überdies bekannt:

Vor Gericht und im eigenen Tagebuch sagt ein Amerikaner die Wahrheit.”

Ja, so ist er, der Ami. Im Tagebuch anderer sagt er also nicht unbedingt die Wahrheit, und vor Gericht, ich schwör, hat noch nie ein Amerikaner gelogen.
Der gerichtsfeste Tagebuchamerikaner ist also ein Feind von Schulden, selbst wenn er welche gemacht hat. Da ist er ganz wie Ludwig Erhard. Würde er jetzt noch Schweiß importieren, wäre das Ding geritzt und die Welt gerettet.
Einen kleinen Hinweis gibt uns das ein-Mann-Weltrettungskomittee des Spiegel dann doch noch, was er mit “Schweiß” meinen könnte:

Wir müssen uns entweder bescheiden oder mehr arbeiten“,

zitiert er den Wirtschaftswundermann. Genau das hat uns schon immer geholfen: Weniger Geld für mehr Arbeit. Die ausufernden Löhne der letzten 15 Jahre, die weltweit fürs Nichtstun gezahlt wurden, sind das Problem. Hätten wir an dieser Stelle nur gespart, wäre jetzt alles gut und wir hätten eine Stabilitätskultur.
Angesichts dieser Weisheiten fragt man sich, ob Gabor Steingart die letzten Jahre bereits in der geschlossenen Abteilung verbracht hat, in der ihn so mancher unfreiwillige Leser gern sähe.