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Oktober 2005


Das hat er jetzt davon! Ein gemeines Nahles hat ausgereicht, um ihn hinterrücks mit einem Schuß zur Strecke zu bringen. Damit zeigt der schnellste SPD-Vorsitzende aller Zeiten, daß er voll up-to-date ist. Die Legislaturperioden werden kürzer, so auch die Halbwertzeit der Obersozen. Seit Willy Brandt hat es nur einer geschafft, länger als vier Jahre im Amt zu bleiben: Gerhard Schröder. Dessen fünf Lenze sind aber auch kein Grund für stehende Ovationen. Immerhin wirft die jüngste Entwicklung die Frage auf: Quo vadis, Münte? Ob er Vielleicht als Ko-Vorsitzender Mit Stoiber die Sozial Christliche Mitterechtspartei gründet? Geballtes Charisma und rhetorisches Feuerwerk rock the country!
Bliebe noch zu klären, wer die Nahles aufnimmt. Karrieregeil und dumm wie Toast? Das wär doch sicher was für die F.D.P.?
Nur eines muß man heute nicht fragen: Wer der neue wird. Es dürfte kaum der Mühe wert sein, sich den Namen zu merken.

Die Kaufkraft schrumpft -> SPIEGEL. Das ist nicht weiter überraschend, werden doch seit Jahren die Löhne knapp gehalten und unter ideologischem Dauerfeuer als reiner “Kostenfaktor” betrachtet. Während die Exporte nach wie vor explodieren, fällt dem politischen Management nicht ein, daß der Stärkung der Binnennachfrage oberste Priorität eingeräumt werden müßte, wollte man den Laden wieder in Schwung bringen. Aber Nein: Die Belastung der Löhne durch Abgaben wird auf Arbeitnehmerseite eher größer, denn unter “Subventionsabbau” verstehen die Genies in Berlin die Kürzung der Pendlerpauschale! Schuld an der Misere sind indes die faulen Parasiten, die millionenfach nicht arbeiten wollen.
Kein Thema mehr ist die Gerechtigkeit bei der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Damit ist gemeint: Die größt mögliche Ungerechtigkeit wird hingenommen, und die desaströsen sozialen Folgen, die allmählich zu einer Volksdepression inmitten unerhörten Reichtums führen, gelten als unabwendbar.
Daß man Zivilisation unter den gegebenen Bedingungen auch anders entwerfen kann, zeigt das “Netzwerk Grundeinkommen”. Die Idee ist so simpel wie schmerzhaft für den deutschen Spießer: Unabhängig von der Aufnahme einer Arbeit steht allen ein Grundeinkommen zu. Die Automation bzw. “Rationalisierung” wäre kein Problem mehr, sondern ein Segen -> TELEPOLIS. Anstatt Angst vor dem Fall in diskriminierte Abhängigkeit und Selbstwertverlust würde ein positiver Impuls zur Erwerbsarbeit motivieren.
Das Argument dagegen, daß dann ja keiner mehr arbeiten ginge, weil es keiner mehr nötig hätte, ist so absurd wie nur möglich. Oder sitzen die Herren Millionäre, die nun wirklich nicht mehr arbeiten müssen, alle nur noch in ihren Sesseln und drehen Däumchen?
Nein, für die Vermehrung ihres “Eigentums” tun sie alles. Grundlegende Gedanken zur Lösung der sozialen Krise gehören leider nicht dazu.

Die Welt ist ungerecht. Nun will der Ami erstmals freiwillig Punkte abgeben, und dann das! George W. will auf “Mininukes” verzichten (TAZ). Das Wahnsinnsprojekt, mit “kleinen” Atombomben Bunker zu sprengen, um so die Chance auf einen Atomkrieg endlich in den Bereich der Wahrscheinlichkeit zu liften, ist vom Tisch. So weit die gute Nachricht.
Derweil legt der iranische Präsident Ahmadinedschad die Latte wieder höher, indem er, sein Idol Khomeni zitierend, fordert, “Israel von der Landkarte zu tilgen” (SPIEGEL). Konnte man noch vor einigen Jahren davon ausgehen, daß niemand ernsthaft das Existenzrecht Israels anzweifelte, hat nun doch wieder einer die Schublade ganz unten gefunden und die hohlsten Nüsse hervorgeholt. Ich höre schon wieder den Broder faseln, daran seien nur die antiamerikanischen Gutmenschen schuld, hinter deren Lichterkettenlächeln der ewige Antisemit lauert. Sicher! Die Radikalisierung im Nahen Osten wird doch wohl nichts mit der dümmst möglichen Außenpolitik zu tun haben, die erst Bombenteppiche verlegt und dann fragt, ob’s hilft?

Gott, ist das langweilig! Spiegel-online läßt Camilla gegen Mette-Marit antreten und faselt etwas von Milliarddärssöhnen, die Sex mit Transvestiten haben. Sehr investigativ! Die Onlineausgaben von WZ und WAZ öden mit gleichlautenden Artikeln, was zu bemerken mich als Dummbatz outet, der da wohl wieder eine Kooperation verschlafen hat. Ich habe wohl von nichts eine Ahnung!
Und wißt ihr was? Über diese Geflügelkrankheit werde ich kein Wort nicht mehr verlieren! Das Dumme ist nur: Dann bleibt quasi nichts mehr außer dieser Berliner Zeitungsübernahme, die nun auch schon hinlänglich durchgekaut ist. Ich bin kurz davor, mir meine Schlagzeilen selbst zu machen

Es wird mal wieder spannend dieses Jahr. USA und Italien liefern sich ein heißes Rennen. Während George Bush Junior die Katze aus dem Sack läßt und Folter endlich zur offiziellen Folklore erklären will, Kämpft Berlusconi weiter tapfer gegen die Pressefreiheit.
“cruel, inhuman, or degrading treatment or punishment” soll wenigstens der CIA nicht verboten werden. (siehe auch telepolis) So eindeutig hat sich die akute US-Regierung noch nicht hinter ihre treuen Folterknechte gestellt. Fürwahr ein mutiges Zeichen gegen Kultur und Menschenrechte und eines Awards würdig.
Nicht schlecht aber auch Freund Berlusconi, der seine Landsleute zu Happenings gegens öffentliche Redeverbot animiert. (siehe spiegel-online) Allerdings liegt er damit noch deutlich hinter dem Spitzenreiter aus Übersee. Zuerst erwarten wir also, daß Celentanos Sendung sofort abgesetzt wird und dann ein klares Konzept zur Vorbereitung eines Ermächtigungsgesetzes. Sonst wird es wieder nichts mit dem Titel “größter Demokrator der freien Welt”!

Der Samstagswitz zur Vogelgrippe? Nein, stimmt ja gar nicht! Was man sich manchmal für einen Blödsinn zusammenliest…

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,381033,00.html

Eine Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit klärt auf: “Vorrang den Anständigen” fordert der Titel, und dann wird, mit Verlaub, die Sau rausgelassen. Von Inhalt und Duktus her steht, so ungern ich solche Vergleiche ziehe, das Machwerk dem Gehetze der (Neo-)Nazis in nichts nach. Sehr feinsinnig die Stelle, an der von “Ibrahim, ein[em] Sänger aus dem Libanon” die Rede ist. Im Gegensatz zu den in der Schrift erwähnten Deutschen hat der Ausländer keinen Nachnamen. Das allein reicht schon, um zu riechen, welcher Wind da weht. Aber die unmittelbar im Anschluß daran zusammengefaselten Ausführungen über “Parasiten” schießen den Vogel ab: “Biologen verwenden für ‘Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben’, übereinstimmend die Bezeichnung ‘Parasiten’. Natürlich ist es völlig unstatthaft, Begriffe aus dem Tierreich auf Menschen zu übertragen. Schließlich ist Sozialbetrug nicht durch die Natur bestimmt, sondern vom Willen des einzelnen gesteuert.« Aha. Unstatthaft ist also der Vergleich mit Menschen. Aber es geht ja auch um Ibrahim. Und der schmarotzt wissentlich und willentlich. Wohl gemerkt: Es handelt sich nicht um eine Stammtischrede, sondern um eine offizielle Broschüre des Clement-Ministeriums. Wenn der Mann sich jetzt zur Ruhe setzt, kann man das nur begrüßen. Und ihn mit einem ordentlichen Tritt in den Hintern verabschieden.

Immer noch Vogelgrippe. Das Krankenhaus Deutschland hatte selten so viel Spaß an der gepflegten Panik. Die gute Nachricht: Da nicht mit einem Aussterben des Virus’ zu rechnen ist, können wir ewiglich seine Reise beobachten, Tabletten horten, uns gegen Krankheiten impfen lassen, die niemand hat, zittern und beten. Dabei wäre Prophylaxe so einfach:
“Der Bürger kann zurzeit nicht mehr tun, als die wichtigsten Ratschläge zu befolgen: in Rumänien und der Türkei keine Hühner streicheln” (https://www.zeit.de/2005/43/01___leit_2_43?page=2).
Ganz schön happig, was da verlangt wird, und irgendwie undemokratisch. Aber in Zeiten der Not muß man wohl solche Opfer bringen.
Wie immer lacht auch der Markt: Desease-Design ist groß im kommen! Da wird der Pickel zur Pestbeule, das Hämatom zum Kaposi-Sarkom und der Raucherhusten zur Tuberkolose. Gegen all das lassen sich wunderbar nutzlose Dinge tun und teure Arzneien kochen. Neue Formen der Psychotherapie werden den Menschen helfen, mit ihrer Angst zu leben. Und wenn die Wirtschaft endlich wieder wächst, fährt die Selbsthilfegruppe in die Türkei und streichelt die selbst mitgebrachten Hühner angstfrei ins Koma.

Es gibt Diskussionen, die allein schon deshalb verboten gehören, weil sie unter völlig falscher Flagge fahren. So falsch, daß am Mast keine Fahne hängt, sondern eine Unterhose oder dergleichen. Das Niveau des Geschreis um angeblich oder tatsächlich mißbräuchlich beantragte Hilfen zum Lebensunterhalt wird nur noch durch den Titel unterboten, mit dem es überschrieben ist: “Hartz-IV-Mißbrauch”!
Was ist das denn, bitte? Pflügt da jemand mehrfach durch den Unterbau eines Managers? Wird derselbe falsch zur Anwendung gebracht? Oder benutzt jemand vielleicht das letzte Kapitel des Konzeptes zur sogenannten “Reform des Arbeitsmarktes”, um sich damit abzuwischen? Wäre das verwerflich?
Nicht allein die Bezeichnung “Hartz IV” für “ALG II” oder auch “sozialer Abstieg” ist zu bemängeln. Schonder Begriff des “Gebrauchs” hinkt hier. Wie sollte man sich wohl den Gebrauch von “Hartz IV” vorstellen?
“Hast du mal ein Hartz IV?”
“Sicher, aber das brauche ich gerade selber.”
Treffender ist da schon die Feststellung, daß “Bevölkerungsgruppen unter Hartz IV fallen.” Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf, wenn Sie sich vorstellen, was damit gemeint sein könnte!

Wunderbare Ideen haben manche Menschen. Und weil ihre Phantasie so beglückend ist, laden sie ihre tollsten Einfälle großzügig dem Nachwuchs auf, auf daß der sein Leben damit zubringt, es anderen zu erklären.
“Oliver Kai Google” heißt ein armes Schwedenwurm nun. (https://tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4867530_TYP6_THE_NAV_REF_BAB,00.html)
Da tun sich nicht nur Abgründe auf, sondern, wie immer, auch Märkte!
Bleiben wir aber noch einen Augenblick bei den (Ab-)Gründen für die Namensgebung. Der Vater des Opfers ist Sofware-Entwickler. Seinem Besipiel folgend, könnten zum Beispiel Autobauer ihre Kinder “Porsche” nennen oder Fußballer die ihren “Werder” oder “Schalke”. Besonderer Beliebtheit dürfte sich aber hier bald der Vorname “Hartzvier” erfreuen. Vielleicht ginge dann ein Ruck durch Deutschland?
Sicher ein Wirtschaftsaufschwung, denn es kann nicht lange dauern, bis die Kinder “Marlboro”, “e.on” und “Signaliduna” heißen. Nicht wegen beruflicher Verbundenheit, sondern gegen Cash. Ein Hoffnungsschimmer auch für den Einzelhandel?

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