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Februar 2008


Wenn man wissen will, warum Eon die Kanzlerin verärgert hat, kann man das überall erfahren, nur nicht beim SpOn. Die machen daraus eine Klickstrecke mit 11 “Fragen”, die keiner gestellt hat und Antworten, die niemand liest. Das Ganze unter der Headline:”Verrat im eigenen Lager – wie E.on der Kanzlerin in den Rücken fiel”. Boulevard vom Dümmsten.
In einem anderen “Artikel” ein Schwadronieren darüber, daß die armen Manager gar nichts dafür können, wenn sie Leute entlassen. Das ist halt der Kapitalismus, da gibt es keine Verantwortlichen.
Schließlich das Übliche im Kampf gegen die rote Front, heute Beck-Bashing mit wirklich interessanten Argumenten. Da wird Beck vorgeworfen, er habe “seine Kritiker hinter sich gezwungen“, und als “Kritiker”, der nicht genügend Beachtung finde, wird ausgerechnet Wolfgang Clement ausgegraben. Nee, ist klar, Beck zerreißt die Partei mit seiner autoritären Art. Die Partei, die Schröder in seiner moderaten Art nur im Sinne des Mitgliederwillens geführt hat. Und Wolfgang Clement spricht dieser Partei aus der Seele, sicher. Alles Müller(-Blumencron) oder was?!
Spiegel Online, das geht bald gar nicht mehr. Wer glaubt, diese Leute seien gekauft, muß sich irren. Selbst für wenig Geld kriegt man Besseres an jeder Straßenecke.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Schlimmste verhindert. Dem Durchmarsch in den Überwachungsstaat ohne Rücksicht auf Verluste haben die Richter eindeutig eine Abfuhr erteilt. Es hat die Fälle, in denen die “Online-Durchsuchung” stattfinden darf, auf solche beschränkt, in denen “tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut vorliegen“. Dieser Satz ist nicht frei interpretierbar, die Anwendungsbereiche sind konkretisiert:
“Überragend wichtig sind zunächst Leib, Leben und Freiheit der Person. Ferner sind überragend wichtig solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Hierzu zählt etwa auch die Funktionsfähigkeit wesentlicher Teile existenzsichernder öffentlicher Versorgungseinrichtungen.”
insi
Und auch der laxe Umgang mit dem Richtervorbehalt, den Schäuble und die Seinen gern pflegen, dürfte mit dem Urteil passé sein:
Zudem muss das Gesetz, das zu einem derartigen Eingriff ermächtigt, den Grundrechtsschutz für den Betroffenen auch durch geeignete Verfahrensvorkehrungen sichern.
[...]Der Gesetzgeber hat insoweit die Ausgewogenheit zwischen der Art und Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung einerseits und den zum Eingriff berechtigenden Tatbestandselementen andererseits zu wahren
[...]Selbst bei höchstem Gewicht der drohenden Rechtsgutsbeeinträchtigung kann auf das Erfordernis einer hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit nicht verzichtet werden

Der Teufel steckt hierbei natürlich noch im Detail. Denn was “Ausgewogenheit” in Einzelfall bedeutet, muß sich noch erweisen. Wer es für angemessen hält, ein Gesetz wie das “Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen” zu verabschieden, der hat die Waagschale vermutlich schon festgeschraubt. Man kann ja immer nur im Nachhinein feststellen, ob ein Eingriff in die Grundrechte als gerechtfertigt gelten darf. Im NRW-Gesetz waren dabei Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht vorgesehen, d.h. manche Betroffene wären gar nicht von der Überwachung in Kenntnis gesetzt worden. Ob und inwieweit diese Ausnahmen grundsätzlich zulässig sind, erschließt sich mir aus der schnellen Lektüre noch nicht, auch, weil die entsprechenden Eingaben der Beschwerdeführer bemäkelt wurden. Aber auch dazu wird die Forderung nach Ausgewogenheit deutlich.
Keineswegs, und das ist das Deutlichste und Wichtigste am Urteil, kann die Online-Durchsuchung als Standardmittel bei Ermittlungen eingesetzt werden. Hier sind die Hürden im Gegenteil extrem hoch:
Ein derartiger Eingriff darf nur vorgesehen werden, wenn die Eingriffsermächtigung ihn davon abhängig macht, dass tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut vorliegen. Überragend wichtig sind zunächst Leib, Leben und Freiheit der Person. Ferner sind überragend wichtig solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Hierzu zählt etwa auch die Funktionsfähigkeit wesentlicher Teile existenzsichernder öffentlicher Versorgungseinrichtungen“.
HIer sind also sehr konkrete Verbrechen drastischen Ausmaßes gemeint, also keine Molotowcocktails, die gegen leere Autos geschleudert werden und schon gar nicht Urheberechtsverletzungen oder sonstige Bagatellen.
Und icht einmal der böse Glaube reicht aus im Sinne von: “Mich juckt’s im Rücken, ich glaube al-Qaida greift an”:
Das Erfordernis tatsächlicher Anhaltspunkte führt dazu, dass Vermutungen oder allgemeine Erfahrungssätze allein nicht ausreichen, um den Zugriff zu rechtfertigen. Vielmehr müssen bestimmte Tatsachen festgestellt sein, die eine Gefahrenprognose tragen.”
Das heißt, daß die Ermittlungsbehörden klar sagen müssen: “Wer, was, wie…” und erkennbar sein muß, daß der Eingriff in die Grundrechte gerechtfertigt ist, weil jemand sich konkret auf dem Wege zu Mord und Totschlag befindet.
Nun wird man sehen müssen, was aus dem Bundestrojaner wird. Eine Maßnahme, die technisch kaum umsetzbar, leicht zu entlarven und vermutlich äußerst ineffektiv ist, taugt zur Gefahrenabwehr nicht. Da sie es nicht ohne großen Aufwand einsetzen dürfen, wird es den Behörden wohl eher lästig sein, zu diesem Mittel zu greifen.
Allerdings ist dieses Urteil nur ein kleiner Sieg. Es gibt da noch viele, sehr unappetitliche Überwachunsgmaßnahmen, von denen noch kaum jemand spricht.

Warum ist die deutsche Journaille so vernarrt in Hillary Clinton? Warum werden hierzulande die Berichte quasi aus Sicht der Clinton-Kampagne geschrieben? Es mag wohl damit zu tun haben, daß die Zappelfiguren in den Redaktionen so eng an den Lippen des Establishments hängen, das jede noch so fette Klatsche nach einer Wahl in einen Sieg ummünzt. Sie pfiffen durch den Wald, der Sieg von Clinton sei nur Formsache und Obama halt zu unreif für den angestrebten Job.
Ähnlich weinerlich, besserwisserisch und moralinsauer wie deutsche Wahlverlierer keilt Clinton immer heftiger gegen Obama aus und wirft ihm vor, er habe nur Rhetorik zu bieten, wo sie Lösungen anbiete. Der Schuß kann gleich doppelt nach hinten losgehen. Es dürfte nämlich wenig Anklang finden, wenn solche Verliererargumente das einzige sind, das der Kandidatin in der entscheidenden Phase einfällt. Und obendrein hält ihre Behauptung einer Überprüfung nicht stand. Die Clinton-Rhetorik, stellt Arianna Huffington fest, weise große Ähnlichkeit zur Rhetorik der Bush-Administration auf. Beide zeichne aus, “an [ihre] eigenen Worte zu glauben und nicht fähig zu sein, die Dinge zu sehen, wie sie sind”. Obama hingegen mobilisiere und und wecke in den Menschen die Überzeugung, daß die Wirklichkeit veränderbar ist.
Deshalb wird Obama auch das Rennen machen, und deshalb verstehen deutsche Politikexperten das nicht: Weil der eine die Wähler anspricht, die die anderen für irrelevant halten.

Da die politische und publizistische “Elite” ja ohnehin nur strategisch denkt, anstatt über Inhalte zu streiten, stelle ich auch einmal eine dem entsprechnde Frage: Geht Schwarz-Grün?
Im Prinip ja, aber es geht nicht um Schwarz-Grün. Es geht um das, was geht, um taktische Spielchen und das Ende der FDP. Letzteres weiß die Union offenbar nicht, aber man muß es ihr ja auch nicht verraten.
Nehmen wir an, es käme zu einer solchen Koalition in Hamburg, und die Grünen würden sich dabei nicht zur zur Billighure machen. Denkbar ist das, denn die Grünen können mit Hinweis auf eine mögliche Groko mit Recht sagen, daß sie das kleinere Übel wären. Ließen sich erkennbar schwarze Positionen zugunsten von grünen zurückdrängen, könnten beide dabei gewinnen. Vor allem, wenn die Grünen sich als Bürgerrechtspartei präsentieren könnten und etwa den Innenminister stellen würden. Wenn es gelingt, solche Positionen zu besetzen, können die Grünen auf ungewohntem Terrain zeigen, daß sie die sozialliberale Partei sind und der FDP diejenigen Wähler abjagen, denen es nicht nur darum geht, ihre Pfründen in Sicherheit zu bringen. Wenn.
Die SPD könnte in der Opposition lernen, daß die bösen Linken gar nicht so weit weg sind, und daß ehemalige Genossen immer noch ehemalige Genossen sind. Die Linke wird im Parlament bemüht sein, Seriosität zu beweisen und sich von den letzten Weltrevolutionären zu trennen. Gelingt das, kann die linke Mehrheit bald auch regieren, denn es wird sich erweisen, daß Schwarzgrün funktionieren kann, aber keine gute Lösung ist.
Scheitert das Projekt, werden allerdings nur die Grünen verlieren. Und es würde gerade dann scheitern, wenn sich die Grünen als Abnicker der Beschlüsse eines Schwarzen Senats erweisen sollten.
Das Risiko ist groß, aber es gibt einiges zu gewinnen, nicht zuletzt das Ende der “Partei des Besserverdiendenden” als Mehrheitsbeschaffer. Und es sollte honoriert werden, wenn endlich jemand damit anfängt, die unsägliche Selbstlockade der Parteienherrschaft aufzulösen. Wenn es wirklich gut läuft, könnte sich am Ende sogar ein gewisser Respekt vor dem Wählervotum einstellen. Es könnte dann darum gehen, wie man mit denen, die da ins Parlament einziehen, die beste Regierung zusammenbringt. Wenn.

Heribert Prantl weist auf den schalen Beigeschmack hin, den die Freiheitsstrafe gegen Klaus Volkert, den früheren Betriebsratschef von VW, hinterläßt. Alle Manager sind auf freiem Fuß, der Vertreter der Arbeitnehmerschaft geht in den Knast. Das ist für die Jurisprudenz doppelt peinlich. Da wird einer gekauft, um abzunicken, was die Geldgeber treiben. Und weil er angeblich den Vorteil davon hat, weil er ja das Geld nimmt, soll es schlimmer sein als das, was die Bestecher tun. Bestechend ist solche Logik selbst.
Es zeigt aber auch, daß “persönliche Verantwortung” im Gerichtsverfahren jemandem zugeschoben wird, ohne daß auch nur im geringsten die Machtverhältnisse berücksichtigt werden. Korrumpiert wird der Arbeitnehmer nämlich nicht erst durch das Geld, sondern zuerst durch den scheinbaren Aufstieg in die Riege derer, die etwas zu sagen haben. Da wird eine Akzeptanz geheuchelt, die das Management und seine zynischen Vertreter nie haben. Volkert glaubte, er sei angekommen und gehöre dazu. Allein das war schon ein vollendeter Akt gelungener Korruption. Von denselben Edelnutten umschwärmt zu werden, wie die Herren von ganz oben, dürfte viel effizienter gewesen sein, als ihm die eine oder andere Million zuzuschanzen. Letzteres folgt nur dem Gang der Dinge. Volkert juristisch dafür verantwortlich zu machen, daß er den Vorteil in Form von Geld nahm, zeigt, daß die Richter schon verinnerlicht haben, wer die Macht hat, ohne daß sie nach der Legitimation fragen. Die Manager haben das Geld ja “verdient“. Wenn Volkert davon etwas annimmt, bereichert er sich. Als derjenige, der halb gezogen wurde, halb hinsank, hat er sich wohl auch vorab keine Gedanken darüber gemacht, was ihn das vor Gericht kosten könnte.
Das sind keine “gefährliche(n) Entwicklungen“, wie Prantl meint. Das ist ein handfester Skandal.

Antikommunistischen Einheitsbrei kann nicht nur die ZEIT servieren. Die “Welt” kann das mindestenes genauso gut, was von einem Springer-Blatt auch nicht anders zu erwarten ist.
Wer kann die Linkspartei jetzt noch aufhalten?” fragt sie, und stellt fest:
Nicht einmal der Skandal um [...] Christel Wegner hält den Siegeszug der Linken auf
Was gewinnen sie denn bei diesem Siegeszug? Und was bedeutet ein solcher “Siegeszug”? Ganz einfach, daß viele Leute diese Partei wählen. Wenn einem das nicht paßt, kann man sich fragen, was man dagegen tun kann. Dann ist es recht hilfreich, sich auch zu fragen, warum die Leute diese Partei wählen.
Die Presse von bürgerlich bis rechts innen ignoriert aber geflissentlich den Umstand, daß es dafür tatsächlich Gründe gibt. Für sie ist es undenkbar, eine solche Partei zu wählen. Die Existenz der Linken ist ihnen eine moralische Verfehlung, und sie zu wählen eine Art politischer Gotteslästerung. “Trotz des Skandals” schreibt Günther Lachmann und versteht tatsächlich nicht, daß der “Skandal” von den Wählern der Linken nicht als solcher betrachtet wird. Und zwar von den kritischen ebensowenig wie von den unkritischen. Die einen stört’s einfach nicht, und die anderen können zwischen einer Person und einer Partei unterscheiden.
Lachmann kann das nicht. Er ist so unbeleckt von jedem politischen Verstand, daß er sich folgendes Bild zurecht zimmert:
Unter solchen Vorzeichen darf es nicht wundern, wenn die DKP auch in Hamburg, wo am Sonntag eine neue Bürgerschaft gewählt wird, auf der Welle dieser DDR-Nostalgie zu neuen Ufern aufbricht“. Die DKP steht aber gar nicht zur Wahl, gemeint ist damit die “Linke”. Dieser Tinnef wird verkauft als “Umfrage”, und eines der Items, die der Welt-Leser anklicken darf, nennt die Linke “SED-Nachfolgepartei“.
Für Lachmann ist die Linke ein Verein, der die DDR wiederhaben will. Er glaubt öffentlich, die Wähler dieser Partei wollten das auch. Zumindest läßt er das seine Leser glauben, die er wohl für völlig doof hält. Wohin soll das führen? Wenn der Mann das denkt, was er da schreibt, ist er so eine hohle Nuß, daß sich weitere Fragen erübrigen. Es ist aber vielmehr anzunehmen, daß er auf Teufel-komm-raus jede Debatte um das vermeiden will, was die Linke derzeit wirklich groß macht: Armut, Zukunftsangst und unerträgliche soziale Ungerechtigkeit. Deshalb wird die Linke nicht politisch, sondern moralisch angegriffen. Und zwar mit einer Moral, die nicht nur nach dem Fressen kommt, sondern sogar moralisch auf verlorenem Posten steht. Die Gier der Profiteure ist allemal empörender als das dumme Gewäsch der dümmsten Linken.
Die ängstliche Frage, “wer” die Linke aufhalten könne, ist derzeit berechtigt, denn es scheinen sich nicht allzuviele Gedanken darüber zu machen, wie man sie aufhalten kann. Das wäre nämlich gar nicht schwierig, wenn man wirklich wollte: Klüger, sozialer, ehrlicher. Vor allem aber politisch. Fangt endlich damit an!

Nach nicht einmal 50 Jahren im Amt verabschiedet sich Fidel Castro. Dabei gibt er sein Amt nicht einmal an einen Klon seinerselbst weiter, sondern an seinen Bruder. Wer je an der demokratischen Gesinnung des Maximo Lider gezweifelt hat, darf sich heute schämen.
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein erklärt der Welt derweil, was Recht und Gesetz sind. Deutschland habe sich schändlich mit Kriminellen eingelassen, um die ehrlichen Kunden der hochwohlen Prinzenbank zu schädigen. Keine Frage, die Deutschen wissen offenbar nicht, was sie tun, aber Fettlocke Alois ist sicher der Letzte, dem man bei seiner Kritik rechtschaffende Motive abnimmt. Seine Durchtrieben heißt nämlich nicht nur “Prinz” der Erben, er ist auch so etwas wie die Mutter Theresa der notleidenden Millionärssöhne.
In Pakistan hat Musharraf vergessen, die Wahlen zu fälschen. Das hätte dem erfahrenen Demokrator nicht passieren müssen. Aber was soll’s, wenn es mit der Verhütung nicht klappt, gibt es immer noch die Abtreibung. Alle werden sich jetzt in ihrem Vertrauen bestätigt fühlen, so daß der wirklich demokratische Armeechef sich die Regierung aussuchen kann. Ein bißchen drohen hier, ein wenig putschen dort, und alles wird gut.
Insgesamt sind wir vorsichtig optimistisch und vertrauen in den Aufschwung, der bei moderaten Lohnabschlüssen auch am Arbeitsmarkt für eine Belebung sorgen wird. Guten Abend, das Wetter!

Es gibt noch mutige Journalisten in Deutschland. Leider beweist die große Mehrheit von ihnen täglich vor allem den tollkühnen Mut, sich lächerlich zu machen. Ganz groß auf dem Laufsteg ist dabei der Griff in die Mottenkiste, um ein Gespenst zu jagen, das kein Kleinkind mehr erschrecken könnte. Blöder, klischeehafter, mit mehr unbändigem Drang zur unfreiwilligen Karikatur, als Christoph Seils das in der ZEIT exekutiert, dürfte es kaum mehr gehen.
Das Vokabular ist komplett das des Kalten Krieges, man sieht förmlich die Losgelassenen der CDU/CSU gegen die Ostverträge wettern, wie sie das Abendland untergehen lassen und sich von ihren Globkes dafür belobigen lassen. Sie kommen! Sie sind von außen gesteuert! Sie unterwandern uns, die Kommunisten und Sympathisanten und ihre Kaderorganisation, sie bilden einen schwelenden Brandherd, eine proletarische Revolution ist ihr Ziel.
Seils läßt, Schwelbrand hin und oder her, nichts anbrennen und kommt schon in der Überschrift zur Sache: “Kommunistische Unterwanderung” ist das Thema. Das Beste daran: Der Mann meint das todernst! Einige Highlights aus seinem Pamphlet:
“Die Gruppe ["Marx 21", ein versprengter Haufen von Trotzkisten] gehört zu einem internationalen trotzkistischen Netzwerk, das von London aus gesteuert wird” Hört, hört, ein Netzwerk! Gesteuert, und zwar aus London. Der Tommy war ja im Krieg auch gegen uns, aber gehören solche Belange nicht in die Hände Moskaus? Na Hauptsache ausländische Bedrohung und “Netzwerk” – wer dächte da nicht an al-Qaida? Ich möchte die Jungs mal sehen. Ich wette auf Che-T-Shirts, Palli und verdammt schlecht sitzende Hosen. Da ist Angst angesagt, zumindest für Menschen mit ästhetischem Empfinden.
Der Verfassungsschutz sieht in der Gruppe den Versuch, demokratische Parteien „von innen auszuhöhlen und zu desorganisieren“”. Logisch. Ich sehe in meiner Tochter (pubertierend) auch den Versuch, Newton zu widerlegen und alles zu unterjochen, was ihr bei entsprechender Laune vor die große Klappe kommt. Aber habe ich Angst? Würgt die Ameise den Elefanten?
Daß jetzt nicht sofort alle “DDR-Verherrlicher” zur Strecke gebracht werden, sondern nur die eine, die an prominenter Stelle ihren dummen Unfug verbreitet hat, belegt für Seils:
Die Linke misst also mit zweierlei Maß. Die Wähler lassen sich davon und von der Empörung der anderen Parteien aber offenbar nicht abschrecken.”
Diese Wähler! Lassen sich ums Verrecken nicht davon überzeugen, daß die Linkspartei die kommunitische Verschwörung vorantreibt, sondern glauben, daß sie ihre Interessen vertreten könnte. Das macht Super-Seils noch lange nicht müde:
Aber selbst wenn die Linke am Sonntag ein Rekordergebnis im Westen einfährt – die Debatte um ihren kommunistischen Anteil wird sie nicht los“. Genau. Und wenn Helden wie Seils den letzten halbtoten Altkommunisten im Sterbebett nach Berlin rollen, wir sollen das Böse sehen, den Antichristdemokraten, die blutige Hand moskautreuer Rotfaschisten, die zitternd nach unseren Hälsen langt.
Sehenden Auges aber rennen die Ungläubigen ins Verderben, weil sie mehr Angst vor Armut und Ausbeutung haben, als vor einer Weltrevolution trotzkistischer DDR-Verherrlicher aus London.

Noch einmal eine Bitte an die Auskenner: Kann mir jemand erklären, warum ich seit über einem Jahr nicht von der Blogsearch gefunden werde? Zur Erklärung:
Google Websearch ist mein Freund ;-) Im Ernst stelle ich fest, daß die Mehrheit der über Google eintreffenden Hits durchaus zu finden scheinen, was sie suchen. Witzige Nebeneffekte von irrwitzigen Anfragen gibt es natürlich auch reichlich, die möchte ich auch gar nicht missen, ich lache halt gern.
Ich denke, wenn jemand die Blogsearch nutzt und hier aufschlägt, ist das keine schlechte Sache. Technorati kann das ja auch. Aber wie gesagt: Da geht gar nichts. Auf mails antwortet google selbstverständlich nicht. Do you have any idea?

Ein schönes Wörtchen, nicht wahr? Ich beanspruche fortan, als Quelle dieses Begriffs zu gelten. Einsprüche werden nicht akzeptiert, frühere Nennungen sind hiermit annuliert.
Nun, was ist Q-Journalismus? Er ist der Rest des Qualitätsjournalismus, der er noch immer zu sein behauptet. Er ist die Attitüde von Berufskommunikatoren, die qua Standeszugehörigkeit, beinahe möchte man sagen “Amt”, als Hüter der freien und gerechten Informationsvermittlung auftreten. Tatsächlich ist von der behaupteten “Qualität” gerade noch ihr möglicher Ursprung erkennbar. Der so entstehende Begriff ist nicht zufällig phonetisch identisch mit “Kuhjournalismus”. Denn die Tätigkeit, die dahintersteckt, ist nichts anderes als unbeteiligtes Wiederkäuen, in diesem Fall von Agenturmeldungen. Wenige vermögen die Kuh noch einigermaßen geschickt zu melken und aus der Rohmilch einen halbwegs brauchbaren Käse zu produzieren.

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