Ungefähr das:
Raubmordkopiert via Missis Mop. Warnung: Ist auf die englische Sprache drauf und auch nur Geschwätz mit Bilder.
Ungefähr das:
Raubmordkopiert via Missis Mop. Warnung: Ist auf die englische Sprache drauf und auch nur Geschwätz mit Bilder.
Zwei Jahre habe ich in einer Wohnung gewohnt, die an einem wunderschönen Platz lag, zentral, aber dennoch beschaulich, Tempo-30-Zone mit benachbarter Spielstraße, Kastanienbäume, Altbauten, Kopfsteinpflaster – von der Art, die man auch problemlos mit dem Fahrrad benutzen konnte. Kein großer Autolärm, nicht vor dem Haus und auch nicht von nahegelegenen Fernstraßen. Es hätte wirklich schön sein können.
Wären da nicht diese Störenfriede gewesen, Lärmterroristen übelster Sorte, die sich auch nicht damit bescheiden konnten, einen ab und zu mal aus dem Bett zu werfen, es bei hundert Dezibel zu belassen oder vielleicht Sonntags mal Ruhe zu geben. Nein, das infernalische, unerträgliche Gedröhne musste sprichwörtlich rund um die Uhr sein. Wenn sie einmal im Schwung waren, konnte man bei offenem Fenster sein eigenes Wort auch dann nicht mehr hören, wenn man schrie. Sonntags fanden sie’s am geilsten, schon morgens früh, wenn anständige Menschen gerade mal schlafen.
Lärmterror, infernalischer
Das Beste an der ganzen Chose: Es war vollkommen legal. Hätte ich das gewusst – okay, ich hätte es wissen können, vielleicht müssen, aber ich habe mir das nicht so höllisch vorgestellt – ich hätte nie diesen Mietvertrag unterschrieben. Dass ich schon recht bald wieder ausgezogen bin, hatte zwei Gründe, von denen einer die besagte unerträgliche Lärmbelästigung war. Der Grund für die Erlaubnis, derartigen Stress zu veranstalten, derartige Menschenverachtung nachgerade genussvoll zu zelebrieren: Es handelte sich um eine Gemeinschaft solcher Typen, die an höhere Wesen glauben und okkulte Handlungen mit diesem Lärm eröffnen. Die Häuser rund um die sogenannte “Kirche”, in der abartig riesige Metallglocken schwangen, hatten einen Abstand von Luftlinie dreißig Meter.
Wozu, frage ich, muss also die sogenannte “Gemeinde” auf ihre “Messen” aufmerksam gemacht werden, die ohnehin immer um dieselbe Zeit stattfinden? Unter den genannten Bedingungen, dass also der Schall ohnehin direkt auf die Gemäuer traf, in denen er unschuldige Opfer um Schlaf und Verstand brachte? Und wozu musste Tag und Nacht jede verfickte Viertelstunde mit einem Schlag dieser Hölleninstrumente begangen werden?
Das, meine verständnisvollen Empathen, ist das eine. Das andere ist dann diese Geschichte mit dem Lattenjuppfreitag. Da darf keiner niemals nicht in einer Kneipe eine Musik hören und schon gar nicht tanzen. Begründung: Das sei ein stiller Feiertag. Stiller Feiertag! Und wetten, dass diese “Stillen” ihre akustischen Massenvernichtungswaffen wieder baumeln lassen, bis uns das Blut die Hälse herabrinnt? Wetten?!
27. Mrz 2013 18:32
Mal ganz langsam. Ich saß eben hier, wo ich meistens sitze, wenn ich blogge und sah aus dem Fenster. “Endzeit ist langweilig”, dachte ich bei mir, denn das da draußen scheint alles so weit weg wie die berühmten “Tiere, die von weitem aussehen wie Ameisen”. Neulich wurde angeblich die Geige des Kapellmeisters der Titanic gefunden. Kinder, wenn das kein Omen ist! Die werden doch sonst nie unterbewertet. Aber Ruhe ist die erste und letzte Bürgerpflicht. Es herrscht mentale Egalität. Alles eins und nichts für ungut.
Zypern? Langweilig! Haben wir lange kommen sehen, wurde oft genug dementiert und musste also kommen. Klimakatastrophe? Iwo! Das hohe Handicap am Golfstrom ist doch kein Grund zur Sorge, das haben wir uns hart erkämpft. Wer will schon etwas von all dem wissen, was eh alle wissen, von dem aber niemand Gebrauch zu machen scheint. Gibt es dazu etwas zu sagen? Das will doch niemand hören.
Machen wir’s also einfach mal umgekehrt, und zwar wie die Verlautbarungsmaschine selbst: Dementieren wir einmal etwas, was dann hundertprozentig eintritt. Siehe oben.
Finden Sie den Fehler
Die unsympathischen Rechtsausleger der Henkel-Lucke-Bande sind auf dem Vormarsch, ihr Programm ist mager, aber explosiv: “Schafft den Euro ab!”, fordern sie und schlagen damit drei Fliegen auf einen Streich: Die Mehrheit der Wähler hat Sympathie für die D-Mark und hatte keine Zeit, sich auch nur annähernd an den Euro zu gewöhnen, ehe der zur Seuche wurde. Alles, was nationalliberal unterwegs ist – in anderen europäischen Staaten ein Erfolgsmodell – hat darauf nur gewartet, und wer die Augen aufmacht, muss konzedieren, dass tatsächlich alle anderen diese Lösung ausschließen, obwohl sie die einzig realistische sein könnte.
Das verkrustete Establishment von Grün bis Christlich verbietet sich kategorisch, die Fehlkonstruktion so zu nennen, so zu betrachten und entsprechende Maßnahmen auch nur zu denken. Sie vertreten die Gewinner des Freilandexperiments und haben den Anschluss an die Realität längst verloren. Und nun zu etwas völlig anderem:
Das historische Versagen der Linken, gewisse Kollegen würden es ein “Verkacken im Industriemaßstab” nennen, setzt dem Ganzen die Krone auf. Der Euro hat sich seit seiner Einführung als ein Vehikel erwiesen geboren aus Betrug und Dilettantismus, Herrschsucht und Gier, kurzum: In der Spätphase des Nachkriegskapitalismus der Bagger, der das Grab aushob, in dem Demokratie und Sozialstaat verscharrt wurden. Wer wenn nicht die ‘Linke’ musste das kommen sehen? Wer wenn nicht die ‘Linke’ muss das analysieren, anprangern und dagegen vorgehen?
Linke Versager
Das aber ist nicht ihr einziges Versagen. Kann sich wer erinnern, dass es eine öffentliche Diskussion gibt darüber, was Sozialismus eigentlich bedeutet? Wie man ihn entwickeln kann und inwiefern er eine Alternative ist zur Alternativlosigkeit? Dass jemand sich die Mühe gemacht hat, Sozialismus als Konzept gegen den Irrsinn des Faktischen konkret in Stellung zu bringen? Dass die PdL irgend etwas anderes in ihren parlamentarischen Präsenzen veranstaltet hat als Machtspielchen und keynesianische, also erzkapitalistische Kaffeekränzchen? Ja richtig, die dilettantischen Äußerungen von Frau Lötzsch in bezug auf “Kommunismus”. Vielleicht wäre das sogar eine gute Möglichkeit gewesen, die durchaus existierenden Diskussionen endlich öffentlich zu führen und sich als inhaltliche Alternative zu präsentieren.
Nein, auch diese Truppe trommelt ihren Funktionären nach, die weder wirklich über Sozialismus sprechen noch den Euro anzweifeln dürfen. Dann gibt es nämlich Mecker von der Tagesschau, das kann man nicht riskieren. Also warten, bis jemand kommt, der es sich leisten kann, auf volksnahe Opposition zu machen. Fehlt nur noch einer mit Charisma. Bis dahin kämpfen wir wie die Löwen für ein bisschen Mindestlohn und ein paar Prozent Vermögenssteuer.
Fefe hatte gestern gleich zwei Hinweise auf eine Spielart des Stumpfsinns, die “unternehmerisch” zu nennen schon Satire wäre. Die Weisheit, der Teufel scheiße immer auf den größten Haufen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen, aber das ganze Tun des Managements darauf abzustellen, ist schlicht … zeitgemäß, wie es scheint. Zu den Sachen: Es werden Bratwurststände vor Einkaufstempeln aufgestellt, damit der Kerl sich draußen den Wanst vollschlägt und derart seine Ische nicht stört, die drinnen die Kohlen verprasst. Überhaupt wird versucht, massiv auf die Frauen zu setzen in der Shoppinggilde. Die geben das meiste Geld aus, kaufen spontaner, also werden sie umgarnt – und nur sie.
Ich habe bei der einen oder anderen Gelegenheit versucht darzulegen, was eine Investition eigentlich wäre und warum das nichts mit dem Treiben sogenannter “Unternehmer” zu tun hat. Zum Heulen rührend sind längst die Mythen von den Unternehmern, ihrer Verantwortung und ach dem großen Risiko. Das machen heute die Manager. Die geben sich vielleicht noch ‘unternehmerisch’ und fordern den Status für sich ein, weil sie die entsprechende Attitüde an den Tag legen. Sie tragen “Boss”, weil’s draufsteht und geben sich höflich. So höflich, dass sie bei der Versicherungsparty die Damen mit den weißen Bändchen siezen. Manche sprechen ihre Begleitung womöglich gar mit “Frau Koksnutte” an.
Ich schweife ab. Was sie können, ist Power Point. Power Point sagt, wir können hiier die Ausgaben senken, dann haben wir doort mehr Gewinn. Niemand geht hin und sagt: “Ich würde für diese meine Idee mal soundsoviel Bündel Scheine raushauen und gucken, ob das was wird, weil meine Idee nämlich hervorragend ist, meine Damen und Herren!“. Jedenfalls nicht die, bei denen das hinkäme, weil sie wirklich gegen den Strom etwas reißen würden, sondern höchstens jene, die sich vor der Sitzung eine zu fette Line gezogen haben.
Worauf ich hinauswill: Wie bescheuert ist das eigentlich, immer die Hälfte der Menschheit aus den Augen zu verlieren? Meist sind es ja die Mädels, auf die keiner achtet, weil die anderen Adabeis auch immer nur von hier bis zur Pissrinne denken. Beim Shoppen aber sind wir also jetzt die Deppen. Fein. Dann weiß ich wenigstens, warum immer das, was ich gerade zu brauchen glaube, nicht da ist. Das haben sie gerade irgendwelchen Weibern aufgeschwatzt, die es gar nicht haben wollten. Ich liebe Kapitalismus.
24. Mrz 2013 19:04
Er ist ein Paradoxon, der bürgerliche Arbeiter, und war es immer. Er ist eine Erfindung des Kapitalismus seit dem “New Deal” und damit einer jener Kunstgriffe, die ein System am Leben erhalten, dem Widersprüche nicht bloß zueigen sind, sondern quasi ein Markenkern. Jetzt hat sein letzter Kampf begonnen, und das ist nicht etwa der Klassenkampf gegen den Klassenfeind, sondern der um die letzten Plätze im Rettungsboot, das sich als Totenfloß erweisen wird. So ist das eben mit den ‘Rettungen’, die das Kapital zu bieten hat.
Man muss in die 30er Jahre zurückgehen, um das Phänomen zu skizzieren. Nach der ersten Phase des Zusammenbruchs kapitalistischer Systeme musste eine Variante her, die stabiler erschien. Weltweit brachen die Wirtschaften zusammen – Profitraten, Börsen, ‘Arbeitsmärkte’. Der Reset in den USA mit dem New Deal ging nahtlos in den Zweiten Weltkrieg über – und war vermutlich nur deshalb erfolgreich. Der Neubeginn war geprägt von einer Weltmacht USA, die (ebenso wie Deutschland kurzfristig) vor allem durch Hochrüstung und einen neuen Imperialismus den Raum für Wachstum schuf. Parallel dazu fand eine Umstrukturierung von Banken-, Steuer und Sozialsystemen statt. Ohne dies hier im Detail zu besprechen, änderte sich für die Arbeiter in den führenden Industriestaaten vor allem eines, nämlich eine stärkere Beteiligung am Reichtum und damit am Konsum.
Vom Tellerwäscher zum Tellerwäscher
In den USA, dem Land der Einwanderer und Eroberer, gab es damit einen weiteren Anschub für den Traum von Aufstieg. Nachdem die Phase der Eroberung der Neuen Welt endgültig beendet war und damit die Möglichkeit, durch Landnahme und Gründergeist zu leichtem Reichtum zu kommen, sollte nun immerhin durch ordentliche Löhne eine Beteiligung am kapitalistischen Spiel möglich sein. In Europa, vor allem Deutschland, entstand der Traum vom dauerhaften Aufstieg, Beteiligung an der Produktivität und ebenfalls die Aussicht, durch Fleiß, Glück oder Erfindergeist zu Reichtum zu kommen. ‘Jeder kann es schaffen’ war die große Erzählung, und alle glaubten das. Der Klassenkampf hatte (endgültig) Pause und wurde in den Kalten Krieg transformiert.
Der Arbeiter wurde somit zum neuen Kleinbürger, die Interessen des Kapitals waren scheinbar identisch mit seinen eigenen. Wenn das System nur läuft wie geschmiert, haben alle etwas davon: Immer mehr Lohn, Zinsen auf Sparguthaben, eine gigantische Auswahl an Konsumgütern. Obendrein fiel diese Phase in die gewaltiger Fortschritte in Produktivität und Technik: Automobilisierung, Fernsehen, Elektronik, Pharmakologie und anderes. Die Identifikation mit diesem Paradies für alle gelang flächendeckend. Auch Ölkrisen, Beschäftigungskrisen (u.a. durch Automatisierung) und bröckelnde Profitraten taten dem keinen Abbruch. Während das Kapital längst – spätestens seit den frühen 80ern – den neoliberalen Klassenkampf eröffnet hatte, wurde den Arbeitern suggeriert, ihr Glück werde nur ein wenig eingetrübt, bis die anstehenden ‘Reformen’ Erfolg zeitigten.
Klassenkampf ohne Gegner
Diese Phase dauert nun schon gut 30 Jahre an, etwa so lang wie die der Entstehung der bürgerlichen Integration der Arbeiter. Auf deren Seite ist aber kaum ein Erwachen zu erkennen. An die Stelle des Narrativs von der Beteiligung am Reichtum ist nichts Neues getreten. Die Propaganda singt das alte Lied von den goldenen Zeiten inmitten neuer Trümmerlandschaften und fügt die Strophe von den bösen Müßiggängern hinzu, die dem Glück im Wege stünden. Die Betroffenen scheinen keinerlei Gegenwehr zu leisten – nicht einmal in Form des Widerspruchs gegen die absurden Beschreibungen ihrer eigenen Wirklichkeit.
Die Desorientierung ist total. Während längst erschreckende Arbeitslosigkeit herrscht nebst ebensolcher Korruption und Entrechtung der Armen, ist keine Alternative ersichtlich, die man sich auch nur wünschen würde. Die alte sozialdemokratische Vorstellung vom glücklichen Arbeiter in einer ‘Sozialen Marktwirtschaft’ ist total gescheitert, was die Sozialdemokraten freilich als letzte bemerken würden. Anstatt den brutalen Klassenkampf auch nur zur Kenntnis zu nehmen, pflegen sie einen religiösen Wettbewerbswahn, der nur das vermeintliche Rettungsboot im Blick hat, während rundherum die Massen absaufen. “Hilfe” und “Rettung” sind die Titel für die Prügelei um die letzten Plätze auf dem Floß, dessen Passagiere sich am Ende gegenseitig fressen werden. Das ist der “Linksruck”, das bedeutet “Sozialdemokratisierung”. Die Frage an die Hinterbliebenen ist offen: Wohin treibt es uns?
Es war nie so simpel: Einfach mal Bargeld holen. Venceremos!
Bin ich jetzt uninspiriert oder nur uminspiriert? Also von der ursprünglichen Inspiration quasi abgefallen, um einer anderen anheim zu fallen. Die Urinspiration jedenfalls wird vermisst, wobei das jetzt nichts mit pinkeln zu tun hat. Das wäre dann eher so etwas wie Urininspiration, von der ich nichts zu berichten wüsste. Na jedenfalls bin ich eher auf Abwegen beschäftigt, weniger mit Bloggen, weil mir dazu jedenfalls in der mir bekannten Weise der Antrieb fehlt. Die Ideen auch. Soll ich etwa etwas über Zypern schreiben? Was sollte das werden? Zypern gibt es nämlich gar nicht.
Zypern ist das Bielefeld an der Grenze zum Postkapitalismus. Zypern ist unmöglich. Als ob! Als ob die Großbriten eine Flugzeugladung voller Bargeld irgendwo hin flögen, weil sie befürchten, die Bankomaten gäben kein Geld mehr heraus! Da hat sich Reuters aber einen ganz schönen Scherz ausgedacht, und natürlich verbreitet dieser Fefe das sofort, weil der ja nichts für sich behalten kann, was an verschwörerischem Nonsens so kursiert. Dabei wissen wir ja nun wirklich nicht erst seit Schäuble, dass der Euro sicher ist und die Kleinsparer auch und die Bäume und die Häuser und die Kühe.
Wo ist drüben?
Darum ist es auch ganz folgerichtig, die Leute, die da für Unfrieden und Unmut sorgen, ordentlich an die Kandare zu nehmen. [Bei dem farblich leicht unterschiedenen Teil des vorangehenden Satzes, zu finden rund um “an die Kandare”, handelt es sich nicht um einen Link, dem man vielleicht einmal zu folgen erwägen könnte. Es handelt sich vielmehr um einen gottverdammten Lesebefehl. säzzer] Muss man denn in schweren Zeiten auch noch unterm Deckmäntelchen der Kritik – Kritik üben?
Da nimmt es nicht wunder, wenn jemand zu Besuch kommt in der Dunkelheit und die staatsbürgerlichen Pflichten in Erinnerung ruft. Das geht am einprägsamsten, indem der Officer mit einigen geballten Fingern auf die Stelle weist, der die Verfehlung entsprang. “Den Finger in die Wunde legen” ist schließlich auch den Journalisten erlaubt, da wird man doch wohl einmal über Waffengleichheit reden dürfen. Dazu ist tatsächlich nichts mehr zu sagen und auch nicht zu dem, was dann noch folgt. Es geschieht nichts ohne Grund. Niemand wird ohne Grund zum Schweigen gebracht, verhaftet oder gezüchtigt, so ist das in der Demokratie. Wem das nicht passt, der soll doch dahin gehen, wo das anders gehandhabt wird.
Wie meine geneigten Kommentatoren und Kommentatorinnen mit teils weit geöffneten Gesichtsluken zur Kenntnis nehmen durften, ist aktuell eine Guitarre auf dem sprichwörtlichen Weg, den Besitzer zu wechseln. Ich verneige mich noch einmal vor so viel Großherzigkeit, will es aber nicht dabei belassen, sondern ein wenig über persönlichen Besitz und dessen Handhabung plauschen.
Zunächst ist da der quasi kindliche Drang zur Aneignung, den man eben nicht zufällig bei den Kleinen beobachten kann: Sie bekommen gern etwas geschenkt, wollen haben, bestaunen, erfreuen sich am Neuen. Das steht zunächst nicht in einem Zusammenhang mit Nutzen, Zweck oder Sinn, es ist einfach im Wortsinne reizend. Danach schon scheiden sich die Geister: Die einen horten und wollen um nichts in der Welt sich wieder trennen vom erworbenen Gut, die anderen überführen das Zeug seinem Nutzen, schenken es weiter, legen es beiseite oder vergessen es einfach.
Der Weg in den Irrsinn
Schon in frühen Phasen der Entwicklung zeigt sich so etwas wie Charakter, der gemeinhin freilich noch formbar ist. Das mag zu tun haben mit Erfahrungen in der ‘analen Phase’, wie Herr Freud nicht völlig unzutreffend beschreibt, es mag andere Gründe haben, es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass die Problematik Eigentum/Besitz etwas quasi Natürliches an sich hat, jedenfalls ein urwüchsiges Kulturphänomen ist. Was daraus wurde in der kapitalistisch geprägten Gesellschaft, spricht hingegen jedem Sinn und Verstand Hohn.
Der Umgang damit ist entscheidend für die Gesellschaftsform und selbstverständlich umgekehrt. Ich mag an dieser Stelle gar nicht lange eingehen auf den irrsinnigen Kult, der das Eigentum, das Privateigentum gar (solches an Produktionsmitteln also) zum höchsten Gut verklärt. Das richtet sich selbst, es hilft dagegen wie bereits gestern gesagt kein Argumentieren. Vielmehr will ich darauf hinweisen, dass ein Gefühl der Schuld meist nicht fern ist, ausgerechnet wenn die Übertragung von Eigentum eben nicht zu sogenannten “Schulden” führt. Genauer muss ich sagen: Wenn sie sich der Sphäre der Geschäftlichkeit entzieht. Reguläre Geschenke wie zu Geburtstagen sind also nicht gemeint, denn dies ist das Reservat der Gabe in der Geschäftswelt.
Das musst du dir verdienen
Was darüber hinaus geht, hat den Ruch des Almosens, welches wiederum den Gedanken der Gabe in besonders perfide Gefilde führt. Wer es nötig hat und bekommt, ohne darauf ein Recht zu haben, habe seinen Rücken besonders tief zu beugen, lebt damit unverdient. Selbst die Attitüde höherer Stände bedient sich des Motivs: “Womit habe ich das verdient?” ist die Frage für Gelegenheiten, in denen das Quid pro quo Pause hat. Von einem Fremden etwas geschenkt zu bekommen, hat schließlich etwas Übergriffiges, verletzt die Privatheit. Man lässt sich nicht von irgendwem etwas schenken, man schläft nicht unter freiem Himmel und lässt sich öffentlich nichts schenken. Das setzt den Beschenkten in den Rang eines solchen, der nicht zur bürgerlichen Gesellschaft gehört. Bürger ist der, der es sich verdient. Alles. Es ist schon eine Art Reflex: Was muss ich jetzt dafür tun?
Dies Tunmüssen ist zu einer Krankheit erwachsen, die täglich bizarrer wird, Arbeit ihr Medium. Kuriert wäre sie, wenn die Besitzverhältnisse sich nicht nur vom bürgerlichen Eigentumsfetisch lösten, sondern endlich auch von der Arbeit. Man muss es sich nicht verdienen; es ist da und soll einen Zweck erfüllen. Freude ist dabei derjenige, der dem Irrsinn aufs Übelste zum Opfer fiel. Das muss anders werden. Ich habe mich von der Aktion inspirieren lassen und möchte für diesen Teil meiner Welt Konsequenzen daraus ziehen. Zwar beabsichtige ich nicht, hier eine Geschenke- oder gar Tauschbörse einzurichten, ich biete aber ausdrücklich denjenigen, die hier diskutieren und Kommentare zu den Artikeln schreiben, die Möglichkeit, sich zu äußern, wenn ihnen etwas fehlt, eben auch Materielles. Dann sehen wir zu, was wir füreinander tun können.
Die Schere klappt immer weiter auf, genau wie die zwischen arm und reich: Es gibt Menschen, die sich täglich noch von Boulevard bis TV-Nachrichten umschmeicheln lassen, den Kanon in sich aufnehmen dessen, was gut ist und so bleibt. Sie sind die Mehrheit derer, die nicht wissen können, weil sie nicht wissen wollen warum und wozu. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die schon seit Jahren nicht mehr hören können, was von Anfang an gelogen war.
Vor allem von Vokabeln aus dem Mantra der Propaganda, Vokabeln wie “Rettung”. Opelrettung, Bankenrettung, Eurorettung, Griechenrettung, Zypernrettung, Kleinsparerrettung. Rettung aus der Not der “Krisen”, die genau so gelogen sind: Immobilienkrise, Bankenkrise, Eurokrise, Staatsschuldenkrise. Von einer unausweichlichen Phase des Kapitalismus keine Spur und auch kein Einsehen, dass eine Rettung keine gewesen sein kann, wenn danach die nächste und dann die übernächste und dann noch eine fällig wird. Nichts ist da zu retten. Zu retten sind am allerwenigsten diejenigen, die diesen Quatsch noch immer glauben.
Alles wird gut
Aber: Die Welt ist mindestens vierdimensional und so scheint es, als sei der Weg von einer Spitze der aufgeklappten Schere zur anderen gelegentlich kürzer als die Strecke dazwischen. Will heißen: Ich vermeine festzustellen, dass der Widerstand der Indoktrinierten geringer wird. Immer häufiger erfahre ich Zustimmung für meine ‘linksradikalen’ Analysen, wo mir vor wenigen Jahren noch der blanke Hass entgegengeschlagen wäre. Das ist das Faszinierende an der Ignoranz der Mehrheit: Sie hören die Botschaften und wiederholen sie sogar, verbinden sie aber immer weniger mit Überzeugung, wie auf Valium. Eigentlich hätte ich ja recht, aber. Lieber vereint im Falschen als zu früh auf der anderen Seite. Es wird schlimm genug, wenn alles für die Katz war, das muss man doch nicht schon vorher wissen.
Auch die Ideologie erstarrt in der Routine ihrer absurden Weltbeschreibung. Schon wieder gerettet, na und? Noch eine Krise – wen interessiert’s? Ein “Exportweltmeister” tödlich bedroht durch „globalen Wettbewerb“, na klar. Nach Jahren des Wachstums und des Verzichts müssen wir kürzer treten, egal. Gewerkschaft fordert Lohnzurückhaltung, who cares? Milliardäre mit Rekordgewinnen; wie wird das Wetter morgen? Eine Propaganda, die ihre Aufgabe ernst nähme, würde vierzehn Minuten Wetterbericht senden und dann kurz die Nachrichten. Aber wozu? Alles wird gut, sagt das Lächeln der Tagesschau.
Als die systemrelevanten Banken gerettet wurden, hieß es, es gäbe keine weiteren Steuergelder mehr. Als die Milliarden an Steuergeldern dann bereitgestellt wurden, hieß es, niemals gäbe es einen Schuldenschnitt. Als die Schuldenschnitte kamen und die Billionen bereitgestellt waren, hieß es, die ‘Spareinlagen’ seien das Wichtigste. Jetzt werden die ‘Spareinlagen’ rasiert, und wie nennen sie das? Richtig: “Rettung” und “vernünftig“. Die Verfechter dieses Systems bezeichnen es nicht nur als “rational”, sondern betrachten es meist als einzig rationales. Das ist nichts anderes als eine schwere Psychose. Dagegen helfen keine Argumente.
15. Mrz 2013 21:28
Die Älteren unter Euch kennen den Text schon, aber da ich gerade nix Besseres hab und mir neulich ein Kollege zusprach, ich sollte mich getrost wiederholen, packe ich noch mal den Text aus 2002 hier rein, der 2006 auch in diesem Blog schon erschienen ist. Mit feynem Gruß vom Zeylenschinder.
Versicherungsvertreter! Versicherungsvertreter sind in Ansätzen gute Niederrheiner: Sie haben meist von nichts eine Ahnung und auf alles eine Antwort. Fragt der Niederrheiner seine Lieblingsfragen: “Wie isset?” und “Weiße, wer toot is?”, ist der Versicherungshansel bei seinem Stichwort: Kapitallebensversicherung. Beide haben auch ein gespaltenes Verhältnis zum Tod. Sie gönnen zwar niemandem ein frühes Ableben – der Versicherungsvertreter zumindest nicht, bevor die Beiträge vollständig bezahlt sind – sind aber dennoch sehr fasziniert von dem Thema. Der Typ, der mir neulich eine Lebensversicherung andrehen wollte, malte mir derart farbenfroh die diversen Möglichkeiten aus, indiskret, unangenehm und plötzlich aus dem Leben zu scheiden, daß ich ihn sofort fragte, ob er Niederrheiner sei.
Als er dann noch in melodramatischer Weise das mögliche Schicksal meiner Töchter schilderte, standen uns beiden die Tränen in den Augen, und ich habe mich geärgert, das nicht mitgeschnitten zu haben, um es als Drehbuch zu verkaufen. Nur die Passage, wo meine Große, über und über gepierct mit Kanülen, auf den Strich geht, hat er ausgelassen. Ich sah zwar den Willen in seinen Augen, mir auch diese schreckliche Wahrheit zuzumuten, aber auf seinem Rhetorikseminar hat er gelernt, einen gewissen Level nicht zu überschreiten.
Und er hat gut aufgepaßt. Mein Versicherungsmännlein war Stifthalter. Stifthalter sind diejenigen unter den Rhetorikkursopfern, die eigentlich zu verklemmt sind, ihre Hände zu bewegen. Sie haben keine Gestik, stehen entweder mit verschränkten Armen oder wie Soldaten vor ihren Gesprächspartnern und studieren das Schuhwerk ihres Gegenübers. Im Rhetorikkurs lernen sie dann, die Nasenwurzel anzupeilen, und um ihnen die Angst zu nehmen, zwingt der Rhetorikkursleiter sie dazu, sich vorzustellen, auf der Nasenwurzel säße ein Vögelchen oder eine nackte Frau oder sonstwas Reizendes.
Achten Sie einmal darauf! Ich traue niemandem, bei dem ich nicht weiß, in welches Auge er mir gerade schaut. Von einem Freak, der mir nackte Frauen auf die Nasenwurzel setzt, lasse ich mir jedenfalls nichts verkaufen.
Sobald also die Frau oder das Vögelchen es sich bequem gemacht hat, ziehen sie, wie sie es gelernt haben, den Kuli aus der Tasche, um damit ungelenk Löcher in ihren Odolatem zu stechen. Dabei, und das machen sie wiederum sehr geschickt, umkreisen sie ihre Krawattennadel oder eine bestimmte Stelle im Muster ihrer Krawatte. Folgen Sie niemals mit den Augen dieser Bewegung! Entweder die Hypnose funktioniert und Sie unterschreiben alles, einschließlich des Termins Ihres Todestages, oder die Sache funktioniert nicht, und in Ihre Netzhaut brennt sich ein Anblick ein, der das nackte Entsetzen auslöst.
Über Krawattennadeln will ich mich gar nicht auslassen, wer so etwas trägt, richtet sich selbst. Was aber einstmals nackt zur Welt gekommene Geschöpfe, zur Krawatte gezwungen, sich um den Hals Knoten, verrät genau die Todessehnsucht, die sich in den Kapitallebensversicherungen wieder Bahn bricht.
“Geld oder Leben”, so lautet ihr Motto, und sie haben sich insgeheim fürs Geld entschieden. So kriechen sie als gebügelte Monster von Klinke zu Klinke und infizieren ihre Opfer mit ihrer Schicksalsfrage.
Womit sie nicht rechnen, wofür sie auch nicht trainiert werden, ist der Fall, daß ihr potentielles Opfer das alles weiß. Ich habe mir neulich dies Wissen schamlos zunutze gemacht und quasi experimentell überprüft, ob diese meine Mußtmaßungen über Herrn Kaiser und seine Schergen zuträfen. Zunächst ließ ich ihn in meine Wohnung und ließ ihn seinen Standardvortrag halten. Während er also dozierte und fröhlich den Kugelschreiber schwang, fixierte ich seinen Blick, der nicht, wie man es von anständigen Menschen erwartet, zwischen meinen Augen hin- und herwanderte, sondern starr meine Nasenwurzel anvisierte. Alles lief also nach Plan.
Ich hatte mir wohlweißlich einen Notizblock zurechtgelegt, aber keinen Stift, so daß ich mir unter einem Vorwand seinen Kuli leihen mußte. Er war fortan dazu verdammt, seine Hände auf meinen Tisch zu pressen, als seien sie dort angeleimt. Sein Blick wanderte jetzt endlich, und zwar zwischen seinem Kuli und meiner Nasenwurzel. Mir fiel sofort ein Zitat von Büchner ein: “Woyzeck, er sieht gehetzt aus!” Aber Herr Kaiser war noch nicht geschlagen. Ich konnte nicht ewig Notizen simulieren, und in der Hundertstelsekunde, in der die Mine das Papier verließ, bat er mich schwitzend und zitternd, aber höflich, ihm doch bitte seinen Stift zurückzugeben.
Einen Augenblick ließ ich ihn noch schmoren, dann durfte er den Strohhalm ergreifen, der sein Schicksal noch einmal wendete. Aber nicht für lange! Allmählich kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück, und ich ließ ihm diese Verschnaufpause wie die Katze der Maus. Dann nützte ich einen Augenblick, in dem er in seine Unterlage schaute, dazu, mir ein haarfeines Fadenkreuz auf die Nasenwurzel zu stempeln. Noch ehe er wieder hochblickte, stellte ich ihm die Masterfrage:
“Sagen Sie, wenn ich dann also meine Beiträge so weit geleistet habe, wann werde ich dann hingerichtet? Ich würde mich übrigens gern erschießen lassen, das hat so etwas von militärischer Würde. Oder kann man sich nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist auch selbst töten? Ich habe hier eine alte Dienstpistole, das wäre mir natürlich noch lieber”. Das war offenbar so übertrieben, daß er es als Scherz erkannte und kurz auflachte. Für den Verlauf meines Experimentes war das optimal, und noch war er schließlich nicht derjenige, der zuletzt lachte.
Es blieb ihm auch schnell stecken. Als er sich nämlich wieder an meiner Nasenwurzel festkrallen wollte und versuchte, das Fadenkreuz zu fokussieren, verschluckte er sich. Als höflicher Gastgeber bot ich ihm ein Glas Wasser an, das ich schon vorbereitet hatte, klaute ihm aber mit einem lässigen “Ich darf doch noch mal?” wieder seinen Kuli. Ich machte mir eine kurze Notiz, steckte den Kuli in die Hemdtasche und stand auf, als er sein entsetztes Fischmaul öffnete, um etwas zu stammeln, das ich natürlich überhaupt nicht verstehen konnte.
Ich schlurfte zur Anrichte, öffnete die Schublade und holte Opas Pistole hervor, mit der er sich dereinst, aber das ist eine andere Geschichte. Polternd ließ ich sie auf den Tisch fallen und fragte gleichzeitig, ob meine Kinder als Begünstigte gegebenenfalls dem Henker assistieren dürften, sie hätten auch schon Erfahrung mit jungen Katzen. Das Kreuz auf meiner Nasenwurzel hatte ich derweil mit einem roten Edding nachgezogen.
Herr Kaiser japste ob dieses Anblicks etwas von “meinen Sie nicht ernst”, was ich mit der freundlichen, aber bestimmten Aufforderung korrigierte “Nana, wir wollen doch nicht unhöflich werden”. Er solle mir doch jetzt bitte meine Fragen beantworten. Als er dann ansetzte, die letzte Bastion seiner Versicherungsvertreterrhetorik hervorwürgend, nämlich den Namen des Kunden, also meinen, versetzte ich ihm den Todesstoß…
- Ist Ihnen das eigentlich schon aufgefallen? Das ist das Erste, was man den Hanseln eintrichtert: Pausenlos den Namen des Kunden herunterzuleiern, am besten mit Lametta: “Hören Sie, Herr Dr. Flatter, sehen Sie, Herr Dr. Flatter, da haben Sie recht, Herr Dr. Flatter”. Es ist grauenhaft.
“Müller”, antwortete ich also, “ich heiße Müller!” Hansel lächelte, als hätte ich einen Witz gemacht. “Ja, sehen Sie doch in die Unterlagen”, sagte ich verständnislos und reichte ihm die von mir manipulierten Verträge, “da steht es doch: Meier!”
Er glotzte in die Papiere, und ich setzte mir schnell mit geübter Hand die Katzenaugen-Kontaktlinsen ein. Er sah mich an. Das Entsetzen in seinem Blick wich gnädigem Wahnsinn.
Der Rest ist schnell erzählt, ich habe ihm einige Waschmaschinen, den Polo von meinem Cousin und eine Pauschalreise angedreht und ihn vor die Tür gesetzt. Das Schlimmste an diesen Typen ist ja, daß sie solche Weicheier sind. Ich hasse schwache Gegner.