Der Stern hat festgestellt, daß Herr Steinmeier gar nicht der glänzende Retter der SPD ist, sondern in etwa das Gegenteil: Ein kreuzlangweiliger braver Verwalter seiner selbst, der als Bremsklotz in der politischen Landschaft herumliegt und dem neuen Parteivorsitzenden nur im Weg ist.
Überhaupt sei das alte Personal der SPD, das aus der Schröder-Zeit noch übrig ist, ein Ladenhüter, untauglich für eine Aufarbeitung der Vergangenheit oder die Gestaltung einer Zukunft. Sogar Lafontaines Flucht vor der Schröderia wird in diesem Zusammenhang neu bewertet. “Den Lafo machen”, wie der Stern das prekariatstauglich nennt, bedeutet demnach die Einsicht, daß die Führung einen nicht mehr braucht und man vor der Wahl steht, die Überzeugung zu wechseln oder zu gehen.

Die FTD, die ich nicht wirklich als “die treuesten Knappen des Ordo Neoliberalis” bezeichnen würde, falls Chat Atkins das so meinte, gibt gar jede Zurückhaltung auf und tritt der Merkelschen Gurkentruppe zünftig in den Hintern. Thomas Schmoll redet Tacheles:
Die Liberalen brauchten keine 100 Tage zur Selbstdemontage” und
Die CDU-Vorsitzende hat das System Kohl des Aussitzens und beharrlichen Schweigens perfektioniert. Bloß nicht festlegen und wenn doch, dann mit Hintertür oder Notausgang“.
Pinkwart und Rüttgers wirft er gar (zurecht) “Populismus” vor, und bedient sich damit jener Vokabel, die bislang für Oskar Lafontaine reserviert war.

Allmählich kollabiert tatsächlich die Front der Schönschreiber einer Einheitsmeinung, die bislang stets dieselben Helden und Schurken kannte und deren sprachliches Instrumentarium entsprechend festgelegt war. Inzwischen findet lustvolle Majestätsbeleidigung statt, und die Entzauberung der vorgeblich ewig Rechthabenden grenzt an Bildersturm. Einige sind offenbar ihrer eigenen öden Propaganda überdrüssig geworden und probieren etwas Neues. Das kann ich nur begrüßen. Ein frischer Wind ist das zwar noch nicht, aber der übelste Gestank konzentriert sich wieder auf den Halden, die schon immer den gärenden Müll von vorgestern gepflegt haben.