
Ich hatte einmal beruflich mit einem Jungen zu tun, dessen Eltern äußerst gut betucht waren. Das hielt ihn aber nicht davon, sich als “Homie” aus dem “Geddo” aufzuführen, weil er sich eben für einen hielt und “reiches Muttersöhnchen aus der Villa” uncool gewesen wäre. Dieses Phänomen erinnerte mich wiederum an das Gebaren zugereister BRD-Bürger in Berlin in den 80er Jahren. Diese überangepassten Möchtergern-Berliner, die sich stante pede ein “Icke, wa”-Identitätssurrogat zugelegt hatten, mussten daher Besucher aus Restwest wie mich ständig als “Wessis” markieren.
Es durften fortan zum Beispiel keine “Brötchen” mehr geholt werden. Ich meine, selbstverständlich konnte ich bei begriffsstutzigen Altberlinern, die das nicht anders kennen wollten, auch Schrippen bestellen. Dass ich aber den Knilch, der 20 seiner 21 Jahre nicht einmal gewusst hatte, dass es Schrippen überhaupt gab, nicht mehr “Brötchen Holen” schicken durfte, machte mich wundern.
Ich wohne derzeit in einer der reichsten Wohngegenden ‘meiner’ Stadt und kann mir das nur zufällig deshalb leisten, weil es mich in eine Oase der Bezahlbarkeit verschlug. Ich empfinde das in der Regel als angenehm, wenn hier niemand auf die Straße scheißt und man seltenst von Prügeleien in der Nachbarschaft hört. Doch, ich mag Zivilisation, ich kenne nämlich auch deren Grenzen.
Brauch ich nicht
Wo ich herkomme, war es als Kind oder Jugendlicher erstens besser, Brüder zu haben und zweitens angesagt, austeilen zu können. Wer sich nicht traute, kriegte auf die Fresse, und zwar regelmäßig. Es gab alteingesessene Asi-Clans und eingebürgerte Türken-Gangs, Einzelschläger und lose Koalitionen. Es gab Ecken, da trieb man sich nicht herum, wenn man keinen dort kannte, Leute, mit denen man sich nicht anlegte und immer wieder Begegnungen, die mit einer Drohung nicht geregelt waren. Auf der Straße und in der Schule. In der Regel waren keine Waffen im Spiel, aber Gewalt war Alltag. Muss ich heute nicht mehr haben.
So, und jetzt mal kurz zu den “Kiezbewohnern”: Wer stolz darauf ist, sich auf seine Mitbürger hetzen lassen, weil er nicht das Hirn hat seine wahren Feinde zu erkennen, ist schlicht ein Schwachkopf. Wer mit ein paar besoffenen Pennern durch die Nacht zieht, Scheiben einschmeißt und das “Kiezmiliz” nennt, hat einen scheiß Pfeil im Kopf. Armselig genug.
Aber wer aus Muttis Rockschößen direktemang in ein vor Jahrzehnten mal verruchtes Viertel zieht, um als Kämpfer für Gott und Mittelschicht die Gentrifizierung zu ihrem veganen Abschluss zu bringen, möge mir gefälligst die Impertinenz der Behauptung ersparen, er sie es lebe jetzt “auffem Kiez”. Es gibt keinen Kiez. Nicht da, wo ihr euch hintraut. Könnt ihr ganz leicht erkennen: Wo Kiez ist, wird euch im Szenerestaurant die Schnabeltasse gereicht und das Gemüse schmeckt nach Blut.



Ein Wort zu Vegetariern und dem, was sie tun respektive nicht tun. Sie essen kein Fleisch. Ihre Argumente dafür sind so stichhaltig, unwiderlegbar, richtig und überzeugend, dass man sie gar nicht wiederholen muss. Ich sage das ohne jede Ironie. Die Gegenargumente sind peinlich und windschief, falsch sowieso und eben das, was geliefert wird, wenn die 


Es gab einmal Zeiten, da waren Künstler tendenziell kritisch und verstanden sich als außerhalb des Systems stehend. Ihre Wurzeln sind Philosophien, die von “Transzendenz” und “Aura” sprechen, ihnen wurde unterstellt, sie arbeiteten sich ab am “Nicht-Identischen”, dem, was nicht einfach zur Sprache kommt oder sich der Norm anpasst. Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts gab es immerhin noch eine gewisse Tendenz zur politischen Einmischung. Künstler hatten oft eine andere Vorstellung von Idealen wie Gerechtigkeit oder Frieden als das, was der Sachzwang davon übrig ließ.
