November 2008
Monthly Archive
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WirtschaftKommentare deaktiviert 28. Nov 2008 18:17
Was finanziert der sogenannte “Rettungsfonds” eigentlich? Er sollte ein Instrument sein, das Banken ermöglicht, sich gegenseiitig wieder Geld zu leihen, da das Risiko einer Pleite und damit des Verlusts verliehenen Geldes durch staatliche Bürgschaften (und Kredite) verringert wird. Nun war die Commerzbank eine der ersten, die Mittel aus dem Fonds in Anspruch nahm. Danach hat sie nichts Besseres zu tun, als die Dresdner Bank zu kaufen. Man kann darüber schon deshalb dem Kopf schütteln, weil man sich fragt, ob die Steuermittel dazu gedacht waren, Banken zum Shoppen zu schicken. Dem mag dann entgegengehalten werden, die Fusion nütze den Banken und mache sie zukunftssicher, was wiederum die staatlichen Mittel vor Verlust schützen würde. Das Gegenteil ist aber der Fall, die Übernahme der Dresdner ist riskant, und niemand weiß so recht, wie riskant. Das Management der Commerzbank hat also den Schneid, seine Geschäfte durch Steuermittel absichern zu lassen und sogleich wieder Kopf und Kragen zu riskieren:
“Ist es nicht ziemlich riskant, ausgerechnet im beginnenden Konjunkturabschwung zwei auf Deutschland konzentrierte Mittelstandsfinanzierer zu fusionieren?
Doch. Bevor die Commerzbank den Antrag auf Staatsgeld gestellt hatte, war die Übernahme der Dresdner Bank in meinen Augen sogar existenzbedrohend. Und zwar nicht nur, weil in den nächsten Jahren die Zahl der Kreditausfälle steigen wird, sondern auch, weil immer noch nicht klar ist, welche Risiken noch in den Büchern der Dresdner Bank schlummern. [...]
Wäre es dann nicht besser gewesen, die Übernahme abzublasen?
Dank der Milliarden aus dem Sonderfonds der Bundesregierung kann die Commerzbank viel gelassener agieren. Mit diesem Geld kann sie die Allianz ja auch gleich ausbezahlen. Und aus Sicht der Allgemeinheit ist es doch wünschenswert, dass durch die Fusion ein neuer Marktführer auf dem deutschen Markt entsteht.”
Dieter Hein (“fairesearch”) hält es für überzeugend, daß ein “Marktführer” entsteht. Das ist was ganz doll Großes und Wichtiges, also Gutes. Ich persönlich habe als Allgemeinheit hingegen nicht das geringste Interesse an einem Marktführer, auf dessen tönerne Füße Lasten gepackt werden, die ich nachher abtragen darf, wenn es schiefgeht. Hein sagt es ganz ungeniert: Existenzbedrohend ist diese Fusion, weil niemand glaubt, daß die beteiligten Banken aus eigener Kraft aus den roten Zahlen kommen. Ein Marktführer am Rande des Zusammenbruchs, gestützt durch Staat und Steuermittel. Und wenn der Laden in fünfzehn Jahren dann doch wieder Gewinne abwirft, was dann? Gibt es dann auf Kosten der neuen Commerzbank eine Steuerbefreiung für die edlen Bürgen, die Bürger?
Ihr habt ja recht: Wovon träume ich nachts?
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PolitikKommentare deaktiviert 28. Nov 2008 0:18
Nachdem Koch in Hessen seine antidemokratische Haltung, will heißen: seinen Herrschaftsanspruch hat duchsetzen können, darf er sich wieder offiziell zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Gelungen ist ihm der Machterhalt mit ähnlichen Mitteln wie einst der Wahlsieg: Mit Ressentiments und Intrigen. Diesmal wird er wohl auf ausländerfeindliche Parolen ebenso verzichten können wie auf antikommunistische Parolen, denn seine Freunde von der SPD haben ihre Partei so zerlegt, daß sie selbst mit einem echten Obama keine Chance hätten.
Kaum ist das lächerliche Spiel um angebliche Kommunisten und SED-Nachfolger erfolgreich beendet, bröckelt der Putz auch in der Öffentlichkeit und gibt den Blick hinter die erbärmlichen Kulissen frei. Plötzlich wird über Blockflöten in der CDU berichtet. Die WAZ/”Der Westen” entblößt Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich als strammen DDR-Systemträger, der von seiner Vergangenheit nichts wissen will. Die “Welt” berichtet über eine Talkshow mit Beteiligung von Sahra Wagenknecht, wobei sie zwar die übliche Unsachlichkeit walten läßt, der “Sozialistin” aber partout nichts wirklich Böses nachsagen kann. Nicht einmal ihr.
Derweil läßt sich die “LINKE” auf das Niveau der Rechten aus CDU und SPD herab und keilt mit einer “Studie” gegen den “Rechtsxtremismus” bei den Christdemokraten. Das ist zwar inhaltlich genauso dünn wie die Hetze der anderen, kann aber durchaus einen aufklärerischen Aspekt zum Tragen bringen. Fazit: Es ist alles bloß Show, hüben wie drüben.
Diese Karikatur von Politik wird leider nicht als solche wahrgenommen. Sie wird als Machtpolitik betrieben und ist dabei äußerst wirksam. Eine politische Auseinandersetzung findet nicht statt, weil machtgeile Rechthaber die politische Kultur vollständig ruiniert haben. Eine Änderung des Wahlrechts wäre die richtige Antwort darauf: Statt Wahlzetteln sollte man die Zeitung in die Urne stopfen, von der man sich am liebsten belügen läßt. Deren Redaktionen entscheiden dann darüber, wer regieren darf. Am Ergebnis dürfte sich dabei wenig ändern, und man könnte sich den teuren Wahlkampf sparen.
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PolitikKommentare deaktiviert 27. Nov 2008 1:03
Als ich meinen Hohn über die BND-Leute ergossen habe, die im Kosovo festgenommen worden sind, habe ich mir einen Hieb auf den “Geheimdienst” gegönnt, dessen Sinn und Zweck sich mir nicht eröffnet. Nun schwebt der Auslands-Nachrichtendienst nicht im luftleeren Raum, sondern er ist integriert in eine stümperhafte Außenpolitik, die er quasi im nicht immer ausreichend Verborgenen repräsentiert.
Während einige glauben, der BND sei tatsächlich an einem False-Flag-Anschlag beteiligt, bin ich dezidiert anderer Auffassung. Der “Spiegelfechter” [unbedingt lesen!] legt überzeugend dar, daß es sich vermutlich um ein Machtspiel dreht, welches sich eine mafiöse Struktur leistet, die die BRD jüngst als “Staat” anerkannt hat. Das Kosovo ist weniger Staat als Schalke 04, es schien aber den außenpolitischen Strandhaubitzen Merkel und Steinmeier opportun, ihrer launigen Ahnungslosigkeit freien Lauf zu lassen, um Russen und Serben eins auszuwischen. Die gänzlich schmerzbefreiten Politikverweser der Großen Koalition lassen es beizeiten auf einen dritten Weltkrieg ankommen und verließen sich jüngst auf die Vernunft anderer. Es ist damit noch einmal gutgegangen.
Was ganz sicher nicht gutgeht, ist eine tagesaktuell ausgerichtete Außenpolitik, die von kurzsichtigen Interessen geleitet ist und am Ende an ihrer Inkompetenz scheitert. Was im Kosovo stattfindet, ist pures Chaos. Die “Bemühungen” der EULEX, aus dem Kosovo einen Rechtsstaat zu machen, sind an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Eine Einwohnerzahl vergleichbar mit Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern, ein Mehrvölkerstaat mit explosiver Mischung, jederzeit geeignet, Konflikte zwischen Albanien und Serbien, Russland und dem “Westen” auszulösen, völlig lebensunfähig und von äußerst militanten mafiaähnlichen Organisationen “beherrscht”, ohne jede legale Infrastruktur. Ein feiner “Staat”.
Der BND hat dort nichts zu suchen, aber das ist quasi irrelevant. Die Anerkennung des Kosovo war reine Provokation, der Versuch, dort irgendwie Fuß zu fassen, ist zum Scheitern verurteilt. Mit dem Kosovo haben sich Deutschland und die EU ihren eigenen Mini-Irak geschaffen, mit der Einschränkung, daß dort nichts zu holen ist. Das furchtbare Resultat der Stümperei ist für die Bevölkerung des Kosovo eine Geiselhaft. Für jede Laune bekannter und unbekannter Mächte werden die Menschen dort leiden, ohne jede Aussicht auf ein annähernd ziviles Leben. Ein Drittel der Einwohner sind unter 16 Jahre alt, sie werden sich zum großen Teil vom Acker machen. Einige der Älteren werden sich fürs Dableiben bezahlen lassen, in dem Glauben, sie hätten etwas davon. Die Alten werden sterben, der Rest wird auch bald auswandern. Oops, das war’s dann für die Kosovaren. So etwas nennt man gemeinhin “Völkermord”, wenn es jemanden gibt, der eine solche Entwicklung wissentlich hervorruft. In diesem Falle ist es ein postmoderner Völkermord. Eigentlich wollte das niemand, aber es geschieht halt. Der finale politische Genickschuß besteht letzlich darin, daß das Kosovo irrelevant ist. Niemand wird die Opfer auch nur zur Kenntnis nehmen. Brutaler kann Dummheit nicht zuschlagen.
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HintergrundKommentare deaktiviert 26. Nov 2008 0:09
Für einen Kommentar zu Wolfgang Clement bin ich
too sexy.
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Journalismus ,
NetzweltKommentare deaktiviert 25. Nov 2008 0:59
Ob Blogger Journalisten sind, kann man in Deutschland derzeit nicht fragen. Zu viele Kuhjournalisten wissen, daß erst der Presseausweis den Mann und der Verlag die Qualität ausmacht. Zu viele Blogger wehren sich gegen das Mißverständnis, ihnen läge etwas daran, von einer arroganten Minderheit von Schreibern als Menschen anerkannt zu werden.
Die Eingangsfrage ist da spannender. Wenn Konrad Lischka bei SpOn feststellt, der Fall Zwanziger sei “ein Beispiel für die Chancen von Bloggern, Öffentlichkeit zu schaffen“, ist das mehr Symptom des bestehenden Verhältnisses als ein Zeichen von Offenheit. Die Formulierung ist ungeschickt, Blogger müssen nicht über ihre “Chancen” belehrt werden. Es ist ja auch kein Beispiel für eine Chance, sondern für ein Phänomen, das nicht zu leugnen ist: Es gibt eine noch kleine Öffentlichkeit, die sich nicht von Verlegern, Redaktionen und Anzeigenkunden deckeln läßt. Die Arroganz, mit der manche Lobbyisten (ihrer selbst) in manche Redaktionsstube einfallen, hat hier draußen keine Chance. Wo Journalisten der Mut fehlt, sind Blogger bisweilen eher übermütig, vor allem aber widerborstig. Ein Journalist läßt sich für seine Meinung und allzuoft für die Wahrheit abwatschen, Blogger eben nicht. Der alltägliche kleine Skandal abhängiger Meinungsmacher bricht sich über das Medium Blog bahn. Kein Journalist wagt es, über Bevormundung in seiner Redaktion zu schreiben – es würde ja eh nicht veröffentlicht. Über den Umweg der Blogsphäre dürfen Journalisten hingegen über derartiges berichten. Daß SpOn in der besprochenen Affäre als “Blogger” wieder einmal nur Journalisten erwähnt, die Blogs betreiben, verkürzt ganz nebenbei die Sicht auf “die” Blogger. Sie wissen noch immer nicht, mit wem sie es in Zukunft wirklich zu tun haben werden.
Eine ähnliche Tendenz weisen die Ausführungen von Eric Alterman im Interview mit der Sueddeutschen auf. Er weist auf die Probleme des Printjournalismus hin und zeigt hintergründig auf, wie Journalismus zwischen Nachrichtenarbeit und Finanzierungbedarf zum Drahtseilakt wird. So recht fällt ihm auch nicht ein, wie der Journalismus in Zukunft seine Demokratie erhaltende Funktion noch ausfüllen soll. Daß derzeit aus wirtschaftlichen Gründen gute Leute arbeitslos werden und was sie in Zukunft tun könnten, legt er so dar:
“SZ: Was wird aus all den erstklassigen Journalisten, die demnächst entlassen werden?
Alterman: Einige werden beruflich überleben, wenn sie ein professionelles Blog gründen. Sie können mit Blogs sogar Geld verdienen, weil aufgrund Ihrer fachlichen Expertise und hoher Nutzerzahlen Werbegelder fließen werden. Aber dieser Markt ist begrenzt. Die meisten werden dem Journalismus wohl den Rücken zukehren. ”
Letzteres ist eine Schande angesichts derer, die weiter gutes Geld mit schlechtem Journalismus machen werden. Was die zukünftigen Blogger angeht, verharrt er zu sehr im status quo. Ob sich wirklich Geld mit Bloggen verdienen läßt, sei dahingestellt. Die strikte Trennung von Printmedien mit angeschlossenen Online-Auftritten hier und Blogs dort wird sich aber nicht aufrecht erhalten lassen. Die Zukunft wird anders aussehen. Wenn “Print” aus Geldmangel nicht völlig untergehen soll, weil sich nur noch Titten-und Hitlerjournaille verkaufen läßt, muß es einen dritten Weg geben. Eine Kooperation von noch-Bloggern und noch-Journalisten bis hin zur Unkenntlichkeit der Clubfarben und völlig neue Formen der medialen Öffentlichkeit werden die Zukunft sein. Was der Journalismus an Nachrichtenbeschaffung und halbwegs massenverständlicher Aufbereitung zu bieten hat, wird sich mit der Leidenschaft unbeugsamer Netzbewohner paaren müssen, um eine lebensfähige res publica medial zu organisieren. Bis es so weit ist, müssen viele unbelehrbare Schlipsträger und Nerds abtreten und wir alle noch verdammt viel lernen.
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PolitikKommentare deaktiviert 23. Nov 2008 22:48
Clever und Smart waren wieder unterwegs. Diesmal ließen sie sich dabei erwischen, wie sie entweder einen False-Flag-Anschlag nachbereitet haben oder so blöd waren, sich anstelle der Attentäter verhaften zu lassen. BND, das ist die Maßeinheit für “Blödheit im Nachrichtendienst”. Nicht nur, daß sie überall herumstümpern und niemand je gewußt haben will, wer wann welche Informationen an wen weitergegeben hat, sie stapfen auch noch ohne Erlaubnis, aber mit Dienstausweisen durch die Gegend. Warum tragen die weltbekannten Geheimagenten nicht T-Shirts mit der Aufschrift: “illegal and top secret”? Dann wüßten die anderen, daß es nur die Jungs vom BND sind. Von denen geht keine Gefahr aus, die sind einfach zu und zu doof.
Daß die Bundesregierung nach dem schweren Vorwurf, der BND habe einen Anschlag verübt, schweigt, läßt nicht Gutes ahnen. Es scheint offenbar gar nicht abwegig, daß die schnüffelnden Skandalnudeln so etwas tun – vermutlich aus Versehen. Nicht einmal Steinmeier lehnt sich aus dem Fenster, wie damals, als er zur Tätigkeit des BND im Irak gelogen hat. Er weiß wohl, daß den tauben Nüssen aus Pullach alles zuzutrauen ist – nur nichts Nützliches.
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PolitikKommentare deaktiviert 22. Nov 2008 1:20
Er kann’s nicht lassen. Für sein aktuelles Stasi2.0-Projekt will er einmal mehr das Grundgesetz demontieren und den Bundesrat seiner Kontrollfunktion berauben, solange eine Koalition aus CDU/CSU und SPD noch “groß” ist. Für SpOn faßt Severin Weiland die Reaktionen darauf gut zusammen. Schäuble hat sich einen willigen SPDler geschnappt, den stellvertretenden SPD-Fraktionschef Fritz Rudolf Körper, und mit ihm im Schlepptau Forderungen an den Bundesrat gestellt: Die Koalitionen in den Ländern sollen nur dann ein Votum haben, wenn sie passend dominiert werden. Enthaltungen sollen künftig nicht mehr als Hindernis gelten, wohl wissend, daß damit die Bedenken der “kleineren” Parteien übergangen werden. Für eine Große Koalition im Bundestag hieße dies, daß sie ohne effektive Kontrolle des Bundesrates durchregieren könnte.
Entlarvend ist wieder einmal das Lavieren des Vaterlandsverteidigers Wiefelspütz:
“Der Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz erklärte auf SPIEGEL ONLINE, er könne sich mit dem Vorschlag “inhaltlich durchaus anfreunden”, fügte aber hinzu: “Gut gemeint ist nicht gut gemacht.” Er glaube daher nicht, dass der Vorstoß Aussicht auf Erfolg habe. “Wenn er aus tagesaktuellen Erwägungen gemacht wird, merkt jeder die Absicht dahinter” “.
Wiefelspütz ist ein Charakterzwerg, der Machtpolitik ohne jede Scham betreibt und dabei nicht einmal selbst agiert. Er ist einer, der nachher sagen kann, er habe nur seine Pflicht getan. Das einzige, das ihn stört, ist das Timing, die Taktik und vor allen die Offenheit, mit der jemand wie Schäuble den Rechtsstaat ruiniert. Er stimmt allem zu, es ist ihm aber peinlich, daß da draußen jemand etwas “merkt”. Die “Absicht dahinter” soll geheim bleiben. Es ist sehr zu begrüßen, wenn immerhin zwei der fünf Parteien Schäubles Rücktritt fordern und eine dritte sich offensiv gegen dessen Pläne stellt, obwohl er für den favorisierten Koalitionpartner Innenpolitik macht. Wiefelspütz hingegen schleimt sich aus der Schußlinie, und es ist zu befürchten, daß die Gefahr, die von diesem Nützling ausgeht, schwer unterschätzt wird. Die Hoffnung, daß er so ölig davontropft, wie er an seinem Herrn und Minister herabläuft, ist mehr als trügerisch. Wiefelspütz vertritt heute die Partei, die in ihren besten Zeiten einmal “mehr Demokratie wagen” wollte. Wäre er ein Mann von Prinzipien, würde er auf das Grab von Willy Brandt pissen.
Heribert Prantl ist es vorbehalten, zu sagen, was ist. Er nennt Schäubles Vorhaben einen “machtgeilen Plan” und erinnert daran, daß die letzte Große Koalition beinahe ein Zweiparteiensystem etabliert hätte. Diktatur ist machbar, doch immerhin scheint es noch einige im Establishment zu geben, die dagegen halten. Das ist in diesen Zeiten aber auch schon alles, was man dem hiesigen politischen System zugute halten kann.
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JournalismusKommentare deaktiviert 20. Nov 2008 23:53
Sie tun, was sie können:
Zeit.de überrascht mit einem Artikel über den Büchsenspanner Johannes Kahrs, der aus einem Blog abgeschrieben sein könnte. Es steht alles Wichtige über diesen feinen Menschen drin. Schade, daß er wohl bald wieder völlig unkritisch zitiert werden wird.
Thomas Fricke macht sich in der FTD Hoffnungen, daß mit dem Abgang des verdienten Förderers Bert Rürup in die Versicherungsbranche ein “Weltökonom” dessen Platz im Elferrat der Weisen übernehmen könnte. Woher dieser kommen soll oder wen er sich da vorstellt, teilt er leider nicht mit. Nur die Überschrift gibt einen Hinweis: “Thomas Fricke – Weltökonom…”.
Die “Welt” lügt sich zusammen, Hartz IV sei “gesund” und läßt Verräter aus der Abhängigenschaft vorrechnen, wie fein sie mit dem Regelsatz zurechtkommen (was sie zuvor bereits bei “SternTV” zum Besten gaben). Bei denen kosten ein Brötchen übrigens 15 Cent und 100 g Kartoffelsalat 17 Cent. Letzteres geht nicht einmal selbstgemacht, wenn man die Energiekosten hinzurechnet. Perfide bis ins Detail verkaufen uns die Springers den Hartzer als faulen Sack und tun andererseits so, als hätte er den ganzen Tag Zeit für die Küche. Inkonsequent sind sie auch noch: Der Löwenzahn auf der Kirchenwiese kostet gar nix und ergibt einen sehr gesunden Salat.
Noch einmal die “Welt” macht keinen Hehl aus ihrer großen Lieblingskoalition, und wähnt sich dabei im Bunde mit “der Politik“.
Günther Lachmann hat seine Kärrnerarbeit für die Guten schon so verinnerlicht, daß er keine Opposition mehr braucht. Hervrorragend sein Resümmé:
“Zu guter Letzt spielt auch die wirtschaftliche Situation eine große Rolle. Keiner weiß, wie lange die Weltwirtschaftskrise dauern und welchen Schaden sie in Deutschland anrichten wird.”
Mit “sie” meint er allerdings nicht die Große Koaltion. Schade.
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PolitikKommentare deaktiviert 20. Nov 2008 0:43
Roger Beathacker stellt fest, daß die “Reformen” jetzt “gerettet” werden müssen, wie immer um jeden Preis. Schmunzeln mag man über Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsjournalisten sowie die Aufbereiter des erkenntnislosen Gewurschtels, das erst in die Krise führte, um sie nunmehr fortzusetzen. Sie wissen nichts und haben von nichts gewußt, posaunen aber eifrig hinaus, was das Richtige sei. “Die Wirtschaft” ist zu retten. “Die Wirtschaft”, das sind die Großen, die Banken und Großkonzerne, von deren Heil das unsere abhänge. Es gibt keine öffentlich diskutierte Idee, wie man aus dem Scheitern des Neoliberalismus lernen könnte, kein Alternativkonzept und schon gar keinen Mut, sich mit denen anzulegen, die außer der Arbeit am eigenen Gewinn nichts geleistet haben. Die Staaten werden mißbraucht, um die alten “Eliten” in den Sesseln zu halten. Der “Staat” war gestern Gewinnhindernis und ist heute Rettungsschwimmer. Daß der Staat die Gesamtheit der Bürger ist, um deren Wohl er verfaßt ist, ist kaum eine Zeile wert. Wer versucht, die Menschen ins Zentrum der Betrachtung zu rücken und das Verhältnis der Herrschaft der Wirtschaft über den Staat umzukehren, heißt “Populist”.
Egon W. Kreutzer faßt die Skandale zusammen, die untragbare Zustände zementieren sollen. (via Klaus Baum)
Don Alphonso und Thomas Knüwer legen ihr Augenmerk auf einen Offenbarungseid der deutschen Wirtschaftspresse, der nichst Besseres einfällt, als das Totsparen ihrer Redaktionen für Qualitätssicherung zu erklären. In einer Nische, die durch Fachkompetenz und deren Vermittlung glänzen sollte, wird eine “Zentralredaktion” eingesetzt, der man zutrauen darf, dieselbe Trommel nicht von zu vielen Virtuosen schlagen zu lassen. Das Ziel ist deprimierend: So wenig Ressourcen wie möglich zu nutzen, um möglichst viele Nichtssagende Artikel in diversen Medien zu produzieren. Es ist ein Fanal der Hoffnungslosigkeit. Durfte man bisher beklagen, daß mangelnde Kompetenz durch eifrige Agitation ersetzt wurde, wird es in Zukunft noch düsterer werden. Die Ausnahmen von der Regel wird man auch noch vermissen. Gab es bislang noch immer den einen oder anderen Schreiber, der seinen eigenen Kopf benutzte, hat sich das erledigt, weil die Köpfe fehlen.
Für die Bloggerei kann das erheblichen Aufwind bedeuten, denn wer denkt und schreibt, wird nicht viele Alternativen haben. Ein schwacher Trost angesichts der Bedeutung von Blogs in der öffentlichen Kommunikation.
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PolitikKommentare deaktiviert 19. Nov 2008 0:30
Schäuble hat ausnahmsweise einmal recht:
“Die SPD sei innerlich zerrissen und nicht mehr verlässlich. “Wenn sich die Parteiführung für etwas einsetzt, kann man geradezu sicher sein, dass die Basis der SPD das Gegenteil macht.” ”
Freilich hat er das Prinzip noch immer nicht verstanden: Wenn die Basis etwas beschließt oder kundtut, wofür sich die Parteiführung dann nicht interessiert, ist letztere nicht verlässlich. Anstatt sich im Sinne der Parteimitglieder zu engagieren, klüngeln sie lieber im Kabinett mit den angeschlossenen Lobbygruppen. Was Wiefelspütz ausheckt, hat nichts mit dem zu tun, was Sozialdemokraten für richtig halten. Wählen wir halt künftig mit der Zweitstimme den Dieter!
Dazu paßt auch das Gewese um die vier Koch-Retter in der hessischen SPD, die glaubten, sie könnten im Sinne der Seeheimer Ypsilanti erledigen, ohne dafür die Konsequenzen zu tragen. Das die Nachrichtenruine “Spiegel” (online) diese Sonntagsdemokraten gebetsmühlenhaft “Rebellen” nennt, ist ein weiteres Symptom der offenen Ehe von Politik und Demokratie, an der dieses Land krankt. Es soll den Leuten in den Kopf gehämmert werden, wer hier was zu sagen hat und daß die neoliberale innere Führung immer recht hat. “Rebellisch” ist nichts am Verhalten der Abweichler. Heimtücke und Anbiederung an die vermeintlich Mächtigen im Staate sind so rebellisch wie eine Falte in der Uniform. Hätte man noch Hoffnung, könnte man an eine Rebellion in der SPD glauben, an einen Aufstand gar. Der Unmut ist da, aber in den abgetragenen Hosen der sozialdemokratischen “Basis” findet sich kein Arsch mehr, der über die Sitzfläche eines Hockers ragt.
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