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Oktober 2012


 
Günther Beckstein, seit 1988 schon Staatssekretär (mit besonderen Aufgaben) im bayerischen Innenministerium, seit 1993 Innenminister und ab 2007 Ministerpräsident, gerät en passant wieder in den Fokus der Untersuchungen zu der Mordserie der sogenannten “NSU”. Zunächst war gemeldet worden, Beckstein habe Ermittlungen in Richtung “rechte Terrorzelle” verhindert, was dann abgeschwächt wurde in dem Sinne, er habe nur die Einbeziehung der Öffentlichkeit vermeiden wollen, um eine Panik zu verhindern. 2001 dann, was sich anhand eines Kommentars am Rand eines Zeitungsschnipsels zweifelsfrei (!!1!) beweisen lässt, war er es wiederum, der doch an Serientäter glaubte, aber noch keinen rechtsextremen Hintergrund sehen konnte.

Wenn ihr das wissen wollt

Aktuell wird öffentlich, dass Becksteins Landesverfassungsschutz einen V-Mann in seinen Reihen hatte, der an den wichtigsten Schnittstellen der Naziszene saß und direkte Verbindung zu den Mördern hatte. [via Burks] Ein solch wichtiger Vorgang sollte doch den Vorgesetzten und dem zuständigen Minister kommuniziert worden sein.

Man darf also annehmen, dass Beckstein davon gewusst hat. Wenn dem so ist, wäre für dessen Mauern seit Bekanntwerden der Morde womöglich ein hinreichendes Motiv, dass ihm das alles nicht gerade zur Ehre gereicht. Es ist aber darüber hinaus nach wie vor zu fragen, was er, seine Behörden und Kollegen anderer Behörden eigentlich mit den braunen Truppen vorhatten. Glaubten sie, die rechte Szene im Griff zu haben? Gibt es maßgebliche Seilschaften in den deutschen Sicherheitsbehörden, die braune Terroristen für ‘besondere Situationen’ steuern wollen? Oder sind die Sicherheitskräfte mit den Nazinetzwerken verstrickt, weil sie deren Gesinnung teilen und gemeinsame Ziele verfolgen? Wenn die Untersuchungsausschüsse sich dieser Fragen nicht annehmen, können sie ihre ‘Nachforschungen’ eigentlich gleich wieder einstellen.

 
Nee, TAZ, da habt ihr etwas noch ganz und gar nicht gerafft: Dass es in den Geheimdiensten, den Kriminalämtern, der Polizei und eben überall, wo “innere Sicherheit” drauf steht, reichlich Rassisten gibt, ist bekannt. Dass die Nazis dort eher Unterschlupf finden als dass gegen sie ernsthaft ermittelt wird, das wurde zuletzt endlich sichtbar. Dass diese Leute sich gegenseitig decken und diesbezügliche Vorgänge vertuschen, liegt in der Natur der Sache.

Der Skandal (um den Ku-Klux-Klan)” ist also eben nicht “noch größer als bisher angenommen“, er ist überhaupt keiner mehr. Das ist das Problem.

Dass FDP und CDU die professionellen Lügner inzwischen gleich zu Kandidaten machen, ist einerseits konsequent. Andererseits wäre es dann auch konsequent, diejenigen, die das noch per Wahlentscheidung gutheißen, mit entsprechender Häme zu übergießen. Ich könnte mir so etwas vorstellen wie “Turner, weil ihr alle doof seid” oder “Selbst schuld, ihr Deppen!”. Das müsste inzwischen eigentlich eine erfolgversprechende Strategie sein, denn der Wähler wie ihn sich die ‘Bürgerlichen’ vorstellen, will belogen und für dumm verkauft werden. Er hielte es daher wahrscheinlich für ‘ehrlich’, wenn man ihm das auch so sagte.

Sebastian Turner ist ‘Journalist’, Werber, Millionär und Mitinitiator der “INSM”. Lange Zeit war es nicht chic zuzugeben, dass die Parteien sich von diesen Arbeitgeberlobbyisten die Slogans soufflieren lassen. Zu augenscheinlich war die Klientelpolitik, die dadurch offenbar wurde. Inzwischen ist zumindest Schwarzgelb so korrupt, dass sie nicht bloß die Nähe zu den sprichwörtlichen Mietmäulern zugeben, sondern gleich ganz auf Politik verzichten und jene ins Amt heben. Ist das noch ein Skandal? Nein. In einer Bananenrepublik wäre das anrüchig. In diesem neoliberal verseuchten Marionettenstadl ist es der vorletzte Akt.

Keine Bananen, keine Republik

Zur Erinnerung, um nur einige Leistungen des ‘Think Tanks’ zu nennen: Die INSM schreibt dem Finanzministerium die Texte, beherrscht die Talkshows, ‘versorgt’ Redaktionen mit selbst verfassten ‘Beiträgen’ und drückt – überparteilich – vielzitierte Slogans in die öffentliche Debatte. Der bekannteste dürfte der Spruch “Sozial ist, was Arbeit schafft” sein, ein Satz, der bei genauerer Betrachtung an Menschenverachtung nicht zu überbieten ist. Nicht zufällig ist das ein Zitat von Hitlers Wirtschaftsminister Hugenberg, der sagte: “Derjenige ist wirklich und wahrhaft sozial, der Arbeit schafft.”
Für ihre Lobbyarbeit ist ihnen kein Zynismus, keine Lüge, keine heimliche Einflussnahme zu schäbig, auch nicht die rhetorische Anleihe bei den Faschisten.

Nun kann man sagen: Das ist ihr Job, dafür werden sie bezahlt. Man kann auch sagen, dass eine Demokratie, die sich von solchen gedungenen Einflüsterern lenken lässt, unreif ist und offenbar nicht ausreichend vor Korruption geschützt.
Eine ‘Demokratie’ aber, die solche Leute zu Amtskandidaten sogenannter “Volksparteien” macht, die durch gefällige PR zu Millionären wurden, ist definitiv und vollkommen am Ende. Dazu müssen die gepäppelten Klassenkämpfer nicht einmal gewählt werden.

… werden die Konzerne mit der “Ökostromabgabe” machen, jene Konzerne, denen wir für nen Appel und ein Ei unsere Infrastruktur verhökert haben? Wenn ich mir die Erpressungsbriefe vulgo “Stromrechnungen” der letzten 15 Jahre anschaue, wird mir übel. Alles wegen der erneuerbaren Energien, ja? Die fetten und nebenbei garantierten Gewinne der nämlichen Zeit auch? Was die INSM, der Springer Verlag und die anderen üblichen Verdächtigen derzeit an Propaganda raushauen, lässt eigentlich nur eine Konsequenz zu: Die Energiekonzerne wieder zu enteignen. Die können eh nicht mit Geld umgehen, sonst würden sie uns nicht jährlich derart dreist die Energieabgaben erhöhen.

 
drift

Wer will sie noch hören, die Experten von der Murmelakademie, Facherbsenzähler, Hüter der einzig wirklichen Wahrheit, Bewahrer der Wertschöpfung? Hans Werner Sinn etwa macht sich derzeit nach Kräften lächerlich, indem er tapfer versucht, den einzigen Fall herbeizuführen, in dem seine “Targetgefahr” real werden könnte. Wer den letzten Satz nach Erkennen des Namens weitergelesen hat, sei für seine Tapferkeit belobigt. Im allgemeinen steige ich an der Stelle schon aus.

In seinem kürzlich verlinkten Vortrag sagt Heinz-Josef Bontrup, dass niemand im Fachbereich Volkswirtschaftslehre befürchten muss, zu Marx geprüft zu werden. Wohl kaum, weil dessen Theorie so dumm oder unzutreffend ist, sondern weil sie der geltenden Ideologie widerspricht. Ich kann mir vorstellen, dass selbst die Seminare zur “politischen Ökonomie” weniger intolerant gegenüber ‘bürgerlichen’ Theorien waren, die man vielleicht kennen durfte, um sie widerlegen zu können. Aber wir sind ja auch nicht die Deutsche Demokratische Republik. Wir sind die Guten von der sozialen Marktwirtschaft®.

Priester und Tempel

Wissenschaft als Mythologie funktioniert, weil die Priester und die Tempel dafür eingerichtet sind. Wer die Mittel und Wege der “Aufklärung” festlegt, legt die Wahrheit fest. Es wird nicht geforscht, sondern bestätigt. Es wird nicht gelehrt, sondern verkündet. Es wird nicht gelernt, sondern nachgeeifert. Das ist übrigens kein Problem der Ökonomie allein, sondern das von “Wissenschaften”, die autoritär und hierarchisch strukturiert sind.

Ein Musterbeispiel dieser Wissenschaft ist die Geschichte der Kontinentaldrift und ihres unglücklichen Vertreters Alfred Wegener. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts präsentierte er eine Theorie, die an Plausibilität kaum zu überbieten war, nämlich dass die Kontinente einmal eine gemeinsame Landmasse bildeten und dann auseinander drifteten. Die Indizien dafür waren und sind erdrückend, aber Wegener wurde dafür verlacht und gemobbt – wohlgemerkt: nicht im finsteren Mittelalter, sondern im 20. Jahrhundert. Die Leugner der offensichtlichen Wahrheit waren erfolgreich bis Anfang der 1960er Jahre, erst dann war sie nicht mehr von der Hand zu weisen.

Nicht vor und nicht zurück

Es musste erst bewiesen werden, dass es eine Kraft gibt, welche die Kontinente in Bewegung setzt. Anstatt also das Offensichtliche zu akzeptieren und sich auf die Suche nach Belegen zu machen, mauerten die ‘Experten’ so lange, bis einer kam, der es ihnen ins Gesicht rieb. Der war dann auch ein echter Geologe und wurde daher als Eingeweihter von den anderen Geweihten gehört. Als “Plattentektonik” kam die Wahrheit doch noch zu ihrem Recht, mit 50 Jahren Verspätung.

So borniert kann ‘Wissenschaft’ sein, und wer je als kritischer Student auf einer Hochschule unterwegs war, hat die besten Chancen, ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben. Es ist nicht hilfreich, innovativ zu sein oder geistig flexibel, wenn man dazugehören will. Schon gar nicht bei den Ökonomen, die seit Jahrzehnten denselben Sermon von sich geben, keinen Schritt vorwärts gekommen sind und obendrein einen maßgeblichen Teil bereits vorhandenen Wissens ausblenden. So bestehen sie denn darauf: Alles, was nicht den gültigen Regeln kapitalistischen Wirtschaftens entspricht, darf nicht sein. Daraus folgt unmittelbar, dass diese Regeln eben gelten. Das soll ihnen erst einmal jemand widerlegen.

 
brok

April April, alles sicher. Genau wie in Japan, einem hochtechnologischen Land, das wie kein anderes die Kernkraft beherrscht.

Ich wurde vor einiger Zeit von einem freundlichen Juristen darauf hingewiesen, dass ich mir das Urheberrecht an den Kommentaren nicht durch die Nutzungsbedingungen übertragen lassen könne. Sinn der Veranstaltung war die Nutzung innerhalb von Feynsinn, was auch von vornherein so formuliert war. Ich hatte das bereits geändert, sehe mich aber zu einer weiteren Klärung veranlasst, die jetzt unter “Recht am Kommentar” zu lesen ist.
Es sollte selbstverständlich sein, das die Nutzung der Kommentare durch Dritte ausgeschlossen ist. Wenn ich einen Kommentar bei der TAZ hinterlasse, möchte ich den ja nicht nachher in der “Nationalzeitung” lesen. Von daher hielt ich es für selbstverständlich, dass die Kommentare nicht einfach kopiert und verlinkt werden können. Diese waren und sind weiterhin urheberrechtlich geschützt; das gilt ausdrücklich auch für meine eigenen.
Sollte jemand Kommentare woanders nutzen wollen, mag er die betreffenden Kommentatoren fragen. Zur Herausgabe von Daten wie Mailadressen bin ich nur berechtigt, wenn die betreffende Person dem ausdrücklich zustimmt.

 
eu

Der sogenannte “Friedensnobelpreis” entwickelt sich zu einer neuen Kunstform des Abgesangs. Den Preisträgern wird eine Art “Hätte schön werden können” hinterhergeworfen, die Auszeichnung sollte als Kranz abgelegt werden am Grab der ungenutzten Möglichkeiten und gebrochenen Versprechen. Als Maxime der Veranstaltung schlage ich vor: “Friede ist unsere Waffe. Krieg ist alternativlos. Wir sind die Guten.”.

Spätestens seit 1973 braucht man zwei paar Handschuhe, um diesen Preis anzunehmen. Damals wurde der Protagonist des Vietnamkriegs Henry Kissinger für das Massenschlachten in Vietnam geehrt, nachdem es beendet worden war. Die Kommission kam zu der Entscheidung möglicherweise während der erfolgreichen Vorbereitung des Pinochet-Putsches in Chile, an der Kissinger mutmaßlich beteiligt war. Seitdem muss man sich fragen, ob das ein Witz sein soll, ein zynischer Kommentar zum Weltgeschehen.

Mit der vorzeitig herausgespritzten Ehrung des ersten “Commander in Chief” Barak Obama mauserte sich die Veranstaltung zu einem Fanal der Hoffnungslosigkeit. Vielleicht sitzen dort Visionäre, die wissen, wann es am schönsten ist und nur noch schlimmer wird. Obama wurde für Versprechen belohnt, die er nicht einhielt. Immerhin hat er sich nicht geschämt, den Preis anzunehmen, den auch ein unter Druck zurückgetretener Rassist wie Frederik Willem de Klerk bekommen hatte. Als erster schwarzer Präsident muss man sich mit den Herrenmenschen auf Augenhöhe bewegen, ja sicher.

Es war so schön …

Nun also die EU, in einer Phase des rasanten Abbaus von demokratischen Rechten, der Verarmung ganzer Völker inmitten obszönen Reichtums und dem Aufflammen bürgerkriegsähnlicher Zustände. Europa war ein recht friedlicher Kontinent, lasst uns das feiern, ehe die Ausgangssperren verhängt werden oder die Innenstädte gesperrt werden, sobald ein namhafter Politiker unterwegs ist. Noch ist es schlimmer in vielen Ländern Afrikas oder zum Beispiel in Mexiko. Doch, es war schön hier. Preiswürdig schön.

Selbstverständlich ist diese Äußerung wieder so eine Meinung von einer Kreatur aus der Gosse bzw. einer “schrägen Figur vom rechten oder linken Rand“, wie der Lohnschreiber Christian Rickens für das Stürmergeschütz der Demokratie schreibt. Es ist längst keine Begleiterscheinung mehr, sondern eine tragende Säule der Verrohung, dass Artikel aus den politischen Redaktionen zum publizistischen Mobbing verkommen sind.

Mit der Macht eines großen Verlags wird den Lesern ganz deutlich gesagt, was sie nicht denken dürfen, wenn sie noch dazugehören wollen. Es ergeht ein Verbot der Kritik bei Androhung des Ausschlusses aus der Gesellschaft. Der letzte Akt der Toleranz besteht in der Formulierung “schräge Figur vom Rand”. Das ist doch allemal demokratischer als “Ratten und Schmeißfliegen”. Danke dafür!

Deutschland ist kinderlos, übergewichtig
und dem Alkohol zugeneigt.

Kinder habe ich, Übergewicht keins. Prost!

brdgrausb
In der Diskussion um alternative Gesellschaftsformen lässt sich ein Dilemma erkennen, das die ohnehin gespaltene Linke um eine weitere Variante der scheinbaren Unversöhnlichkeit bereichert. Die traditionell internationalistische politische Haltung sieht sich nämlich einer starken Tendenz zur Regionalisierung in jüngeren Strömungen gegenüber. Das muss nicht unbedingt ein Widerspruch sein, es zeigt aber, dass die Linke flexibel sein muss. Diese Flexibilität nenne ich “liberal”, weil sie auf ein Maximum an Freiheit setzt statt auf eine Zentrale, die stets die ideologische Korrektheit überprüft.

Letzteres ist einigen Linken ein Anliegen, in deren Köpfen noch immer die Vorstelllug spukt, man müsse eine mögliche “Konterrevolution” in Schach halten. Dieser reaktionäre Ansatz gegen eine oft nur vermeintliche Reaktion mündet zwangsläufig in Paranoia und Stalinismus. Daran ist der “real Existierende” gescheitert und alle Verteufelungen des Sozialismus oder Kommunismus beruhen letztlich auf dieser historischen Idiotie. Ein selbstbewusster Sozialismus müsste sich nicht gegen böse äußere Einflüsse wehren, schon gar nicht präventiv. Er wäre einfach das bessere Angebot und setzte sich sogar in ‘marktwirtschaftlichen’ Kategorien gegen den Kapitalismus durch. Das gilt umso mehr in einer Entwicklungsstufe, die bereits eine hohe Produktivität erreicht hat. Das mag 1917-1989 noch gravierend anders gewesen sein, inzwischen muss man das nicht mehr diskutieren.

Homo Homini

Aber zum Kern der Sache: Die “internationale Solidarität” prägt die Geschichte der Linken, eine frühe Globalisierung, die im Kopf passiert. Ein universelles Menschenbild nämlich ist notwendige Grundlage für Menschenrechte, die mehr sind als ein Lippenbekenntnis. Alle Menschen sollen gleiche Rechte haben. Das unterscheidet die Linke fundamental von der Rechten und sonstigen Spielarten von Rassismus und Diskriminierung. Dieser Respekt der Menschen vor den Menschen ist nicht verhandelbar, insofern bleibt die Linke internationalistisch.

Die Gestaltung einer verfassten Gesellschaft, eines Staates, betrifft das zunächst nur am Rande. Wenn man etwas als richtig erkannt hat, ist das auch für die Linke richtig. Steht dem die Vorstellung dessen, was “links” sei, im Wege, muss die Vorstellung korrigiert werden. Oder man hört eben auf, “links” sein zu wollen. Man kann aber die Erkenntnis nicht der Idee opfern, sonst endet man in Dogmatismus, und dann ist es egal, ob das noch ein rechter, ein linker, ein sozialistischer oder ein kapitalistischer ist.

Die Erkenntnis, um die es hier geht, ist die, dass die Beteiligung der Menschen an den Entscheidungsprozessen sowohl für Demokratie als auch für eine alternative Arbeitsorganisation unerlässlich ist. Diese Beteiligung wiederum lässt sich nicht zentralistisch und durch abstrakte Stellvertretung wie in der aktuellen parlamentarischen Demokratie herstellen. Dieses Defizit ist und war überall zu erkennen, sowohl im autoritären und zentralistischen Sowjetimperium als auch in den kapitalistischen Staaten, die inzwischen zur neoliberalen Einheitsfront verschweißt sind. Dagegen kann eine Regionalisierung der Entscheidungen durchaus helfen. Wenn aber die Regionen und Kommunen selbst darüber entscheiden, was und wie sie produzieren, muss überregional eine Solidarität mit den Regionen organisiert werden, die dabei zu kurz kommen.

Das Imperium zerbricht

Das ist das Gegenteil dessen, was derzeit in Europa geschieht. Global operierende Konzerne und ihre Eigentümer zwingen die Politik zur zentralen Monokultur, die auf kurzem Wege dem Kapital dienbar ist. Dabei gehen ganze Regionen zugrunde, denen man nur so viel ‘Solidarität’ zukommen lässt, dass sie noch beherrschbar bleiben. Als Sicherheitsrisiko werden die dort lebenden Menschen ohnehin wahrgenommen, darauf wird mit innerer Aufrüstung reagiert. Das Regime ist global totalitär, die ‘Freiheit’ darin besteht in der “Verantwortung”, nicht aus dem System auszuscheren. Die mitmachen, werden belohnt. Wohlgemerkt: Einzelne und Gruppen, die sich wiederum gegen jede echte Opposition wenden. Wo das Volk sich gegen das System wendet, weil es kein Auskommen mehr hat, müssen entsprechend jene ‘Eliten’ gestärkt werden, die dennoch für Ordnung sorgen. Scheitert auch das, hilft nur noch militärische Intervention.

Das Bild ähnelt immer stärker dem Niedergang des Sowjetimperiums, und es ist höchste Zeit, dass wenigstens die Linke endlich daraus lernt. Die alte Maxime “global denken, lokal Handeln” bedeutet, den Menschen auch dann als Mitmenschen zu erkennen, wenn er sprichwörtlich am anderen Ende der Welt unterwegs ist, ihn nicht zu vergessen und ihn in der Not nicht allein zu lassen. Es bedeutet darüber hinaus aber, die Menschen zu ermutigen, für sich selbst zu entscheiden und sich da zusammen zu tun, wo sie gemeinsam handeln müssen: Im Betrieb, im Dorf, in der Stadt. Da darf dann auch kein Kommissar reinreden, der am besten weiß, was ein guter Sozialist ist. Und schon gar kein Manager, der weiß, wie die Shareholder am besten ihre beanspruchte Rendite einfahren.

Und wenn da draußen welche meinen, sie müssten weiterhin ihre kapitalistischen Experimente in immer schnelleren Rhythmen vor die Wand fahren, muss man sie wohl oder übel auch machen lassen. Man kann andere nichts lernen. Selbst das Lehren hat ja kaum funktioniert.

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