Wäre Ökonomie eine Wissenschaft oder wenigstens eine Kunst, hätte sie beizeiten Ideen entwickelt. Sie hätte für möglich gehalten, was zu verdrängen sie sich stets bemüht. Sie hätte einiges verhindern können, was Kulturen an den Rand des Zusammenbruchs führt – oder darüber hinaus. Sie entwickelte sich vorwärts anstatt mit schroffer Ablehnung auf jeden Gedanken zu reagieren, der nicht in ihre Leitsätze passt. Sie wäre gewappnet für das, was noch kommt.

Ist sie aber nicht. Natürlich gibt es immer einige, die gegen den Strom schwimmen, ihre Augen offen halten und daher zumindest kommen sahen, was die große Gemeinde für völlig unmöglich erklärt hatte. Es gibt auch heute welche, die gern die richtigen Lehren daraus gezogen hätte. Aber sie gehen unter im großen Getöse der Rechthaber und Optimisten, der Profiteure und ihrer willigen Hofschranzen, die “Wissenschaftler” zu nennen mir nicht einfällt.

Kein Gestern und kein Morgen

hwsDie gängigen ökonomischen Lehren sind nicht einmal moderne Theorien, dabei haben echte Wissenschaften die Moderne bereits hinter sich gelassen. Die weitgehend mechanistischen Modelle, die Betrachtung der Welt als einen Markt und von Staaten als Betrieben mit dem Recht auf Steuererhebung, das ist bestenfalls auf dem Niveau des 17.-18. Jahrhunderts. Da war Marx schon Lichtjahre weiter, der heute auch nur bedingt helfen kann. Seine Theorie krankte am Syndrom der Moderne: Sie versprach ein Ziel, ein Ende der Geschichte. Immerhin ging damit aber das Bewusstsein einher, dass die Strukturen von Wirtschaft und Politik historisch gewachsen sind. Woraus auch folgt, dass es ein historischer Prozess ist, innerhalb dessen sie sich entwickeln müssen.

Für heutige Ökonomen ist ein globaler Wettbewerb vom Himmel gefallen oder von Gott so eingerichtet worden, dem wir alle unterworfen sind. Es gibt Gesetze auf dem heiligen Markt, sie sind unumstößlich und nur richtig zu deuten – womit wir sogar noch hinter die Wissenschaft des 17. Jahrhunderts zurückfallen. Bestenfalls ist Ökonomie ein System, das durch die strenge Anwendung bestimmter Methoden eine Ordnung offenbart. Es gibt kein Gestern und schon gar kein Morgen.

Geschweige denn einen Blick über das Ganze und hindurch oder eine Vorstellung davon, was ist, wenn nicht mehr das ist, was man heute auf den ersten Blick sieht. Der böse Marx hatte schon darauf hingewiesen, dass es gegenläufige Interessen gibt, dass und wie Herrschaft mit Eigentum zusammenhängt und dass am Ende unter bestimmten Bedingungen produziert und verteilt wird. Er sprach von Krisen und Umwälzungen, Revolution und Klassengegensätzen. Wer das verstanden hat, versteht sehr viel mehr von den heutigen Verhältnissen als jeder brave Student der Betriebswirtschaftslehre.

Wenn das Spielgeld verbrennt

Vor allem aber wagt er einen Blick voraus, auf das was kommen wird und das, was kommen könnte. Über den Abgrund hinweg. Wer würde Ökonomen fragen, wenn der Kapitalismus unrettbar kollabiert? Noch immer trauen sich die Großstrategen auf die Bühne, die schon die letzte Krise eingebrockt und davon nichts bemerkt haben. Noch immer gibt es keine ernsthaften Ansätze zur Regulierung, und nur vereinzelt fragt man inzwischen schon einmal Experten, die nicht das neoliberale Mantra singen.

Was machen wir, wenn weltweit das Geld nichts mehr wert ist? Oder wenn es nicht mehr getauscht werden kann, weil die sogenannten Märkte endgültig durchdrehen? Wenn das ganze Spielgeld verbrennt oder – was man sich kaum vorstellen kann – die Milliardäre versuchen, es auszugeben? Was, wenn die Banken am Domino Day feststellen, dass keiner niemandem mehr Kredit gibt?

Der Witz ist ja, dass die Menschen dann noch da sind. Die Werke sind noch da und die Ressourcen, die Energie und das Material. Nur macht keiner mehr etwas daraus, weil es dafür kein Geld gibt? Dann verhungern wir und erfrieren inmitten einer gigantischen Infrastruktur? Wer würde Ökonomen fragen, was dann zu tun ist?

Wer würde Ökonomen fragen?

tietmeyerSie werden so etwas sagen wie “Schulden weginflationieren” oder “Währungsreform”. Das kann sogar klappen. Es hieße aber, das wieder einmal das große Rad nach den alten Regeln gedreht würde. Alles passt sich dem an, was so ist, weil es wem ‘gehört’.

Wer hätte den Mut, sich zu überlegen, wie man die Infrastruktur, die Arbeitskraft und das Material nutzen kann zum Wohle aller, ohne dass dafür ein Geldwert herhalten muss, der nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat? Das wäre eine Wirtschaftswissenschaft nach meinem Geschmack. Allein: So etwas wäre sicher Kommunismus, Mauer und Stacheldraht. Denn lieber gehen wir unter als das Privateigentum zu entweihen. Oder auch nur darüber nachzudenken.

Was dabei herauskommt, wenn der Plan B fehlt, zieht längst auf. In Ungarn, in Italien, seit gestern in Finnland zum Beispiel. Denn wenn der kollabierte Wettbewerb nicht durch Solidarität abgelöst wird, geht er in die nächste Runde. Dann wird es weiterhin Herren und Sklaven geben, bloß dass der Status nicht (nur) durch ihre Stellung in der Marktwirtschaft bestimmt wird. Dann werden Rasse, Herkunft, Volksgesundheit und dergleichen für die schnelle Errichtung einer funktionierenden Hierarchie sorgen. Feinde im Inneren und Äußeren werden die Nationen zusammenschweißen. Geschichte wird sich wiederholen, auch weil eine rückwärts gewandte ‘Wissenschaft’ auf ganzer Linie versagt hat.

 
godinc“Es darf jetzt keine Denkverbote geben” ist eine Phrase, die sich selbst beim Bullshit-Bingo verbietet. Gerade darum ist sie vielleicht derzeit so beliebt, insbesondere bei der Bundesregierung. Köstlich: Als hätte je irgendwer der Gurkentruppe vom Spreebogen das Denken verboten! Die Ersatzhandlung, die stets an der Stelle erfolgt, wo Denken genau die richtige Maßnahme wäre, würde man ihnen allzu gern verbieten. Das Minimum an Talent, dessen es bedarf, um eine kognitive Anstrengung mit Erfolg durchzuführen, würde man ihnen herzlich gönnen. Allein: Das Wunder bleibt aus.

In einer einzigen Woche soll nun schon die zweite Aufhebung eines Denkverbotes ergehen. Die PKW-Maut will der Verkehrsminister vom Denkverbot befreien, nachdem bereits der Vorschlag ergangen war, HartzIV-Empfänger zur Zwangsarbeit in der Pflege heranzuziehen. Man wird doch einmal darüber reden dürfen. Aber wie Sarrazins rassistisches Hetzen kein “Reden” war, so ist kein “Denken”, was sich über die Gesetze des Verstandes und des Anstands hinwegsetzt, anstatt sich an deren Leitlinien zu orientieren.

Wenn Deppen denken

Schon gar nicht hätte je ein Verbot geherrscht. Was an den Rand der Meinungsfreiheit und ganz sicher weit über den der Konsensfähigkeit hinweg palavert wird, ist kaum je verboten. Es macht sich nur zum Deppen, zum Hanswurst, im günstigsten Fall zum Gesetzlosen, wer es dennoch tut.
Der Sinn ist aber ein ganz anderer: Man stellt sich selbst als Opfer dar. Opfer einer Unterdrückung, die nicht zulassen will, was doch ach so sinnvoll und gut für die Menschheit ist.

Konkret ist das Beispiel der PKW-Maut noch recht harmlos. Als die LKW-Maut eingeführt wurde, waren die Sorgen groß, dass das System für eine Totalüberwachung des Verkehrs genützt werden könnte, da es sich hervorragend dazu eignet. Damals wurde zur Beruhigung behauptet, es werde niemals zu Fahndungszwecken oder für PKW angewendet. Das war eine Garantie. Davon abzuweichen ist kein Denkverbot, sondern ein Betrug. Obendrein ist die dreifache Belastung von Autofahrern durch Mineral- und KFZ-Steuer sowie Maut kein wirklich kluger Gedanke, zumal neben der Pendlerpauschale auch ein Anteil der Maut wieder freigestellt werden müsste, da sie das verfügbare Einkommen absenkt. Denken? Gern, fangt getrost damit an und legt die Machete an den deutschen Steuerdschungel.

Der lästige Artikel 1

Eine ganz andere Kategorie ist die Drohung, Arbeitslose in Pflegejobs zu zwingen, womöglich für einen Euro die Stunde. Was hier als “Denkverbot” deklariert wird, ist dieser lästige Artikel 1 des Grundgesetzes. Das Motiv ist der pathologische Hass auf die Verlierer der Gesellschaft, denen man ihre Freizeit nicht gönnt, in der sie sich mit Schnaps und Spielen von ihrem trüben Dasein ablenken. Bestrafen soll man sie, mit harter Arbeit als Befehlsempfänger, einer Arbeit, von der sie zwar immer noch nicht leben können, die sie aber ganz in Anspruch nimmt.

Das ist schon mies genug, aber die Opfer der Veranstaltung sind noch ganz andere, diejenigen nämlich, denen man solche Sklaven auf den Hals schicken will. Wer pflegebedürftig ist, so die Logik, hat keinen Anspruch auf qualifizierte Fachkräfte, die sich adäquat um ihre Klienten kümmern. Er hat sich vielmehr zur Verfügung zu stellen als Material, das von abkommandiertem Abschaum bearbeitet wird. Die merken ja eh nix mehr, die Alten und Behinderten.

Eine seltsame Vorstellung von Würde muss haben, wer dergleichen befürwortet. Vermutlich muss man Christ sein, um das zu verstehen – wobei die heilige Mutter Kirche ja bekannt ist für ihre strikte Ablehnung von Denkverboten. Kurz vor Ostern kommt dieser Vorstoß daher gerade recht. Wer sich auf die alten Tage pflegen lässt, sollte keine hohen Kosten mehr verursachen und sich ein Beispiel am Erlöser nehmen. Dem ging es in seinen letzten Tagen ja auch nicht besser.

 
Ruhe!

Die Ruhe am Karfreitag überhaupt rechtfertigen zu müssen, ist für mich eine Zumutung“, meint irgend ein Pfaffe in Hessen. “Strengere Kontrollen” fordern die Kirchen dort in bezug auf die Karfreitagsruhe. Ja sicher, wir haben keine anderen Probleme, und dass der Staat die absurden Rituale der Kirche mithilfe von Ordnungsamt und Strafrecht durchsetzt, bedarf keiner Rechtfertigung. Nicht in Hessen, da ticken die Uhren ja noch ganz anders. Wer am Karfreitag tanzt, ist ohnehin ein Terrorist. Wir dürfen aber weiterhin ruhig schlafen, denn Volker Bouffier wacht über das Land. Die vorbeugende Sicherungsverwahrung für Karfreitagstänzer ist auf dem Weg.

Stückgut auf der Volkswaage

“Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk” steht auf einem Mix aus Küchenwaage und Satellitenschüssel aus der Feder von Albert Speer. Das Ding soll ein Denkmal sein und zu Ehren der Einheit in die blühende Landschaft gegossen werden. Darauf kann das völkische Stückgut sich dann wägen lassen. Ein würdiges Sinnbild für die Nation. Was regen sich die Leute jetzt auf, bloß weil es blödsinnig, plump und hässlich ist? Passt doch!

Realgrünismus

Speichel Inline ist in den 80ern angekommen und entdeckt “Fundis” bei den Grünen. Neben den Realos, versteht sich. Die Nomenklatur, eine Erfindung der Kampagne gegen die Linken bei den Grünen, hat vor Jahrzehnten schon zur Entledigung der sogenannten “Fundis” geführt und vor allem die Partei von deren politischen Vorstellungen gesäubert. Den braven Funktionär Trittin, der lediglich rhetorische Einwände hatte gegen Sozialabbau und Angriffskriege, als Fundamentalisten zu bezeichnen, ist ganz das Niveau des Kampagnenmagazins. Mit “Nachrichten” hat das herzlich wenig zu tun.

Eine Rückkehr des Joschka Fischer in die Politik ist ausgeschlossen“, sagt Joschka Fischer in dem Zusammenhang. Dass im Zuge einer möglichen Kanzlerkandidatur Junker Joschka an den Ring geführt würde, war schon klar. Der fanatische Narziss spricht inzwischen von sich regelmäßig in der dritten Person. Es wird gemunkelt, er sieze sich inzwischen und gebe sich Adelstitel. Bundeskanzler? Warum nicht?

 
flattr, der Webzombie

Ich lese in den letzten Tagen wieder häufiger Artikel von Journalisten, die nach einem gefühlten Jahrhundert Webzwonull noch immer keine Ahnung haben und diesen Mangel durch Superlative kompensieren wie zum Beispiel “meist geklickt” “erfolgreichstes”, “größtes” et cetera. Heraus kommt dabei re:publica, Beckedahl und der übliche Schrott der Selbstinszenierer. Die sind nämlich irre wichtig, und darum ist auch ganz wichtig, was sie sagen, zumal wenn wieder einmal re:publica ist. Das heißt so viel wie “geheime Sache”. Die Journaille hilft gern aus, wenn das ach so publike noch immer nicht esoterisch genug ist und würzt mit Irrelevanz, was eh niemanden interessiert.

Im Zweifelsfall kommt noch der blanke Blödsinn zur Garnierung hinzu. Ganz neu nämlich: flattr, das Bezahlsystem, das bald überall für volle Kassen sorgen wird. So klingen sie immer, die Abgesänge der Noobs aus dem Off, wenn eine brauchbare Idee auf dem Weg ins Nirwana ist. Was ich so sehe, ist flattr gewaltig auf dem Rückmarsch. Nicht nur in meinem Blog, die Zahlen schrumpfen überall in gewaltigen Dimensionen. Ich schätze, zu viele haben inzwischen bemerkt, dass sie selbst die zwei Euro im Monat nicht einnehmen, die sie selbst mindestens ausgeben müssen. Zum bloßen Spenden haben die wenigsten sich den Account zugelegt, und jetzt merken sie plötzlich: Was keiner ausgibt, nimmt niemand ein. Das ist der Wahrheit.

Heim verstrahlt, Porto bezahlt

Was ist Ihnen Ihr Heim wert? Satte 8300 Euro zahlt Tepco den Strahlenvertriebenen von Fukushima. So sieht es aus, wenn es ans Begleichen der Schäden geht in dieser unversicherten Branche, die so sicher ist, dass keine Assekuranz so dämlich ist, Verträge mit ihr abzuschließen. Muss man sich mal vorstellen: Da hat man das Glück, von Erdbeben und Tsunami verschont geblieben zu sein, dann platzen einem die AKW um die Ohren und man kommt nie wieder nach Hause. Dafür gibt’s dann den Gegenwert eines Kleinwagens ohne Räder. Für den Rest des Elends kommt der Steuerzahler auf. Passt doch.

Strom wird höllisch teuer

Noch eine Kampagne: Die allseits so genannte Energie-”Wende”. Dieses Land kennt nur drei Wörter, die es in Überschriften schaffen: Wende, Aufschwung, Augenmaß. Unterhält die INSM eigentlich schon eine Zensurbehörde? Und klar: Das wird furchtbar teuer alles, weil nur Atomstrom günstig ist. Dann werden ein paar Zahlen mit dem Nachnamen “Milliarden” durch die Arena gekullert, und schon haben alle wieder Sehnsucht nach dem gemütlichen AKW um die Ecke. Oder wissen von nun an, warum sie die komischen Stachelhalsbänder tragen müssen mit dem Anhänger RWE, Eon, EnBw, Vattenfall. Der Ökostrom ist schuld, nicht etwa ein kriminelles Kartell.

Überhaupt ist der Geisterglaube auf Kindergartenniveau unerträglich, mit dem volkswirtschaftliche Zusammenhänge in die jeweils genehme Form gegossen werden. Es ist schlicht falsch zu behaupten, eine Energiewende “kostete” soundsoviel. Es gibt Einnahmen und Ausgaben, die je nach Modell eine Nullsumme sind oder eine gewisse Fließrichtung haben. Sicher ist aber: Was einer ausgibt, nimmt ein anderer ein. Geht es um die Infrastruktur, kommt obendrein ein Effekt hinzu, der sich höchstens schätzen lässt. Wird nämlich in die Energienetze investiert, ist das ja keine Ausgabe ohne Gegenwert. Im Gegenteil. Je mehr davon übrigens von der öffentlichen Hand investiert wird, umso besser – wenn das nicht nachher wieder “privatisiert” wird. Das kostet nichts anderes als ein gewisses Quantum Material und Arbeit, das im beste Falle allen zugute kommt. Wer freilich an das Modell der Schwäbischen Hausfrau glaubt, wird sich panisch fragen, wie die Ärmste all die Kabel verlegen und danach noch ihrem Gatten die Kartoffeln braten soll. Ein furchtbares Schicksal!

Juso-Aufstand, kommunistischer

Die Jungsozialisten fordern per Volksentscheid Höchstlöhne. Nicht mehr als das 12-fache der unteren Betriebsangehörigen sollen die Topverdiener bekommen, oder andersherum soll es nicht weniger als ein Zwölftel für die gleiche Arbeitszeit geben.
Diese Jusos! Keine Bange, die weichgespülte Truppe, aus der hierzulande die korruptesten Verräter der Arbeiterschaft hervorgehen, ist diesmal nicht gemeint. Es sind die Schweizer. Die vestehe ich sowieso nicht, aber lustig sind sie immer wieder.

Puff-Peters Nachhut

A propos Verlierer, Verräter, Scherzkekse: “Wirtschaftskompetenz, Scholz und Steinbrück” brauche die SPD, meint Lobbyist und SPD-Rechtsausleger Dieter Spöri. Ich breche schon jedesmal zusammen, wenn ein Arbeiterhasser aus der Schröder-Hartz-Bande von “Wirtschaftskompetenz” phantasiert. Ganz selbstverständlich kommt dann die Forderung, Leute nach vorn zu bringen, die in jeder schwarzgelben Regierung den Einpeitscher machen könnten. Wichtigste Voraussetzung: Völlige Inkompetenz in Sachen Politik und immer eine offene Hand. Die Schweizer werden uns beneiden.

dolphEinen großen zweckfreien Bogen möchte ich heute spannen, über Volker Bouffier. “Wie das?“, fragt der Delphin, der in meinen alten ledrigen Tränensäcken schwimmt, “der Mann ist doch schon over the rainbow“. Dann schließen wir den Kreis halt, machen vielleicht eine schöne Kugel daraus, eine schillernd seifige Blase, in der wir ihn davonfliegen lassen. Ins Ausland am besten, vielleicht in die Türkei, wo er sich einweisen lassen soll. Immer bloß von hie nach dort ausweisen ist nämlich irgendwie einseitig.

Langsam aber, wie kommt der Mann jetzt darauf? Las ich doch eben, die Opposition im hessischen Landtag habe geklagt, und das sogar erfolgreich. Nachdem Koch-Bouffiers schwarze Schergen den Untersuchungsausschuss zu den amtlich schikanierten Steuerfahndern zu einer Karnevalssitzung umfunktioniert haben nämlich. Hatte ich mich also neulich über das Parlament echauffiert, dem so gar nichts einfiele, um den Kabinett der dunklen Macht das Handwerk zu legen, so ist das doch immerhin ein Schrittchen in die richtige Richtung.

Nennt mich verrückt …

Sehr zufällig las ich außerdem vorhin in einem alten Artikel hier folgende Worte, die die Kanzlerin persönlich fand, um den ausländerkritischen Wahlkampf von Koch und seinem Innenminister Bouffier Anno 2008 zu rechtfertigen:
Es kann doch nicht sein, dass eine Minderheit von Menschen in unserem Land einer Mehrheit von Menschen Angst macht“.
Es ging damals um kriminelle Jugendliche aus der Fremde, in die zurück zu reisen die Hessen-CDU Anreize mit Hand-und Fußfesseln zu bieten gedachte.
Damals hatte ich mich nicht lange damit aufgehalten, den Satz wörtlich zu nehmen, das will ich hiermit nachholen:

Ist es nicht quasi immer so, dass eine Mehrheit Angst von einer Minderheit hat? Meist vor einer Minderheit, der sie kaum je begegnet? Angst ist ja quasi der Schrecken vor einer Situation, die möglichst nie stattfinden soll.
Frau Merkel aber steht offenbar zu ihren Parteifreunden in der Weise, dass sie die Angst der Minderheiten vor der Mehrheit sicherstellen will. Nur so nämlich erklärt es sich, dass ausländische Jugendliche mit aller Härte verfolgt werden sollen, während einvernehmliches Schweigen herrscht, wo der Schlägertrupp aus heimischen CDU-Familien stammt. Da wird sogar vom Landesvater selbst dafür gesorgt, dass die Mehrheits-Täter die Minderheits-Opfer einschüchtern und nicht etwa umgekehrt.

Und was macht die Opposition in dieser Sache? Sie wartet darauf, dass sich ein Jurist findet, dem etwas dazu einfällt. In ein paar Jahren vielleicht. Derweil steht sie treu zu ihrem Wort, niemals mit den Linken zu paktieren. Keine Wahlversprechen zu brechen. Und sollte es einmal nicht reichen für Schwarzgelb, eine große Koalition zu schmieden.

Nennt mich paranoid-querulatorisch oder sonstwie verrückt“, flüstert mir fröhlich planschend mein Delphin zu, “aber die spinnen, die Hessen!

regelsatz
Allmählich brechen auch die letzten Konstruktionen zusammen, mit denen Neoliberale ihre Ideologie stützen. Die Frankfurter Rundschau berichtet heute, dass die Löhne in Deutschland auch gemessen an ihrer absoluten Höhe im europäischen Vergleich sinken. Es wird ja immer wieder getrommelt, hierzulande wären die Löhne am höchsten, gern auch “bei weitem” am höchsten. Das stimmt aber eben nicht. Die Produktivität in Deutschland, schon traditionell ganz vorne weg, steigt derweil ebenfalls weiter an. Wie sonst sollte auch der Export derart brummen?

Die “Lohnnebenkosten” für Unternehmen sind ebenfalls im Vergleich äußerst übersichtlich, wie der Artikel belegt. Wie man der Grafik oben entnehmen kann [via], ist der Aufwand für die Sicherung des Existenzminimums so beschämend wie man es vor Ort erlebt. Die Praxis der Besteuerung hoher Einkommen – Steuern, die den Neoliberalen ja immer zu hoch sind – ist geradezu paradiesisch in Deutschland, die Damen und Herren treffen also auf ein grandioses Investitionsklima. Ja warum investieren sie denn bloß nicht? Na klar: Weil die Löhne zu hoch sind, die Lohnnebenkosten, die Steuern und die Kosten für den Sozialstaat.

Denn wie das so ist mit den Ideologien, werden ihre dogmatischen ‘Weisheiten’, vulgo Lügen, umso aggressiver vertreten, je näher sie der unübersehbaren Lächerlichkeit kommen. Das gilt nicht zuletzt für die Schuldzuweisungen für das Scheitern neoliberaler Strategien, wie zum Beispiel die haltlosen Deregulierungen der Märkte in den vergangenen Jahrzehnten. Der Staat sei schuld, wird da ernsthaft behauptet, “staatliche” Banken vorneweg. Da wird schon einmal eine private wie die IKB einfach für staatlich erklärt und ansonsten auf gescheiterte Landesbanken verwiesen.

In den USA gehen republikanische Ideologen noch weiter und machen gleich die Armen verantwortlich für die Krise, schließlich hätten die sich Hypotheken aufschwätzen lassen, die sich nicht leisten konnten. Und dann diese staatlichen Subventionen für kleine Häuslebauer – die waren doch der Auslöser! Alles Unsinn, belegt Simon Johnson in der FTD.

   dogma

Ein guter Grund, das noch öfter zu erzählen und noch schneller zu wiederholen. Da müssen dann so Sätze her wie:
Immer stärker greift eine Mentalität um sich, die Eigenverantwortung durch Staatsversorgung ersetzt.
Solch ökonomisches Gammelfleisch gibt es täglich reichlich beim Mietmetzger der INSM. Erstaunlich, dass sich dennoch, wenn auch langsam, der Wind im Blätterwald dreht. Nach immerhin 30 Jahren und der endgültig endgültigen Widerlegung der Heilslehre in allen ihren Einzelheiten werden allmählich auch diejenigen gehört, die sich nicht haben kaufen oder blenden lassen. In 20-30 Jahren könnte der Spuk des Neoliberalismus also vielleicht tatsächlich vorbei sein.

 
Tschernobyl in Zahlen

Die Ärzte gegen den Atomkrieg haben Zahlen vorgelegt, die Folgen von Tschernobyl betreffend. Sie erscheinen recht hoch gegriffen und sind nicht wirklich abgesichert. Die signifikanten statistischen Veränderungen seit 1986 werden sich nicht allein auf Tschernobyl zurückführen lassen. Die Zahl von 600 Millionen möglichen Betroffenen zieht einem allerdings die Schuhe aus.

Allein die gesicherten Zahlen sind erschreckend: An der Ruine wurden gut 800.000 sogenannte “Liquidatoren” eingesetzt, von denen inzwischen 112.000 gestorben sind und weitere 600.000 erkrankt. Die WHO geht von 50.000 Kindern aus, die an Schilddrüsenkrebs erkranken werden bzw. schon krank sind.
Die Studie besteht zum großen Teil aus Schätzungen, da Genschäden, Krebserkrankungen und andere Leiden nicht die Aufschrift “Made in Tschernobyl” tragen. Man sieht halt nicht, wie es wirkt.

SPD: Von den Reichen nehmen ist zu bürokratisch

A propos Katastrophen: Die SPD schärft ihr Profil und revidiert ihren Entwurf eines Bürgergeldes. Sie will anstrengungsloses Einkommen schonen, weil es zu bürokratisch sei, Einkünfte aus Immobilien- und Wertpapierbesitz einzubeziehen. Wie schon bei Erbschafts- und Vermögenssteuer lohnt es sich demnach nicht, die deutschen Millionäre und Milliardäre an den Kosten der Gesellschaft zu beteiligen.

Riestern: Prämienschmarotzer werden gepfändet

Ganz anders übrigens bei der Riesterrente: Hier lohnt es sich, jeden Euro zurück zu pfänden, für den nicht rechtzeitig das richtige Formular ausgefüllt wurde. Das holt sich der Staat gnadenlos zurück. Plus Zinsen, hoffe ich doch.

Al Jazeera in der DDR

Unerhört: Die Araber zerreißen sich das Maul über Deutschlands blühende Landschaften®. Wer ist denn hier das Entwicklungsland, hm?

Bezahlter Sex statt Prostitution

Chartstürmer des heutigen Tages ist allerdings der Top-Demokrator Silvio Bärlutschconi. Er bewahrt Kinder vor der Prostitution, indem er ihnen Geld für Sex zahlt. Das will die linksradikal unterwanderte Kommunistenaxt von einer Justiz aber nicht kapieren. Skandalös!

 
Guttenberg von keinem öffentlichen Interesse

Das Autorenkollektiv zu Guttenberg lässt weiterhin zurückweisen, was sich eigentlich nicht leugnen lässt: Einige der vierhundert Seiten wurden gar nicht versehentlich abgeschrieben. Die volle Kooperation zur brutalen Aufklärung habe er im übrigen geleistet, immerhin stellte er sich den brennenden Fragen der Gutachter – nicht in den Weg. “Kein Kommentar” ist ja auch einer.

Die Strategie folgt offenbar folgendem Plan: Guttenberg verweist auf seine Anwälte. Die verweisen auf ein mögliches Strafverfahren. Das wiederum kommt nicht zustande, weil keiner der Betroffenen persönlich Anzeige erstattet hat. Bei einem Urheberrechtsverstoß durch einen Politiker, der Bundesminister wurde und schon als Kanzler gehandelt, besteht kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Es werden alle Register gezogen, um der Unschuldskonstruktion zu ihrem Recht zu verhelfen. Kommt der KaTe dann ungeschoren davon, wird dies wiederum das Argument dafür sein, dass er nicht absichtlich plagiiert habe – sonst wäre er doch verurteilt worden. Das muss man dann nur noch erfolgreich dem Wähler vermitteln.

Zu doof für Demokratie

An der Vermittlung scheiterte offenbar auch der Versuch, den Isländern das vulgärdemokratische Grundprinzip beizubiegen: Das Volk hat gefälligst in seine Entrechtung einzuwilligen, wenn es dazu aufgerufen wird. Jetzt haben die Eisköppe schon zum zweiten Mal versagt – der Bank ihre Rettung. Knapp 12000 Euro pro Einwohner sollen die Isländer für die Pleite einer privaten Bank an geschädigte in Holland und England zahlen, zuzüglich Zinsen. Das sehen die immer noch nicht ein, obwohl doch schon die verlangten Zinsen gesenkt wurden auf läppische 3,8%. Diese Wikinger sind einfach zu doof für Demokratie.

Liberalala und die Lehrer

Ralph Bollmann hat in der (No-Link-) FAZ eine bemerkenswerte Analyse des deutschen Liberalismus hingelegt. Kernthese: “Vor nichts haben die deutschen Liberalen mehr Angst als vor dem Markt und vor dem freien Wettbewerb.” Auch die Grünen kriegen ihr Fett weg. Vor allem die Anmerkung, nach einer Umfrage “würde die Partei bei einer Bundestagswahl von 41 Prozent der Beamten mit Hochschulabschluss gewählt“, bereitet Schmerzen. Unter Lehrern steuern sie also auf die absolute Mehrheit zu. So sehen sie inzwischen auch aus. Die Grünen; die Lehrer sowieso.
Die FDP ihrerseits hätte gern einfach irgendwo noch Mehrheiten. Rösler, vermitteln Sie! (Lacher vom Band).

Der Text:

Aus tiefstem Herzen und in ehrlicher Demut möchte ich mich in aller Form entschuldigen für die Fehler, die ich gemacht habe. Ich möchte die Soldaten, die ihr Leben für unsere Freiheit geben, schützen. Es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, mich an der Klärung der Fragen hinsichtlich meiner Dissertation zu beteiligen.

Die Übersetzung:

Ich werde jedem den Arsch in Scheiben klagen, der es wagt, auch nur noch ein Wort über meine geklaute Dissertation zu veröffentlichen.

Man muss das verstehen. Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg fühlen sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Sie verstehen sich als Autorenkollektiv und insofern missverstanden. Verstanden?!

So, die FDP kann also ihre Probleme nicht lösen, indem sie das Personal austauscht. Sie bräuchte wohl ein Programm? Eines, dass sie als Partei nicht völlig überflüssig macht, weil sie sich längst entschlossen hat, Politik als solche kurzsichtigen betriebswirtschaftlichen Strategien zu unterwerfen. Ich fürchte, da kann sie lange suchen. Wenn es ganz dicke kommt, wird sie in ihrer Agonie noch die SPD überholen und eingehen, bevor der letzte Wähler bemerkt hat, dass “Sozialdemokratie” ebenfalls reiner Etikettenschwindel ist.

Es wird nicht leichter, zumal dann nicht, wenn man ohnehin seit Jahren oder Jahrzehnten politisch heimatlos ist. Wie dünn das Eis ist, auf dem politische Bewegungen in eine Parteigründung hinein rutschen, um bald den Ballast ihrer Grundsätze abzuwerfen, zeigen in diesen Jahren die Grünen. ‘Erfolg statt Prinzipien’ könne deren Motto sein, und während sie derzeit Volkspartei spielen, ist ihr Untergang schon vorgezeichnet. Atomkraft ist kein Thema mehr, und jede andere ihrer Wurzeln ist abgestorben. Das Ende ist näher als sich derzeit irgendwer vorstellen möchte.

Heimatlos, wie gesagt, bin ich als sozialer Liberaler, als liberaler Linker schon lange. Ich werde auch nicht damit drohen, eine Partei zu gründen. Ein Programm aber hätte ich anzubieten. Das geht in vier Sätzen, mehr braucht es nicht. Unter den darin verfassten Prämissen kann man darüber streiten, ob es noch Eigentum an Produktionsmitteln geben darf, ob einer für den anderen arbeiten soll, ob soziale Marktwirtschaft wirklich möglich ist oder welches das beste Finanzsystem ist. Diskutieren kann man vieles, aber eine Winzigkeit von Prinzipien sind unumstößlich und definitiv.

Sozialliberale Grundsätze

“Liberal” als Grundsatz bedeutet, ein Höchstmaß an Freiheit zu ermöglichen. Eine liberale Gesinnung, eine liberale Gesellschaft sorgt sich darum, dass allen Menschen ein Leben in Würde und frei von Unterdrückung gewährt wird. Niemand darf zu Tätigkeiten gezwungen oder in seiner Bewegungsfreiheit beeinträchtigt werden.

Dies verweist unmittelbar auf eine Gesinnung und Gesellschaft, die “sozial” sein muss, in dem Sinne, dass niemand Not zu leiden hat. Die erste Aufgabe des Wirtschaftens muss darin bestehen, alle Menschen mit Unterkunft, Nahrung und Energie zu versorgen, ohne dass ihnen daraus eine Schuld erwächst. An dieser Aufgabe haben sich die Bürger nach ihren Möglichkeiten und unter weitestgehender Berücksichtigung ihrer Neigungen zu beteiligen.

Alle weiteren Ziele und Forderungen leiten sich aus diesen Grundsätzen ab.

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