2012
Yearly Archive
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Journalismus[109] Comments 24. Aug 2012 12:37
Einzelfall No. 1782: Lance Armstrong soll illegale Substanzen eingenommen haben, als er an der Tour de France teilgenommen hat. Mit dieser brandneuen Erkenntnis und der Erklärung des Dopingtäters, dass er aus der juristischen Schlacht um die offizielle Wahrheit aussteigt, ist der Radsport endlich frei von Doping (Hier bitte hysterischen Lacher vom Band einfügen). Ihm sollen jetzt alle Titel aberkannt werden und er selbst lebenslang gesperrt.
Sein Konkurrent bis zu dessen Berufsverbot war kein intellektuelles Schwergewicht, aber als er vor den Scherben seiner Karriere stand, hätte man ihm zuhören sollen. Jan Ullrich sagte 2006: “Ich habe nie jemanden betrogen”. Warum auch? Der Mann war körperlich seinen Konkurrenten – einschließlich Armstrong – weit überlegen. Seine Äußerung, Armstrongs Siege und überhaupt die ganzen Geschichten rund ums Rad konnten nur Sinn ergeben, wenn man den Schluss zuließ, dass alle Spitzenfahrer, vermutlich alle Teilnehmer der großen Rundfahrten, gedopt waren.
Immer sauberer
Aber was heißt hier “waren”? Jedes Jahr, das auf 2006 folgte, sah weitere Enthüllungen in Sachen Doping. Sieger und Plazierte wurden nach jeder Tour ausgeschlossen, die Ergebnislisten im Nachhinein ‘korrigiert’, und noch immer sprechen die Handlanger des Schwachsinns, den die öffentliche Meinung darstellt, von Einzelfällen. Noch immer dient die versammelte Journaille der Lüge, es hätte jemals “sauberen Sport” gegeben.
Diese Verschwörung der Deppen ist nichts als Inquisition. Wer die heilige Wahrheit anzweifelt, wer ausspricht, was jeder sehen kann, ist ein Ketzer. Wer schriebe, was jeder weiß, der es wissen will, verlöre seinen Job. Wie sonst ließe sich das Phänomen erklären? Fahrer wie Didi Thurau dürfen 30 Jahre nach ihrer Karriere öffentlich sagen, dass zu seiner Zeit “alle gedopt” waren. Für alle, die noch gezählt werden, gilt die Parole “Sauber wie nie”. Am besten überlassen wir den Sportteil den Historikern.
Immer besser, immer sauberer ist der Sport! Das Nähere regeln Substanzen, von denen “Dopingjäger” nichts wissen, die aber jeder ambitionierte Amateurfahrer kennt. Nichts Neues, gar nichts, und das ist das Schlimme. Es geht nicht um große Politik, es geht nicht um Einfluss, es geht nicht einmal um Profite und Anzeigenkunden. Jeder Sponsor, der mit ‘Einzelfällen’ in Kontakt kommt, fürchtet Verluste und hat kein Interesse an diesem Maximum der Verlogenheit. Wozu dann also das Theater?
Wenn Wirklichkeit Wahrheit wird
Es ist bestes Anschauungsmaterial für das Walten des Systems, für seine ‘Wahrheiten’, sein Funktionieren, die Genese der Propaganda. Es ist die Schwarmdummheit, das Lemmingdenken, geschult in Wiederholung und Anpassung. Was alle immer sagen, kann nicht falsch sein. Man stellt sich nicht gegen die Masse. Schon gar nicht gegen eine Maschinerie von Organisationen, hier WADA, NADA, UCI, Gerichte und Verlage.
Anfangs waren die Sponsoren noch unter denen, die am heftigsten geleugnet haben, dann haben sie sich wohlwissend juristisch abgesichert, schließlich großenteils abgewendet. Die jetzt noch dabei sind, wollen am liebsten ihre Ruhe und werden wissen, wie sie nur zu haben ist: Durch eine Zulassung leistungssteigernder Mittel und das Ende der Heuchelei. Noch hat sich das nicht durchgesetzt, aber wenn sie soweit sind, wird das auf die Agenda gesetzt werden. Wenn es dann noch Sponsoren gibt.
Womit wir beim Fazit sind: Das Kapital hat am Ende die Macht, die Wirklichkeit als Wahrheit zuzulassen. Alle anderen machen nur mit. Die öffentliche Meinung ist derart zur PR verkommen, zur Verkündung dessen, was Lobbygruppen senden, dass es kein Korrektiv mehr gibt. Wo die private Meinung immerhin sporadisch der Prüfung durch den Verstand unterliegt, verliert in der organisierten Meinung der Verlage immer die abweichende. Einst wurde uns die Vielzahl privater Medien als „Pluralismus“ verkauft. Genauer betrachtet, herrscht in einer kapitalistischen Medienlandschaft das reine Meinungsmonopol. So ist das System, es kann gar nicht anders.
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Best of ,
Hintergrund[43] Comments 23. Aug 2012 20:32
“Wenn ich einen Bot auf dem Bildschirm habe, will ich ihn auch erschießen können”, fiel mir zu ihm heute ein. Der existiert doch gar nicht, oder? Ich habe mir ja einiges an Dummtalk angetan, wenn auch nur beim Durchzappen und minutenweise in den letzten Jahren, aber diesen Krawattenzombie mit Frisurtragevorrichtung – wer tut sich den an? Wozu ist das gut? Ist das eine Art Testbild? Oder vielleicht eine Prüfung der verschwörerischen Weltregierung, ob Fernsehzuschauer ihr Oberstübchen endgültig und vollständig vom Mobiliar befreit haben? Gehen die Sparprogramme inzwischen so weit, dass uns jeglicher Verstand gestrichen wurde? Oder handelt es sich um eine Dauerwerbesendung der Stiftung Schädel-Hirn-Trauma? Kommt da am Ende womöglich eine Therapieempfehlung gegen Hohlfruchtsyndrom und Logorrhoe? Oder ist das nach Schicklgruber und Ackermann der nächste Versuch barbarischer Alpenvölker, der Welt den Rest zu geben?
Hilfe!
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Journalismus[101] Comments 21. Aug 2012 18:12
“Spiegel” sinkt noch tiefer
Im letzten Artikel zitierte ich bereits den tiefergelegten Anspruch des “Spiegel”- Chefredakteurs an die Qualität des ehemaligen Nachrichtenmagazins, heute lese ich eine Geschichte, die belegt, dass seit dem wütenden Abbau journalistischer Standards durch Stefan Aust die Lage keineswegs besser geworden ist. Aktuell brilliert das Kampagnenblatt durch Manipulationen und Contentklau ohne Angabe der Quelle. Offenbar scheuen die Kuhjournalisten aus der Hansestadt auch nicht davor zurück, einer Kollegin die Karriere zu ruinieren, indem sie diese in den Verdacht bringen, ‘Islamistin’ zu sein – was ihnen allerdings noch nicht gelungen ist.
Eine brutale Farce
Wie Schaulustige am Ort eines grausamen Unfalls erscheinen mir die ‘Berichterstatter’ von der Causa US-Rachejustiz vs. Julian Assange. Was ist das für eine blödsinnige Diskussion, ob dem Mann die Todesstrafe droht oder nicht? Offensichtlicher geht es gar nicht mehr, was da abläuft: Fingierte Vergewaltigungsvorwürfe, die ihn von England über Schweden in die USA entführen sollen, damit er dem dortigen Feindstrafrecht übergeben werden kann. Was ist das für eine Rechtskultur? Die britischen Pit Bulls können den Stiefel ihres Herrchens nicht leidenschaftlich genug lecken, um dafür mit den Knochen ihrer Feinde belohnt zu werden, und eine nicht weniger kriecherische Regierung in Schweden arbeitet dem emsig zu. Das ist nicht nur zutiefst widerlich, es zeigt auch, welche Prioritäten in Europa gelten. Mit Demokratie hat das nicht einmal mehr zum Schein etwas zu tun.
Flassbeck gibt’s auf
Apropos Europa, für mich eine Sensation: Heiner Flassbeck gibt den Euro auf und verlegt sich aufs Zusammenkehren der Scherben. Neulich habe ich noch beim Spiegelfechter – den ich den “Flying Flassbecks” zuordne – angefragt, ob er nicht allmählich “aus dem Hamsterrad” steigen wolle, weil es für eine ‘Rettung’ des Euro und seiner Wirtschaftszone zu spät sei. Der Vordenker seilt sich also schon mal ab.
Außenansicht
Al Jazeera zum deutschen “Leistungsschutzrecht”. Dort beobachtet man die Tendenz, dass das ganze Ding eine Totgeburt ist. Interessant am Rande: Der deutsche Printmarkt wird dort als vergleichsweise intakt beschrieben. Das sollte durchaus als Alarmsignal aufgenommen werden. Nach unten ist noch reichlich Luft im Print, während online die nackte Inkompetenz waltet.
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Politik[110] Comments 20. Aug 2012 13:53
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1987-0909-423 / Sindermann, Jürgen / CC-BY-SA
Niemand muss mehr ‘politikverdrossen’ sein. Es findet nämlich längst keine mehr statt. Das liegt vor allem daran, dass die öffentliche Kommunikation in den meisten wichtigen Fragen die Sprache und die Logik nicht mehr findet, in der sich ein Diskurs überhaupt führen ließe. Das Stakkato von Kampagnen und ritualisierten Medienbeiträgen, gespielt von einem Dilettantenorchester aus Parteien und Medienhäusern, lässt keine Melodie mehr erkennen. Das Resultat: Immer mehr pfeifen drauf, auf das, was einmal “Politik“ war, andere entdecken ihr Heil in der Flucht in die Beliebigkeit. Dessen deutlichstes Symptom sind die “Piraten”, die sich erst mal wählen lassen und dann überlegen, was sie wann wie entscheiden. Mit Erfolg.
Dieser Verlust an Ordnung verhindert nicht zuletzt die Suche nach den Ursachen. Er verhindert zum Beispiel eine Auseinandersetzung mit dem System Schröder, das wiederum ein Katalysator war für den Niedergang der politischen Kultur.
Im Sommerloch war ein Fall aus Russland der Renner, der Prozess gegen “Pussy Riot”. Er war hier vor allem ein sich Reiben der deutschen Politikredaktionen am System Putin. Einhellige Meinung: Russland ist eine Diktatur, die Opposition wird unterdrückt; wer sich gegen Putin wendet, wird kaltgestellt. Auch der Lieblingsrebell der hiesigen Medien, von dem ich nur weiß, dass er gut Schach spielt, wird wieder heroisiert. Man kann diese Einheitsansicht zur Not teilen. Putin hat alles getan, um seine Macht zu halten und zu erweitern. Aber wenn das denn verwerflich ist und diktatorisch, wo bleibt dann der Hinweis auf den Ritterschlag durch jenen Kanzler, der Putin einen “lupenreinen Demokraten” nannte?
Lupenreine Demokraten
Wie bringt man das unter ein Dach, dass der eine Diktator ist und der andere nicht sein gekaufter Handlanger? Wie geht das ohne Skandal? Es geht, weil es ohne Sinn geht. Im Zeitalter von “web 2.0″ herrschen weiterhin die Sender. Ein Dialog findet nicht statt. Wie soll er auch? Denn wenn man beginnt, Fragen zuzulassen und nach Antworten zu suchen, kommt mehr zum Vorschein als nur eine Erklärung für die Wandlung eines Bundeskanzlers zum Nützlichen Idioten der Diktatur. Man wird sich fragen müssen, warum und wie.
Wie konnte es passieren, dass der Regierungschef derart korrupt ist? Und wenn er es war, was bedeutet das für seine Regierung, seine Minister, den Staat, den er führte? Man würde sich Karrieren anschauen müssen wie die von Wolfgang Clement, Kritiker der Menschenrechte und Freund des Kapitals. Man würde sich erinnern, dass Weggefährten wie Steinbrück und Steinmeier Teil des Systems waren. Dass der eine noch heute obszöne Honorare für “Vorträge” kassiert und der andere einen Mitbürger hat in Guantanamo verrotten lassen. Zum Beispiel. Man würde nach einer Mentalität fragen, die das alles ermöglicht hat – womöglich nach Positionen in einem Klassenkampf.
Das traut sich keiner mehr, zumal der Chef des “Spiegel” sich “Zeiten” herbeidefiniert, die keine Kontrollfunktion des Journalismus mehr brauchen:
“Wenn die Zeiten denn so sind, soll er ein Sturmgeschütz sein – in Zeiten in denen es nicht ganz so wild zugeht, tut’s auch ein bißchen weniger”.
Wer jetzt sagt, das wäre kein Verzicht auf die Kontrollfunktion, geht der Beschönigung schon auf den Leim.
Von der Verflechtung zum Filz
Zurück zu Schröder: Der “Medienkanzler” hat in die Extreme getrieben, was sein Vorgänger angelegt hatte. Kohl hatte seine Getreuen, Leute von Springer und vor allem Leo Kirch. Schröder hat sich gar nicht erst damit aufgehalten, in einem guten Licht dargestellt zu werden, er hat sich vollständig selbst inszeniert. Das Paradoxon “Genosse der Bosse” hat funktioniert, weil seine Wähler und Parteikollegen ihn für einen Genossen hielten. Von dieser Substanz hat er über zwei Wahlen gezehrt und sie dabei völlig zersetzt. Der Emporkömmling, der die Türen zuschlug für seinesgleichen, hat den ganzen Diskurs aufgelöst, indem er Inhalte durch Images und Slogans ersetzt hat.
Natürlich nicht er allein. Da er als Kanzler aber nicht nur mit den Medien “konnte”, sondern auch eng mit der Finanzwirtschaft (Maschmeyer), der Industrie (Hartz) und den Beratern (McKinsey, Roland Berger) verflochten war, haben deren PR-Agenturen und “Think Tanks” (INSM) den Rest besorgt. Das Nähere regeln Wahlenthaltung, Parteiaustritte und Resignation. Na ja, und die eine oder andere Parteigründung.
Es hat aber erkennbar nicht nur die “SPD” geschrägt. Der Machtzuwachs der Finanzwirtschaft etwa ist ebenso den Schröderschen Deregulierungen zu verdanken wie die Verarmung der unteren Schichten dessen Sozialgesetzgebung. Es ist nichts mehr wie es war.
Der Einwand, das habe doch nicht Schröder allein verursacht, ist absolut richtig. Aber er war der perfekte Mann für den Job und die Symbolfigur schlechthin. Das Schweigen über diesen windigen Charakter spricht Bände. Eine Kritik findet nicht statt.
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Politik[132] Comments 17. Aug 2012 13:53
Ein großer Sieg für die Rechten: Grundsätzlich darf die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden. Hurra, wir können wieder ruhig schlafen! Wenn Horden linksislamistischer Terroristen von Haus zu Haus ziehen, unsere Töchter vergewaltigen und Geiseln nehmen, darf die Luftwaffe eingreifen – oder wie?
Nein, eigentlich nicht. Aber fangen wir auf der anderen Seite an, wo der Alarm geschlagen wird: Sie bereiten sich vor auf die Konterrevolution! Dazu das Beruhigendste vorab: Für eine zünftige Konterrevolution braucht es eine Revolution, und die findet hier nicht statt. Die Träumer seien überdies darauf hingewiesen, dass eine Revolution sich eh nicht an Gesetze hält. Auf keiner Seite. Und wenn ihr die Panzer übernehmen wollt, müssen sie eh erst mal rollen. Alles wie gehabt.
Der feine Unterschied
Was aber sagt nun das Urteil? Eigentlich nichts, wie Reinhard Gaier zurecht bemerkt:
“Der Versuch der weiteren Eingrenzung des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes durch das Erfordernis eines ‘unmittelbar bevorstehenden’ Schadenseintritts ‘von katastrophischen Dimensionen’ wird der nötigen Klarheit und Berechenbarkeit nicht gerecht.”
Was soll das auch sein? Und wie verhindert man es mit Waffengewalt? Sehr prägnant weist Gaier auf den feinen Unterschied zwischen Polizei und Militär hin:
“hingegen sind Kampfeinsätze der Streitkräfte auf die Vernichtung des Gegners gerichtet“.
Während also vordergründig bloß über die technischen Mittel diskutiert wird, die zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden können und über die die Polizei ggf. nicht verfügt, verliert Gaier als einziger nicht den Modus Operandi aus den Augen. Die Bundeswehr ist nicht die Feuerwehr. Soldaten löschen, schützen, bergen nicht, sie töten. Um also die Legitimation für einen Einsatz mit geplant tödlichem Ausgang herzustellen, hätte es doch etwas mehr bedurft als der schlampigen Formulierung “katastrophisch”.
Voll krass schlimm
Genauso gut hätte man “voll krass schlimm” sagen können. Die Regierung kann alles mögliche für “katastrophisch” halten, zur Not einen Fleck auf dem Hosenanzug. So etwas kann man aber nicht im Nachhinein festlegen. Schön, dass immerhin ausdrücklich das Zusammenschießen von Demonstrationen verboten ist. Und das Abschießen von Passagierflugzeugen – was einmal der Anlass für das ganze Brimborium war.
Die politische Konstellation, die diesen Quatsch erzwungen hat, ist eine auf symbolische Kommunikation fokussierte Angelegenheit von analfixierten Dilettanten. Die Macht- und Vernichtungsphantasien, die sich da ausgetobt haben, werden längst durch die Notstandsgesetze hinreichend bedient. Es wird keinen Fall geben, in dem der Katastrophenzirkus zur Anwendung kommt. Obendrein wurde die Bundeswehr längst illegal eingesetzt, zur Beobachtung von Demonstranten etwa, und das bleibt auch illegal.
Wozu das Ganze? Man weiß es nicht. Es ist am Ende nur einmal mehr festzuhalten, dass die Gurkentruppe vom Spreebogen nicht nur permanent die Verfassung und ihr Gericht aufs Äußerste strapaziert, sondern zunehmend auch noch völlig sinnlos. Die Wand von Karlsruhe bröckelt. Das heutige Urteil könnte ein erstes Anzeichen katastrophischer Ermüdung sein.
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Politik[75] Comments 16. Aug 2012 14:50
Mein Lieblingschart zum Jubiläum der “Agenda”:
Und als Zugabe ein Vergleich unseres überbordenden Sozialsstaates mit anderen:
Mission accomplished.
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Kultur[52] Comments 15. Aug 2012 23:26
Man sollte sie auf dem Marktplatz ausstellen, mit einem Schild um den Hals: Die dummen Raucher, die alle nur der coolen Verpackungen wegen quarzen. Stecken wir sie also in uncoole Verpackungen, schon vergeht ihnen der Spaß und sie lassen alsbald ab von ihrem schändlichen Treiben.
Nein, das ist keine qualifizierte Äußerung zum Problem des Rauchens, aber sie ist auch nicht weniger qualifiziert als das, was Raucherhasser bei jeder Gelegenheit ablassen, wenn sie auf das süchtige Pack losgelassen werden. Derzeit werden in Australien offenbar Einheitsverpackungen für Zigaretten eingeführt, und prompt muss auf der anderen Seite der Erde ein Daniel Baumann seinen völlig sinnfrei konstruierten Sermon dazu abgeben. In der FR erklärt er, das sei ein “Sieg für den Gesundheitsschutz”, weil die Produkte sich nur durch die Kampagnen unterschieden.
Klar. Und genau so verhält es sich mit allem auf der Welt: Getränke zum Beispiel. Ob ich ein Weizen, ein Pils, einen Hermitage oder einen Lambrusco kaufe, das liegt alles nur an der Verpackung. Desgleichen gilt für Klamotten, Spielzeug, Autos, Zeitungen … – das wird alles nur wegen des Images gekauft. Niemand würde mehr irgend etwas konsumieren, gäbe es bloß diese Imagekampagnen nicht.
Eine Frage hätte ich da allerdings noch: Woher kommen bloß die 2 Millionen Kiffer in Deutschland?
[Update:]
Es ist doch immer wieder schön, wenn in den Qualitätsmedien Meinungsvielfalt herrscht – eine Vielfalt ähnlich inkompetenter daher geschluderten Meinungen von Leuten, die besser keine haben sollten. Heute widerspricht Grit Beecken ihrem Kollegen Baumann:
Der Konsum von Zigaretten sei seit Einführung von verpflichtenden Warnhinweisen gesunken,
“Allerdings weiß keiner, ob das allein an den neuen Verpackungen liegt.”.
Nun, offenbar weiß der Kollege das, wenn auch aus Ahnungslosigkeit. Alle anderen wissen das, weil sie nicht blöd sind. Zum Beispiel ist der Preis der Kippen von 27 Pfennig auf knapp 27 Cent gestiegen in der nämlichen Zeit. Ob das wohl ein Grund dafür sein mag, dass der Konsum gesunken ist? Ach was, im Vergleich zum Effekt der Hinweise “Rauchen ist tödlich” oder “Rauchen lässt Ihre Haut altern“, ist das sicher völlig zu vernachlässigen.
So kenne ich die Diskussion: Verstand ist aus, aber Gehässigkeit ist noch reichlich übrig. Und wo findet man sonst noch eine Minderheit, die es von vorn bis hinten selbst schuld ist? Also: Hirn raus und feste druff!
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Hintergrund[20] Comments 14. Aug 2012 12:35
So, dann schauen wir uns doch einmal die Resultate an: Die Wirtschaftsgenies der Ruhr-Universität Bochum hatten ja verlauten lassen, die Olympischen Spiele bräuchten nicht mehr stattzufinden, weil sie den Medaillenspiegel ziemlich exakt voraussagen könnten. Begründung: Sie hätten die Ergebnisse der vorherigen Spiele mit sehr geringer Abweichung rückwirkend (!) vorhersagen können, mit 97,4 prozentiger Sicherheit. Nö Shit, Sherlock!
Wer hätte denn ahnen können, dass eine Prognose in die andere Richtung schwieriger werden könnte? Die Handvoll konkreter Prognosen sei daher kurz gefleddert:
Deutschland werde um 12% schlechter abschneiden, nämlich nur 36 Medaillen holen. Knapp – es wurden 44, eine Abweichung von 22%.
China holte statt 102 nur 88 Medaillen, eine Abweichung von 16%. Bei den Briten wichen sie um 14% ab, bei Brasilien – ein Beispiel, das offenbar besonders die Relevanz der zugrunde gelegten Kriterien verdeutlichen sollte – lagen sie um knapp 65% daneben.
Vergangenheit ist Zukunft
Ja, die Domäne der Wirtschaftswissenschaftler, das sind Zahlen und Prognosen. Sie wissen rückwirkend immer die Ursachen und liegen damit lediglich in der Zukunft falsch, dafür aber kurz-, mittel- und langfristig. Da in Bereichen wie Sport, Leben und Welt ihre Kompetenzen stets vor die Wand der Realität klatschen, haben sie sich halt eine eigene geschaffen – die der “Märkte”. Dort zählt, was die Ratingagentur ratet, und alle machen mit. Das würde ganz wunderbar funktionieren, täten bloß nicht immer völlig unerwartet kosmische Blasen platzen, deren Herkunft jeweils vollkommen ungeklärt ist.
So gibt es trotz des nimmermüden Einsatzes der klügsten Professoren der Welt nie die absolute Sicherheit. Nur wenige Wahrheiten gelten als unumstößlich, so etwa “Eine Lohnerhöhung ist eine Gewinnsenkung” oder “Sozial ist, was Arbeit schafft”. Wer sich an diese Wahrheiten hält, gerät nie in die Gefahr, von der Erdscheibe zu fallen oder im tosenden Ozean des furchtbaren Sozialismus zu ertrinken. Es sei denn, Gott wollte es anders, denn dessen Wege sind so unergründlich, dass nicht einmal Goldman Sachs Termingeschäfte mit ihm abschließt.
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Politik ,
Wirtschaft[157] Comments 13. Aug 2012 15:57
Ich nehme den Artikel von Stephan bei ‘wiesaussieht’ zum Anlass eines Versuchs, die ökonomische Sicht ein wenig zu erden. “Vom Kopf auf die Füße stellen” maße ich mir nicht an, es ist auch komplizierter als das. Zunächst in direkter Antwort eine Spitze des Spaßes wegen: Nein Stephan, Heiner Flassbeck ist nicht deiner Meinung. Ich nehme an, er wird sie nicht einmal zur Kenntnis genommen haben. Dann aber das Wichtige: Ist es wirklich die Ansicht eines “Sozialisten(schweins)“, die Frage nach Sinn und Unsinn des Euro in den Fokus der Betrachtung zu stellen – um dann eine Lösung in dessen Abschaffung zu sehen?
Ich meide nach wie vor die Selbtskategorisierung als “links”, “sozialistisch” oder dergleichen und provoziere lieber weiterhin mit der Attitüde “sozialliberal”, weil das mitten hinein weist in die Widersprüche, die der Kapitalismus ums sprichwörtliche Verrecken nicht zu kitten vermag. Ich mag auch kein Marxist sein, weil der Mann aus Trier die Wahrheit nicht erfunden, sondern nur gefunden hat, und das kann jeder täglich aktuell. Zum Beispiel die der Krise des Kapitalismus und wie sie sich äußert.
Die Krise bleibt
Der Euro ist dabei nur ein Symptom und keine Ursache. Seine Abschaffung löst kein Problem wie seine Einführung schon nicht, obwohl diese immerhin im Spiel auf Zeit eine originelle Idee war. Die dadurch steigende ‘Kreditwürdigkeit’ der Netto-Importeure gab ihnen nämlich einen Schub und gleichzeitig den Netto-Exportweltmeistern, deren Währung nicht durch die Decke ging und derart ein wundervolles künstliches “Wachstum” ermöglichte. Solche Tricks aber verschaffen dem System bestenfalls Zeit. Schlimmstenfalls beschleunigen sie den Zusammenbruch.
Wenn nun das Kapital die ‘Märkte’ abgegrast hat und die Profite sinken, muss neues Land geraubt werden, egal in welcher realen oder virtuellen Region. Kreditblasen aller Art, abenteuerliche börsentechnische Konstruktionen und bizarrer Hokuspokus mussten dafür herhalten, und es ist schon fast ein Wunder, dass jetzt erst der Euro und seine Staaten selbst zum Opfer der Profiteure werden. Jadoch, er ist auch eine Fehlkonstruktion, aber siehe oben: Diese war selbst schon ein Rettungsversuch.
Wahr ist, da haben Stephan und Heiner Flassbeck recht: Das Gewese um den Euro zerstört gemeinsames Kulturgut, facht einen vergessen geglaubten Hass an und fordert Opfer, die keine Währung der Welt Wert ist. Falsch ist, dass das Ende des Euro daran etwas ändern könnte. Die Krise nämlich bliebe. Wäre ich Sozialist, ich forderte die Abschaffung des Kapitalismus. Jedenfalls solange ich nicht das Patentrezept in der Tasche hätte, wie der seine Profite ewig steigern könnte. Das freilich hieße nicht nur Marx zu widerlegen, sondern alle Erfahrung.
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Politik[72] Comments 12. Aug 2012 17:49
Die “neoliberale Ära” sei vorbei, so tönte er dieser Tage, und ich fragte mich unwillkürlich, ob er dann jetzt wohl auch abtrete. Nicht zu vergessen seine Agenda-Genossen Stein und Stein. Aber nein. Es wird sich nicht distanziert, es war immer alles richtig. So wie heute eventuell das Gegenteil, aber Schröders Deregulierungen, der Sozialabbau unter seiner Kanzlerschaft und in der Großen Koalition, die Beschimpfungen von Arbeitslosen durch Müntefering und Steinbrück, das war “Mitte”, und das kann nie falsch sein.
Alles haben sie abgenickt, ob mit oder ohne Merkel, als Lieferanten eines erzreaktionären Bundespräsidenten oder ESM-Mehrheitsbeschaffer. Alles, was Regierungen für die Banken taten, fand ihre Zustimmung. Der ganze neoliberale Irrsinn geht größtenteils auf die SPD selbst zurück, dem Rest hat sie zugestimmt. Jetzt jubelt Gabriel über dessen angebliches Ende. Vertrauen, dein Name sei Sigmar!
Alles wird gut
Nicht genug, gibt er nunmehr den harschen Kritiker der Elche, spricht von “organisierter Kriminalität” und “bandenmäßiger Steuerhinterziehung” durch Schweizer Banken. Da stellt sich einer hin und spricht Klartext. Bravo! Dumm nur, dass keine neuen Erkenntnisse vorliegen, dieselben Banden von niemandem so gehätschelt wurden wie von der SPD und obendrein der Adressat falsch ist. “Organisierte Kriminalität”, das hat Horkheimer schon in den 40ern erklärt, ist das, wo der Kapitalismus zwangsläufig endet.
Was denkt Gabriel wohl, welche Banken sich am längsten halten? Die “ehrlichen”, die ihre Kunden mit Luftballons vertrösten, weil leider keine Renditen mehr drin sind? Die ihre Kunden darauf prüfen, ob sie auch brav Steuern zahlen? Die sich strikt auf solche Geschäfte beschränken, bei denen auch ganz sicher gegen kein Gesetz der Welt verstoßen wird? Banken? Schweizer Banken?
In welcher Welt lebt der Mann? Wer soll ihm diese Zirkusnummer abnehmen? Steht die SPD – mit diesem entschlossenen Vorsitzenden – also für gerechte Löhne® und wirklich wahre soziale Marktwirtschaft®? Ja genau. So wie für friedliche Militäreinsätze, jungfräuliche Huren und bescheidene Börsenmakler. Und Currywurst natürlich. Muss ich unbedingt haben, den Verein. Ich kann die nächsten Wahlen kaum erwarten.
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