Einzelfall No. 1782: Lance Armstrong soll illegale Substanzen eingenommen haben, als er an der Tour de France teilgenommen hat. Mit dieser brandneuen Erkenntnis und der Erklärung des Dopingtäters, dass er aus der juristischen Schlacht um die offizielle Wahrheit aussteigt, ist der Radsport endlich frei von Doping (Hier bitte hysterischen Lacher vom Band einfügen). Ihm sollen jetzt alle Titel aberkannt werden und er selbst lebenslang gesperrt.

Sein Konkurrent bis zu dessen Berufsverbot war kein intellektuelles Schwergewicht, aber als er vor den Scherben seiner Karriere stand, hätte man ihm zuhören sollen. Jan Ullrich sagte 2006: “Ich habe nie jemanden betrogen”. Warum auch? Der Mann war körperlich seinen Konkurrenten – einschließlich Armstrong – weit überlegen. Seine Äußerung, Armstrongs Siege und überhaupt die ganzen Geschichten rund ums Rad konnten nur Sinn ergeben, wenn man den Schluss zuließ, dass alle Spitzenfahrer, vermutlich alle Teilnehmer der großen Rundfahrten, gedopt waren.

Immer sauberer

radspritzeAber was heißt hier “waren”? Jedes Jahr, das auf 2006 folgte, sah weitere Enthüllungen in Sachen Doping. Sieger und Plazierte wurden nach jeder Tour ausgeschlossen, die Ergebnislisten im Nachhinein ‘korrigiert’, und noch immer sprechen die Handlanger des Schwachsinns, den die öffentliche Meinung darstellt, von Einzelfällen. Noch immer dient die versammelte Journaille der Lüge, es hätte jemals “sauberen Sport” gegeben.

Diese Verschwörung der Deppen ist nichts als Inquisition. Wer die heilige Wahrheit anzweifelt, wer ausspricht, was jeder sehen kann, ist ein Ketzer. Wer schriebe, was jeder weiß, der es wissen will, verlöre seinen Job. Wie sonst ließe sich das Phänomen erklären? Fahrer wie Didi Thurau dürfen 30 Jahre nach ihrer Karriere öffentlich sagen, dass zu seiner Zeit “alle gedopt” waren. Für alle, die noch gezählt werden, gilt die Parole “Sauber wie nie”. Am besten überlassen wir den Sportteil den Historikern.

Immer besser, immer sauberer ist der Sport! Das Nähere regeln Substanzen, von denen “Dopingjäger” nichts wissen, die aber jeder ambitionierte Amateurfahrer kennt. Nichts Neues, gar nichts, und das ist das Schlimme. Es geht nicht um große Politik, es geht nicht um Einfluss, es geht nicht einmal um Profite und Anzeigenkunden. Jeder Sponsor, der mit ‘Einzelfällen’ in Kontakt kommt, fürchtet Verluste und hat kein Interesse an diesem Maximum der Verlogenheit. Wozu dann also das Theater?

Wenn Wirklichkeit Wahrheit wird

Es ist bestes Anschauungsmaterial für das Walten des Systems, für seine ‘Wahrheiten’, sein Funktionieren, die Genese der Propaganda. Es ist die Schwarmdummheit, das Lemmingdenken, geschult in Wiederholung und Anpassung. Was alle immer sagen, kann nicht falsch sein. Man stellt sich nicht gegen die Masse. Schon gar nicht gegen eine Maschinerie von Organisationen, hier WADA, NADA, UCI, Gerichte und Verlage.

Anfangs waren die Sponsoren noch unter denen, die am heftigsten geleugnet haben, dann haben sie sich wohlwissend juristisch abgesichert, schließlich großenteils abgewendet. Die jetzt noch dabei sind, wollen am liebsten ihre Ruhe und werden wissen, wie sie nur zu haben ist: Durch eine Zulassung leistungssteigernder Mittel und das Ende der Heuchelei. Noch hat sich das nicht durchgesetzt, aber wenn sie soweit sind, wird das auf die Agenda gesetzt werden. Wenn es dann noch Sponsoren gibt.

Womit wir beim Fazit sind: Das Kapital hat am Ende die Macht, die Wirklichkeit als Wahrheit zuzulassen. Alle anderen machen nur mit. Die öffentliche Meinung ist derart zur PR verkommen, zur Verkündung dessen, was Lobbygruppen senden, dass es kein Korrektiv mehr gibt. Wo die private Meinung immerhin sporadisch der Prüfung durch den Verstand unterliegt, verliert in der organisierten Meinung der Verlage immer die abweichende. Einst wurde uns die Vielzahl privater Medien als „Pluralismus“ verkauft. Genauer betrachtet, herrscht in einer kapitalistischen Medienlandschaft das reine Meinungsmonopol. So ist das System, es kann gar nicht anders.