Journalismus


Feinsinnige Satire bietet die “Zeit” heute in einem Posting, das als Meldung zu spekulativ und als Artikel zu wenig informativ ist. Die Wortwahl ist großartig, obwohl damit zu rechnen ist, daß die kunstvoll darin eingewobene Ironie purer Zufall und eben keine Absicht war. Mark Schieritz durfte ein paar Zeilen tippen, hier das Resultat:

Künftig könnten Banken für staatliche Rettungsaktionen stärker zur Kasse gebeten werden. Die Bundesregierung diskutiert bereits konkrete Modelle.

Wo andere längst die Kelle schwingen und sie der Kanzleuse um die Ohren hauen, um ihr die Untat ihrer Untätigkeit strafend deutlich zu machen, kratzt Herr Schieritz mit dem Skalpell ein wenig an der Hornhaut des Sitzfleischs. Ei, wie das kitzelt!
Die Kombination “diskutiert bereits” ist vom Besten, das das deutsche Kabarett bislang zur Deregulierung beigetragen hat. Wenn das so weitergeht, werden nach der übernächsten Dauerkrise ernsthafte Konsequenten angedroht. Dann brennt aber der Baum im Hause Ackermann!

Allmählich stellt sich wieder etwas mehr Ordnung ein in der deutschen Medienlandschaft. Durch die Bankenkrise haben einige Medien, die jahrelang keinen Knall gehört haben, immerhin ein paar Trümmer gesehen und schwenken hier und da von der neoliberalen Kampflinie ab. Einige wenige dürfen sogar mit Recht als “kritisch” eingestuft werden.
Und weil derlei Normalität einkehrt, sind auch die Produkte des Springer-Verlags wieder besser erkennbar in ihrem billigen Kunsthandwerk des Verblendens und Verblödens.

Was die “Welt” da heute auftischt, schwitzt schon ideologische Verzweiflung aus. Ein “Segen” sei der neue Sklavenmarkt aus Leiharbeit, Arbeitszwang und Hungerlöhnen. Der ökonomische “Erfolg” der Lohndrückerei wird anhand unbelegter, erlogener und wirr interpretierter Zahlen als die übliche Brühe serviert. Soweit kann man sich das Lesen wie immer sparen.

Bemerkenswert merkbefreit ist allerdings das Totlachargument, mit dem den glücklichen Sklaven der Segen vom Kloster Axel Cäsar erteilt wird:

Arbeit ist ein Wert für sich. Studien zeigen: Menschen, die arbeiten, sind glücklicher als Menschen, die arbeitslos sind. Selbst wenn es nur ein Ein-Euro-Job ist – sie werden wieder gebraucht.

Arbeit macht glücklich, egal welche. Wer nicht arbeitet, muß auch nicht essen, wird verhetzt und zum Parasiten erklärt. Wer sich der Knute beugt, sich ausbeuten läßt und sich ohne jede Hoffnung auf ein Leben ohne Kummer abstrampelt, ist ab sofort glücklich.

Es wäre nicht das Schlechteste, wenn dieser Herrenmenschenzynismus in Zukunft wieder exklusiv bei Springers seine Heimat fände. Dort waren sie schon immer braun.
Der Rest der Medienwelt darf jetzt ein einträgliches Geschäft in lautem Fremdschämen suchen. Das sollte doch machbar sein.

Die “Welt” und wie sie den Rest sieht: Nahtlos geht Elke Bodderas vom Silvesterböller zur Karnevalsrakete über und nennt die “Schuldige” an der “Schweinegrippe-Panik”:
Es ist die Weltgesundheitsorganisation WHO und ihre Leiterin Margaret Chan.” Die habe von “Pandemie” gesprochen und alles falsch eingeschätzt.

Nun war das keine Weltklasseleistung von den Genannten, aber der Nachricht ihr Ausschlachten durch den Boulevard anzulasten, ist eine Glanzleistung journalistischer Heuchelei, für die ein neuer Preis ausgelobt werden sollte.
Während seriöse Medien wie Feynsinn von vornherein wußten, wie sie das Getrommel und Gepfeife zu werten hatten, hat die “Welt” selbst fein Kasse gemacht mit Gruseltiteln wie


- Die unheimliche Schweinegrippe
- Jeder dritte Deutsche kriegt die Schweinegrippe
- Bereits sechster Todesfall durch Schweinegrippe
- Über 40.000 Schweinegrippe-Fälle in Deutschland
- Schweinegrippe infektiöser als saisonale Grippe
“.

Und das war noch sehr dezent. Wer wissen will, wie man aus einer halbgaren Nachricht mit der Tendenz zur Übertreibung eine echte Panikattacke kreiert, muß nur die Verlagskollegen von der unteren Schublade fragen. Die hier nicht Genannte hat die Terrorkamellen mit vollen Händen unter die Jecken geschaufelt:


- Schweinegrippe – So qualvoll starb mein Baby
- Schweinegrippe-Mutation tötet zwei Norweger
- So qualvoll starb Martina (11)
- Seuchen-Alarm auf Deutschlands beliebtester Ferien-Insel
- So laufen die Impfungen gegen den Todes-Virus
- Tote Büsra († 15) – so trauern ihre besten Freundinnen

Das ist selbstverständlich nur das Ergebnis einer Blitzrecherche. Es gibt Dutzende weiterer Schlager von dieser Art. Aber die Leser der “Welt” wissen jetzt, wer wirklich “schuld” ist.
Foul, so wissen wir, ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Peinlich wird das Spiel, wenn die Pfeifen, die da richten, erst selbst die Blutgrätsche ansetzen und dann dem Gegner die Arschkarte zeigen. Die Zuschauer müssen schon arg vor den Zaun gerannt sein, wenn sie auf die Dauer dafür auch noch Eintritt zahlen.

Die wichtigste soziale Verantwortung einer Bank sei es daher, international wettbewerbsfähig zu sein und zu wachsen“, zitiert die FTD Joe Ackermanns Replik auf Schäubles Einwurf, “für Banken gehe es zu sehr um Gewinne und Wachstum und zu wenig um soziale Themen“.

Daß es für Banken um soziale Themen gehen soll, während sich die politischen Funktionsmöbel fraktionsübergreifend zu Erfüllungsgehilfen der Renditejäger gemacht haben, ist schon bemerkenswert weltfremd – zumal für einen Minister, dessen Kollegen Niebel, Brüderle und Westerwelle heißen.
Nicht weniger beachtlich ist aber auch die Luststeigerung in der perversen Semantik aus den Dungeons der ökonomistischen PR. Die Gewinne der Deutschen Bank als “sozial” zu bezeichnen, ist eine Dimension sadistischen Zwiesprechs, die nach Sicherungsverwahrung schreit.

Was sagt die Qualitätsjournalistin Nina Luttmer dazu?
Auf die Antwort eines hochrangigen Politikers darf gespannt gewartet werden.”
Wäre es nicht ihre höchst eigene Aufgabe gewesen, dieses Massaker an einer noch ausdrucksfähigen Sprache wenigstens anzuzeigen? Wer, wenn nicht Journalisten, hätte hier die Pflicht zu widerprechen? Womöglich hält sie ihren Aufruf an “Politiker” noch für kritisch, während sie selbst als Niederrangige sich wohl für unbefugt hält, einfach ihren Job zu machen.
Darauf aber, daß sich jemand aus ihrer Zunft eine Meinung leistet, die von den Hochrangigen als wirklich unbequem erachtet wird, dürfen wir wohl noch lange warten.

Angesichts der Zustände in Hessen, der Fälle Brender und Lochthofen sowie des Minarett-Verbots in der Schweiz kam ich heute sehr ins Grübeln, aber meine feier-geschädigten Synapsen brachten nicht so recht Ordnung ins Chaos. So etwas wie “Hättens’ lieber einen Rechtsstaat oder eine Demokratie?” schwirrte da herum, und alle, die gern nach Volksabstimmungen rufen, sollten sich gut überlgen, ob sie das wirklich wollen. Und unter welchen Bedingungen.

Auch liegt die Bezeichenung “mafiös” in einigen Verflechtungen der endzeit-demokratischen Politikorganisation nahe. Man kann jetzt darüber meditieren, wieviel Gewicht dem Unterschied zwischen gewissen Hessen und dem echten Berlusconi (via) beizumessen ist.

Kaum zu bestreiten ist der auch amtlich beförderte Niedergang des kritischen Journalismus und die fatale Wirkung dieser Entwicklung. In Fieberträumen vom großen Geld deliriere ich über die Gründung einer Journalistenschule und eines auch-Print-Mediums. Ich bin davon überzeugt, daß Qualität noch organisierbar ist und darin eine notwendige Bedingung für eine Demokratie besteht, die dieser Bezeichnung würdig wäre. Wo zur Hölle sind bloß die Förderer einer unabhängigen Öffentlichkeit?

Ein Pessimist ist ein Optimist, der nachgedacht hat. Was sagt das über den Optimisten aus? Und was macht Hans Ulrich Jörges so furchtbar optimistisch?
Die Diskussion über Albrecht Müllers Buch “Meinungsmache” ist zwar interessant, hat aber mit mehr als zwei Stunden dezente Überlänge. Beteiligt waren Der Autor selbst, Oskar Lafontaine, Hans Ulrich Jörges und Zuhörer, moderiert wurde das Ganze von Sabine Adler vom DLF.

Die Zusammensetzung ist ein wenig asymmetrisch, weswegen Frau Adler auch gleich eingangs Jörges als “Bad Guy” einführt. Er wird dieser Rolle nur bedingt gerecht.
Das Gespräch hat deutlich mehr Niveau als die üblichen Talkshows, in denen sich die Protagonisten zuweilen auch schon begegnet sind.
Für Leser der Nachdenkseiten ist der Erkenntnisgewinn sehr übersichtlich, allein die Beiträge von Jörges sind interessant und der Verweis von Lafontaine auf die Notwendigkeit von mehr Basisdemokratie in den Parteien.

Gezählte neun Mal wiederholte Jörges sein Hauptargument, daß die Menschen “nicht so blöd” seien. Für ihn ist die Welt des Journalismus in Ordnung, gegen jede Kampagne habe es auch andere Meinungen gegeben in den Medien – womit er in der Hauptsache sich selbst und den “Stern” meint. So unterschätze Albrecht Müller eben auch die “Gegenkräfte”, als die Jörges nicht nur die klugen
Leser betrachtet, sondern auch die vielen Anbieter freier Informationen im Internet. Ausgerechnet. Für alles Böse kennt er etwas Gutes. Einflußnahme von Konzernen, Verlegern, Anzeigenkunden? Iwo, Bertelsmann habe nicht einmal angerufen, als er den Rücktritt Ackermanns gefordert habe. So frei ist dieses Land!

Auf die komplexe Struktur von Manipulation und Meinungsmache, von skandalösen Kampagnen wie die gegen Ypsilanti bis hin zur Schere im Kopf, geht Jörges nicht ein, und es führt ihn leider auch niemand auf diesen Weg. Mit vielem ist er sogar einverstanden, sieht ein Versagen von Politik und Wirtschaft. Keiner kam auf die Idee, ihn einmal zu fragen, warum die klugen Menschen angesichts dieser Faktenlage massenhaft FDP gewählt haben. Zur Causa Ypsilanti hat er hingegen eine Meinung: Die war nämlich “so blöd” zu tun, was sie tat. Na wenigstens eine.
Blöde gibt es auch in den Parlamenten: dort stimmten Abgeordnete nämlich “Gesetzen zu, die sie weder gelesen noch verstanden haben”. Die Deppen seiner Welt sitzen sämtlich in der Politik. Das ist immerhin eine Aussage.

Er stimmt Lafontaine voll und ganz zu, sofern es darum geht, die innerparteilichen Strukturen zu demokratisieren. Jörges sagt ganz offen, daß in diesem Land die Machtstrukturen nicht demokratisch sind. Die Macht der Wirtschaft ist erdrückend, die Parteien in der Hand der Funktionäre. Der Einfluß der Parteien auf die Öffentlich-rechtlichen Medien ist ihm ein Dorn im Auge. Das ist verständlich und auch weitgehend richtig.

Daß er aber das gigantische Systemversagen der eigenen Zunft nicht sehen will und vehement leugnet, macht ihn, Pardon, zum Nützlichen Idioten gerade der Mächte, die er so gern beschneiden will. Wer derart den Lampenputzer macht und mit seinem Ego jeder kritischen Betrachtung der eigenen Kollegenschaft im Wege steht, ist eben Qualitätsjournalist. An der “vierten Gewalt” liegt ihm nichts, im Gegenteil scheint es ihm zu gefallen, wenn flächendechend Quark getreten wird. Der “Alphajournalist” wirft einen tollen langen Schatten, was geht’s ihn an, daß die Sonne kaum über den Horizont steigt?

lafontaine
Der populistische Ehebrecher und Fahnenflüchtling Lafontaine ist an Krebs erkrankt. Er ist also bald tot, und wir schauen jetzt einmal, wer nach ihm kommt.
So ungefähr las sich das in den vergangenen Tagen. Nachdem sich zunächst vor allem der “Spiegel” im Schlepptau des anderen Boulevards bis auf die Knochen blamiert hatte mit seiner “Verbotene-Liebe”-Groteske, wurde das ganz schnell übertüncht mit Spekulationen, die nicht ganz frei sind von der Vorfreude auf ein möglichst baldiges Ableben des Linke-Chefs, sei es auch nur das als Politiker.

“Nihil nisi bene” heißt es praktischerweise nur in bezug auf die wirklich Toten, deshalb ist jetz die Zeit, noch sinnlos Dreck auszukippen, ehe einem die Pflicht zur Pietät dazwischen kommt. Bis dahin bleibt Lafontaine der Punching-Ball für projektiven Gossenjournalismus, den man nicht nur nach Belieben schlagen darf, sondern dem man auch jede Grimasse aufmalen kann, die einem so in den Sinn kommt. Der wandelnde Leibhaftige hat schon immer alle betrogen: Seine SPD, indem er sie verließ. Seine Vertrauten, weil er Ämter niederlegte. Seine Wähler, weil er von den vier Aufgaben, die er zuletzt wahrgenommen hatte, nur noch drei ausfüllt. Natürlich muß so einer auch seine Frau betrügen, und das, na klar, mit der hübschen roten Hexe.

Es ist kein Unterschied mehr zwischen Lüge und Gerücht, zwischen verdrehten Tatsachen und erfundenen. Wer dem Bösen Böses nachsagt, hat immer recht. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg des Journalismus zum großen Meeting in der untersten Schublade waren heute die ausschwärmenden Geier, die unbedingt jemanden vors Mikro zerren wollten, der den roten Teufel bei lebendigem Leibe beerben will. Hauptsache, es werden keine Torwartwitze gemacht. Und wenn dann jemand wie Bodo Ramelow im Zusammenhang mit der künftigen Gestaltung der Partei den Schneid hat, sich eine Zukunft ohne den Vorsitzenden Lafontaine vorstellen zu können, wird der prompt als “pietätlos” markiert.

Junge Menschen, die sich heute für eine Karriere als Journalist interessieren, können an diesem Beispiel lernen, welcher charakterlichen Ressourcen es in diesem ehrenwerten Stande bedarf. Wer in seiner Schulklasse immer schön im Rudel mitrennt und denen am Rand des Pausenhofs mit aller Härte die Macht des Mobs demonstriert, bringt das Wichtigste schon mit. Eine Drei minus in Deutsch und etwas Raffinesse beim Abschreiben besorgen dann den Rest.
Willkommen im Club!

“Kritische Abhängigheit©”, das wird die neue Formel sein für einen Journalismus, der seine Freiheit wahrt durch Kooperation mit progressiven Werbepartnern, die im Geben und Nehmen Zukunft sichernd fördern und inhaltich fordern. Bislang scheitern wirklich moderne Verlagskonzepte an der mangelnden Flexibilität der Mitarbeiter und ihrer Vertretungen. Wenn Sparmaßnahmen ergriffen werden, ist die Empörung groß, dann will jeder Schreiber wichtig sein, alle kleben an ihren Sesseln und Verträgen und fabulieren von “Qualität”.

Wie gut, daß es noch vernünftige Chefredakteure gibt, die sich ihren zukünftig ehemaligen Mitarbeitern in den Weg stellen und für eine funktionierende Befehlskette Kommunikation von Anzeigenkunden über Verleger und Redakteuren bis hin zu den Autoren sorgen.

Solch moderner Redakteure bedarf es, um die Zukunft endlich einzuleiten, anstatt sie weiter zu blockieren. Es gibt durchaus noch zu erschließende Geschäftsfelder, die bislang brach liegen und deren Bestellung der siechen Verlagslandschaft neues Leben einhauchen könnte.
Prototypisch dafür steht das Engagement der INSM, das von der linken Vormacht der Gewerkschaften und anderer Bedenkenträger natürlich abgelehnt wird. Diese sind gegen Sparmaßnahmen gleichermaßen wie gegen neue Einnahmequellen und sehen “Meinungsfreiheit”, “Vielfalt” und “Kritik” in Gefahr.

Nun hat sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt, daß diese romantischen Vorstellungen wenig mit der veröffentlichten Wirklichkeit zu tun haben. Was hätten sie also zu verlieren, wenn sie sich ganz transparent in den Dienst eines potenten Finanziers stellten, der ihnen die ökonomische Unabhängigkeit sicherte? Man kann dann immer noch darüber verhandeln, in welcher Form und welchem Umfang Kritik weiterhin erwünscht bliebe. Es hätten schließlich alle etwas davon, denn eine Kritik, die nicht finanzierbar ist, nützt ohenhin niemandem.

Was es alles zu berichten gibt! Die Frau, der eine Trainer, der andere Trainer, der Onkel, die Tante, der Hund. Alles als Klickstrecke, Satz für Satz.
Ein tolles Titelthema für den Print. Toter Held geht immer. Ein bißchen was über Depression, ein Portiönchen zum Leistungsdruck, bunte Bilder vom Sarg und den Fans und der Familie, Tränen über Tränen, Entsetzen, Gefühlskino. Leicht und fix getippt, findet rasenden Absatz. Money for Nothing.
Wenn der Trauerhype dann vorbei ist, geht’s in der nächsten Woche weiter mit traumatisierten Lokführern, schockierten Zeugen und den armen Schweinen, die solchen Gulasch von den Gleisen kratzen müssen.
Am Montag am Kiosk.

Ich weiß, ich wirke leicht gereizt in diesen Tagen. Vermutlich liegt das an der Jahreszeit. Heute zum Beispiel hätte ich gern mein Radio mit den Auto überfahren. Blöd nur, daß das Teil im Innenraum der Karre steckt.
Ich fasse einmal die zwanzig “Nachrichten”-Sendungen zusammen, die ich heute gehört habe, nein, ich zitiere sie einfach vollständig:
Seit Konrad Adenauer, seit über fünfzig Jahren wurde Angela Merkel die Ehre zuteil, die Ehre, die große Ehre und zuteil, daß sie seit über fünfzig Jahren und damit seit Konrad Adenauer die erste deutsche ist, der die Ehre zuteil wurde, vor beiden Häusern des US-Kongresses die Ehre zu haben, nach über fünfzig Jahren und damit Konrad Adenauer zu sprechen.

Heute Abend dann die Erlösung, ich lese nur einen Artikel kurz an, den in der TAZ:
Zu Beginn ihrer Rede bedankte sich Merkel für die große Ehre, vor dem versammelten Kapitol sprechen zu dürfen. Sie erinnerte an Konrad Adenauer, der vor mehr als 50 Jahren, im Mai 1957, vor dem US-Kongress gesprochen hatte – allerdings nacheinander in beiden Häusern.”
Potztausend, wer hätte das gedacht?

Wen interessiert da schon, was Merkel sagt, warum und wem sie es sagt? Als sei sie Gott selbst begegnet, wird eine öde Rede vor Halbhirnen gefeiert, die noch jeden Krieg abgenickt und zuletzt ein furchtbares Regime gestützt haben. Daß sie dort überhaupt sprechen darf, gilt als unerhörte “Ehre”. Das nenne ich “Demokratie”, wenn eine Großmacht alle paar Dekaden ihrem Vasallen zuhört. Gejubelt haben sie gar für ein bißchen Klima-Blabla, wissen sie doch, daß Angela viel ankündigt, nichts durchsetzt und mit Klimaschutz “mehr AKWs” meint.
Genug damit über diese Nullveranstaltung, die “Symbolpolitik” zu nennen schon zu hoch gegriffen wäre.

Erfreuliches gab es allerdings auch zu lesen. Ein wenig nervig als Klickstrecke aufgebaut, lohnt es sich dennoch, einen Blick in den Überblick zu werfen, den Markus Sievers für die FR und über die Lobbypolitik der neuen Bundesregierung gibt. Die Reihe schamloser Begünstigungen von Klienten und Parteienförderern ist beeindruckend.

Sarina Pfauth schließlich traut sich, seine Peinlichkeit den Guy d’Eau als den Schleimer vorzuführen und gar zu bezeichnen, der er halt ist. Hut ab, wir hoffen, der Kopf bleibt dran, denn leider fällt man beim Establishment ja so leicht auf mit einer Meinung. Da ist doch jetzt ein Anruf aus dem Auswärtigen Amt fällig. Oder wenigstens aus der widerwärtigen Parteizentrale.

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