Ich tue mich, wie schon gelegentlich bemerkt, manchmal schwer, mich noch über Skandale zu erregen, an die man sich gewöhnen mußte. Gewisse Fakten zu erwähnen und dabei auf die Pauke zu hauen, wie himmelschreiend ungerecht die Welt ist, das klingt so nach gewollter Empörung.

Während dieser Tage die Sensationsjournaille jeden Toten bejubelt, den die Taco-Grippe erlegt hat und auf eine zünftige Pest hofft, geschehen wie immer andernorts die wahren Katastrophen. Ständig und alle paar Jahre wird hier nach Entdeckung irgend eines virologisch interessanten Mutanten eine Epidemie heraufbeschworen, wie wir sie seit fast hundert Jahren nicht mehr hatten in Europa. Nicht einmal BSE wurde zum Schlager, obwohl sie doch so gut gepaßt hätte zum Zustand der europäischen Kultur.

“Andernorts”, um endlich konkret zu werden, das ist wieder einmal Afrika, wo derzeit die Meningitis wütet und tausende dahinrafft. Überhaupt, Afrika: Ein Kontinent, der an den Dauerseuchen Kalaschnikow und Heckler&Koch schon furchtbar leidet, der von Hunger und jedem erdenklichen Mangel gezeichnet ist, wird regelmäßig von Seuchen heimgesucht, deren Ausbrechen hier die Städte entvölkern und uns zu einem Leben im Luftschutzkeller verdammen würde.

Mit Recht spricht die TAZ von einer “Epidemie ohne Aufmerksamkeit” – und hat den Artikel ganz konsequent keine 24 Stunden nach Erscheinen ins Archiv verschoben.