Politik


 
Aus aktuellem Anlass ein kleiner Rückblick auf die Diskussion über “Internetsperren” vor vier Jahren. Wie in meiner Rumpelkammer bereits angemerkt, wärmen die Briten genau diese Nummer wieder auf, um die Totalüberwachung voranzutreiben.

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Wer glaubt, es gehe bei der wahnwitzigen Stoppschild-Aktion der Bundesregierung um “Zensur”, hat nicht ganz begriffen, was da wirklich läuft. Es läuft nämlich darauf hinaus, dem BKA zu gestatten, fröhlich Nutzerdaten abzugreifen, um so am laufenden Band “Verdächtige” zu produzieren.

Wie irrsinnig das Vorhaben ist, muss man sich einmal deutlich machen: Da sollen die IPs von Nutzern registriert werden, die versuchen, eine Seite aufzurufen, von der sie dank des Stoppschildes gar nicht wissen, was sie beinhaltet. Werden diese Sperren umgangen, ist es zwar unwahrscheinlicher, “erwischt” zu werden, es wird aber unterstellt, dass wer so etwas tue, ja ganz sicher höchst verdächtig sei. Geht man also etwa davon aus, dass eine gesperrte Seite versehentlich gesperrt wurde (das dürften technisch bedingt die meisten sein) und will sich dessen vergewissern, macht man sich strafbar.

Drohen und erpressen

Das ist eben keine Zensur, denn die funktioniert ja gar nicht. Es ist vielmehr ein gigantisches Droh- und Erpressungspotential des BKA gegen die Bürger. Es kann jeden treffen, und der Verdacht allein wirkt wie ein Fallbeil: Das ist ein Pädophiler!
Ganz selbstverständlich geschieht dies alles im Dunkeln, kein Richter muss die Speicherung privater IPs genehmigen, kein Nutzer wird davon informiert. Die Stasi hätte sich die Finger geleckt nach solchen Möglichkeiten. Dass die Technik, einmal installiert, ganz sicher auch in bezug auf andere Delikte genutzt werden wird, sei bei dieser Gelegenheit noch einmal am Rande bemerkt.

Die zu erwartenden Zuwiderhandlungen vieler Internetnutzer und die riesige Zahl von Nutzern, die unfreiwillig solche Seiten aufrufen, werden überdies vor allem einen Effekt haben: Der Verdacht, Kinderpornographie zu konsumieren, trifft zukünftig nicht mehr erstrangig diejenigen, die sich diesen Dreck mit Vergnügen reinziehen. Diese werden gut geschützt in einem Heer unschuldig Verdächtiger verschwinden und nur mit noch mehr Aufwand zu überführen sein als ohne diese Schwachsinnsmaßnahme.

So weit, so schlecht. Wie immer wird aber auch dieser Stuss vor dem BVerfG scheitern. Diese Instanz ist längst der Gradmesser für die Restdemokratie in der Bundesbananenrepublik. Sollte sie eine Kehrtwende in ihrer Rechtsprechung vollziehen oder durch das neue Supergrundrecht entmachtet werden, ist es an der Zeit, die Koffer zu packen und den ‘Daumen’ raus zu halten. Vielleicht wird ja eine Hyperraum-Umgehungsstraße gebaut.

 
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Als ich Zivildienst leistete, meinte der sogenannte “Regionalbetreuer”, den ich mir ohne großen Zeitverlust zum Feind gemacht hatte, einmal zu mir: “Sie machen das doch freiwillig”. Der Typ – wie die meisten dieser Charge ein ehemaliger Soldat; die wurden damals halt Fahrlehrer oder triezten Zivis, weil das “Zivildienstgesetz” eine Abschrift vom Wehrdienstgesetz war – meinte das ernst. Ich hätte ja auch zum Bund gehen können und Männekes bauen. Da ich aber ja eine ‘Wahl’ getroffen hatte, war alles, was ich fortan in diesem Zusammenhang tat, freiwillig.

Diese Donnerbalkenlogik ist noch zu doof die Analogie zu erkennen zu der Wahl zwischen Todesspritze und Gaskammer. Der Delinquent stirbt dann doch freiwillig, sonst hätte er sich ja anders entschieden. Traurigerweise reicht diese Idiotenlogik für eine ganze Menge von Idioten. Womit wir beim Verhältnis der Journaille zu ihren Lesern sind.

Die allerhoheitlichsten Stellen

Zwar gibt es auch einige erfreulichere Tendenzen in diesen gleißend düsteren Zeiten, so stellt etwa auch Fefe fest, dass seit dem Abgang Mascolos der “Spiegel” auf dem Weg sei, beinahe wieder Journalismus nach alter Definition abzuliefern. Allerdings ist genau da auch ein fetter Schlagschatten, weil eben nicht ein Konzept und eine Haltung dahinter stehen, sondern Beliebigkeit. Burks hat heute ein Brechmittel gefunden, beruhend auf eben jener Strategie der falschen Alternativen, Propaganda von der Brechstange:

Wenn nämlich, so die Trommelschläger Stefan Heumann und Ben Scott, die totale Überwachung abgewendet werden soll, so brauchen wir wieder einen Führer, Pardon,Führung” von “ganz oben” für einen “nationalen Kraftakt“. Die Führer der Nation müssen das deutsche Internet in die Freiheit führen. No Shit, Watson, das erzählen sie da wirklich. Das gilt dort nämlich als Demokratie, wenn Superminister und Kanzler nationale Kraftakte begehen. So, Eimerpause, gleich wird’s besser.

Kühle Keramik kann eine große Erleichterung sein, nicht wahr? Kommen wir mal zu echten Alternativen, einer echten Bedrohung freilich auch für Ganz Oben®, wie das eben so ist, wenn Menschen sich erkühnen selbst zu bestimmen, was sie wollen [via daMax]. In Finnland geben sich Bürger jetzt womöglich ihr eigenes Urheberrecht. Selbst wenn`s nix wird mit dem Versuch, aber so geht Demokratie, nicht von oben herab.

 
orwell2Das Bundeswirtschaftsministerium hat heute vom Verfassungsschutz erfahren wie Mobilität über Straßen verläuft, wie sich Güter von einem verarbeitenden Betrieb zum anderen bewegen. So erfuhren die Experten zum Beispiel, dass es ganz unterschiedliche Routen gibt, die je nach Verkehrslage benutzt werden können. Entscheidend für diese Routen ist nicht die Länge der Strecke, sondern die insgesamt aufgewendete Zeit.

Sogar Kostenfaktoren werden in die Planung einbezogen. Weiterhin konnte der Verfassungsschutz recherchieren, dass sehr große Lasten oft eher per Bahn und auf der Schiene transportiert werden. Allerdings sind dort die Ausweichmöglichkeiten geringer. Die Kanzlerin sagte etwas, für das sie belächelt und verspottet wurde: Die Straße ist noch Neuland. Und jetzt dämmert es immer mehr Leuten, was sie damit gemeint hat.

Das Recht auf Freizügigkeit ist unter diesen Bedingungen natürlich nicht aufrecht zu erhalten. Wenn sich Züge an bestimmte Strecken und Fahrzeiten halten müssen, kann nicht jeder jederzeit überall hin fahren. Das Bundesverfassungsgericht hat da illusorische Vorstellungen gefördert. Dasselbe gilt für die Freiheit der Meinungsäußerung.

Die Sicherheit der Freiheit ist nicht sicher

Wie der BND von amerikanischen Kollegen erfahren hat, sind etwa Zeitungen an Redaktionsschlusstermine und vorherige Absprachen gebunden. Für das Fernsehen (sog. “Livesendungen”) sind die Einschränkungen noch drastischer. Hier kann manchmal nur geäußert werden, was zur Zeit der Ausstrahlung bekannt und verfügbar ist. Selbstverständlich ist da der Einzelne in keiner besseren Position; seine Freiheit steht nicht über der der Presse und des Rundfunks.

Wer schon einmal in einem Stau gestanden hat, der weiß, dass es totale Bewegungsfreiheit nicht geben kann. Was der ADAC nicht schafft, kann der Bürger – mit Auto oder ohne – sicher nicht besser. Vor allem hilft es bei der Mobilität oft, wenn Regeln aufgestellt werden und der Verkehr geleitet wird. Ebenso ist die redaktionelle Bearbeitung von Texten und anderen Äußerungen die Grundbedingung für verständliche Kommunikation. Es dient also unmittelbar der Freiheit der Bewegung und der Meinungsäußerung, wenn man beides im Sinne demokratischer Abläufe reglementiert. Wer die totale Freiheit will, schafft hingegen nur Unfreiheit.

Das klingt albern? Ihr findet diesen zusammengestanzten Zwiesprech übertrieben? Dann lest dieses Attentat auf Sinn, Verstand und Sprache, begangen von Hans-Peter Uhl.

 
nokiaIn meinen Job bin Chef. Eine Bürde und eine Ehre. Ich werde von meinen Mitarbeitern respektiert, weil sie meine Führungsqualitäten täglich erleben. Es gibt keine Diskussionen, wenn ich Anweisungen gebe. Alle meine Untergebenen bemühen sich immer sofort, meine Aufträge auszuführen und lassen sich auch gern zurechtweisen, wenn ich nicht ganz zufrieden bin mit ihnen. Ich mache ihnen deutlich, dass meine Autorität Hand und Fuß hat und dass sie sich glücklich schätzen können, einen so toleranten Chef zu haben. Einige Beispiele dafür:

Nach meinem Arbeitsvertrag darf ich mich unentgeltlich in der Kantine verpflegen. Regelmäßig biete ich neuen Mitarbeitern meinen Teller an, auf dem noch einige Krümel liegen. Ich argumentiere, dass man ja die Energie nicht verschwenden muss, um zwei Teller zu spülen. Wer sich weigert, kann sicher sein, dass ich ihn im Auge behalte. Wer mein Angebot annimmt, hat freilich das Problem, dass er die Krümel annimmt, die sich auf dem Teller befinden. Ein klarer Fall von Untreue, denn diese sind Betriebseigentum.

Alles hat Konsequenzen

Es ist oft notwendig, Anweisungen in Schriftform zu erteilen, um sich zu versichern, dass die Zuarbeiter exakt wissen, was von ihnen verlangt wird. Selbstverständlich belaste ich weder mich noch meine Sekretärin mit dem Verfassen solcher Schriftstücke. Das können die Untergebenen selbst. Ich lasse also immer mindestens einen mitschreiben. Häufig kommt es vor, dass der betreffende Mitarbeiter seine Mitschrift dann für die Kollegen kopiert. Ich habe nicht erst einem wegen solcher Urheberrechtsverletzung gekündigt.

Es gab bei uns im Betrieb Leute, die glaubten, sie seien zu hause. Der eine kommt mit einer Kaffeemaschine an, der andere bringt ein Radio mit, und was sich sonst noch für dreiste Ideen finden, auf meine Kosten die Arbeitsstätte in einen Vergnügungspark umzuwandeln. Das macht längst keiner mehr, meine Leute kennen mich und wissen, dass sie ihr Gehalt fürs Arbeiten bekommen. Das macht schon einer dem anderen klar, dafür muss ich gar nichts mehr tun.

Das letzte Mal, dass ich durchgreifen musste, war der Fall eines Mitarbeiters, der sich auf der Betriebstoilette die Zähne geputzt hat, weil er anschließend einen Zahnarzttermin hatte. Nun kann ich ja leider schon nicht unterbinden, dass unser teures Wasser für die Beseitigung von Fäkalien und oft übertriebenes Händewaschen verschwendet wird. Bei jenem war der Fall aber klar. Seine Zähne, unser Wasser – das ist Diebstahl.

Ausnahmen machen

Meine Unterarbeiter wissen also, dass ich aufpasse. Und ich weiß, dass sie es wissen. Häufig gebe ich ihnen zu verstehen, dass ich wohl weiß, welcher Vergehen sie sich schuldig gemacht haben. Es geht doch nichts über dankbare reuige Seelen in der Brigade, die sich meine Gnade verdienen müssen. Selbstverständlich wird nicht jeder Delinquent sofort entlassen. Alle, die bleiben dürfen, sind dadurch dankbar und vorauseilend.

Das Resultat: Klare Führung, geschmeidiges Folgen Es gibt natürlich immer welche, deren Frechheit keine Grenzen kennt. Einer zum Beispiel lädt sein Handy mit meinem Strom auf. Unfassbar! Solche Schmarotzer kann natürlich auch der gnädigste Chef nicht mehr dulden, und kommen Sie mir jetzt nicht mit “Bagatelle”! Man verliert seine Autorität nur einmal, und mir wird das garantiert nicht passieren.

[2009; Die SZ scheint ihren Artikel auch zweitverwertet zu haben oder deren Datenbank ist ein wenig verrutscht.]

 

In einem Artikel von 2007 – mein erster mit mehr als 10000 Lesern übrigens – habe ich von meinen Erfahrungen mit SchülerVZ, dem dortigen Datenschutz und den problematischen Zugangsvoraussetzungen insbesondere für Eltern berichtet. Im Rückblick finde ich vor allem den suggestiven Druck widerlich, mit dem Kindern und Jugendlichen dort eingetrichtert wurde, dass Datenschutz und Zurückhaltung uncool sind. 2010 war der Laden noch Marktführer, seit dem 01.05 2013 ist er dicht.

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weg

Wie ich bereits in den vorherigen Artikeln habe anklingen lassen, ist die Linke im Hinblick auf Machtperspektiven der Rechten nahezu hoffnungslos unterlegen. In dem von R@iner verlinkten Interview hat Rudi Dutschke das schon vor 45 Jahren auf den Punkt gebracht: “Heute können nur rechte Minderheiten siegen.”. Der Rechten, deren Programm der Machterhalt Weniger über Viele und das Aufsplitten der Bevölkerung in Gruppen unterschiedlicher Wertigkeiten und Ansprüche ist, stehen alle Mittel zur Verfügung, der Linken nur die Einsicht und die Bedürfnisse der Vielen.

Dabei sind auch die Bedürfnisse noch verschüttet, sublimiert, der Herrschaft angepasst, und die Einsicht ist durch Propaganda verhüllt. Es scheint fast aussichtslos, gegen diese strategische Übermacht jemals an einen Punkt zu kommen, an dem es keine Herren mehr gibt und keine Sklaven, jedenfalls wenn man sich nicht von vornherein korrumpieren lässt und doch wieder ‘auf Zeit’ oder ‘begrenzt’ jene Mittel einsetzen will, die einer Minderheit die Macht über die Mehrheit verleiht. Wo das endet, wissen wir.

Selbstbestimmung

Die Wirkung der Einsicht ist ebenso arg begrenzt wie die der Versprechungen einer besseren Gesellschaft. Es ist dennoch überlebenswichtig, die Analyse nicht zu vernachlässigen und diejenigen über den Stand der Dinge aufzuklären, die zur Diskussion bereit sind. Das ist etwas, was man leisten kann, und es stellen sich durchaus stabile Erkenntnisse heraus, die sich von aller Propaganda nicht zersetzen lassen, weil sie eben wahr sind. Dass sie nicht wirksam werden, ist ein anderes Problem.

Es bleibt ebenfalls so, dass die Widersprüche des herrschenden Systems die stärkste Waffe der Veränderung sind. Wir wissen noch nicht, was die just hörbar geplatzte Lüge von der bürgerlichen Freiheit hinterlässt, aber wir haben es jetzt zu tun mit einer Erkenntnis, der man sich nur noch durch eine sehr aufwendige Form der Selbsttäuschung entziehen kann. Gleichzeitig bricht in ehemals als stabil empfundenen Staaten das Elend aus, wie man es noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten hätte.

Man kann nicht darauf warten, dass die Menschen sich jetzt plötzlich von allem abwenden, was ihnen noch kürzlich wichtig und richtig erschien. Vielmehr ist es an der Zeit, über Prozesse nachzudenken, die schrittweise und ohne den Einsatz fataler Mittel zu einer echten Veränderung führen können. Dazu gehört vor allem der in den sogenannten Demokratien immer versprochene und grotesk vergewaltigte Anspruch einer Selbstbestimmung der Menschen. Niemand außer gesottenen Faschisten wird argumentieren können, dass die Machtballung in Kapital und Politik, die uns an diesen Scheidepunkt geführt hat, wünschenswert ist. Es bedarf also einer radikalen Begrenzung von Macht in jeder Form, also Reichtum, Verfügung über Ressourcen und militärischer Macht.

Raus aus der NATO

Nie war die Forderung so aktuell und plausibel, aus der NATO auszutreten. Diese Forderung muss wieder erhoben werden. Und wenn man dabei ist zu erkennen, dass transnationale Machtballungen nur das größte Übel sind, erkennt man auch, dass die Welt kopfsteht. Das Elend aller autoritären Herrschaft, da tun sich Plutokratie, Faschismus und Staatssozialismus gar nichts, ist die Hierarchie, die Befehlskette von oben nach unten. Eine demokratische Gesellschaft funktioniert andersherum:

Nur wenn die Menschen in ihren Regionen über sich bestimmen und die Kontrolle über alles ausüben, was überregional vereinbart wird, ist Demokratie möglich. Die Kommune muss bestimmen, was das Land darf und was der Bund darf, nicht umgekehrt. Die größte Gefahr für die Diktatur geht von Menschen aus, die sich um sich selbst kümmern und wissen, was geschieht. Sie brauchen weder Geheimdienste noch Panzer, denn sie sind unregierbar. Ein Albtraum allerdings für diejenigen, die sich als demokratische Vertreter® gerieren.

 
Ein recht einfaches Modell von Sexualität und Macht hat Conner Habib, Pornodarsteller, der glaubt, die Verheimlichung von Sexualität werde für die Mächtigen zum Problem und eine öffentliche Sexualität verleihe Macht. Dem kann ich absolut nicht zustimmen, aber es inspiriert mich zu einer anderen Betrachtung:

Ein Erfolgsrezept der 68er, einer grundsätzlich linken, in weiten Teilen auch emanzipatorischen und fortschrittlichen Bewegung, war die Verbindung des Politischen mit dem Sex. Das Versprechen von Freiheit auf beiden Ebenen gab der Welle einen enormen Schub. Linke Politik und Freiheit – in der Kombination – waren sprichwörtlich sexy. Man vergleiche das mit dem Pietismus der politischen Trockenpflaumen bei den heutigen Grünen und weiß, warum die inzwischen so muffig riechen.

Porn und Sexualisierung in der Werbung haben einerseits die vermeintlich befreite Sexualität gekapert und sie quasi durchkapitalisiert. Wenn man die Schriften Herbert Marcuses heute liest, könnte man heulen angesichts von dessen grandiosem Irrtum. Es steckt übrigens trotzdem sehr viel Wahrheit in seinen Betrachtungen, aber das würde hier zu weit führen.

Sexy Politics

Der Sex hat sich aber in seiner konsequentesten ökonomischen Form, dem Porn, ironischerweise gerächt. Wirklich verlässliche Daten sind schwer zu finden, aber es gibt Hinweise (und plausibel ist es auch), dass Porn einen gewaltigen Anteil am Webtraffic verursacht und damit den Ausbau der Netzinfrastruktur vorangetrieben hat. Dass staatliche Kontrolletis den Deckel nicht aufs Netz bekommen, verdankt sich auch dem Umstand, dass dieses schneller wuchs als sie reagieren konnten. Das Rennen ist verloren, thnx to porn.

Inzwischen ist das Streaming von (anderen) Videos und Musik vermutlich die nächste treibende Kraft. Das Gute für die APO: Es ist illegal, obwohl es jeder macht. Daher bekanntermaßen der Erfolg der Piraten. Auf diesen Ebenen – einer durch Vermarktung kanalisierten Sexualität und der Sucht nach Entertainment, findet heute der heimliche und weitgehend unbewusste Widerstand gegen den Kapitalismus statt. “Ohne Geld kein Spaß” ist die Regel, der sich alle beugen sollen.

Das ist zumindest einer der größten Hebel, um die Unversöhnlichkeit des Kapitalismus mit den menschlichen Bedürfnissen zu nutzen, denn er ist selbst dann nicht mit diesen Bedürfnissen zu versöhnen, wenn er sie selbst geformt hat. Wem es gelingt, diese Kluft nachhaltig ins politische Bewusstsein zu bringen, dürfte mehr erreichen als jeder emanzipatorische Versuch seit vierzig Jahren.

 Die Tagesschau hat aus einem Bericht von Jugendschutz.net knallhart recherchiert:
“Rechtsextreme werben verstärkt über Soziale Netzwerke. Laut “jugendschutz.net” spielen diese eine zentrale Rolle für die Ansprache von Jugendlichen. Das Netz ist für die Rechten überlebenswichtig”

Nun überleben die “Rechten” schon ungefähr, warte … ach ja, seit sie zuletzt den Führer gestellt haben. Sie überleben u.a. in den Strukturen von Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden, die mehr als eine klammheimliche Freude daran finden, wie lebendig diese Szene doch ist. Sie überlebten so schon die Jahrzehnte vor der Nutzbarmachung des Internets. Von daher ist das da oben bereits ausgemachter Quatsch. Noch blöder ist es aber, weil man “Das Netz” im zitierten Satz auch ersetzen kann etwa durch “Wasser”, “Sauerstoff” oder “Telefon”.

Das Internet ausräuchern

Nicht ganz so dumm, aber ebenfalls recht bescheidenen Verstandes ist Frank Schirrmachers Konklusion in seiner ohnehin eher ärmlichen Betrachtung von Verhaltensweisen in der “Informationsökonomie”:

Die Frage ist, wie lange wir diese Hilflosigkeit angesichts einer Welt, in der der totale Verdacht zur Norm geworden ist, noch verantworten können.”

Sie verfällt bestenfalls demselben Irrtum, dass nämlich das Internet eine Art Option sei, die man ziehen könnte oder nicht. Als könnte man es irgendwie abschaffen, durch etwas ‘Gutes’ ersetzen oder auch nur sinnvoll wegdenken. Ansonsten fragt sich, wer denn eigentlich “wir” sind, was “verantworten können” bedeutet und vor allem, was den die Alternative ist. Angenommen, “wir” könnten diese Hilflosigkeit nicht verantworten, was dann? Dann sind wir nicht mehr hilflos? Und wieso soll das an eine Frist gebunden sein? “Wie lange noch”? Ein paar Jährchen können “wir” also unsere “Hilflosigkeit” verantworten, dann nicht mehr? Was hat der genommen?

Keine Ahnung, viel ‘Meinung’

Ahnungslosigkeit trifft auf die Dreistigkeit der Propaganda, die einem die Schuhe auszieht. Man kann sie also “dazu zwingen, immer unverschämter zu lügen”? Mission accomplished. (Btw: Ulrike Meinhof dürfte die Autorin des zitierten Satzes sein; im Netz wird er aber großenteils dem Neonazi Kühnen zugesprochen. Auch Dummheit ist hier repräsentativ verbreitet.) Heute z.B. faseln sie auf diversen Kanälen von Osama. Das reicht schon, um deutlich zu machen, dass die Propagandamaschine zur Rechtfertigung der Totalüberwachung läuft. In Orwells 1984 war es Emmanuel Goldstein, für uns ist es Usama the Evil. Aktuell werden Geschichten erzählt vom glattrasierten Osama, der mit Cowboyhut durch Pakistan lief, vor seiner angeblichen Hinrichtung wurde hingegen das Bild eines bärtigen alten Mannes vorm Fernseher (von hinten aufgenommen) gezeigt. Wie gut, dass wir vor dem Bösen beschützt werden!

In diese Kerbe haut auch das Schmierblatt, dessen Titel klingt wie “Locus”. Dort wird die Horrorstory aufgewärmt von bitterbösen Islamistenmoslemsen, die unsere Städte mithilfe ferngesteuerter Spielzeugflugzeuge in atomare Wüsten verwüsten. “Das BKA hatte recht”, werden dort die Balken gebogen, von Terrorverdächtigen im Großraum Stuttgart und München (Hervorhebung im Original) ging ein furchtbarer Terrorverdacht aus! Wir! Werden! Alle! Sterben! Verstanden?! Und wenn nicht, dann nur, weil der Große Bruder uns bewacht. Punkt. Und nochmal von vorn. Und nochmal. Okay, Noch einmal. Uund nochmal …

Und jetzt stellt euch vor, da gibt es diese linkslastigen Whistleblowerfreunde von “Transparency International”, die behaupten doch glatt, immer weniger Menschen vertrauten noch den klassischen Medien. Dann aber schnell noch einmal! Und nochmal. Und noch einmal …

 
chespd.jpgDie Wahrheit ist eine Fünf-Euro-Hure, und ihre Zuhälter aus der politischen Kaste wissen, was sie tun müssen, um sie billigst mit jedem schmierigen Freier ins Bett zu zwingen. Edward Snowden hat ihr zum Durchbruch verholfen, der Welt gezeigt, was die demokratisch gewählten Volksvertreter® aller Länder unter Bürgerrechten verstehen und wird dafür jetzt verfolgt. Die versammelte neoliberale Parteiprominenz, von Schwarz über Grün und Gelb bis zu Sozialdemokratisch-Rostrot hätte nicht nur längst wissen müssen, dass es ist wie es ist. Sie wussten es zumindest zum Teil, denn das Aushorchen der ganzen Welt und ihrer umliegenden Nationen lässt sich nicht vor allen ihrer Funktionäre geheimhalten. Im Gegenteil ist man dafür auf Kollaboration und Kooperation angewiesen.

Sie haben ja nicht bloß die offiziellen Kanäle, sondern sitzen auch allesamt in den Clubs und Mauschelzirkeln der NATO und ihrer Zulieferer. Was also tun mit der Offenlegung der Totalüberwachung? Blöde Frage. Es ist Wahlkampf. Machen wir den Unterschied draus! Prompt schwingen sich Trittin und jetzt auch Gabriel auf, die besten Freunde des Whistleblowers sein zu wollen. Freies Geleit, Asyl, Zeugenschutz gar! Sie überbieten sich mit echt oppositioneller Haltungsakrobatik, mit der sie tatsächlich völlig anders auftreten als die anderen. Augenzwinkernd werden die atlantischen Freunde das goutieren, wohlwissend, dass sie selbst im Fall einer Regierungsbildung nichts davon umsetzen werden.

Pose des Freiheitskämpfers

Ärgern wird sich vielleicht der Kandidat, der bei dieser Arbeitsteilung keine Sympathiepunkte abbekommt und den ganzen Kuchen dem dicken Sigmar überlassen muss. Andererseits muss Steinbrück im GAU einer Kanzlerschaft das Wort nicht halten, das sein vorlauter Vorsitzender in dem Mund nahm. Business as usual, same procedure as every four years. Was allerdings so gar nichts ins Akkordschema passt, ist das Gekreische des von den heutigen Freiheitskämpfern ins Amt gehobenen Bundesgaucklers. Für den ist Snowdens Leak “purer Verrat”, und kriminelle Geheimdienste sind “öffentlicher Dienst”. Das klingt nach einem, der sich als angeblicher Gegner eines Geheimdienstes am Ende als Diener zweier Spitzeldienste entlarven könnte. Just als die einen ihn wollten, haben ihn die anderen gekauft? Und der wird dann auf dem Ticket des “Bürgerrechtlers” Staatsoberhaupt. Welch ein geiler Streifen, wäre die Story bloß nicht so maßlos übertrieben!

Und wo wir gerade bei den traurigen Geschichten sind und der halbgaren Opposition: Völlig richtig fordert jetzt auch die FR die Abschaffung des “Verfassungsschutzes”, jener Freunde der Nazis und des glühenden Schredders. Ergänzen muss man allerdings “Inkompetenz, die Blindheit, die Duldung oder gar durch die Billigung” durch “Förderung und “Mittäterschaft”, außerdem reden wir nicht von “einzelnen Mitarbeitern oder Ämtern“, sondern von dem ganzen Saustall, dessen Gründungsmitglieder aus der Gestapo für eine treue Nachfolgerschaft gesorgt haben. Dass diese feinen Herren, die unter dem Schutz der Schutzmacht überwintert haben, ihre Vorgesetzten nicht denunzieren, liegt ihnen im arischen Blut. Wie sollten die jemals etwas aufklären, was die Freunde aus dem “Hauptamt” ausbaldowern? Das wäre ja purer Verrat!

 
Es ist Zeit über Antiamerikanismus zu sprechen. Nicht über den Popanz der Kalten Krieger oder der Broders, die diese Vokabel als rhetorische Baseballkeule benutzen, wenn ihnen das Talent ausgeht, sondern über einen, der sagt, was er bedeutet: Die Haltung, die (tunlichst mit aller Konsequenz) den Amerikanismus ablehnt und sich ihm entgegenstellt. Jenem Amerikanismus, der sich derzeit anschickt, die Welt als erweitertes Staatsgebiet der USA zu betrachten oder wahlweise als Feindesland, in dem zu zerstören ist, was dem eigenen Herrschaftsanspruch nicht gerecht wird.

Volker Pispers sagte einmal, sein Antiamerikanismus sei gar nicht oberflächlich. Er konnte auch noch nie so undifferenziert sein wie der Proamerikanismus, die Vasallentreue, der Anspruch der Unkritischen, “unser Partner” stünde außerhalb jeder Kritik. Was sich nunmehr bewahrheitet, ist dass die eigentlich Klügeren unter den Kritikern, die es sich nicht haben nehmen lassen, die USA für alles zu kritisieren, was eben kritikwürdig war, am Ende zu zaghaft waren. Es sollen tatsächlich diejenigen zu ihrem Recht kommen, die immer das Schlimmste angenommen und das Übelste unterstellt haben. Grandioser Imperialismus, totale Rücksichtslosigkeit im Eigeninteresse, das Auftreten einer völlig ignoranten Besatzungsmacht und die sklavische Unterwerfung der sogenannten “Bündnispartner”, das ist Amerikanismus.

Amerikanismus

Die Sowjetunion als Zentralmacht des Ostblocks und seines Warschauer Vertrages musste immerhin mehrfach die Panzer rollen lassen um zu verdeutlichen, was sie unter “Völkerfreundschaft” verstand – gegen ihre Freunde wohlgemerkt. Hässlich, dieser Staatssozialismus, das können wir allerdings besser, zumindest das Design ist um Längen cooler. Es gibt nicht einmal ein Kommando, dem irgendwer folgt. Es passiert einfach. Die politischen Platzhalter in Europa stecken sämtlich im Gedärm der nordatlantischen Korruptionsanstalten. Ich hatte dieser Tage bereits ein Beispiel dafür gegeben.

Da sitzen Leute wie Özdemir, von Klaeden, zu Guttenberg, Koch-Mehrin, Thomas de Maizière und Kai Diekmann in einem Club, in dem alte Atlantiker ihnen das Gefühl geben, wichtig zu sein und ihnen die Karrieretüren weit aufstoßen. Sie haben sich noch alle angemessen bedankt. Jahre später sitzen solche Figuren, getragen von den Netzwerken des Kapitals und seiner NATO, in den Positionen, in denen Entscheidungen getroffen werden.

Prioritäten

Wenn es um die Frage geht, ob zum Beispiel auch nur die allermindesten diplomatischen Standards aufrecht erhalten werden oder die Interessen der Führung der USA durchgesetzt werden, zählt Diplomatie nichts mehr. Wenn die totale Überwachung eine Option ist, was zählt dann noch das Recht der Bürger? Nichts. Wer das durchsetzt, sind übrigens die von ‘uns’ demokratisch gewählten Volksvertreter®, die ihre Bürger an die Amerikanisten ausliefern.

Dieser Amerikanismus gehört bekämpft. Er ist antidemokratisch, tritt die Verfassungen und das Völkerrecht mit Füßen und hat mit “Partnerschaft” absolut nichts zu tun, es sei man verstünde unter “Freundschaft” die bedingungslose Unterwerfung unter einen Weltherrscher. Wenn diese Usurpatoren also Europa beherrschen wollen, dann sollen sie gefälligst die Panzer auffahren, damit man weiß, wo man dran ist.

Für die Menschen in Europa bedeutet die aktuelle Offenbarung allerdings zuerst eines: Wir müssen uns der Marionetten entledigen, die sich weder für ihre Verfassungen interessieren noch für die Bürger, von denen sie sich haben wählen lassen. Dieses Pack hat keinerlei Legitimation.

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