In meinen Job bin Chef. Eine Bürde und eine Ehre. Ich werde von meinen Mitarbeitern respektiert, weil sie meine Führungsqualitäten täglich erleben. Es gibt keine Diskussionen, wenn ich Anweisungen gebe. Alle meine Untergebenen bemühen sich immer sofort, meine Aufträge auszuführen und lassen sich auch gern zurechtweisen, wenn ich nicht ganz zufrieden bin mit ihnen. Ich mache ihnen deutlich, dass meine Autorität Hand und Fuß hat und dass sie sich glücklich schätzen können, einen so toleranten Chef zu haben. Einige Beispiele dafür:
Nach meinem Arbeitsvertrag darf ich mich unentgeltlich in der Kantine verpflegen. Regelmäßig biete ich neuen Mitarbeitern meinen Teller an, auf dem noch einige Krümel liegen. Ich argumentiere, dass man ja die Energie nicht verschwenden muss, um zwei Teller zu spülen. Wer sich weigert, kann sicher sein, dass ich ihn im Auge behalte. Wer mein Angebot annimmt, hat freilich das Problem, dass er die Krümel annimmt, die sich auf dem Teller befinden. Ein klarer Fall von Untreue, denn diese sind Betriebseigentum.
Alles hat Konsequenzen
Es ist oft notwendig, Anweisungen in Schriftform zu erteilen, um sich zu versichern, dass die Zuarbeiter exakt wissen, was von ihnen verlangt wird. Selbstverständlich belaste ich weder mich noch meine Sekretärin mit dem Verfassen solcher Schriftstücke. Das können die Untergebenen selbst. Ich lasse also immer mindestens einen mitschreiben. Häufig kommt es vor, dass der betreffende Mitarbeiter seine Mitschrift dann für die Kollegen kopiert. Ich habe nicht erst einem wegen solcher Urheberrechtsverletzung gekündigt.
Es gab bei uns im Betrieb Leute, die glaubten, sie seien zu hause. Der eine kommt mit einer Kaffeemaschine an, der andere bringt ein Radio mit, und was sich sonst noch für dreiste Ideen finden, auf meine Kosten die Arbeitsstätte in einen Vergnügungspark umzuwandeln. Das macht längst keiner mehr, meine Leute kennen mich und wissen, dass sie ihr Gehalt fürs Arbeiten bekommen. Das macht schon einer dem anderen klar, dafür muss ich gar nichts mehr tun.
Das letzte Mal, dass ich durchgreifen musste, war der Fall eines Mitarbeiters, der sich auf der Betriebstoilette die Zähne geputzt hat, weil er anschließend einen Zahnarzttermin hatte. Nun kann ich ja leider schon nicht unterbinden, dass unser teures Wasser für die Beseitigung von Fäkalien und oft übertriebenes Händewaschen verschwendet wird. Bei jenem war der Fall aber klar. Seine Zähne, unser Wasser – das ist Diebstahl.
Ausnahmen machen
Meine Unterarbeiter wissen also, dass ich aufpasse. Und ich weiß, dass sie es wissen. Häufig gebe ich ihnen zu verstehen, dass ich wohl weiß, welcher Vergehen sie sich schuldig gemacht haben. Es geht doch nichts über dankbare reuige Seelen in der Brigade, die sich meine Gnade verdienen müssen. Selbstverständlich wird nicht jeder Delinquent sofort entlassen. Alle, die bleiben dürfen, sind dadurch dankbar und vorauseilend.
Das Resultat: Klare Führung, geschmeidiges Folgen Es gibt natürlich immer welche, deren Frechheit keine Grenzen kennt. Einer zum Beispiel lädt sein Handy mit meinem Strom auf. Unfassbar! Solche Schmarotzer kann natürlich auch der gnädigste Chef nicht mehr dulden, und kommen Sie mir jetzt nicht mit “Bagatelle”! Man verliert seine Autorität nur einmal, und mir wird das garantiert nicht passieren.
[2009; Die SZ scheint ihren Artikel auch zweitverwertet zu haben oder deren Datenbank ist ein wenig verrutscht.]
Juli 17th, 2013 at 23:55
@flatter
Cheffe: Ich gehe davon aus, wenn Du Dein Händi im Unternehmen auflädst, dass Du den entnommenen Strom als “geldwerten Vorteil” in Deiner Steuererklärung angibst! Nein, nich? Verjährt das evtl. sofort, also quasi vorauseilend?
Wie heißt Dein Steuerberater?
Juli 18th, 2013 at 00:14
flatter, pass auf dich auf!
Juli 18th, 2013 at 01:08
der leistungstraeger traegt die leistung seiner untergebenen im koffer in luxemburg
schissmuss, das fa haben sie nicht verdient
Juli 18th, 2013 at 04:03
Armer Chef, nix als Ärger und all die Verantwortung…
Hart durchgreifen, denn hier geht es ums PRINZIP!
Juli 18th, 2013 at 04:46
Dieser ekelhafte Fetischismus begegnet einem in der Existenz als Lohnabhängiger ständig. Die tayloristische Kontrolle, die Überwachung, Gängelung, Bestrafung, der unduldsame bis arrogante Umgang, das schriftliche und personalisierte Festhalten jedes entstandenen “Schadens”, die entfremdete Selbstverwurstung, von der gerade weil sie als Leidensfaktor empfunden wird auch die anderen nicht verschont bleiben dürfen…
Ich könnte hier aus dem Nähkästchen plaudern, aber das verstößt selbstredend gegen meinen Arbeitsvertrag.
Juli 18th, 2013 at 06:07
Ich frage mich, ob solche banalen Gründen nicht vorgeschoben sind, weil man den Lohnabhängigen loswerden will: Betriebsrats-Mitglied (den man nicht kaufen kann), bei einer Gewerkschaft organisiert, zu kritisch und ehrlich gegenüber dem Unternehmen, politisch engagiert, wählt Linkspartei und so weiter. Dann wird auch der lächerlichste Grund für eine Kündigung herangezogen, weil der Mitarbeiter “untragbar” wird.
Juli 18th, 2013 at 06:55
Alle nennen ihn Chef, aber keiner weiss, was er den ganze Tag eigentlich macht.
Juli 18th, 2013 at 08:16
Aus der Perspektive des Unterlings.
Es war im Büro des Stadtbaurats. Wir standen vor einem Modell der Stadt. Der Stadtbaurat versuchte, mir den Verlauf eines neuen Autobahnzubringers zu erklären.
Dabei nahm er einzelne Häuser aus dem Modell und warf sie mechanisch in oder neben den Papierkorb, so daß der Verlauf der Trasse deutlich wurde. Ich sah genau, worauf das hinauslief. Das Haus, in dem ich wohnte, würde auch unter die Hacke kommen. Der Stadtbaurat nahm mein Haus aus dem Modell und warf es in den Papierkorb. Ich hob es auf und stellte es wieder ein. Er schmiss es wieder raus, ich packte es wieder rein. Ich schrie ihn an, sein Kopf wäre eine Abrissbirne. Er brüllte zurück, ich sei eine infantile linke Dreckschleuder. Häuser rein – Häuser raus. Ich dröhnte, er würde Schmiergelder kassieren, er keifte, ich sei zu dämlich für den Beruf und entlassen. Immer weiter – Häuser rein – Häuser raus. Ich wurde ernsthaft sauer und kippte den Inhalt des Papierkorbs über dem Modell aus. Da verfiel er in eine Schockstarre.
Ich war so in Fahrt, dass ich auch zum Mülleimer tigerte und mir aus dem Abfall eine gebrauchte Kaffeefiltertüte fingerte. Die klatschte ich ihm auf sein blütendweißes Oberhemd. Ich nahm mein Frühstückskefir aus der Schreibtischschublade und kippte es ihm oben in die Kammgarnhose rein. Er stand immer noch starr da, als ich begann, des Modell abzufackeln.
Der Stadtbaurat hühnerte hinter mir her. Da kippten Möbel um, die Gardinen kamen runter und die Akten lagen alle im Aufwind. Er verfolgte mich durch die Flure und Büros. Manchmal musste ich etwas anhalten und warten, bis er wieder näher ran war, damit er nicht die Lust verlor. Die Belegschaft des Baudezernates quietschte und johlte. Schreibmaschinen flogen durch die Luft, Mobiliar ging zu Bruch, es war ein Inferno.
So etwas hatte die Behörde noch nicht erlebt. Ich vorneweg, der Stadtbaurat, dem das Kefir aus den Hosenbeinen lief, hinterher, und dahinter die wütende Meute. Die war wohl so richtig froh über so viel Action. Dann ging es durch die Amtsräume der Bürgermeisterin, die gerade Besuch von einer japanischen Delegation hatte. Ich ließ sie in einen Radiergummi beißen, was ihr vor den Gästen besonders peinlich war, dann weiter Richtung Ausgang. An der Pförtnerloge hätten sie mich fast erwischt. Da kam dieser treue deutsche Schäferhund heraus, um nachzusehen, wer diesen Lärm auf den Fluren verursachte. Gottseidank war dieser Hund ein Rüde. Ich konnte ihn mit links am Schwanz hochheben und mit der flachen rechten Hand auf die Eier hauen. Er fiel in Ohnmacht und ließ mich durch.
(Aus: „Momo im Legoland“ von Henning Venzke alias Arnie Piewitz – Buntbuch-Verlag Hamburg – Konkurs 1987)
Juli 18th, 2013 at 08:56
Beste Grüße aus Naujoks’ Welt.
Juli 18th, 2013 at 11:18
Wir haben es mittlereile mit einer völlig entmenschlichten Arbeitswelt zu tun, jeder Mitarbeiter wird wahlweise nur noch als Humankapital oder Kostenfaktor gesehen. Die modernen Sklaven sind bereits so dressiert, dass sie den Kollegen mobben, nur weil er es gewagt hat, beim Chef ein paar Cent mehr Lohn für sich herauszuschlagen. Kann man sie nicht verhindern, werden Betriebsräte gefügig gemacht, Spitzel halten die Geschäftsführung über Stimmung und Meinung der Belegschaft auf dem Laufenden. Die Bereitschaft zu unbezahlten Überstunden und Wochenendarbeit ist Einstellungsvoraussetzung, Urlaub wird nur noch nach Auftragslage gewährt usw., usw….
Sind übrigens alles Machenschaften, die ich selbst erlebt oder aus sicherer Quelle erfahren habe.
Juli 18th, 2013 at 15:58
Wenn ich mir nur vorstelle, was für einen Erfolg die SPD haben könnte, wenn sie sich klar und unmissverständlich zu den eigentlichen sozialdemokratischen Werten bekennen würde. Kooperation mit der Linkspartei. Regulierung des Arbeitsmarktes. Rückabwicklung des Niedriglohnsektors und des Leiharbeiterunwesens. Stärkung aller Solidarsysteme zu Gunsten der Normalverdiener. Stärkung des Binnenmarktes. usw. usw.
Sicher bekämen wir nicht das Paradies auf Erden, aber eine so orientierte Wirtschaftspolitik wäre ein starkes Signal für Europa.
Aber was träum’ ich da …
Juli 18th, 2013 at 17:31
Ja, wäre das nicht das böse Kapital und die ihm Gefügigen, wir hätten nur noch das gute Kapital und das Glück auf Erden. :-P
Juli 18th, 2013 at 18:31
Immerhin wär’s ein Schritt zur Verbesserung der Lage sehr vieler Menschen. Ein Schritt eben …
Juli 18th, 2013 at 19:27
Immerhin darf auch der letzte langsam begreifen, sorry, daß dieser Schritt nicht gegangen werden kann(!)…
… sie lassen sich nicht einfach so ihre Deputierten-Sessel wegnehmen, wenn sie sich die sogar noch vergolden könnten.
Es geht nicht, ab, vorbei, Zug abgefahren – es gibt nur ein Kapital, und das ist wie es ist, wird auch durch Träumen nicht besser^^
Juli 18th, 2013 at 20:00
@maguscarolus: Das ist das Problem: Es geht nicht. Es gibt keine Rückabwicklung, weil dann die Märkte real kollabieren. Daher gibt es nur zwei Wege: Den Kollaps mit anschließender Alternatvie oder den späteren Kollaps mit furchtbarer Alternative. Es sei denn, es geschieht ein Wunder.
Juli 18th, 2013 at 20:05
@5/Arachnor/all: was mir genauso oder noch widerlicher, ist der vorauseilende Gehorsam, die kooperierende Mitwirkung jener, die ebenfalls nur wie Hunde behandelt und schlecht bezahlt werden und sich mit diesem Umgang auch noch identifizieren.
Juli 18th, 2013 at 20:06
@15/Flatter: kein Kollaps kann schrecklicher sein als das was uns erwartet, wenn sich der globalisierte Spitzelstaat manifestiert.
Juli 18th, 2013 at 20:41
Die Spitzel retten den Kapitalismus aber auch nicht .
Juli 18th, 2013 at 20:58
Also für eine Wanze ist das Bett….
Juli 18th, 2013 at 21:00
Der Feudalismus, wenn man ihn auch kaum mehr zu erkennen vermag, mag als vergangene Form betrachtet werden. Die hier beschriebene Form der kapitalistischen Arbeitswelt kann nur, sofern es in irgendeiner Form eine emanziptaive Stoßrichtung gibt in der Geschichte, irgendwann eine vergangene Form werden. Im Grunde ist sie nur noch eine vergangene Form, die leider noch besteht. Unsagbar die Erniedrigungen und Perversionen, die hierbei von statten gehen. Der Archaismus klebt an den sozialen Bindungen des Arbeitsmarktes inmitten von Fortschritt und Moderne. Sonderbar genug, wie wirkungslos alle Emanzipation an diesem abgeprallt ist und sich widerstandslos Aggression und Entwürdigung Umgang verschaffen und Massen verknechten.
Juli 18th, 2013 at 21:12
Eines ist anders: Es gibt sehr viel mehr Wissen über die Herrschaft, ihre Techniken, die Lügen und die Ursachen. Dieses Wissen ist nicht wirksam, hat die erste Phase seiner Wirksamkeit hinter sich, die in einem Desaster endete – übrigens erst vor weniger als 3 Jahrzehnten. Das ist gar nichts. Es mag frustrierend sein in einer Phase des Niedergangs zu leben, aber es wäre äußerst kurzsichtig, den Fortschritt nicht zu sehen, bloß weil er noch keine Änderung etabliert.
Es ist nicht meine Ironie, also wortwörtlich gemeint, sondern die der Geschichte: Selbst die NSA und andere Spitzelbücklinge konservieren diese Zeit für uns, unser Wissen, unsere Opposition, ihr Versagen. Doch, das ist ein Fortschritt.
Juli 18th, 2013 at 23:01
ja, ich habe wege gefunden und ich wirke.
Juli 19th, 2013 at 10:20
Der Archaismus klebt an den sozialen Bindungen des Arbeitsmarktes inmitten von Fortschritt und Moderne.
Man kann sicher auch Reste des Feudalismus in diesen Formen finden – letztlich ist diese Form der Herrschaft aber gerade das Produkt von ‘Fortschritt und Moderne’. Herrschaft – vorzugsweise positiv besetzt als Beherrschung – ist das Zentralthema der Aufklärung wie Eigentum das des Liberalismus. Beide bilden das Projekt der Moderne, beide sollten zur Freiheit führen und haben das in vielen Bereichen, verglichen mit früheren Formen, auch getan.
Beide haben aber auch zu neuen Formen von Herrschaft geführt, aber weniger die von Menschen über andere Menschen – das ist allenfalls die Oberfläche – als die von Prinzipien und Strukturen über Menschen, wobei das Kapital und die ihm angepasste Form ‘vorläufiger’ Demokratie wohl die beiden mächtigsten darstellen. Beide münden wie gesagt immer offensichtlicher in eine neue Form der Unfreiheit, bei der aber auch immer offensichtlicher wird, dass auch die vermeintlich mächtigsten Menschen der Welt nur noch Getriebene sind, weitgehend rat- und machtlose ‘Strukturagenten’. Obwohl sie natürlich immer noch Schaden anrichten – eigentlich aber, weil sie nur noch Schaden anrichten können angesichts der auf die Spitze getriebenen und immer unhaltbareren Strukturprinzipien. Letztere sind die eigentlichen ‘Feudalherren’ von heute, die absolutistischen, totalitären Herrscher der Welt, die ‘masters of the universe’.
Juli 19th, 2013 at 11:19
https://swhcam2.evh.de/vhughsize.jpg
united stasi of amerika
mit kreide auf den boden geschrieben
per webcam in die welt
Juli 19th, 2013 at 16:53
@23 Peinhart
“nur noch Getriebene” … schon länger erinnert das an den Zauberlehrling, sie werden die Geister, die sie riefen, nicht mehr los. Die Aktionen dieser Zauberlehrlinge of the universe erscheinen mir immer verzweifelter, als wollten sie es nicht wahrhaben, dass es letztendlich nicht sie sind, die den rettenden “Zauberspruch” zur Verfügung haben. Leider glauben noch zu viele der wahren “Zauberer” an die Macht der Zauberlehrlinge, statt diesen Spuk endlich zu beenden.
cu
renée
Juli 19th, 2013 at 20:27
Erst mal, “Entschuldigung, das ich frage.”.
Aber was ist eigentlich dieses Kapital?
1. Das was ich mir mir von meiner nicht ganz HIV-konformen-Rente (Wenn man Hartz 4 ganz groß schreibt , kommt was noch schlimmeres dabei heraus.) noch absparen kann, um es erst Übermorgen auszugeben?
2. Ist (war) das mein Vater, der sagte, “Wenn du ein Teilchen willst, geh zum Bäcker, er solls auf meine Rechnung schreiben.” Für die S&P’s ‘Giralgeld’… Ja! Gelderzeugung im Nahbereich.
Wenna so weitermacht, dann müssta dann an Ende dicken durch.
Juli 19th, 2013 at 20:55
Ich bin mir leider nicht so sicher, dass ein selbstverursachter Untergang des Kapitals zum gewünschten Ergebnis führen würde. Bislang hat das Kapital, selbst wenn es Kriege trieb und mit Zwangsarbeitern produziert hat, all sein Spielzeug (Boden, Immobilien, Produktionsmittel)zurückbekommen. Und ich sehe in diesem Land noch keine gesellschaftliche Bewegung, die endlich mal die Schnauze voll hat.
Juli 19th, 2013 at 21:02
Schnauze voll hatten sie doch schon, sogar hier, siehe u.a. das Ahlener Programm der CDU. Wenn der ganze Luxus passe´ ist, werden sie für ein paar Wochen und Monate nachdenken, das sind dann die Zeiten, in denen sich etwas bewegt. Wie gesagt, hoffe ich da aber auf so ziemlich alle Europäer außer die deutschen.
Juli 19th, 2013 at 21:10
Die Deutschen waren ja schon bei der ursprünglichen ‘Modernisierung’ so ziemlich die letzten Nachzügler…
Juli 19th, 2013 at 21:19
Übrigens war das ‘Vernunftprogramm’ auch schon das Programm der Ausgrenzung – dem Ich der reinen Vernunft steht alles, angefangen vom eigenen Leib, den eigenen ‘Gefühlen, Antrieben und Neigungen’ bis zum ganzen Rest der ‘Natur’ als ‘das Andere’, das Ausgegrenzte und zu Beherrschende, gegenüber. Das soll natürlich nicht bedeuten, nun möglichst auch noch die Vernunft ‘abzuschaffen’ – aber von ihrem allzu hohen Ross sollten wir sie schon holen. Denn als ausschließliches Programm ist sie ebenso entfremdend und selbstzerstörerisch wie das Kapital.
Juli 19th, 2013 at 21:52
Och, wir machen das schon. Die nächste Wahl wird Bände sprechen….
*hust*
Juli 19th, 2013 at 22:37
Wenn der Kapitalismus zusammenbricht, sind die ganzen Arschlöcher aber immer noch da. Die sollen dann mal alle in sich gehen und heraus kommt eine gerechtere Gesellschaft? Zeiten des Niedergangs bereiten den Boden für Katastrophen, aus denen dann mehr oder weniger gelernt wird. Humanere Töne entstehen erst unter dem Eindruck von Leichenbergen und einem entnervten “nie wieder!”
Juli 19th, 2013 at 23:50
@Peinhart(30): Das haben die “Philosophische(n) Fragmente” schon besorgt.
Juli 19th, 2013 at 23:53
@Maxim: Das ist der worst case. Wir haben es mit Menschen zu tun, die zu wenige Tote gesehen haben. Die morden nicht so leicht und lassen sich das nicht so leicht gefallen. Ich betrachte das einerseits statistisch, andererseits im Zuge der weltweiten Revolten, die längst stattfinden. Ja, es wird grauenhaft werden, aber ich glaube, dass das etablierte System nicht weniger grausam ist. Wieder ein Fortschritt, den vielleicht nur Zyniker wirklich zu schätzen wissen.
Juli 20th, 2013 at 07:43
@flatter #33 – Ich dachte, wir gucken eben noch ein neues Reittier aus. ;)
Juli 20th, 2013 at 11:02
Wo wir bei denen sind: Da gab es doch auch den Gekreuzigten, der weinend ein Pferd umarmte. Der hatte bereits festgestellt (ich zitiere aus dem Gedächtnis und sinngemäß): “Wenn Kant sagt, der Verstand schreibe der Natur die Gesetze vor, so trifft das zu, allerdings nur für den Begriff der Natur”. Das war bereits ein fataler Treffer. Nietzsche war damit übrigens derjenige, der mich endgültig in den Bann der Philosophie zog. Ich war von Kant fasziniert gewesen, aber atmete auf, als dieser Berserker daherkam und die Bude mit leichtem Schritt eingerissen hat. Btw schrieb er das in seiner angeblich “positivistischen” Phase. Den missverstehen tatsächlich bis heute fast alle.
Juli 20th, 2013 at 13:16
OT: Ich weiß nicht ob ich hier richtig bin, aber nachdem Du bei Feynsinn.net ganz ohne Abhörern auf gleich zwei Terroranschläge verzichtet hast (nähere Informationen über Details wären hilfreich), möchte auch ich auf einen verzichten. Damit sind´s schon drei! Bei mir leider nur einer, aber meine Zeit ist begrenzt. Außerdem brauche ich meinen Dampfkochtopf in der Küche. Mein Gewissen verbietet mir zwar ohnehin, Menschen Schaden zuzufügen, aber wie schon meine Großtante selig sagte: “Man kann in keinen reinschauen.” Uff, jetzt bin ich erleichtert!
Juli 20th, 2013 at 13:50
Dochdoch, hier biste richtig. R@iner hat auch schon, damit sind wir schon bei vieren.
edit: Ich habe zwei Dampfkochtöpfe, Nitroverdünner und zwei Zippos. Die werden statt für Terror jetzt zu zivilen Zwecken eingesetzt.
Juli 20th, 2013 at 14:07
@ninjaturkey: “Man kann in keinen reinschauen.”
Da wäre ich mir nicht so sicher. Das wird nach “Google HomeView” wohl der nächste Kracher:
“Guten Tag, wir kommen von Google DarmView, wir sind hier um ihren Darm zu kartographieren. Wie? Natürlich können wir das, steht doch in unseren Nutzungsbedingungen, denen Sie zugestimmt haben. Oder haben Sie die etwa nicht gelesen?”
Juli 20th, 2013 at 14:10
@38. flatter: Ich hatte zwei Tüten Dünger und eine Packung Nägel, die ich nun sinnvoller in meinem selbst gezimmerten Gewächshaus einsetze, in dem nicht mal Hanf wächst. Damit bin ich auch beim “war on drugs” ganz vorn mit dabei! (Hm – oder kann man Tomaten rauchen?)
@39. Maxim: Da müssen die erst mal ihre sonstigen Dienste aktualisieren. Google Maps zeigt eine uralte Satelliten-Aufnahme. @Google: Bitte mal aktualisieren, wozu pflanze ich hier eigentlich die ganzen schönen Obstbäume an? Das ergibt aus der Luft eine politische Aussage ;-) Und Google Street View gibt´s erst in 15 km Entfernung. Diese Missachtung habe ich nicht verdient!
Juli 20th, 2013 at 15:42
@alpha-delta-bravo-zulu-tango-
der adler ist gelandet – das ei ist im nest
Juli 20th, 2013 at 17:44
Ich kann so Belangloses/Banales kommentieren, wie und wo ich will. Die Freizeit- und Hobby-NSA.ch ist mir stets an den Hacken. Und leider nicht nur mir. Es gibt in der Blogsphäre kein Entkommen. shit happens
Juli 22nd, 2013 at 12:57
@flatter #36 – Nietzsche ist ein Biest. Es würde mich nicht wundern, wenn sogar seine Mißverständlichkeit gut durchdacht war… ;) Sie war es auf jeden Fall insofern, als er schon von der Form her in diese ganze philosophische Systematik regelrecht hereingegrätscht hat.
Ich lese übrigens gerade Böhme/Böhme – ‘Das Andere der Vernunft’. Das mag die Abschweifung erklären. Die hatten sich übrigens explizit vorgenommen, an den ‘Fragmenten’ anzusetzen bzw sie fortzuführen. Schaun mer mal…
Juli 22nd, 2013 at 13:30
Kannste mir ja mal leihen, den Schmöker ;-)
Die Fragmente fortzuführen, ist für einige sicher apodiktisch, andererseits recht hoch gehängt. Dass die Herren von Freud her kommen, klingt interessant. Der hat nämlich reichlich Potential, wenn man ihn nicht liest wie die nach seiner ‘Methode’ benannte Sekte. Ich habe ihm auch mal ein
KapitalKapitel (! omg …) gewidmet. Schade eigentlich, dass es keine Universitäten gibt, man könnte dort schöne Diskussionen führen.Juli 22nd, 2013 at 13:51
Deshalb hatte ich die ‘Profession’ ja damals auch nicht weiter verfolgt bzw zu Ende gebracht. Die Gründung von Universitäten – das wäre doch mal was… Andererseits beschleicht mich machmal auch so ein Gefühl, die ganze, vor allem aber die neuzeitliche Philosophie wäre letztlich auch nur eine Art Übergangssymptom. ;)
Im übrigen – gerne. :)
Juli 22nd, 2013 at 16:57
>>> “Der hat nämlich reichlich Potential, wenn man ihn nicht liest…”
Isch fühlte mich schon geehrt. Einer wie isch!! Aber dann kam das mit der Sekte, und nein …eine Sekte ist nach mir nicht benannt.