Als ich Zivildienst leistete, meinte der sogenannte “Regionalbetreuer”, den ich mir ohne großen Zeitverlust zum Feind gemacht hatte, einmal zu mir: “Sie machen das doch freiwillig”. Der Typ – wie die meisten dieser Charge ein ehemaliger Soldat; die wurden damals halt Fahrlehrer oder triezten Zivis, weil das “Zivildienstgesetz” eine Abschrift vom Wehrdienstgesetz war – meinte das ernst. Ich hätte ja auch zum Bund gehen können und Männekes bauen. Da ich aber ja eine ‘Wahl’ getroffen hatte, war alles, was ich fortan in diesem Zusammenhang tat, freiwillig.
Diese Donnerbalkenlogik ist noch zu doof die Analogie zu erkennen zu der Wahl zwischen Todesspritze und Gaskammer. Der Delinquent stirbt dann doch freiwillig, sonst hätte er sich ja anders entschieden. Traurigerweise reicht diese Idiotenlogik für eine ganze Menge von Idioten. Womit wir beim Verhältnis der Journaille zu ihren Lesern sind.
Die allerhoheitlichsten Stellen
Zwar gibt es auch einige erfreulichere Tendenzen in diesen gleißend düsteren Zeiten, so stellt etwa auch Fefe fest, dass seit dem Abgang Mascolos der “Spiegel” auf dem Weg sei, beinahe wieder Journalismus nach alter Definition abzuliefern. Allerdings ist genau da auch ein fetter Schlagschatten, weil eben nicht ein Konzept und eine Haltung dahinter stehen, sondern Beliebigkeit. Burks hat heute ein Brechmittel gefunden, beruhend auf eben jener Strategie der falschen Alternativen, Propaganda von der Brechstange:
Wenn nämlich, so die Trommelschläger Stefan Heumann und Ben Scott, die totale Überwachung abgewendet werden soll, so brauchen wir wieder einen Führer, Pardon, “Führung” von “ganz oben” für einen “nationalen Kraftakt“. Die Führer der Nation müssen das deutsche Internet in die Freiheit führen. No Shit, Watson, das erzählen sie da wirklich. Das gilt dort nämlich als Demokratie, wenn Superminister und Kanzler nationale Kraftakte begehen. So, Eimerpause, gleich wird’s besser.
Kühle Keramik kann eine große Erleichterung sein, nicht wahr? Kommen wir mal zu echten Alternativen, einer echten Bedrohung freilich auch für Ganz Oben®, wie das eben so ist, wenn Menschen sich erkühnen selbst zu bestimmen, was sie wollen [via daMax]. In Finnland geben sich Bürger jetzt womöglich ihr eigenes Urheberrecht. Selbst wenn`s nix wird mit dem Versuch, aber so geht Demokratie, nicht von oben herab.
Juli 23rd, 2013 at 18:09
Das Schild kommt mir bekannt vor ….
Juli 23rd, 2013 at 18:29
Zum Spiegel-Artikel: die ‘Chefsache’ ist ein so typisches Symptom dieser merkwürdigen Vorform von Demokratie, die wir uns hier leisten lassen, dass ich mich darüber schon gar nicht mehr aufregen kann. Aber was will oder soll der Rest dieses Buchstabenballetts uns sagen? Weniger Inhalt war selten, nur beim Stichwort Verwirrung hat man ansatzweise den Eindruck, dass die Autoren wissen, wovon sie reden… Da wird von ‘Herausforderungen’ geschwafelt, und bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass die in erster Linie darin bestehen, dass man nicht weiss, wer ‘zuständig’ ist. Worin die Herausforderungen inhaltlich bestehen könnten, mit welchen Zielen überhaupt ‘geführt’ werden soll, davon blasst den Autoren offenbar selbst nicht der geringste Schimmer. Kurz, der Artikel ist ein einziger verzweifelter Hilfeschrei. Und an wen wendet sich ein solcher nunmal ‘natürlicherweise’? Richtig, an den ‘Chef’. Bzw die ‘Mutti’… Dieser Titel ist mittlerweile so treffend, dass ganze Gedichtzyklen von Heine akut von Unbrauchbarkeit bedroht sind. ‘Nach Deutschland lechzt ich nicht so sehr, wenn nicht die Mutter dorten wär’ – was soll uns das noch…?
Juli 23rd, 2013 at 18:47
“Führung” oder neudeutsch “Leadership”, das ist diesen unerträglichen Schwätzern aus dem Think-Tank eine Herzensangelegenheit. Auf deren Webseite “Initiative Neue Verantwortung” (Kotzeimer bitte!) sind auch ihre Sponsoren gelistet. Auf der “Leadership”-Ebene findet sich da die Otto Beisheim Holding GmbH. Wikipedia über Otto Beisheim:
“Zwischen 1941 und 1945 war Beisheim Angehöriger der Leibstandarte Adolf Hitler. (…)Beisheim war SS-Sturmmann (entspricht Gefreiter) in einem Artillerie-Regiment der „Leibstandarte“. Einzelheiten über seine Zeit bei der Waffen-SS sind, bis auf seine Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse, nicht bekannt. (…)
Ein weiteres Stiftungsangebot in Höhe von 10 Mio. Euro an das Gymnasium Tegernsee vom Sommer 2005 unter der Bedingung der Umbenennung in „Otto-Beisheim-Gymnasium“ zog Beisheim zurück, nachdem das Lehrerkollegium des Gymnasiums am 10. November 2005 eine Art ‘Unbedenklichkeitsbescheinigung’ hinsichtlich Beisheims Rolle im Zweiten Weltkrieg verlangt hatte.”
Mit an Bord ist auch noch die Giesecke & Devrient Stiftung. Der Konzern hat 2004 die neuen biometrischen Ausweise mit Chip geliefert. Und dann ist da noch die Vodafone Stiftung. Über das Unternehmen muss man wohl kein Wort verlieren.
Und deren Maulhuren wollen uns jetzt was über die Zukunft des Internets erzählen? *göbel*
Juli 23rd, 2013 at 19:23
Nachtrag: Der “Spiegel” bleibt ein hoffnungsloser Fall. Heute über Griechenland: Spar-Erfolg, Sparkurs zeigt Wirkung, Defizit schrumpft radikal, bla blub…
Juli 23rd, 2013 at 19:57
“Die zum Tode Verurteilten können frei darüber entscheiden, ob sie sich ihre Bohnen süß oder sauer servieren lassen.”
Weil über sie verfügt ist.
Juli 23rd, 2013 at 20:57
@Peinhart (2)
” ‘Nach Deutschland lechzt ich nicht so sehr, wenn nicht die Mutter dorten wär’ – was soll uns das noch…?” … Hände weg von SPON! ;)
Juli 23rd, 2013 at 21:46
OT: Spon – Sachsen-Anhalt: IBG förderte Firmen von SPD-Promi Hübner
[..] Trotzdem erhielt Hübners Gruppe von 2005 bis 2013 rund 20 Prozent aller Gelder, die überhaupt von Sachsen-Anhalts Förderfirma IBG vergeben wurden. [..]
Tststs, immer diese Seeheimer. Das nenne ich wirtschaftliche Kompetenz.
Schön zu lesen ist auch das Welt-Interview mit dem Müllermilch-Müller. (-> Sargnagelschmiede – Und tschüß!)
Juli 23rd, 2013 at 21:50
Was, willst du lieber welche, die nicht mit Geld umgehen können?
Juli 23rd, 2013 at 21:51
Ja. Definitiv. Leute für die Geld ein Mittel ist, zählen nicht in der neuen Welt.
Juli 23rd, 2013 at 21:55
Ich habe ja keine Wahl. Seit Steinbrück weiß ich doch, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt.
Juli 23rd, 2013 at 22:00
Nun ja, da hat es ja auch entsprechend gute Beispiele geben, seit dem 30 jährigen Krieg.
Juli 23rd, 2013 at 22:02
Irgendwie ist doch immer irgendwo Krieg.
Juli 23rd, 2013 at 22:27
Und wenn nicht, dann ist eben einer gegen den Terror. Der ist immer und überall. Hach, das Leben ist so schön … einfach.
Juli 24th, 2013 at 08:43
Und kann auch nicht einseitig gekündigt werden, durch Kapitulation des Gegners etwa oder ähnliche Mätzchen. Endlich eine würdige Entsprechung des ‘Gesellschaftsvertrages’, ebenso ewiges Gegenstück und Rechtfertigung in einem. Wahrlich teuflisch genial.
Juli 24th, 2013 at 09:07
“Edward Snowden mag sich als Retter sehen. Er steht aber genauso gut in einer Reihe von Menschen, die aus politischer Egozentrik den USA um ein Haar die wichtigsten Instrumente aus der Hand geschlagen hätten, um Europa von Hitler zu befreien.”
(Torsten Krauel am Dienstag in der Welt)
Na bitte. Geht doch. Wie bestellt.
Juli 24th, 2013 at 09:18
Jaja, so geht Framing.
Juli 24th, 2013 at 09:37
So neuländisch ist das alles aber auch für uns nicht.
Juli 24th, 2013 at 11:15
OT: Fr-online – Ach, Transparenz
[..] Ein entsprechender Gesetzentwurf der SPD, der Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorsah, wenn sich Abgeordnete für eine Gegenleistung in bestimmter Weise verhalten, wurde kurz vor Beginn der Sommerpause im Bundestag mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. [..]
Ich frage mich, wie es wohl mit vertauschten Rollen ausgegangen wäre. Oder nö, eigentlich doch nicht.
Juli 24th, 2013 at 13:59
OT: Neues vom postdemokratischen Journalismus:
Burkhard Müller-Ullrich beim Deutschlandfunk hat Sehnsucht nach der Monarchie:
“Die Szene ist ein Sinnbild dessen, worin die Faszinationskraft dieser Prinzengeburt und der Monarchie als solcher eigentlich besteht. Es ist das Element der Überzeitlichkeit mitten im Trubel der Gegenwart. Es ist das Gefühl für das Gewicht der Geschichte, dessen ästhetische Ausdrucksweise eine Nation zur Kulturnation macht.
Der Nachvollzug traditioneller Riten stimuliert dieses Gefühl und stiftet etwas von der kostbarsten Ressource aller Menschen, nämlich Lebenssinn, und zwar in Form von gemeinschaftlicher Identitätsvergewisserung und Kontinuitätserfahrung.”
Immer wenn es in den Adelshäusern ein wenig menschelt, regt sich bei manchen deutschen Schurnalisten der Vasalleninstinkt, der dann obiges zu Tage fördert. Fast immer ist dann auch jener wehmütige, tränenvolle Blick ins eigene Land mit dabei, ein Land, das sich *schnief* leider all jener Pracht schon länger entledigt hat und man daher nur noch aus der Ferne mitschmachten darf.
Das ist aber auch schlimm, denn seit uns nicht mehr dieser traumatisierte, schreihälsige Halbinvalide sonnigen Zeiten entgegenführt, ist das Leben hier so vollkommen sinnlos geworden. Ja, wir brauchen wieder Führung von ganz oben, dann hat der Tag Struktur!
Juli 24th, 2013 at 14:24
Im Kasperle-ZDF Ex-BND-Chef Hansjörg Geiger:
- “Unter Freunden spioniert man nicht – das ist unanständig”
- Geiger regt einen Kodex für die Arbeit der Geheimdienste an.
undsoweiterundsofort …
Soll heißen: Spionage ist keine Frage prinzipiellen Rechtsbruchs sondern eine der Ehre. Merkelt’s euch gefälligst und kauft euch was davon!
Juli 24th, 2013 at 18:48
[OT] Das Denken von morgen: Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel sieht Parallelen zwischen Aktivitäten der Friedensbewegung und antisemitischen Maßnahmen des NS-Regimes. Laut Krause erinnert die “Zivilklausel”, die die akademische Zusammenarbeit mit Militär und Rüstungsindustrie kategorisch ausschließt, “fatal an Zeiten, in denen Universitäten in Deutschland nicht mit Menschen oder Institutionen kooperieren durften, weil diese jüdisch waren”.
Juli 24th, 2013 at 20:35
@Reinplatzer: Gestern las ich, dass aus Sicht eines jüdischen Mitbürgers der in D-land wegen der Operation Guck und Horch angeblich aufkommende Antiamerikanismus “nur wenige Gedankenklicks” enfernt sei vom Antisemitismus.
Juli 24th, 2013 at 20:44
Herr Krause mag sich dann mal in einer Verfolgtenschicksalsgemeinschaft mit Käpt´n Ahab vom IFO zusammentun.
“In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken. Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben”, sagt der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, dem “Tagesspiegel” vom 27. Oktober 2012.Und fährt fort: “Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.”
Messerscharf analysierende Wissenschaftler…
Juli 24th, 2013 at 21:16
OT: Heise News – EU-Rat beschließt härtere Strafen für Hacker und Cyber-Angriffe
Soso Frau
MahlzahnMalmström, ist das nicht etwas doppelzüngig? Wenigstens ist der Zeitpunkt gerade ungünstig gewählt. Wann lernt ihr endlich, dass “die Hacker” die Guten sind, die auch euren Scheiss absichern?Macht endlich mehr Kinder hier, sonst gewinnen die Vollpfosten. :-)
Juli 24th, 2013 at 21:26
Hab’ schon, mach du! :-P
Jaja, diese Antiamerikaner, planen den totalen Holocaust an Billionen unschuldiger Bytes!
Juli 24th, 2013 at 21:46
Wieviel Aaaabeidsloose solln denn die Welt noch bevölkern?
Muss morgen nich zur Inqusition, jene hat sich nen gelben Zettel geholt, schade, wollt ihr was von Alternativen erzähln…
Juli 24th, 2013 at 22:12
@flatter: Hast ja recht.
@langlode44: 20-25% lassen in Europa/usa noch keine größeren Aufstände entstehen. Versuchen wir 30.
Juli 24th, 2013 at 22:26
Naja, @R@iner: hab ja nix gegen Aufrührerei, aba nich um aabeiden zu gehn, niemals nich…
Juli 25th, 2013 at 11:17
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Juli 25th, 2013 at 13:53
Zeit für ein wenig Werbung für den durchschnittlich radikalisierten Heimterroristen:
Al-Q… ALDI (Süd) bietet ab dem 29.7. Massenv… äh, den Premiumschnellkochtopf (6l) für schlappe EUR 39,90. Für den anschließenden Nahkampf gibts das Makashi-Messer mit waffengesetzwidriger Klingenlänge von satten 20cm zum Schwarzgeldpreis von nur EUR 4,99. Seit meine Frau damit liebäugelt trau´ich mich kaum mehr in die Küche…