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März 2013


 
fender

Argh! Hätte ich doch bloß nie … meine ver….te Frau Stratmann aufgeschraubt in dem irrsinnigen Ansinnen, sie zu pimpen.
[Was der da redet? Einer Guitarre von redet der. Das ist jetzt ganz wichtig für ihn, dass ihr ihm zuhört. Der Mann braucht Zuspruch. Er tut sich sonst was an oder – noch schlimmer – mir! der säzzer]
Ich wollte ihr einen anderen Sound verpassen. Bei der Gelegenheit musste ich blöderweise feststellen, dass die Pickups [Das sind die Tonabnehmer, ne?] sich nie wieder reinschrauben lassen, weil an zweien die Halterungen gebrochen sind. Ein anderes Schlagbrett passt nicht (wäre eh ne teure Investition), weil das doofe Floyd Rose Tremolo im Weg ist, und einfach zusammenschrauben ist auch nicht mehr. [Na, liest noch wer mit? Hallo, wir leiden hier, da könnt ihr ruhig mal dranbleiben!!1 d.s.]
Ich kann das höchstens irgendwie frickeln und bin alles andere als sicher, dass das nochmal hält.

Jetzt könnt ihr fragen, was schraubt der auch rum? Aber nach 25 Jahren darf man doch mal? Da war dieser Amp, der mir in die Bude gefallen ist. Ich kann nichts dafür. Wartet, lasst mich erklären, ihr macht einen Fehler … !

Ich könnte mir eine andere zulegen, ja sicher. Aber die Preisklasse, in der ich dann unterwegs bin, macht mich zittern. Dabei ist das doch eh schon so schattig da draußen. Ich habe ja schon ein paar Tage nix gegessen, aber das reißt es auch nicht raus. Kann ich mir nicht leisten. Das alte Spielgerät ist nebenbei scalloped [müsst ihr nicht wissen, immer reden lassen … ], und ich kann nicht mehr anders. Soll ich vielleicht selbst die Fräse ansetzen?
[Oder allmählich wenigstens die Fräse halten? Nicht die schlechteste Idee. Ob ich mir mal die Fingernägel lackiere? -sätzerdude]
Ich bitte also um Zusendung einer gebrauchten Fender Stratocaster (Mit drei Single-Coils und Rosenholz- oder Palisandergriffbrett). Habt ihr nicht zufällig noch im Keller? Nein? Sicher nicht? Könnt ihr nicht mal eben ganz kurz gucken gehen?

[Ach, vergesst das einfach, ist ja nicht zum Aushalten. Lasst mich einfach hier liegen, seht zu, dass ihr durchkommt. Irgendwer muss durchkommen!]

[edit: Beinahe vergessen: Ich hätte auch darüber schreiben können, dass ausländische Terrroristen das Leben deutscher Rechtsradikaler bedrohen. Aber kommt, so einen Stuss will doch nun wirklich niemand lesen.]

 
In den folgenden Bereichen suchen wir noch engagierte folgsame Mitarbeiter mit marktkompatiblen Ansprüchen an einen hinreichend menschenwürdigen Arbeitsplatz:

Spamleerer

Reinigen Sie die Mailboxen der Kollegen, die Angst haben, sie könnten beim Löschen von Nachrichten das Internet ausschalten. Entsorgen Sie die Verpackungen geöffneter Anhänge und putzen Sie die Vorschaufenster.
Bewerbung per Mail (html) oder animiertem .GIF.
Bezahlung: Nach Gewicht der entsorgten Daten

 
Fernsehprogrammierer

Machen Sie, dass Lassie wieder kommt. Und Black Bewtey. Und das Haus am Eaton Place (North Cobblestone Hall). Und Derrick.
Bewerbung via Teletext Seite 333.
Bezahlung: Chips, Cola, Weightwatchers-DVD

 
Webshopping Assistant

Finden Sie das günstigste Angebot einschließlich Rabatte, Steuern, Versand, Zoll und Verlust. Holen Sie den Kleber aus dem Regal. Gehen Sie nicht über “Los”.
Bewerbung per Paypal (Vorkasse).
Bezahlung: Nach Erfolg, in der Währung des zuständigen Gerichtsstands.

Sozialer Netzwerkadministrator

Reden Sie, was das Zeug hält. Blöde Frisuren, Erfahrung mit Drogen (Koks beidhändig, Kir Royal, Ritalin) und Privatinsolvenz von Vorteil.
Bewerbung (Schlauchtrinken) freitags ab 19 Uhr im “Relax”.
Bezahlung: Französisch, von hinten und ins Knie.
 
Amazonenverwalter

Servieren Sie Namen im billigsten Warenhaus der Welt. Wissen Sie, wessen Stroh in der Ecke liegt, verkaufen Sie es den Gewerkschaften als Jobwunder.
Bewerbung zwecklos, wir finden Sie auf Empfehlung.
Bezahlung: Anteilig an der ver.di-Kaffeekasse
 
Hackmesser

Beobachten Sie die Datenströme und erstellen sie Excel-Tabellen dazu. Verfertigen Sie Expertisen. Erklären sie, warum alles sicher ist, außer es waren die Chinesen (wird rechtzeitig mitgeteilt).
Bewerbung per Xingderassabum.
Bezahlung: Cash, In Dollars. Keine Fragen!
 
Trojanerjockey

Seien Sie Grieche, setzen Sie kleine Männlein in Holztiere und lassen Sie diese auf Troja und andere Feinde los.
Abschlusszeugnis der Schule mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung erforderlich.
Bewerbung bitte auf dem Desktop des Admin-Accounts.
Bezahlung: Gratis-Mitbenutzung unserer Proxyserver in Asien
 
Ebaywatch

Bieten Sie in letzter Sekunde deutlich über Neupreis, in Schritten von 0,5 Cent.
Bewerbung per Erwerb unserer Unterlagen, jetzt bieten, Artikelnummer: 2243738301
Bezahlung: Haldol all you can honk.

Abmahnwache

Recherchieren Sie per Google, ob etwas schon einmal geschrieben oder abgebildet wurde. Machen Sie Screenshots. Zeigen Sie alles an, was Ihnen seltsam vorkommt. Sollte Ihnen etwas bekannt vorkommen, melden Sie es sofort. Unsere Rechtsabteilung übernimmt dann.
Bewerbung via fiesbuck. Gern im Unterhemd auf der Fensterbank.
Bezahlung: 30 Silberlinge

Datenbankkaufmann

My wife, my SUV, my house, my horse, mysql.
Sie verkaufen verbrieften PHP-Code und gebrauchte Tabellen an deutsche Behörden als Virenscanner-Update. Den nötigen Support vor Ort übernehmen unsere Programmierer. Bewerbung ausschließlich per Mailanhang!
Bezahlung: China-Rolex, Russendisco, afghanisches Gras.

First Level Endgegner

Beraten Sie unsere Kunden am Telefon. Kenntnisse unnötig, Neigung zu spontanen Antworten und kontrollierter Größenwahn erwünscht. Sie lassen den Konsumenten spüren, dass er recht hat. Sie aber auch. Gehen Sie an Ihre Grenzen und leiten Sie den Anruf dann weiter. Wenn er wieder bei Ihnen ankommt, fechten Sie es aus. Unser eingespieltes Team freut sich auf Sie.
Bewerbung telefonisch unter unserer Service-Nummer.
Bezahlung: 1,00 Euro/Stunde. Wir wissen ja, wie sie zu uns gefunden haben.

 
Internetzensur

Heute ist Weltinternetzensurtag. Weltinternetzensur finden wir jetzt 24 Stunden lang doof. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass “das Internet” nach wie vor von allen Seiten mystifiziert wird. Wenn ihr gegen Zensur seid, wieso dann ausdrücklich “im Internet”? Es gibt “das Internet” nicht, ebenso wenig wie “die Telefonwelt” oder die “Sprechwelt”. Es gibt Probleme, die über alle Sphären hinweg wirken, um die sollten wir uns kümmern. Zensur gehört ganz sicher dazu, aber auch Überwachung, und habt ihr euch schon mal klar gemacht, dass beide Techniken – die sich im Grunde konträr zueinander verhalten – demselben Ziel dienen können? So etwas wie Google Glasses zum Beispiel gehört daher dringend zensuriert, d.h. verboten. Anderenfalls werden die Fälle von Körperverletzung und Sachbeschädigung erheblich ansteigen, was natürlich auch eine Lösung ist.

Nicht die Kettensäge

“Bitte nimm doch nicht die Kettensäge, Raylan-Patrick!”, sagte die Kindergärtnerin und konnte Schlimmeres doch nicht verhindern. Ungarn marschiert fröhlich in den Faschismus, der von einer völkisch besoffenen Mehrheit getragen wird. Parlament-arisch einwandfrei durchgezogen, wie dunnemals und im Sinne der Definition absolut “demokratisch”. Das “Bitte nicht” der EU verhallt, was niemanden wundert. Die windelweiche Kritik hie und die gnadenlose Intervention gegen Abweichler des neoliberalen Kurses anderswo wurde verstanden. Jetzt noch die Wirtschaftsflüchtlinge vom Balkan, die sich vorm Arbeiten drücken, alle zurückschicken und ein Streichholz dran halten.

Wo tauchen sie denn?

So lange kümmern sich hier andere darum. Die Polizei sucht “Neonazis im Untergrund“, ja ist es denn zu fassen! Ich sehe es schon vor meinem geistesleeren Auge, wie sie in den Keller laufen und keinen finden. Sie würden die Untergründigen ja gern anrufen, aber die “Dienste”, in denen die Kameraden “untergetaucht” sind, gehen einfach nicht ans Telefon. Da kann man nix machen.

Weltinternetintelligenztag

Ja leck mich fett, die Wissenschaft hat festgestellt, dass “Like”- oder auch “Gefällt mir”-Klickerei Aussagen über die Intelligenz der Klicker zulässt, und zwar mit Algorithmen und 88 Prozent! Nämlich ist, wer facebook nutzt, schon schwer durch die Gaußsche Glocke unterwegs, und wer dann auch noch “Like”-Buttons anklickt, auf der anderen Seite wieder raus. Ich liebe Wissenschaft.

 

Beamte der japanischen Atomsicherheitsbehörde glauben nicht, dass es am Gehäuse des Reaktors Nummer 1 im Kernkraftwerk Fukushima 1 zu ernsten Schäden gekommen ist

Meldung vom 12.03.2011
 
 
“Ich finde an einem solchen Tag darf man nicht einfach sagen unsere Kernkraftwerke wären sicher. Sie sind sicher und trotzdem muss man nachfragen was ist zu lernen aus einem solchen Ereignis ohne das man Anhaltspunkte hat das sie nicht sicher wären und trotzdem können wir immer dazu lernen.”

Angela Merkel, 12.03. 2011
 
 
“Wir können an solch einem Tag nicht sagen, die Kernkraftwerke sind sicher. Ja, die Kernkraftwerke sind sicher. Trotzdem müssen wir fragen, was lernen wir daraus.”

Tanja Gönner, 13.03.2011
 
 
“Wir haben Ihnen dafür ein Energiekonzept vorgelegt. Dieses Energiekonzept beruht seit langer Zeit zum ersten Mal auf klaren Analysen, wie sich die Entwicklung gestalten wird, soweit man dies für 10, 20 oder 30 Jahre vorhersagen kann.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Bezahlt von RWE!)
Mit diesem Konzept machen wir deutlich, dass wir drei Dinge zusammenbringen, die für einen modernen Industriestandort ganz wesentlich sind: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit des Stroms und Umweltverträglichkeit.
Ich glaube, wir alle verfahren richtig, wenn wir sagen, es macht keinen Sinn, wenn wir auch im internationalen Wettbewerb stehen, ideologiegetriebene Energiepolitik zu machen, sondern es macht Sinn, eine rationale, vernünftige Energiepolitik mit einem klaren Ziel zu machen.
Dieses Konzept werden wir am 28. September in der Regierung verabschieden und in der nächsten Sitzungswoche hier debattieren. In diesem Energiekonzept gibt es Brückentechnologien, ja.
Das ist die Kernenergie; das sind die Kohlekraftwerke. Die brauchen wir, und wir tun den Menschen keinen Gefallen, wenn wir so tun, als ob wir das alles nicht mehr brauchen, den Bau jedes modernen Kohlekraftwerks verhindern und aus ideologischen Gründen die Kernkraftwerke abschalten.
Das ist nicht unser Zugang. Wir machen es wirtschaftlich vernünftig, weil das Arbeitsplätze für Deutschland sichert.”

Angela Merkel, 15.09.2010
 
 
“Fukushima wiegt zu schwer, als dass irgendjemand einfach zur Tagesordnung übergehen könnte. [...] Die Katastrophe in Japan heißt allerdings nicht, dass wir die Sicherheit unserer Kernkraftwerke – weder der älteren noch der jüngeren – in Frage stellen. Sie erfüllen alle sicherheitstechnischen Anforderungen und übertreffen sie zum Teil sogar deutlich. Und nirgendwo in der Welt gibt es höhere Standards als bei uns. Dennoch müssen wir nach Fukushima offen über Sicherheitsthemen neu diskutieren. [...] Und wie bleibt Energie für die Industrie und für alle Bürger bezahlbar? Wie erhalten wir Arbeitsplätze und Wohlstand für uns und unsere Kinder? Denn auch auf deren Zukunft kommt es heute an! Darauf brauchen wir Antworten. Und zwar bevor endgültige Entscheidungen über einen schnelleren Ausstieg aus der Kernenergie fallen. Nur so schaffen wir einen tragfähigen Umstieg mit Augenmaß.”

Eon-Chef Teyssen, 01.04.2011
 
 
p.s.: Was mich extrem annervt, ist dass Großereignisse und Jahrestage inzwischen Monate vorher publizistisch abgefeiert werden, damit man bloß nicht der Letzte ist. Wie Adventskalender im August halt.

 
testtrip

Der Junge auf der Kinderschokolade hat schwarze Haare und trägt eine Fliege, kapiert? Sonst ist das ein Scheiß-Remake wie so eine Mexico-Strat oder noch schlimmer eine aus Korea. Geht. Gar. Nicht. Und Prilblumen. Die klebt man auf eh geblümte Fliesen zum Beispiel oder egal wo drauf. Am besten auf ein Ringbuch oder einen Tornister. Am besten gleich überall drauf. Überhaupt sieht eine Jugend aus wie ein Trip und nicht das, was die Kamera vom verkackten Streichelhändi zeigt von der zugeparkten Designerwüste einer Spätkrisokratie.

Es gab auch Grau, eine Menge sogar. Fabriken, Straßen, Häuser – Arbeit war schon immer scheiße und machte arm. Ach ja, und das Fernsehen natürlich. Den Unterschied zwischen Weiß, Schwarz und hundert Stufen Grau kennt jeder, der weiß, was ein Testbild ist. Testbild war cool. Zwölf Stunden Testbild am Tag statt Shoppingsender, ich bin dafür! Okay, Testbild konntest du am Wochenende auch länger haben, je nach dem, was du abends so eingefüllt hattest. Kannst du heute noch haben, wenn du’s willst. Das darf sich dann gern mit dem Bunten vermischen und den Trips aus Blümchenmustern, Sinuskurven und Sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola. Da war Kapitalismus noch bunt. Wir haben ihn geliebt. Ist uns gar nicht aufgefallen, dass der Kult in den Waren geronnen war. Hätte uns zu denken geben können.

Back to the Roots

Kurzen Sprung nach vorn, noch bevor man nicht mehr auf die Straße kam, ohne über ein Auto zu springen, noch ehe 24-Stunden-Berieselung von Kohls und Kirchs in die gute Oberstube einzog. Später las ich von Nietzsche (sicher auch auf dem Trip, der Mann, mit dem man Pferde umarmen konnte): “Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.” Es war der Commodore PET, der dem Spruch Sinn einflößte. Mein erstes ‘Programm’ in Spaghetti-Basic war ein tanzender Stern. Danach kam ein “Tannenbaum”, der durfte schon nicht mehr tanzen. Von Chaos übrigens keine Spur. Programm will Ordnung, Programm will Struktur. Mehr als Pascal und später GFA-Basic programmieren wurde nicht, aber alles schön von oben nach unten und von innen nach außen. Ich gehörte zur Atari-Fraktion, bekanntermaßen. Genau so gut hätte es auch ein Amiga getan, aber man hat sich halt mit einer Marke identifiziert. Warenfetisch für Nerds. Hätte uns auffallen können.

Bis dahin war noch alles gut, sogar die diversen Verkleidungen, in denen man sich gruppieren konnte. Iro hier, Schmalztolle dort, Matte da, Hauptsache kein Pöppi-Pilzkopf. Sie trugen Lacoste und Benetton und fuhren tuntige Roller. Fiel uns auf. Sich mit einer Edelmarke identifizieren, sich für was Besseres halten. Blöde Idee, wenn man weder besonders schlau war noch besonders schnell oder stark. Klamotten werden so schnell dreckig, wenn man nicht aufpasst. Außerdem haben sie so eine Scheißmucke gehört von geschminkten Arschgeigen, die auf Synthies und E-Drums herumdilettierten. Komplett daneben. Wir mit der richtigen Musik wurden von denselben Labels beliefert. Konnte man Schlüsse draus ziehen, wenn man wollte.

Heute ist alles durchgestyled und trotzdem hässllich, selbst was sich für Punk hält oder sonstwie from-the-gutter, muss dafür Markenklamotten kaufen, zum Designercoiffeur rennen, sich schminken und einölen. Merken die noch was?
Wir müssen zurück zu den Wurzeln. Als alles noch gut war. Die richtigen Marken, das richtige Maß, der richtige Zusammenhalt. Allerdings darf das nicht zu radikal werden. Ganz ohne Marken geht es eben nicht. Wir hätten dann nichts mehr, nicht einmal eine Erinnerung. Ohne Marktwirtschaft hätten wir keine Geschichte. Unsere Jugend wäre für immer verloren.

 
Die Zeitung liest der reiche Mann
und schaut sich die Statistik an.
“Keine Armut?”, fragt er bleich -
“seid ihr nicht arm, bin ich nicht reich!”

So schlimm wird es schon nicht kommen. Man muss nur verstehen, was die Bundesregierung und ihr Vizewirtschaftskanzler Rösler unter “Armutsbericht” verstehen. Es ist das Dokument ihrer Armut an Ehrlichkeit, Realitätssinn, ja sogar an Phantasie, wenn’s ums Lügen geht. Da greift halt eins ins andere. Das Skandälchen liegt in der Formulierung “Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.” Das will man nicht wissen, was erstaunlich ist, denn die Privatvermögen sind überall ungleich verteilt, wo es Kapitalismus gibt, sehr ungleich sogar. In Deutschland gilt aber die Erzählung, die heilige Mutter Marktwirtschaft sei gütig und eben sozial®. Das verträgt sich nicht mit der Realität, also muss die ausgeblendet werden.

Warum eigentlich? Die Neoliberalen interessiert ihr Geschwätz von gestern doch sonst nicht. Zu Zeiten des Lambsdorff-Papiers wurde eine Arbeitslosigkeit von Dauerhaft zwei Millionen Menschen als Katastrophe bezeichnet. Wir haben heute deutlich mehr allein in Westdeutschland, trotz des Kahlschlags bei Vollzeitjobs, von denen man noch leben kann und trotz aller Statistiktricks.

Uns geht’s gut

Armut beginnt für jene, die sie sich eh nicht vorstellen können, erst beim Hunger. Wer einen Fernseher hat, kann demnach nicht arm sein. Sie haben wirklich nicht die geringste Vorstellung davon, was es heißt, nicht dabei sein zu können bei ganz normalen Aktivitäten. Kein Theater, kein Kino, kein Kneipenbesuch, keine Pizzeria, kein Urlaub. Bei vielen Gelegenheiten muss man sich als “bedürftig” outen, um teilnehmen zu können. Und das Schlimmste: Es darf nie etwas Unvorhergesehenes passieren und man darf nie so dumm sein, zu viel Geld auszugeben – oder es sich von windigen Firmen aus der Tasche ziehen zu lassen. Dann ist nämlich tatsächlich der Kühlschrank leer und bleibt es auch, bis irgendwie wieder Geld reinkommt.

Für Menschen, die es nicht schaffen, das alles völlig abgebrüht durchzuziehen, bedeutet das ein Leben in Angst. Wer das durchhält, wird an den Pranger gestellt und als “Sozialschmarotzer” beschimpft, die anderen in ihrer Depression nicht wahrgenommen oder obendrein auch noch abgeurteilt.

Nichts Neues für die, die so etwas wissen wollen. Neu wäre es für die Röslers und von der Leyens, aber die haben sich abgeschottet. Das Politbüro interessiert sich nicht für die Werktätigen – und noch viel weniger für die nicht Werktätigen. Das Beste nämlich ist der Titel des dilettantisch manipulierten Berichts: “Arbeit schützt am besten vor Armut“. Das ist so bescheuert, dass es die ganzen Beschönigungen lang in den Schatten stellt. Am besten, um das kurz auf den banalen Punkt zu bringen, schützt Reichtum vor Armut, und den erwirbt man nicht durch Arbeit. Jemand hatte das bereits im 19. Jahrhundert ähnlich formuliert. Zweitens ist das immer weniger wahr, denn wenn eines in Deutschland steigt, ist es die Zahl der arbeitenden Armen. Drittens ist das unfassbar zynisch angesichts der katastrophalen Beschäftigungsentwicklung in Europa.

Warum erscheint ein solcher “Armuts- und Reichtumsbericht” überhaupt noch? Meinen diese Clowns ernsthaft, sie könnten dauerhaft die Betroffenen über ihre eigene Lage belügen? Jene Betroffenen, die immer mehr werden?
Nein, die Paranoia der Mittelschicht ist inzwischen zum Narrativ einer Nation geworden: Uns geht’s gut! Es könnte uns zwar besser gehen, gäbe es bloß nicht so viele Faulpelze, aber wer was leistet, dem geht es gut, und wer Arbeit will, findet auch welche. Jeder kriegt, was er verdient.

 
klavschreima

Ein Superkonzept haben die Verlage da, um es umsatztechnisch wieder richtig krachen zu lassen. Das fängt an mit dem sogenannten “Leistungsschutzrecht”. Sie sollen demnach Geld bekommen für, äh … also … dafür, dass sie in Suchmaschinen zu finden sind. Bin ich für. Will ich auch. Ist aber infantil, taugt nichts, wird nichts? Schade. Wofür genau sollen die Suchmaschinenbetreiber Geld bezahlen? Für sogenannte “Snippets”, also (zu groß geratene) Schnipselchen als Textauszug, mit denen ein Eindruck davon erweckt wird, was man zu lesen bekommt, wenn man den Link anklickt. Ich möchte jetzt gar nicht zum ixtausendsten Male darauf hinweisen, wie behämmert das ist, sondern das in einen Zusammenhang stellen mit den anderen genialen Ideen und ein Beispiel für das Resultat liefern.

Die Verlage selbst pflegen ihre Artikel mit Teasern zu versehen, mit Anrisstexten, die eigens dazu formuliert werden, Appetit auf den sich anschließenden Artikel zu machen. Das gelingt genauso wenig immer wie es Restaurantbesitzern immer gelingt, ihre Speisen appetitlich zuzubereiten. Kann, muss aber nicht. Sollte es einem verfluchten Google aber einfallen, den ganzen Anrisstext zu kopieren, dann setzt es was! Schließlich ist das eine journalistische Leistung, die journalistische Höchstleistungen einzuleiten pflegt.

Keinen Hunger mehr

Trifft diese Haltung auf ihre große Schwester, die Kostenminimierung, ist der satte Gewinn schon so gut wie eingefahren. Wenn man schon Redaktionen beschäftigen muss, dann bitteschön Zentralredaktionen, die für mindestens ein halbes Dutzend Blätter denselben Brei anrühren. Deren Chefs dürfen auch noch anständig bezahlt werden, denn man braucht sie schließlich, um die anderen, die Schreibsklaven und Agenturmelder, unanständig zu behandeln. Das kann man nicht von einem verlangen, der denselben Status hat. Siehe dazu auch “M” wie “Mittelschicht”. Im übrigen schreibt man möglichst nichts, das irgendwen ärgern könnte.

Weiterhin sollte man noch dafür sorgen, dass die Werbung nicht mehr von den Artikeln zu unterscheiden ist. Auch Korrekturlesen war gestern. Hauen Sie’s raus, ehe es kalt wird und sparen Sie den Lektor, das schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Eigentlich sogar drei, denn dieses Vorgehen schafft unverkennbare Unikate, ganz unabhängig vom Inhalt. Die Anwälte werden also keinerlei Probleme haben, die Urheberschaft nachzuweisen. Im geschilderten Verfahren kommen nämlich Perlen wie die unten dokumentierte zustande, die ganz en passant belegt, dass Inhalt überbewertet wird, denn nach solchen Einleitungen wird niemand mehr Interesse am Weiterlesen haben – womit zum Vierten bewiesen wäre, dass die Zitierung in Suchmaschinen bis zu 100% Leser kostet. q.e.d.

Und hier das heutige Meisterwerk der FR, ein Dokument der Zeitgeschichte:

Zwei Mal sind chinesische Autobauer mit ihren eigenen Modellen auf dem europäischen Markt gescheitert – wegen Sicherheitsmängel. Nun könnte ein kleiner Wagen aus Fernost zum Star auf dem Genfer Autosalon werden. Westlich Manager mischen bei Qoros GQ3.”

Keine weiteren Fragen.

 
parkuwas
 
Ich hatte Spaß heute im Grugapark. Mir gehen nur die ganzen Deppen mit ihren Kameras und Stativen auf den Wecker. Furchtbar! :-P
 
parklbaeum
 
Das sind natürlich nur grauenhaft verstümmelte Bearbeitungen der Originalfotos. Tatsächlich läuft man übrigens durch so eine Landschaft, um sie sich später in Ruhe anzugucken. Finde ich gar nicht schlimm diese neumodische Konsumkultur. In Großstädten laufen halt viele Leute rum, da gibt es nicht die Muße, das in Echzeit zu genießen. Also knipst man und packt es sich für zu Hause ein. Statt des ewigen Bolero aus dem Parklautsprecher geht dann auch Ummagumma oder was einem sonst so dazu einfällt.

 
abspd

Die Spezialdemokraten haben eine sehr naheliegende Idee, die ihnen eigentlich schon früher hätte kommen können: Sie fordern ihre mutmaßlichen Wähler auf, sich künftig selbst zu vereimern. Was soll man schon mit dem penetranten Wahlversager und Virtuosen des Fettnäpfchen-Twister anfangen, den sie sich da zum Spitzelkandidaten der Wirtschaftskompetenten erkoren haben? Ein Programm muss her, und zwar eines, das … irgendwie Hoffnung birgt.

Nun muss man als Kenner der Fachexperten für Programmyoga immer wieder mal darauf hinweisen, was das für “Sozialdemokraten” so bedeutet, ein Programm:

“Den Menschen verpflichtet, in der stolzen Tradition des demokratischen Sozialismus, mit Sinn für Realität und mit Tatkraft stellt [sie] sich in der Welt des 21. Jahrhunderts [...] ihren Aufgaben“

“Seit das Ziel der gleichen Freiheit in der Moderne zum Inbegriff der Gerechtigkeit wurde, waren und sind Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität die Grundwerte des freiheitlichen, demokratischen Sozialismus. Sie bleiben unser Kriterium für die Beurteilung der politischen Wirklichkeit, Maßstab für eine bessere Ordnung der Gesellschaft, Orientierung für das Handeln”

“Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist“.

Jekami zu LMA

So, nur zur Erinnerung: Das ist immer noch nicht die Agenda von Gysis Gurkentruppe, den demokratischen Sozialen links von den sozialen Demokraten. Das ist das Hamburger Programm der original echten “SPD”, das ist offiziell gültig. Heute. Jetzt. Hier. Peer Steinbrück ist demnach der oberste Sozialist bei denen. Zusammengefasst, kann man also ein paar Blümchen auf das Papier malen und sich damit in schweren Zeiten (die es ja immer sind für die Partei und ihre Opfer) hintenrum reinigen. Ich habe das bis heute nicht kapiert, was sie damit bezwecken. Ob sie wohl meinen: “Leute, wenn ihr Demokratie wollt, müsst ihr unbedingt mal Sozialismus ausprobieren. Haben wir aber derzeit nicht im Angebot, es ist leider gerade Marktwirtschaft®. Geht uns also bitte nicht mit ‘Demokratie’ auf den Wecker!“? Man weiß es nicht.

Jetzt sollen also die Wähler das Wahlprogramm mitgestalten. Da können sie dann alles reinschreiben, was sie wollen, und der Peer macht nachher sowieso was anderes. Kennt man schon von ihm, der hört ja nicht einmal auf den eigenen Vorstand. Von “Basis” oder “Wählern” wollen wir aus Gesundheitsgründen gar nicht erst anfangen. So könnte es also gelingen, ein erzdemokratisches Programm zu erarbeiten, das obendrein keine Wünsche offen lässt. Doch ehrlich, es kann das beste Wahlprogramm aller Zeiten werden. Nach der Wahl winken wir ihm dann mit Tränen der Rührung nach, wenn es im nächsten tiefen Abgrund® verschwindet. Bis zum nächsten Mal bei der nächsten Wahl.

 
Fanatiker kennen keine Kultur und keinen Respekt vor der Geschichte. Sie zerstören alles, was ihrer Ideologie und der Ausbreitung ihres religiösen Wahns im Wege ist. Wie jetzt wieder einmal die altbekannten Taliban.

Drakonische Strafen in religiösem Eifer

Wer die teils drakonischen Urteile religiös motivierter Justiz nicht versteht, weiß wenig über die Verstrickungen der verantwortlichen Richter mit den Strukturen fanatischer Fundamentalisten. Die Scharia etwa ist für sich noch kein Quell grausamer Strafen, sondern vielmehr eine Ethik, die sehr von Auslegung und Anwendung geprägt ist. Islamische Gerichte, die sich auf die Scharia berufen, können daher fair und besonnen sein, wenn die Richter es eben sind.

Das hat oft wenig mit mittelalterlichen Wurzeln zu tun und kann durchaus in modernem Gewand daherkommen. So wurde etwa eine ganze Firma sprichwörtlich von einem Richter an den Pranger gestellt und zur öffentlichen Selbstanklage gezwungen. Der Richter wiederum wurde offenbar danach von der Partei für künftige Fatwas gedungen, welche die Klage eingereicht hatte. Konkreter: Nachdem Sir Robin Jacob Apple im Sinne des Gegners Samsung in einem bizarren Urteil dazu verknackt hatte, sich auf der eigenen Website zu kasteien, wird er jetzt von Samsung als Rechtsexperte bezahlt, sagt die Quelle.

Sinnlose Gesetze

So werden innerhalb der Glaubensgemeinschaft die verdeckten Machtkämpfe immer häufiger auf der Ebene sogenannter “Gesetzgebung” ausgetragen. Dabei geht es um pure Klientelwirtschaft, in der familiäre Beziehungen stets eine gewichtige Rolle spielen (siehe z.B. den Klaeden-Clan). Die ‘Argumentationen’ erweisen sich folgerichtig als umso geistloser, je größer der Einfluss der (hier marktreligiösen) Geistlichen ist.

Mehrheiten in derartigen Pro-forma-Parlamenten beruhen daher regelmäßig auf Unwissenheit und Korruption. Ausgerechnet die Urheber eines der lächerlichsten Gesetze des neuen Jahrtausends nennen ihren vermeintlichen Feind Google selbst “Taliban”. Die Leistungsschützer zeigten von Anfang an ein beträchtliches Talent, sich selbst zu treffen bei dem hilflosen Versuch, andere zu schlagen.

Bizarre Auslegung

Im angeblich so kühlen Norden überraschen die Richter immer wieder mit fiebrigen Rechtsauslegungen. Wenn nämlich ein Ketzer der Marktreligion (Assange) ohne Gummi den Beischlaf vollzieht, so gilt er als Vergewaltiger, wird international gesucht und muss in den U.S.A. mit der Todesstrafe rechnen, sollte er wegen besagten Gummimangels nach Schweden und von dort aus an den großen Bruder ausgeliefert werden. Eine Frau beim Sex totzuschlagen gilt hingegen als so etwas wie Sachbeschädigung. So sind halt die Prioritäten in mittelalterlichen patriarchalischen Gesellschaften.

Fried ist Kriegen, gaga heißt jetzt twix

Last not least: Pazifismus ist die Befürwortung von Kriegen zur Verhinderung neuer Auschwitze als “Notoperation, um Schlimmeres zu verhindern“. Wer sich derart ins koginitive Nirwana eifert, muss wohl von den “Grünen” sein? Richtig: Kerstin Müller, Talibanane des Tages.

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