Ein Superkonzept haben die Verlage da, um es umsatztechnisch wieder richtig krachen zu lassen. Das fängt an mit dem sogenannten “Leistungsschutzrecht”. Sie sollen demnach Geld bekommen für, äh … also … dafür, dass sie in Suchmaschinen zu finden sind. Bin ich für. Will ich auch. Ist aber infantil, taugt nichts, wird nichts? Schade. Wofür genau sollen die Suchmaschinenbetreiber Geld bezahlen? Für sogenannte “Snippets”, also (zu groß geratene) Schnipselchen als Textauszug, mit denen ein Eindruck davon erweckt wird, was man zu lesen bekommt, wenn man den Link anklickt. Ich möchte jetzt gar nicht zum ixtausendsten Male darauf hinweisen, wie behämmert das ist, sondern das in einen Zusammenhang stellen mit den anderen genialen Ideen und ein Beispiel für das Resultat liefern.
Die Verlage selbst pflegen ihre Artikel mit Teasern zu versehen, mit Anrisstexten, die eigens dazu formuliert werden, Appetit auf den sich anschließenden Artikel zu machen. Das gelingt genauso wenig immer wie es Restaurantbesitzern immer gelingt, ihre Speisen appetitlich zuzubereiten. Kann, muss aber nicht. Sollte es einem verfluchten Google aber einfallen, den ganzen Anrisstext zu kopieren, dann setzt es was! Schließlich ist das eine journalistische Leistung, die journalistische Höchstleistungen einzuleiten pflegt.
Keinen Hunger mehr
Trifft diese Haltung auf ihre große Schwester, die Kostenminimierung, ist der satte Gewinn schon so gut wie eingefahren. Wenn man schon Redaktionen beschäftigen muss, dann bitteschön Zentralredaktionen, die für mindestens ein halbes Dutzend Blätter denselben Brei anrühren. Deren Chefs dürfen auch noch anständig bezahlt werden, denn man braucht sie schließlich, um die anderen, die Schreibsklaven und Agenturmelder, unanständig zu behandeln. Das kann man nicht von einem verlangen, der denselben Status hat. Siehe dazu auch “M” wie “Mittelschicht”. Im übrigen schreibt man möglichst nichts, das irgendwen ärgern könnte.
Weiterhin sollte man noch dafür sorgen, dass die Werbung nicht mehr von den Artikeln zu unterscheiden ist. Auch Korrekturlesen war gestern. Hauen Sie’s raus, ehe es kalt wird und sparen Sie den Lektor, das schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Eigentlich sogar drei, denn dieses Vorgehen schafft unverkennbare Unikate, ganz unabhängig vom Inhalt. Die Anwälte werden also keinerlei Probleme haben, die Urheberschaft nachzuweisen. Im geschilderten Verfahren kommen nämlich Perlen wie die unten dokumentierte zustande, die ganz en passant belegt, dass Inhalt überbewertet wird, denn nach solchen Einleitungen wird niemand mehr Interesse am Weiterlesen haben – womit zum Vierten bewiesen wäre, dass die Zitierung in Suchmaschinen bis zu 100% Leser kostet. q.e.d.
Und hier das heutige Meisterwerk der FR, ein Dokument der Zeitgeschichte:
“Zwei Mal sind chinesische Autobauer mit ihren eigenen Modellen auf dem europäischen Markt gescheitert – wegen Sicherheitsmängel. Nun könnte ein kleiner Wagen aus Fernost zum Star auf dem Genfer Autosalon werden. Westlich Manager mischen bei Qoros GQ3.”
Keine weiteren Fragen.
März 4th, 2013 at 18:54
“Nur 11 Prozent seiner Unterstützer trauen der Presse und weniger als 4 Prozent dem Fernsehen über den Weg, im Vergleich zu Werten von 34 bzw. 40 Prozent für alle Italiener. Dagegen vertrauen 76 Prozent der Facebook-Freunde von Beppe Grillo dem Internet. Noch wichtiger: Nur 8 Prozent vertrauen der Regierung, nur 3 Prozent politischen Parteien, nur 2 Prozent dem Parlament, den Banken und Institutionen im Finanzsektor und nur 6 Prozent vertrauen großen Konzernen.” (Quelle) Sollen sie sich doch leistungschützen bis zum geht nich mehr – die Zeit von Presse, Funk und Förnsehn könnten eh bald vorbei sein.
März 4th, 2013 at 19:48
@Vogel
Ist nur zu hoffen, dass deren Zeit vorbei ist, zumindest die “freie Presse” so wie sie gegenwärtig existent ist, gilt es zu beseitigen.
Schon John Swinton meinte 1880 folgendes:
“There is no such thing, at this date of the world’s history, in America, as an independent press. You know it and I know it. There is not one of you who dares to write your honest opinions, and if you did, you know beforehand that it would never appear in print. I am paid weekly for keeping my honest opinion out of the paper I am connected with. Others of you are paid similar salaries for similar things, and any of you who would be so foolish as to write honest opinions would be out on the streets looking for another job. If I allowed my honest opinions to appear in one issue of my paper, before twenty-four hours my occupation would be gone. The business of the journalists is to destroy the truth, to lie outright, to pervert, to vilify, to fawn at the feet of mammon, and to sell his country and his race for his daily bread. You know it and I know it, and what folly is this toasting an independent press? We are the tools and vassals of rich men behind the scenes. We are the jumping jacks, they pull the strings and we dance. Our talents, our possibilities and our lives are all the property of other men. We are intellectual prostitutes.”
https://en.wikipedia.org/wiki/John_Swinton_%28journalist%29
Tja, hat sich nichts dran geändert…
März 4th, 2013 at 20:13
@BorisG
Jau, so isses: “Pressefreiheit ist die Freiheit einiger reicher Menschen ihre Meinung ungehindert unter die Menschheit zu blasen!” (sinngem. zitiert von irgendwem ;-) )
März 4th, 2013 at 20:19
Ich will jetzt auch Geld dafür, dass ich im Telefonbuch zu finden bin….
Verlage die einen solchen Schwachsinn fordern, bekommen ein Gesetz. Unsereiner wahrscheinlich eher eine Zwangsjacke….
März 4th, 2013 at 20:24
@Vogel #3
Um die Zitatorgie zum Abschluss zu bringen, das Zitat ist von Paul Sethe:
„Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.
Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Sethe
März 4th, 2013 at 20:54
Lektoren kann meine Lokalzeitung nicht mal buchstabieren.Selbst Copy&Paste kriegen die noch verkackt.
März 4th, 2013 at 21:31
@flatter, lass uns verzweifelen.
März 4th, 2013 at 22:04
Ostsächsischer Papierkorb
Diesem Kommentar liegen Informationen/Wahrnehmungen aus allgemein zugänglichen Quellen zugrunde. Die verwendeten Einzelworte wurden nicht aus Presseerzeugnissen der letzten 36.500 Tage entnommen, obwohl sie dort durchaus vorkommen können. Dies gilt auch für die in diesem Text zwangsläufig zur Satzbildung verwendeten Kombinationen aus mehreren Buchstaben, die durchaus so oder ähnlich im gleichen oder einem anderen Kontext im Laufe des letzten Jahrtausends in Presseerzeugnissen verwendet worden sein könnten.
Presseverlage, die in diesem Text eine Verletzung ihrer Rechte aufspüren sollten, bitte ich, mich unverzüglich per Gebrüll oder tonverstärktem Hufscharren in östliche Richtung (polnische Grenze) zu kontaktieren. Der betreffende Textabschnitt wird unverzüglich unter Hinweis auf den Rechteinhaber gelöscht, in anderer Weise befeuchtet und/oder/oder nicht durch eine andere Formulierung ersetzt.
Ach so, mein Kommentar. Ich habe ihn vergessen. Sie sollen aber nicht umsonst bis hierher gelesen haben.
Ich füge also noch was hinzu: Richtig gesetzte sowie falsch platzierte Satzzeichen stehen bzw. stehen nicht in der Absicht hier, Ihre Rechte zu verletzen. Hinweis: Suchen Sie nicht nach Fragezeichen.
Herrn Egon W. Kreutzer bitte ich um Vergebung und ein Stück Seife.
März 4th, 2013 at 22:14
Etwas offtopic:
Die perfekte Überwachung ist möglich:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/meldeabgleich-fuer-die-rundfunkgebuehr-hungrig-nach-daten-12102818.html
März 4th, 2013 at 22:14
Wenn man sich anschaut, wie die Presse Politiker mal rauf, mal runter schreibt, kann man verstehen, dass unsere Volxvertreter nach deren Pfeife tanzen. In Rundfunk und Presse war ja immer nur von denen zu hören und zu lesen, die sich an den mühselig erbrochenen Textpassagen der Verlage kostenlos gütlich täten (heute wieder gleich mehrfach im WDR). Wahrscheinlich waren alle froh, jetzt zeitlich passend über die vermeintlichen Bonibeschränkungen der Schweizer und die Abgründe der Homo-Ehe lärmen zu können, bevor noch einer über das Leistungschutzunrecht nachdenken könnte. Aber keine Sorge, da denkt keiner mehr drüber nach. Wir warten lieber auf den neuen Papst.
März 4th, 2013 at 22:25
“…rangen die Regierungsparteien um einem Kompromiss und fand ihn in einem Halbsatz: „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ sind nun vom Leistungsschutzrecht der Verleger ausgenommen.”
Quelle:
https://www.taz.de/Kommentar-Leistungsschutzgesetz/!112021/
Was soll also die Aufregung? Beispielsweise können ‘einzelne Wörter’ wie z.B. ‘der’, ‘die’ oder ‘das’ nicht zu kostenträchtigen Abmahnungen führen, weil sie ebenfalls z.B. in einem Bild-Artikel verwendet wurden.
Ich finde das ziemlich generös, dass Medien-Lobbyisten, ihr OK zu diesem Gesetzentwurf ihrer ausführenden politischen Handlanger gegeben haben!
Sogar ‘kleinste’ Textausschnitte sind erlaubt! Also beispielsweise Wortkombinationen wie ‘beispielsweise Wortkombinationen’! Alles was darüber hinausgeht ist selbstredend Aneignung fremden geistigen Eigentums, was nur unsere ehemalige Bildungsministerin darf und sich dieses Recht auch selbstverständlich auch einklagt.
Ich bitte im Übrigen auch von der Verwendung von Wortkombinationen dieses Kommentares, die über drei Wörter hinausgehen, abzusehen! Denn das wären dann schließlich nicht mehr ‘kleinste(!) Textpassagen, da es schließlich auch kleiner geht (zwei oder drei Wörter). Diese Auffassung vertreten zumindest meine Abmahnanwälte.
März 4th, 2013 at 22:45
“Auch Korrekturlesen war gestern. Hauen Sie’s raus…”
Früher gab es mal den Beruf des Korrektors, das waren meist schon ältere Setzer (Beruf offensichtlich jetzt ausgestorben), die sich im damals sog. graphischen Gewerbe durch besondere Sprachkenntnis hervorgetan hatten. Den Niedergang konnte man schon Ende der 60er Jahre beobachten, als diese Fachkräfte bei vielen Zeitungsredaktionen entlassen (“eingespart”) wurden – der Redakteur könne ja nun, dank moderner Technik, seinen Beitrag selbst korrekturlesen (falls er oder der Verlag überhaupt Wert darauf legten).
Das Ergebnis – als Beispiel das “Meisterwerk” am Schluß des Artikels: grauenhaft schlechtes Deutsch. Es hapert allenthalben an der Beherrschung der Grammatik, von Druck- oder Tippfehlern gar nicht erst zu reden, scheint jetzt auch das Deutsch des Google-Übersetzungsautomaten seinen Platz zu erobern…
März 5th, 2013 at 06:45
Augstein meldet sich wieder
Was will man bitte schön noch mehr (wenn es um Kritik und Beschimpfen des Systems geht)
Anti-Gier-Gesetz: Die wahren Clowns sind wir Deutschen
Eine Kolumne von Jakob Augstein >>>
März 5th, 2013 at 08:24
In D. bilden die über 60-jährigen die Gruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung (Quelle). Den Stimmengewinn von über 60-jährigen verbuchen alle Parteien. Dementsprechend verzeichnen alle gravierende Einbußen an Jungwählern. (Marginale Ausnahmen bei den Grünen)
Der DIVSI Milieu-Studie (2012) zufolge sind v.a. die Älteren die sog. Digital Outsiders mit einem Gesamtanteil von 27 Mio. D.h. 1/3 der Gesamtbevölkerung bilden die Gruppe, deren Sprachrohr sich noch aus dem Parteienfilz konstituiert und die, laut Studie, vermehrt an konservativen Werten und Rollenbildern hängen und auf ihre Desorientierung im Zuge gesellschaftlicher Veränderung und neuer Techniken mit erhöhtem Kontrollbedürfnis reagieren.
So lassen sich mit dem Leistungsschutzrecht gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen:
1.) die Parteien profitieren daraus in der Wählergunst der ‘Digital Outsiders’
2.) das Meinungsmonopol bleibt unter herrschaftlicher Riege
3.) die etablierte Presse kann ihre Medienlandschaft weiterhin als Cash-Cow verbraten
Dies alles passiert entgegen einer internetbasierten Aufklärungsbewegung von Unten. Klaus Plake weist in seiner Arbeit zur Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit im Internet hin, “dass über alle Barrieren der Regierungsformen, Wirtschaftssysteme und ideologischen Orientierungen hinweg eine globale Öffentlichkeit entsteht. Eine derartige Zahl von Nutzern kann kaum noch wirksam kontrolliert werden.”
Hilfe! Kontrollverlust! Kontrolle kann tatsächlich nur mit immer mehr Repression, wie z.B. hier im LSR verpackt, aufrecht erhalten werden – und die Alterspyramide in D. spielt auch hier eine begünstigende Rolle. Letzteres ist eine Tatsache und keine Diffamierung.
Autorität qua Macht ist im Zeitalter des Internets aber kein tragfähiges Konzept mehr. Durchsetzungsfähigkeit funktioniert hier anders, durch Einsicht, Argument und Vernunft, durch die freie Rede aller und durch (virtuelle) Einübung in Gemeinschaftssinn.
Das diffundiert konsequenterweise auch ins kollektive Bedürfnis der physischen Realität, sogar in D. Autoritäre Kontrolle ist deshalb ein fossiles Modell überholter Machart. Dieses Modell wird zwangsläufig kapitulieren.
März 5th, 2013 at 11:36
Heute beim Durchfliegen der FR aufgeschnappt: “Die Staatsmedien steht vor einem Dilemma“. Klar kann sowas mal passieren, aber es fällt schon auf. Was erwartet man denn noch von einer Zeitung? Vielleicht, dass sie besser schweigt, wenn sie pleite ist?
März 5th, 2013 at 15:23
@flatter 15.
Von der FR aufgeschnappt:
“Die Staatsmedien stehen vor einem Dilemma”
Endlich mal eine gute Nachricht! Keiner hört mehr hin.
März 5th, 2013 at 15:40
“M” wie Mittelschicht?
“M” wurde im letzten Bond-Film gemeuchelt.
Eine Allegorie auf die Mittelschicht?James Bond wird ein Intelektueller.
März 5th, 2013 at 18:25
Fürchten Sie sich nicht, so schnell geh’n Staatsmedien nicht über die Wupper. Wie ihre Brüder & Schwestern – die Konzernmedien, sind sie mindestens so immanent systemrelevant, wie das Bankensystem und unsere Export- & Rüstungsindustrie. Und die werden in Doitschland gepampert und gepudert wie seit ewigen Zeiten nicht.
Nach uns die Sinflut!
März 6th, 2013 at 10:58
If you don’t read the newspaper, you’re uninformed.
If you read the newspaper, you’re mis-informed.
(angeblich Mark Twain)
Dann reden wir eben über alles, nur nicht über den “deutschen Qualitätsjournalismus” und seinen Produkten. Sollen die Verlage gucken, wo sie bleiben!
März 6th, 2013 at 11:45
Dem Leistungsträgerrecht sollte unbedingt eine Minderleisterpflicht gegenübergestellt werden…
März 6th, 2013 at 12:33
“Der Arbeitsmarktexperte des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, Hilmar Schneider, schlug darüber hinaus eine Anhebung der Wochenarbeitszeit vor. Damit könne der sich abzeichnende Mangel an Beschäftigten in Deutschland ausgeglichen werden. “Im Schnitt müsste jeder Arbeitnehmer fünf Stunden pro Woche mehr arbeiten”, sagte Schneider.”
Irrsinn. Diese Gesellschaft merkt nichts mehr. Und mein Vorrat an Sarkasmus ist so allmählich auch mal aufgebraucht…
März 6th, 2013 at 12:37
@Peinhart: Du hast noch Zeit für Sarkasmus übrig? Arbeite mehr!
März 6th, 2013 at 13:16
OT: Der Fukushima-Bericht gestern auf arte war ebenfalls richtig motivierend. Mußte spontan an Charlton “from my cold, dead hands” Heston in “Der Omega Mann” denken, obwohl dort biologische und nicht atomare Verseuchung das Thema war.