testtrip

Der Junge auf der Kinderschokolade hat schwarze Haare und trägt eine Fliege, kapiert? Sonst ist das ein Scheiß-Remake wie so eine Mexico-Strat oder noch schlimmer eine aus Korea. Geht. Gar. Nicht. Und Prilblumen. Die klebt man auf eh geblümte Fliesen zum Beispiel oder egal wo drauf. Am besten auf ein Ringbuch oder einen Tornister. Am besten gleich überall drauf. Überhaupt sieht eine Jugend aus wie ein Trip und nicht das, was die Kamera vom verkackten Streichelhändi zeigt von der zugeparkten Designerwüste einer Spätkrisokratie.

Es gab auch Grau, eine Menge sogar. Fabriken, Straßen, Häuser – Arbeit war schon immer scheiße und machte arm. Ach ja, und das Fernsehen natürlich. Den Unterschied zwischen Weiß, Schwarz und hundert Stufen Grau kennt jeder, der weiß, was ein Testbild ist. Testbild war cool. Zwölf Stunden Testbild am Tag statt Shoppingsender, ich bin dafür! Okay, Testbild konntest du am Wochenende auch länger haben, je nach dem, was du abends so eingefüllt hattest. Kannst du heute noch haben, wenn du’s willst. Das darf sich dann gern mit dem Bunten vermischen und den Trips aus Blümchenmustern, Sinuskurven und Sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola. Da war Kapitalismus noch bunt. Wir haben ihn geliebt. Ist uns gar nicht aufgefallen, dass der Kult in den Waren geronnen war. Hätte uns zu denken geben können.

Back to the Roots

Kurzen Sprung nach vorn, noch bevor man nicht mehr auf die Straße kam, ohne über ein Auto zu springen, noch ehe 24-Stunden-Berieselung von Kohls und Kirchs in die gute Oberstube einzog. Später las ich von Nietzsche (sicher auch auf dem Trip, der Mann, mit dem man Pferde umarmen konnte): “Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.” Es war der Commodore PET, der dem Spruch Sinn einflößte. Mein erstes ‘Programm’ in Spaghetti-Basic war ein tanzender Stern. Danach kam ein “Tannenbaum”, der durfte schon nicht mehr tanzen. Von Chaos übrigens keine Spur. Programm will Ordnung, Programm will Struktur. Mehr als Pascal und später GFA-Basic programmieren wurde nicht, aber alles schön von oben nach unten und von innen nach außen. Ich gehörte zur Atari-Fraktion, bekanntermaßen. Genau so gut hätte es auch ein Amiga getan, aber man hat sich halt mit einer Marke identifiziert. Warenfetisch für Nerds. Hätte uns auffallen können.

Bis dahin war noch alles gut, sogar die diversen Verkleidungen, in denen man sich gruppieren konnte. Iro hier, Schmalztolle dort, Matte da, Hauptsache kein Pöppi-Pilzkopf. Sie trugen Lacoste und Benetton und fuhren tuntige Roller. Fiel uns auf. Sich mit einer Edelmarke identifizieren, sich für was Besseres halten. Blöde Idee, wenn man weder besonders schlau war noch besonders schnell oder stark. Klamotten werden so schnell dreckig, wenn man nicht aufpasst. Außerdem haben sie so eine Scheißmucke gehört von geschminkten Arschgeigen, die auf Synthies und E-Drums herumdilettierten. Komplett daneben. Wir mit der richtigen Musik wurden von denselben Labels beliefert. Konnte man Schlüsse draus ziehen, wenn man wollte.

Heute ist alles durchgestyled und trotzdem hässllich, selbst was sich für Punk hält oder sonstwie from-the-gutter, muss dafür Markenklamotten kaufen, zum Designercoiffeur rennen, sich schminken und einölen. Merken die noch was?
Wir müssen zurück zu den Wurzeln. Als alles noch gut war. Die richtigen Marken, das richtige Maß, der richtige Zusammenhalt. Allerdings darf das nicht zu radikal werden. Ganz ohne Marken geht es eben nicht. Wir hätten dann nichts mehr, nicht einmal eine Erinnerung. Ohne Marktwirtschaft hätten wir keine Geschichte. Unsere Jugend wäre für immer verloren.