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August 2010


Ich wurde neulich darauf angesprochen, ob ich Jugendliche im weiteren Sinne für Blogs bzw. Gegenöffentlichkeit interessieren könnte. Dies deshalb, weil ich ja lange pädagogisch gearbeitet habe. Mir fehlt dazu allerdings jede Erfahrung, die über den privaten Dunstkreis – vor allem den meiner Töchter – hinausgeht, da meine Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im großen und ganzen am anderen Ende der Bildungskette angesiedelt war. Ich gebe die Frage daher einmal weiter.

Gibt es junge Menschen, die Blogs lesen? Ist wer von euch da draußen? Kennt wer jemanden, der jemanden kennt vom Nachwuchs? Oder was kann man tun, um die Jüngeren davon zu überzeugen, daß es sich lohnt, zu lesen? Wissen die überhaupt, daß es jenseits von Boulevard und Verlautbarungsjournalismus noch etwas anderes gibt? Wie kann man Menschen erreichen, die sich nicht im Kaltstart durch Texte fräsen können?

Es gab wohl wieder eine Sendung von Anne Will, und was sie will, das sagt sie nicht. Leider auch nicht die Presse, die das vorgeblich kritisiert. Einmal mehr saß mit Oswald Metzger ein Botschafter der INSM in einer Talkshow. Genannt wird er aber “Politiker” oder “Ex-Grüner”, was nicht sein Job ist, wenn er dort die Trommel schlägt. Dort ist er Abgesandter des neoliberalen Propaganda-Panzers, der bei jedem relevanten Thema eine seiner Granaten schicken darf.

Bei einer Schnellrecherche in den drei großen Talkshows von Will, Illner und Plasberg habe ich allein im ersten Halbjahr 2010 21 Besuche von Abgesandten der INSM oder ihr Nahestehenden gezählt. Über den “Konvent für Deutschland” und ähnliche Auslagerungen, in denen INSM-Mitglieder das Bild prägen, breitet sich ein Netz aus, das noch deutlich weiter reicht.

Von denjenigen, die ich identifizieren konnte, tummeln sich übrigens die meisten bei Will, während Illner, deren politische Einstellung m.E. eigentlich am besten zur Propaganda der INSM paßt, eher zurückhaltend ist mit ihren Einladungen. Es mag natürlich sein, daß einige Gäste dem Club assoziiert sind, ohne daß ich das weiß. Der fleißigste Talker ist übrigens Arnulf Baring, der dabei auch schon mal Amok läuft.

Das Perfide daran ist nicht nur, daß die Leute dort sitzen, ohne daß der Zuschauer in der Regel etwas davon erfährt. Die “Experten”, die dort häufig besprochen werden, gehören nämlich demselben Verein an. Raffelhüschen, Hüther und Straubhaar zum Beispiel sind Mitglieder der INSM, Hans-Werner Sinn beteiligte sich an Kampagnen der “Initiative” und wird von ihr regelmäßig zitiert.
Werden diese Wirtschaftsprofessoren – und andere “Experten” wie Hans Olaf Henkel, Dieter Hundt, Martin Kannegießer oder Roland Berger – also zitiert, sitzen die Kollegen im Studio und kommentieren das. So funktioniert in Deutschland politischer Journalismus.

Das kennen wir schon und haben uns beinahe daran gewöhnt. Auch daß es meist am nächsten Tag einen Aufguß der Show bei den Kollegen zu lesen gibt. Wenn aber eine durch nichts legitimierte Vereinigung, die es sich zum Ziel gemacht hat, ihre Ideologie zu verbreiten, derart überrepräsentiert ist, dann ist es die verdammte Pflicht der Journalisten, sie wenigstens beim Namen zu nennen. Oder wäre so viel “Aufklärung” schon zu brutal für den Zuschauer und Leser? Gehört das auch zu dem, was er “nicht erfahren muß” ?

Das Motto, frei nach Willy Brandt, ziert seit Jahren den Untertitel dieses Blogs. Es verspricht keine großen Utopien und erinnert an einen Politiker, der alles andere als unfehlbar war, sondern bei aller Wertschätzung auch Entscheidungen mitgetragen hat, die seinem eigenen Motto nicht gerecht wurden. Gerade deshalb paßt es mir aber so gut. Ich bin Demokrat, kein Anarchist und auch kein ‘Kommunist’. Gegen Kommunismus habe ich persönlich nichts, wenn er denn eben demokratisch ist. Das geht bestimmt, ist für mich aber auch nicht weiter relevant. Mein Augenmerk ist ein anderes.

merkelspiegelVor allem geht es zunächst einmal um Politik. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn was unter diesem Label firmiert, ist bekanntlich aktuell ein mehr oder weniger lästiges Anhängsel der Wirtschaft, mithin der Besitzenden. Auch wer nicht links sein will, wird zu diesem analytischen Urteil kommen. Es muß einem Diksurs auf die Beine geholfen werden, der nicht mehr stattfindet, weil die Medien, unter dem Einfluß von Parteien, Großverlagen und Anzeigenkunden, im Gros nur mehr Zeitgeist verbreiten. Kritisches Denken hat dort keinen Platz mehr, entgegen permanenten Lippenbekenntnissen und absurden Selbstbeweihräucherungen.

Keine große Utopie

Die tragenden Säulen der Demokratie sind eine solche öffentliche Debatte und die Kontrolle des Staates durch seine Bürger. Daß der Staat die Wirtschaft zu kontrollieren hat und nicht umgekehrt, ist aus meiner Sicht nicht einmal Resultat einer demokratischen Gesinnung. Diese Forderung entspringt vielmehr schon dem simpelsten Staatsverständnis. Was braucht es sonst eine Verfassung, wenn man Gesetze auch kaufen kann?

Der Begriff “Demokratie” beinhaltet den Begriff der “Herrschaft”. Es gibt also eine verfasste Bürgerschaft, die legitmiert ist, Regeln aufzustellen und ihre Einhaltung durchzusetzen. Diesem Prinzip stimme ich ausdrücklich zu. Hätte ich diesen Satz vor 25 Jahren gelesen, ich hätte ihn mir um die Ohren gehauen. Aber Anarchie, da wird mich wohl niemand mehr vom Gegenteil überzeugen, ist einfach nicht machbar. Die Logik, daß die Anwendung von Gewalt eingedämmt werden muß, ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist das Verdienst der Dynamik einer offenen Gesellschaft unter Beteiligung aller, wenn die Maßnahmen zu dieser Eindämmung so niederschwellig wie möglich ausfallen. Selbstverständlich geht Einsicht vor Kontrolle.

Genau dies aber wäre das demokratische Prinzip. Das Volk, die vielen, müssen eingebunden sein. Beteiligt, weil ihnen etwas liegt an ihrem Staat und beteiligt, weil sie die Ressourcen dazu haben: Bildung, Information, Muße. Man konfrontiere die politische Realität dieser Tage mit diesem Anspruch!

Das muß der Leser nicht wissen

Und man konfrontiere damit den “Qualitätsjournalismus”, der von sich behauptet, er stelle Fragen und kläre auf. Ihre “Aufklärung” besteht quasi flächendeckend darin, immer dieselben “Experten” zu zitieren, deren Komptenz nicht nur von linken (und) Bloggern angezweifelt wird. Außerhalb der Landesgrenzen gelten diese Genies zumeist nämlich als Scharlatane.

Und wo sind sie denn, die Fragen, die da gestellt werden? Welcher Journalist beachtet auch nur die oberste Direktive der Kritik, die Frage “cui bono“? Was man tatsächlich an Informationen erhält über das Geschehen hinter den Kulissen, ist dementsprechend. Längst wurde gar der Offenbarungseid geleistet, Journalisten hätten quasi die Wahl, etwas zu wissen oder darüber zu berichten. Zitat: “Das muß der Leser nicht erfahren“.

Das Bild, das wieder eine Berliner “Republik” prägt, ist das eines Bürgers, der beherrscht wird und sich zu fügen hat. Der nichts weiß und das gut findet. Der oberste Souverän, der sich und den Institutionen die Regeln eigentlich selbst geben soll, wird von den selbsternannten “Aufklärern” zum tumben Stimmvieh degradiert. Dies ist das exakte Gegenteil dessen, was ich unter “mehr Demokratie” verstehe.

Gestern gab es in der ARD ein müdes Portrait von Peer Steinbrück, das die FAZ in persona Nils Minkmar daher “revolutionär” findet. Minkmar ist mir bislang nur durch seine Sympathie für die These, Castros Geheimdienst habe JFK erschossen, aufgefallen. Er hoffte damals auf die Erhellung dieser kruden Theorie durch eine “kubanische Gauck-Behörde“.

Die unmotivierte Beweihräucherung Steinbrücks, der natürlich als “Retter” und immer wieder “Krisenmanager” zurechtgeschminkt wird, wäre nicht der Rede wert, mündete die Veranstaltung nicht in den Ruf nach Autoriät, der auch in Minkmars Gedröhne von “revolutionären” Erkenntnissen laut wird. Zunächst aber einige kurze Anmerkungen zum sonstigen Inhalt der Sendung:

Vom “Krisengerede” zum Abgrund

Steinbrück eiert bekannt virtuos herum, wo es um seine Einschätzungen vor, während und ‘nach’ der Krise geht, in der er in etwa überhaupt nichts zu “managen” hatte. Dies räumt er immerhin an anderer Stelle abstrakt ein. Zunächst davon motiviert, einen “Finanzmarkt auf Augenhöhe” (er liebt diese Floskel) zu installieren, steht die Regierung am Ende “überfordert” und erschöpft da, weil sie der Wirtschaft nur hinterher laufen kann. Natürlich bleiben diese Äußerungen im Vagen, denn sonst hätte jemand nachfragen müssen. Stephan Lamby, den Minkmar zum “Bob Woodward der Berliner Republik” aufbläst, hat darauf generös verzichtet.

Daß Steinbrück noch Tage vor dem “tiefsten Abgrund” von “Krisengerede” fabulierte, daß er nicht kommen sah, was andere längst alarmiert hatte, davon kein Wort, ebensowenig von seiner unerträglichen Bagatellisierung der Folgen. Zu gern hätte ich eine Reaktion darauf gehört, was Heusinger oder Krugman dem verkannten Dilettanten bescheinigt hatten.

Ein Zusammenhang zwischen den neoliberalen und verächtlichen Ansichten, die der Minister zur Sozialpolitik geäußert hat, und der spontanen “Rettung” der Spekulanten hätte auch einmal hervorgelockt werden können, spätestens als er meinte: “Die mittleren und unteren Schichten fühlen sich als Opfer“. Oder bei seinem Räsonieren über “Eliten”, die ihrer “Vorbildfunktion” nicht gerecht würden. Es war aber offenbar gar nicht im Sinne von Bobbycar-Woodward Lamby, Hintergründe zu beleuchten. Er betrachet es vielmehr als seine Aufgabe, solche auszuleuchten, damit die starken Männer schön groß erscheinen. Dafür spricht auch das alberne Gepose vor dem Kanzleramt, bei dem er sich selbst vermutlich besonders gut gefallen hat.

Autorität und Führung

In dieses Konzept paßt dann auch der Besuch bei Helmut Schmidt, das Gefasel über “fehlende Führung” und “ich und der Weizsäcker”. Im Kontext der “ökonomischen Systemfrage”, die Steinbrück selbst stellt, hört man die Nachtigall dann heftig flattern: Autoritäre Staaten wie China, so stellt Steinbrück nämlich fest, haben mehr als aufgeholt gegenüber der “nördlichen Hemisphäre”, womit er sicher den westlichen Teil meint. Die Demokratie und ihre Einrichtungen, das ist der rote Faden, sind im Nachteil beim Tanz um die Rendite.

Autorität, Führung, Personalisierung – das ist die “Revolution”, vor der Minkmar im Kielwasser von Lamby auf die Knie fällt. Die Ablösung der demokratischen Idee durch straffe Führung wird hier latent als Lösung angeboten. Zu erkennen wäre vielmehr, wie sehr der Druck ökonomischer Herrschaft schon zum Problem geworden ist. Und daß es aller verbliebenen legitimen Macht bedarf, sich dem entgegen zu stemmen.

Eine fatale Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in bezug auf das rigorose Rauchverbot in Bayern getroffen. Die Begründung, der Gesetzgeber dürfe “dem Schutz der Gesundheit den Vorrang vor den Freiheitsrechten” gesellschaftlicher Gruppen einräumen, öffnet der Schikane Tür und Tor. Daß ausgerechnet vorgebliche Gesundheitsaspekte von jeder nachvollziehbaren Begründung ausgenommen werden und damit ausdrücklich die Freiheit von Gruppen eingeschränkt wird, ermöglicht letztendlich barbarische Zustände. Eine staatlich verordnete Pflicht zur Gesundheit ist ein hinreichendes Mittel zur Errichtung einer Diktatur. Es bedarf nur einiger dominierender “Experten”, die eine Bedrohung für die Volksgesundheit behaupten, und schon stehen alle Mittel und Wege offen, um diese einzudämmen. Das hatten wir schon mal.
Ich gebe auch denjenigen, die lieber sofort ihren ideologischen Sermon abgeben, anstatt sich die möglichen Folgen dieser Politik zu vergegenwärtigen, die Gelegenheit darüber ein wenig zu meditieren. Die Kommentare sind geschlossen.

Halbkomatös, so wissen es meine kopfschüttelnden Kritiker, sehe ich fern. Heute wurde Comedy gegeben. Mich deucht, die Parodien von Teevee-Events, früher “Fernsehsendungen”, sind aus Gründen nicht vom Original zu unterscheiden. Nicht bloß, weil die Bestrahlten – womöglich zurecht – für so blöd gehalten werden, daß sie nur noch Karikaturhaftes goutieren. Vielmehr beruht die Parodie auf demselben Prinzip: Etwas zu präsentieren, das vermeintlich noch zweimal dööfer ist als die Kunden solcher Karaoke selbst.

Daß Unterschichtsbespaßelung zum Universalcasting für dummstolze Inkompetenz tendiert, ist weder neu noch erwähnenswert. Wie und warum das also noch ‘überhöhen’? Und was bitte ist komisch daran, die vorgeführten Deppen als inzestuös gezeugte Untermenschen zu diskrimieren? Wurde die Supernanny eigentlich regelmäßig zum Beischlaf mit ihrer Mutter aufgefordert? Wenn nämlich nicht, hat sie einen anderen Job gemacht als all ihre Kollegen.

Was auch nicht fehlt, ist – in der als Parodie angelegten Karaoke, versteht sich – die schon epidemische “ch”- Schwäche, prototypisch im ausgerechnet von homophoben Machos gern intonierten Satz “Isch ficke disch!”. Gründet “ch”-Schulen, wenn das Abendland noch eine Chance haben soll!

Das Ganze stimmt nachdenklich. Der Frauchen suchende, von Mama hündisch an den Trecker geleinte Bauer oder der Nachmittags-Talkshow-Jugendliche sind Schicksale, die ihre hohnlachenden Verächter ebenso hätten treffen können. Die Opfer höherer Einkommensbildung, deren Idiotie hier vermeintlich zurecht andauernd verspottet wird, sind auch nur einen mentalen Pflastersteinwurf von meiner Warte entfernt angepflanzt worden. Irgendwer da draußen ist noch klüger als ich und lacht über mich. Aus sicherer Deckung, wie es sich für Feiglinge gehört, wohl wissend, daß ich ihm sonst kommentarlos eine aufs Maul hauen würde.

Ein “Teufelskreis” ist schon mal per se keiner. Eine Rückkopplungsschleife beschreibt nicht wirklich einen Kreis, und die Unentrinnbarkeit wird spätestens dann von der mystischen Macht zur perfiden Farce, wenn die Bedingungen selbst gemacht und so gewollt sind. Und genau so sind die Hartz-Gesetze angelegt. Eine Schweinerei, deren Strategie darin besteht, Arbeit gleichzeitig zu glorifizieren und faktisch zu entwerten. Derart wird der besitzlose Nichtarbeiter zum Minderleister, der sein Leben nicht verdient hat. Schon zur Strafe drängt man ihn in Beschäftigungsverhältnisse zu Bedingungen, die kein souveräner Arbeiter akzeptieren würde. Womit ein Konkurrenzdruck auf ehemals reguläre Arbeitsverhältnisse entsteht, dem diese kaum standhalten können.

Anstatt aber diesen Mechanismus zu durchbrechen, setzen die zu kaum mehr als solch zynischer Propaganda fähigen Politikverkäufer noch einen drauf. Mit einem beliebten Slogan hausiert die Bundesarbeitsministerin derzeit wieder: “Hartz IV darf nicht attraktiver werden als Arbeit“. Dies freilich ist ein rhetorischer Knoten, der selbst in vier Dimensionen kaum auflösbar wird.

Zumutung Arbeit

Hartz IV macht Arbeit unattraktiv, Hartz IV ist unattraktive Arbeit. In jeder Hinsicht. Es ist ja nicht allein die Lohndrückerei, die durch erzwungene Minijobs ganz folgerichtig zu der Frage führt, ob man 40 Stunden malochen geht, um nachher keinen Cent mehr zu haben. Es ist nicht minder die Sklaven(halter)mentalität, die sich durch den dauernden Zwang ausgebreitet hat. Niemand will einen Job annehmen, weil er “zumutbar” ist. Nicht einmal für gutes Geld und schon gar nicht für Peanuts.

aaFür die meisten Arbeitgeber ist das System genauso unattraktiv. Ich habe die Zwangssituation aus beiden Perspektiven kennengelernt, als Ausschreibender und als Bewerber. An letzeres gewöhnt man sich vielleicht, so unangenehm das auch ist: Sich auf Stellen zu bewerben, die man nicht haben will oder für die man nicht qualifiziert ist. Noch nerviger aber waren die Bewerber, die mir von der Agentur geschickt worden waren. Nicht bloß, daß man sich mit Vorgängen aufhält, die man sich sparen kann. Natürlich gibt es noch zusätzlich Post von der “Agentur”, und regelmäßig ruft ein Spitzel an, ob die Mündel auch artig waren. Das macht solche Bewerber ungemein attraktiv.

Damit sind wir noch nicht einmal bei “Hartz IV”. Hier ist der Zwang noch einmal größer. Es droht Hunger – zumindest der Gang zur “Tafel” – und das Spektrum des “Zumutbaren” ist per definitionem unendlich. Das wissen auf der anderen Seite natürlich vor allem die Leuteschinder, die am liebsten gar keine Löhne zahlen würden und Tätigkeiten “anbieten”, für die jemand, der noch etwas zu entscheiden hat, zumindest eine fürstliche Entlohnung fordern würde. Die dorthin geschickt werden, haben aber gar nichts mehr zu sagen. Dementsprechend sieht die Arbeit aus, die ihnen angeboten, nein, “zugemutet” wird. Was soll da das Gerede vom “attraktiver” Arbeit?

Eine Masse von Sozialzombies

Flankiert, dies sei wiederholt erwähnt, wird das Ganze von der Weigerung, faire Mindestlöhne einzuführen. Und natürlich im selben Atemzug das “Lohnabstandsgebot” beschworen. Das ist schon nicht mehr absurd, das ist psychotisch.
Wem nutzt das? Wie gesagt nicht einmal den meisten Arbeitgebern. Auch nicht der Wirtschaft, die auf zahlungsfähige Konsumenten angewiesen ist. Schon gar nicht der ‘Gesellschaft’, die das alles noch subventioniert, dafür aber in eine Masse von Sozialzombies umgewandelt wird, deren ‘Solidarität’ in Neid, Konkurrenz und Statuskämpfen besteht.

Die Hartz-Gesetze befördern ein Gesellschaftsmodell, das Arbeiter rigoros zu Befehlsempfängern macht. Attraktive Arbeit, wie sie geschaffen werden müßte, um souveräne Arbeiter zum Verkauf ihrer Arbeitskraft zu animieren, ist darin überhaupt nicht vorgesehen, im Gegenteil. Er soll sich nicht verkaufen können, er hat sich zu fügen, um leben zu dürfen. Daraus kann nur folgen, daß der unattraktiven Arbeit eine möglichst unerträgliche Wirklichkeit als Arbeitsloser folgen soll, der zumutbaren Arbeit ein unzumutbares Leben als Unbeschäftigter.

Schmarotzertum und Inquisition

Dieses Programm wiederum ist für Arbeitslose nur zu durchbrechen, indem sie sich halt unters Minimum kürzen lassen und sich nebenbei ein paar Euros ‘schwarz’ verdienen. Es wird also genau das Sozialschmarotzertum gefördert, das am lautesten angeprangert wird, um es natürlich öffentlich zu verfolgen und zu bestrafen. So hat die Inquisition schon immmer gearbeitet.

Dagegen wäre tatsächlich nur ein Mittel wirksam: Attraktive Arbeit. Wer die Zustände verbessern will und die Motivation der Arbeiter, muß wirklich attraktiver Arbeit den Weg bereiten. Ordentlich bezahlt und menschlich gestaltet. Das Programm dafür wäre ziemlich genau das Gegenteil der Hartz-Gesetze.

Aus der Diskussion über Werbung im Internet (siehe insbesondere den Link zu Jan Schejbal) wurde ein Modellversuch im hiesigen Blog. Einer der Kommentatoren, Robert Hertel, hatte mir vorgeschlagen, hier Werbung für seine Firma zu plazieren, woraus ein Modell entstand, wie ich es damals bereits in meinem Kommentar skizzert habe.

hanfEs geht dabei um eine Form von Werbung, die sich abhebt vom Kaufmich-Geschrei in Form animierter GIFs, Layer oder AdServer-Terror und die etwas mehr kommuniziert als die Weisheit, daß Käufer eines bestimmten Produkts sexy, cool und angesagt sind. Insbesondere die Arbeitsbedingungen, unter denen die beworbenen Produkte entstehen, liegen mir dabei am Herzen. Das ist übrigens der Grund, warum es hier keine Buchempfehlungen gibt, die auf einen großen Internethandel verweisen. Damit lassen sich zwar einige Euros verdienen, aber wie ich lese, sind die Zustände dort “schlimmer als bei Lidl”. Dafür gibt es hier leider kein Bild.

Ich habe mit Robert Hertel über die Hintergründe der Hanfproduktion gesprochen und ihn u.a. zu den Bedingungen des Labels der Fair Wear Foundation und den Produktionsstandort China befragt. Zu ersterem folge man dem Link. HempAge dokumentiert seinerseits sogar die Liste der Mängel, die vor Ort noch festgestellt wurden. Das ist selbst der FWF eher zuviel Transparenz, sollte aber dem Zweck sehr dienlich sein.

Warum wird in China produziert? Auch wenn Europas Textilindustrie nicht eben für einen besonders kuscheligen Umgang mit den Mitarbeiterinnen bekannt ist und beinahe die gesamte Branche in Ausbeuterstaaten produzieren läßt, fragt man sich, warum ausgerechnet China. Die Erklärung ist freilich äußerst plausibel: Erstens gibt es in Europa keine Aufbereitungsanlagen für die erforderliche Faserqualität, zweitens läßt die Firma die Fasern da aufbereiten, wo sie hergestellt werden und drittens gibt es den Rohstoff nur in China. Die “Freigabe” bestimmter (THC-freier) Sorten hat die Situation für die Textilproduktion nämlich noch einmal verschlechtert. Zuvor gab es Ausnahmegenehmigungen, seitdem eben nicht mehr. Der europäische Kunst-Hanf ist aber für Textilfasern völlig ungeeignet.

Soweit ist mein Bedarf an Informationen also gedeckt, und ich halte es für eine gute Sache, gegen ein paar Euros das Banner in der Sidebar zu plazieren und auf diese Art hier Werbung zu machen.
Sollten die mir vorliegenden Informationen sich als unvollständig oder falsch erweisen, so darf das hier selbstverständlich korrigiert werden. Es ist ausdrücklich Teil der Vereinbarung mit HempAge, daß sich die Firma der Diskussion mit dem “Schwarm” stellt.
Weitere mutige Werbekunden dieser Art sind jederzeit willkommen.

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