Das Motto, frei nach Willy Brandt, ziert seit Jahren den Untertitel dieses Blogs. Es verspricht keine großen Utopien und erinnert an einen Politiker, der alles andere als unfehlbar war, sondern bei aller Wertschätzung auch Entscheidungen mitgetragen hat, die seinem eigenen Motto nicht gerecht wurden. Gerade deshalb paßt es mir aber so gut. Ich bin Demokrat, kein Anarchist und auch kein ‘Kommunist’. Gegen Kommunismus habe ich persönlich nichts, wenn er denn eben demokratisch ist. Das geht bestimmt, ist für mich aber auch nicht weiter relevant. Mein Augenmerk ist ein anderes.

merkelspiegelVor allem geht es zunächst einmal um Politik. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn was unter diesem Label firmiert, ist bekanntlich aktuell ein mehr oder weniger lästiges Anhängsel der Wirtschaft, mithin der Besitzenden. Auch wer nicht links sein will, wird zu diesem analytischen Urteil kommen. Es muß einem Diksurs auf die Beine geholfen werden, der nicht mehr stattfindet, weil die Medien, unter dem Einfluß von Parteien, Großverlagen und Anzeigenkunden, im Gros nur mehr Zeitgeist verbreiten. Kritisches Denken hat dort keinen Platz mehr, entgegen permanenten Lippenbekenntnissen und absurden Selbstbeweihräucherungen.

Keine große Utopie

Die tragenden Säulen der Demokratie sind eine solche öffentliche Debatte und die Kontrolle des Staates durch seine Bürger. Daß der Staat die Wirtschaft zu kontrollieren hat und nicht umgekehrt, ist aus meiner Sicht nicht einmal Resultat einer demokratischen Gesinnung. Diese Forderung entspringt vielmehr schon dem simpelsten Staatsverständnis. Was braucht es sonst eine Verfassung, wenn man Gesetze auch kaufen kann?

Der Begriff “Demokratie” beinhaltet den Begriff der “Herrschaft”. Es gibt also eine verfasste Bürgerschaft, die legitmiert ist, Regeln aufzustellen und ihre Einhaltung durchzusetzen. Diesem Prinzip stimme ich ausdrücklich zu. Hätte ich diesen Satz vor 25 Jahren gelesen, ich hätte ihn mir um die Ohren gehauen. Aber Anarchie, da wird mich wohl niemand mehr vom Gegenteil überzeugen, ist einfach nicht machbar. Die Logik, daß die Anwendung von Gewalt eingedämmt werden muß, ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist das Verdienst der Dynamik einer offenen Gesellschaft unter Beteiligung aller, wenn die Maßnahmen zu dieser Eindämmung so niederschwellig wie möglich ausfallen. Selbstverständlich geht Einsicht vor Kontrolle.

Genau dies aber wäre das demokratische Prinzip. Das Volk, die vielen, müssen eingebunden sein. Beteiligt, weil ihnen etwas liegt an ihrem Staat und beteiligt, weil sie die Ressourcen dazu haben: Bildung, Information, Muße. Man konfrontiere die politische Realität dieser Tage mit diesem Anspruch!

Das muß der Leser nicht wissen

Und man konfrontiere damit den “Qualitätsjournalismus”, der von sich behauptet, er stelle Fragen und kläre auf. Ihre “Aufklärung” besteht quasi flächendeckend darin, immer dieselben “Experten” zu zitieren, deren Komptenz nicht nur von linken (und) Bloggern angezweifelt wird. Außerhalb der Landesgrenzen gelten diese Genies zumeist nämlich als Scharlatane.

Und wo sind sie denn, die Fragen, die da gestellt werden? Welcher Journalist beachtet auch nur die oberste Direktive der Kritik, die Frage “cui bono“? Was man tatsächlich an Informationen erhält über das Geschehen hinter den Kulissen, ist dementsprechend. Längst wurde gar der Offenbarungseid geleistet, Journalisten hätten quasi die Wahl, etwas zu wissen oder darüber zu berichten. Zitat: “Das muß der Leser nicht erfahren“.

Das Bild, das wieder eine Berliner “Republik” prägt, ist das eines Bürgers, der beherrscht wird und sich zu fügen hat. Der nichts weiß und das gut findet. Der oberste Souverän, der sich und den Institutionen die Regeln eigentlich selbst geben soll, wird von den selbsternannten “Aufklärern” zum tumben Stimmvieh degradiert. Dies ist das exakte Gegenteil dessen, was ich unter “mehr Demokratie” verstehe.