Gestern gab es in der ARD ein müdes Portrait von Peer Steinbrück, das die FAZ in persona Nils Minkmar daher “revolutionär” findet. Minkmar ist mir bislang nur durch seine Sympathie für die These, Castros Geheimdienst habe JFK erschossen, aufgefallen. Er hoffte damals auf die Erhellung dieser kruden Theorie durch eine “kubanische Gauck-Behörde“.

Die unmotivierte Beweihräucherung Steinbrücks, der natürlich als “Retter” und immer wieder “Krisenmanager” zurechtgeschminkt wird, wäre nicht der Rede wert, mündete die Veranstaltung nicht in den Ruf nach Autoriät, der auch in Minkmars Gedröhne von “revolutionären” Erkenntnissen laut wird. Zunächst aber einige kurze Anmerkungen zum sonstigen Inhalt der Sendung:

Vom “Krisengerede” zum Abgrund

Steinbrück eiert bekannt virtuos herum, wo es um seine Einschätzungen vor, während und ‘nach’ der Krise geht, in der er in etwa überhaupt nichts zu “managen” hatte. Dies räumt er immerhin an anderer Stelle abstrakt ein. Zunächst davon motiviert, einen “Finanzmarkt auf Augenhöhe” (er liebt diese Floskel) zu installieren, steht die Regierung am Ende “überfordert” und erschöpft da, weil sie der Wirtschaft nur hinterher laufen kann. Natürlich bleiben diese Äußerungen im Vagen, denn sonst hätte jemand nachfragen müssen. Stephan Lamby, den Minkmar zum “Bob Woodward der Berliner Republik” aufbläst, hat darauf generös verzichtet.

Daß Steinbrück noch Tage vor dem “tiefsten Abgrund” von “Krisengerede” fabulierte, daß er nicht kommen sah, was andere längst alarmiert hatte, davon kein Wort, ebensowenig von seiner unerträglichen Bagatellisierung der Folgen. Zu gern hätte ich eine Reaktion darauf gehört, was Heusinger oder Krugman dem verkannten Dilettanten bescheinigt hatten.

Ein Zusammenhang zwischen den neoliberalen und verächtlichen Ansichten, die der Minister zur Sozialpolitik geäußert hat, und der spontanen “Rettung” der Spekulanten hätte auch einmal hervorgelockt werden können, spätestens als er meinte: “Die mittleren und unteren Schichten fühlen sich als Opfer“. Oder bei seinem Räsonieren über “Eliten”, die ihrer “Vorbildfunktion” nicht gerecht würden. Es war aber offenbar gar nicht im Sinne von Bobbycar-Woodward Lamby, Hintergründe zu beleuchten. Er betrachet es vielmehr als seine Aufgabe, solche auszuleuchten, damit die starken Männer schön groß erscheinen. Dafür spricht auch das alberne Gepose vor dem Kanzleramt, bei dem er sich selbst vermutlich besonders gut gefallen hat.

Autorität und Führung

In dieses Konzept paßt dann auch der Besuch bei Helmut Schmidt, das Gefasel über “fehlende Führung” und “ich und der Weizsäcker”. Im Kontext der “ökonomischen Systemfrage”, die Steinbrück selbst stellt, hört man die Nachtigall dann heftig flattern: Autoritäre Staaten wie China, so stellt Steinbrück nämlich fest, haben mehr als aufgeholt gegenüber der “nördlichen Hemisphäre”, womit er sicher den westlichen Teil meint. Die Demokratie und ihre Einrichtungen, das ist der rote Faden, sind im Nachteil beim Tanz um die Rendite.

Autorität, Führung, Personalisierung – das ist die “Revolution”, vor der Minkmar im Kielwasser von Lamby auf die Knie fällt. Die Ablösung der demokratischen Idee durch straffe Führung wird hier latent als Lösung angeboten. Zu erkennen wäre vielmehr, wie sehr der Druck ökonomischer Herrschaft schon zum Problem geworden ist. Und daß es aller verbliebenen legitimen Macht bedarf, sich dem entgegen zu stemmen.