Zitat des Tages:

tagesschau. de: Andere Stimmen sagen: Wir haben die Stabilitätskriterien eingehalten durch eine zurückhaltende Lohnpolitik und gut gewirtschaftet, und jetzt sollen wir für die einspringen, die das nicht getan haben. Ist das nicht ein berechtigter Einwand?

Flassbeck: Das ist vollkommen falsch. Man hat eine Währungsunion gemacht mit einem Inflationsziel von zwei Prozent. Das ist eine implizite Verpflichtung, die Löhne ungefähr zwei Prozent über der Produktivität zu halten. Deutschland ist massiv darunter geblieben und hat damit sozusagen eine Deflationspolitik betrieben, ohne es den anderen zu sagen. So wurde Deutschland fast zum alleinigen Gewinner, während fast alle anderen darunter leiden. Das hat nichts mit Sparen zu tun: Das war und ist ein klarer Verstoß gegen den Geist der Währungsunion.

Heiner Flassbeck war freilich nicht so gefragt im Zeitgeist. Hans-Wener Sinn, der noch immer von journalistischen Hasardeuren zitiert wird, wurde zur Ikone des Neoliberalismus und seiner Medien. Seit 30 Jahren wird gebetet, Konsum sei schädlich, niedrige Löhne gut und die jährliche Exportweltmeisterschaft pure Glückseligkeit. Die Rezepte dementsprechend. Werden wir doch einfach alle Exportweltmeister! Daß die “Stabilitätskriterien” eine maximal 3-prozentige Inflation vorschrieben, wurde uns ebenfalls eingebläut. Daß es auch einer minimalen Inflation bedarf, kann ja nicht angehen in einer Zinswirtschaft?

Kein Wort war es den gefragten “Experten” wert, wie volkswirtschaftlich – und zwar global – vernünftige Politik gestaltet werden könnte. Im Gegenteil wurde das Wohl und Wehe der Menschen dem “Standortwettbewerb” überantwortet, was nichts anderes heißt, als den manischen Egoismus eines einäugigen Betriebswirtschaftsdenkens der politischen Ökonomie überzustülpen. Werden in der kruden Konkurrenz der Betriebe und Konzerne die Verlierer vom Markt radiert oder ausgeweidet, ist das unschön, aber in Grenzen praktikabel. Dieses Prinzip aber als alternativloses den Staatswirtschaften zu verschreiben, ist ökonomischer Völkermord.

Es sollte keine Volkswirtschaft existieren dürfen, die sich nicht den Regeln der profitorientierten freien Märkte unterwarf. Alternativen wurden mit aller Macht unterdrückt. Selbst die sprachlichen Mittel der Kritiker und Zweifler unterliegen der Diktatur des Neoliberalismus. Staaten, die “Hilfe” benötigen, weil sie der Konkurrenz nicht standhalten, wurden und werden durch IWF, Weltbank und andere Institutionen der heiligen Einfältigkeit auf Kurs gezwungen. Gesetze werden angepaßt, Lohnabhängige global entmündigt und unterjocht, um private “Investoren” mit multiplen Erwerbsorgasmen zu befriedigen.

Trifft es Afrika, ist das Hunger as usual. Ist es Dubai, haben die Scheichs es nicht anders verdient. Springt Griechenland über die Klinge, sind es die faulen Korruptis selber schuld. Und morgen die ganze Welt. Deutschland wird derweil von Sozialschmarotzern bedroht, die sich jeder Eigenverantwortung entziehen.
Daß Volkswirtschaft die Völker betrifft, deren Menschen so viel Einfluß auf diesen Irrsinn haben wie zum Stumpfsinn verzogene Kinder, ist bestenfalls ein Thema in Ethikseminaren, die der Effizienz des Studiums zum Opfer fallen und freiwillig nachgeholt werden dürfen.

Politik und Boulevard nutzen die Gunst der fröhlichen Stunde und tun, was sie am besten können: Das ihnen anvertraute Vieh auf anderes zu hetzen. Die “Pleite-Griechen” wollen unser Geld und legen ihre faulen Kadaver in die Sonne oder streiken. Streiken!
Es ist nicht so, daß ich mich hier in Rage rede. Vielmehr finde ich nicht die Worte, die meiner Rage auch nur annähernd Ausdruck verleihen. Ich breche das an dieser Stelle ab.