Er hat endlich echte Ämter inne: Vizekanzler, Außenminister. Ersteres ermächtigt ihn, das Glöckchen zu bimmeln, wenn die Chefin bei der Kabinettssitzung fehlt. Vielleicht würde ein Mensch mit Mut und Ideen ja mit Inhalten in die Bresche springen, wo Frau Merkel delegiert und aussitzt. Raum wäre da genug. Aber Westerwelle mit den genannten Kompetenzen in Verbindung zu bringen, fällt nicht einmal dem bemühtesten Bückling der Hofpresse ein.

Er ist der unbeliebteste Außenminister aller Zeiten. Das ginge noch an, hätte er sich denn durch Handeln und Entscheidungen diesen Nimbus verdient, aber im Gegenteil ist nicht einmal erkennbar, was er sich überhaupt vorstellt unter “Außenpolitik”.

Als Parteipolitiker steht er nicht nur für das Versagen einer Ideologie, an die sich desorientierte Wähler zuletzt noch leichtgläubig geklammert haben. Er steht auch dafür, in atemberaubendem Tempo dafür gesorgt zu haben, daß die leeren Sprüche den vollen Sog ihres Vakuums entfaltet haben.
Dieses Versagen nagt seit Amtsantritt an ihm, und die Versuche, durch peinliche und aggressive Ausfälle fehlende Fähigkeiten zu kaschieren, haben die Fratze nur noch deutlicher bloßgelegt.

Der FDP-Vorsitzende ist darüberhinaus verantwortlich für ein verblüffendes Ausmaß an Selbstversorgung und Klientelpolitik des kleinen Koalitionspartners. Halbgar räumt Westerwelle jetzt abstrakt ein, es seien “Fehler gemacht” worden – ohne diese zu benennen oder auch nur ein Mindestmaß an Selbtskritik erkennen zu lassen.

“Emotional” nennen Tagesschau und andere Medien ernsthaft die blasse Show, in deren Rahmen der Guy d’Eau deultich macht, was er unter “Solidarität” versteht. Mit unbeteiligter Miene und weinerlichem Tonfall bedankt er sich bei seiner Partei, die noch die albernsten Eskapaden mit Feuerschutz begleitet hat. “Solidarität”, das ist ihm die Treue zum Führer durch dick und doof.

Die NRW-Wahl steht an, es sieht miserabel aus für die Neoliberalen. Was hat ihr Chef im Angebot, um mögliche Wähler zu überzeugen?
Die “Entlastung des Mittelstands”, jene Jahrzehnte alte Lüge, die “Mittelstand” sagt und Großverdiener meint. Obendrein erkühnt sich die passionierte Blendgranate und Freiheitsstatue zu schwadronieren, es sei ja auch Geld für die Banken da. Das Verbrennen von Steuergeldern für das Versagen der neoliberalen Marktreligion ist sein Argument für weitere Geschenke an seine Klientel.

Und weil ihm noch nie etwas anderes eingefallen ist als rechte Propaganda, bietet er wieder einmal verzweifelte Ablenkungslyrik auf:

Aber was ist denn die Alternative? Rot- Rot-Grün! Da – möchte – ich – unser – Land – vor – bewahren;
Das hat unser Land nicht verdient, dass in unserem Land 20 Jahre danach Sozialisten und Kommunisten wieder etwas zu sagen kriegen.

Nein, was wir verdient haben, sind 20 Jahre nach dem Mauerfall die Spukgeschichten aus dem Kalten Krieg, als gelte es, den Todesstreifen um Düsseldorf zu durchbrechen, dargeboten in einer rhetorischen Erbärmlichkeit, der nicht einmal die strapazierten Claqeure der eigenen Partei mehr zuhören mögen.
Allmählich fragen sich auch bislang Wohlgesonnene, wie der Mann jemals so weit kommen konnte. Um diese Geschichte aufzuarbeiten, wird man andere Karrieren zum Vergleich heranziehen müssen.

Ein Zeitgeist, der die Menschen sowohl ihres Denkvermögens als auch ihres Mitgefühls beinahe vollständig beraubt, erzeugt offenbar immer wieder Figuren, die die Massen in eine kaum nachvollziehbare Anhängerschaft bringen. Dabei beruht das Charisma dieser Idole auf Eigenschaften, die man niemandem nachsehen würde, der auch nur regelmäßig seine Stammkneipe heimsucht.
Es muß nicht gleich Hitler sein. Im Fall Guido W. wäre Oliver Pocher ein vortrefflich geeignetes Studienobjekt.