Wir sind Mitte, wir sind Schicht, wir sind alle Mittelschicht. Ich frage mich, wie lange es wohl dauern wird, bis die Lügen der FDP wieder vergessen sein werden. Hätten solche wirklich kurze Beine, es wäre ein langes schmerzhaftes Eierlaufen für die Mitglieder der Reichenbegünstigungstruppe.
Daß die versprochene “Steuern-runter”-Zirkusnummer weder finanzierbar noch durchsetzbar ist, hätte schon vor der Wahl jeder wissen können, der bis drei zählen kann. Daß aber das zeitlos blödsinnige Stufenmodell der Demokratiefreien ausgerechnet die Mittelschicht belastet, macht schon wieder Spaß.
Weniger überraschend ist freilich die Erkenntnis, daß die Reichen am meisten profitieren würden von dieser Gerechtigkeit der Einfachen mit den niederen Motiven. Alles wie gehabt. Nur, wie macht man es diesen mittelgeschichteten klar, daß sie von den Gelben nach Strich und Faden vereimert werden? Die meisten Gelbwähler haben ihre Färbung ganz offenbar vom Pinkeln gegen den Wind. Wenn sie sich dann über den Gestank beschweren, ist das schon traurig, wenn sie aber bei der nächsten Wahl wieder ihr Kreuz bei den Freunden des Geldadels machen, haben sie es definitiv nicht besserverdient.
Die Lösung des aktuellen Problems liegt übrigens auf der Hand. Der Entwurf, der schwer dafür spricht, daß die Vetternwirtschaftskompetenten nicht einmal rechnen können, muß nachgebessert werden. Einfach den Eingangssteuersatz erhöhen und in der Mitte ein wenig feilen. Das geniale Resultat wäre dasselbe wie der große Wurf zur Reform der kranken Kassen: eine Kopfpauschale. Ein Steuersatz für alle, einfacher geht es wirklich nicht, und es entspräche in höchstem Maße dem, was für die FDP “Gerechtigkeit” heißt. Der Mittelschicht kann man das allemal als Geniestreich verkaufen. Die tun alles, um sich für etwas Besseres halten zu können.
April 15th, 2010 at 14:20
“…wir sind alle Mittelschicht.” Immer häufer lese ich ich ben Begriff “Mittelstand”, bezogen auf lohnabhängige Arbeiter/Angestellte und Familien. Wobei ich mir sehr sicher bin dass, “früher”, nur mittelgroße Unternehmen als Mittelstand bezeichnet wurden. Ergo setzt man gewieft Mittelschicht und Mittelstand als lohnabhängige Gruppen gleich.
Ein Leserkommentar diesbezüglich leist sich dann so (aus einer größeren Zeitung):
“Mittelschicht und Mittelstand
sind nicht immmer dasselbe. Mittelstand ist in der Regel eine höhere Schicht als Mittelschicht.”
Der Kommentator hat hier versucht intelligent zu wirken, im dem er die, für ihn “defizile Grenze” zwischen Mittelstand und Mittelschicht gezogen hat. Was ´n Dummbatz.
Wenn man überall diese dämliche Gleichsetztung verbreitet hat, hat mans leicht. Daraufhin fordert man Steusersenkungen für den Mittelstand, und die “Mittelschichtselite” fühlt sich angesprochen ist auch dafür. So einfach ist das.
April 15th, 2010 at 15:32
Wahrscheinlich meint die FDP “Mittelstrahl”.
Dann würde auch die Farbe halbwegs passen…
April 15th, 2010 at 15:36
“besserverdient” statt “besser verdient” ist heute mein Wortspiel des Tages :)
April 15th, 2010 at 17:04
[...] https://archiv.feynsinn.org/?p=3061 [...]
April 15th, 2010 at 18:59
Mediocrität für Alle! So geht’s doch auch
April 15th, 2010 at 20:42
Meines Erachtens nach liegt in dem Satz “Daß die versprochene “Steuern-runter”-Zirkusnummer weder finanzierbar noch durchsetzbar ist, hätte schon vor der Wahl jeder wissen können, der bis drei zählen kann.” ein Denkfehler vor; ich habe darauf auf dem Blog geantwortet:
https://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2010/04/die-steuerreform-als-ziel-aller-traume.html
April 16th, 2010 at 04:54
Ach, wie überraschend: “FDP verwöhnt Gutverdienende”. Welch eine Sensation, liebe taz. Besonders übel stößt diese Passage im Artikel auf: “Offenbar wollen die Liberalen ihre Klientel schonen – zu der überproportional viele Handwerker und Eigenheimbesitzer zählen dürften.” – Was für eine Farce! Weshalb plappert die Zeitung diesen Mythos unreflektiert nach, anstatt wenigstens kurz darauf hinzuweisen, dass sich möglicherweise einige “Handwerker und Eigenheimbesitzer” für die Klientel der FDP halten mögen – dass das aber nun so offensichtlicher Unfug ist, wie er offensichtlicher nicht mehr sein könnte?
Hallo? Ist da noch jemand bei Bewusstsein in der taz-Redaktion?
April 16th, 2010 at 11:15
Die FDP hausiert weiter mit ihren beiden inzwischen völlig sinnentleerten Schlagworten: Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit. Es fehlt ihr, der Wirtschaftspartei, die weder weiß noch wissen will, was Wirtschaft ist, an jedwedem plausiblen Argument, an dem sie auch nur einen einzigen weiterführenden Gedanken anbinden könnte. Ihr Repräsentant, Wirtschaftsminister Brüderle, schüttet Säcke voll Zahlen mit noch und noch Nullen in die Diskussion ohne dass er auch nur den naheliegendsten Zusammenhang richtig darzustellen vermag. Soweit, so miserabel. Die Aufgabe lautet Systemerhalt eines unhaltbaren Systems zum Zweck der Selbsterhaltung. Und ist somit, das wollen wir mal anerkennen, keineswegs leicht. Die vermeintlich Begünstigten haben darüber hinaus wohl erkannt, dass sie diese ausgehöhlte Hilfstruppe nicht wirklich brauchen.
Was ich andeuten will: Den Schokoladenhohlkörper permanent mit ´nem schweren Hammer anzugehen, birgt über kurz oder lang auch die Gefahr der Selbstverletzung.
April 16th, 2010 at 15:22
“Gerechtigkeit der Einfachen mit den niederen Motiven” Super! :-)
Was mich besonders stört, dass diese Unsinnigkeit eines Stufenmodells so selten diskutiert wird und es oft dargestellt wird, als sei das FDP-Steuerkonzept im Grunde gut, nur “leider” nicht finanzierbar.
Was aber noch eher dem FDP-Begriff von Gerechtigkeit entsprechen würde: nicht ein Einheitssteuersatz, sondern ein pauschaler Betrag Steuer für jeden …
April 16th, 2010 at 15:26
@ 1 Mocca:
Ja, Mittelstand bezieht sich ja eigentlich auf Betriebe. Die meisten Besitzer oder Manager dieser sind freilich kaum mehr der Mittelschicht zuzurechnen.
April 16th, 2010 at 16:11
Ich würde Mittelstand als den Teil der Mittelschicht auffassen der Kapital bzw. Produktionsmitteln besitzt.
Wobei man ja eigentlich anders differezieren müsste, da, wie geschrieben ein Großteil der “Mittelständler” der Oberschicht angehören.
Ansonsten schöner Text, bitte so weitermachen.
April 26th, 2010 at 00:26
[...] Wähler zu überzeugen? Die “Entlastung des Mittelstands”, jene Jahrzehnte alte Lüge, die “Mittelstand” sagt und Großverdiener meint. Obendrein erkühnt sich die passionierte Blendgranate und Freiheitsstatue [...]
April 26th, 2010 at 12:28
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