Spiegel Online und der muslimische Kinderschänder
Posted by flatter under Journalismus[42] Comments
20. Sep 2011 17:40
Der Moslem ist nicht immer Kinderschänder, aber wenn er keiner ist, macht er zumindest mit. “Muslime, die von Angehörigen missbraucht werden, leiden meist still“, weiß die Boulevard-Postille für christlichen Kulturkampf. Sie erzählen die Geschichte des Missbrauchsopfers Laila und erklären:
“Laila hat ihren Onkel angezeigt. Aus der Sicht ihrer Familie hat sie die Ehre verletzt“. Da ist er wieder, der Moslem, für den jedes Verbrechen an Frauen ein Kavaliersdelikt ist und dessen Kinderschänder-Ehre von allen gedeckt wird.
Der Pakistani als solcher schaut fern und vergewaltigt Kinder:
“Zu Hause ist es wie in Pakistan. Nonstop läuft pakistanisches Fernsehen, aus dem Radio dudelt pakistanische Musik, es gibt pakistanisches Essen, an den Wänden hängen Fotos aus Pakistan. In ihrem Zimmer vergeht sich der Onkel an Laila. Sie beginnt, Pakistan zu hassen.”
“Sie beginnt, Pakistan zu hassen.”
Nein, das ist kein Witz, kein Fake, keine Satire. Das steht wortwörtlich im Artikel. Der schließt übrigens mit dem Beleg der These, dass der Moslem immer frei kommt:
“Drei Jahre lang kämpft sie für ihr Recht, [...] Sie fühlt sich immer wieder retraumatisiert, sagt sie. Jetzt wurde das Verfahren eingestellt.”
Warum, das erfährt man nicht. Auch erfährt der Leser nicht, warum die Redaktion es für erwiesen hält, dass Lailas Onkel schuldig sind, wenn sie nicht verurteilt wurden. Von ihnen erfahren wir im übrigen, dass sie “nach Deutschland kommen, sich einnisten und langweilen.” Anders kommt der Qualitätsjournalismus dem Moslem wohl nicht bei. Und schon gar nicht dem heiklen Phänomen des Missbrauchs, das hier ausgeschlachtet wird, um haarsträubende Journaille der untersten Schublade zu betreiben.
Ein vergleichender Blick auf die durch christliche Nächstenliebe und Offenheit geprägte Kultur und deren Umgang mit Kindesmissbrauch erkennt nicht bloß eine schon traditionelle Regelhaftigkeit der Kindesmisshandlung in christlichen Einrichtungen und ebensolche Vorfälle an nicht religiösen Internaten. Hier sind das “Verfehlungen”, ggf. “kriminelle Strukturen”, wenn jahrzehntelang geschwiegen wird. Die deutsche Familie ihrerseits kann das auch, des “Spiegels” Pakistan liegt zum Beispiel im tief christlichen Franken. Bekannt wurden Fälle z.b. 2007 und auch aktuell wieder, ohne dass die Mitwisser je eingegriffen hätten. Muss man deshalb jetzt Franken hassen?
Blut, Sperma und fremdrassische Verbrecher
Der ekelhafte Boulevard der Spiegel-Redaktion läuft dem Springer-Verlag allmählich in allen Kategorien den Rang ab. Betroffenheit zwischen Blut, Sperma und fremdrassischen Verbrechern legen gar noch andere Vergleiche nahe. Die Strategie, dabei vermeintlich aus der Perspektive des Opfers zu erzählen, ist infam, zumal der Artikel zu dem Schluss kommt, dass es aussichtslos ist, Täter anzuzeigen. Dem Tenor nach fühlt man sich bewogen zu bedauern, dass ihre Suizidversuche gescheitert sind. Wer Opfern helfen möchte, bietet ihnen andere Perspektiven als die vermeintliche völlige Hoffnungslosigkeit.
Gut ankommen wird so etwas dafür bei denen, die das hören wollen. Seit dem furchtbaren Sozialdemokraten weiß man an der Brandstwiete, dass sich dergleichen hervorragend verkauft. Die aktuelle Diskussion über rechtsradikale Blogs und ihre Klientel macht deutlich, dass es ein breites und dankbares Publikum dafür gibt, vor allem im Internet. Offenbar ist der “Spiegel” endlich dort ankommen, wo dieses bedient wird. Willkommen in der Gosse!

Schirrmacher ist also der letzte, der zweifelt. Und er zweifelt doch. Im Schulterschluss mit Charles Moore umarmt er die Linke, die vielleicht doch recht hatte. Moore lobt eine “Analyse der Linken”, die erkannt hat, dass der Neoliberalismus sich nicht nur jeglicher materieller Ressourcen, sondern auch der Sprache hemmungslos bedient und diese beschädigt. Insbesondere die der Konservativen. Und dann die schreckliche Erkenntnis, die Schirrmacher und Moore nicht länger reflexhaft abwehren wollen: “Das politische System dient nur den Reichen” könnte ein wahrer Satz sein.
Das Interview ist eine Analyse wert, die es an Länge übertrifft, da ich aber hier keine Wissenschaft betreibe, beschränke ich mich auf eine grobe Einschätzung und ein Detail.
Die Selektion in diesem ehemals ehrenwerten Berufsstand hat nur mehr Ruinen hinterlassen. In den Verlegerzimmern und Chefredaktionen herrscht ein ökonomisches Kalkül vor, in dem die Vorstellung von Lesern, denen Qualität, Kontext und Charakter zu bieten wäre, nicht mehr vorkommt. Wer überhaupt noch kauft, der kauft alles, scheint man dort zu denken. Die Rücksicht auf potente Anzeigenkunden hingegen ist stets inklusive. Denen darf gemeinhin betriebswirtschaftliches Denken in allen Bereichen des Lebens unterstellt werden. Folglich haben die Berichte und Kommentare sich am Neoliberalismus zu orientieren.
Die deutschen Banken, allen voran die Deutsche Bank, sind nicht einfach Geldinstitute oder Gewinnmaximierer. Sie sind eine tragende Säule der Bundesrepublik, sie sind Teil der Gesellschaft, sie arbeiten für die Menschen und mit den Menschen in Deutschland. Und sie wissen sehr genau: Ohne eine grundlegende gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich kein Geschäft auf Dauer nachhaltig oder erfolgreich betreiben.
