Einen “Ethikrat” will die Nichtregierungsorganisation Merkel einsetzen, um während des verfassungswidrigen “Moratoriums” zum Atomgesetz ein schönes großes Schaumbad anzusetzen. Diesem neuerlichen illegitimen Ersatzgremium für Entscheidungen, die dem Bundestag obliegen, gehören nicht weniger als vier Vertreter der Religionen an: Ulrich Fischer, Vorsitzender des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen in der EKD; Alois Glück, graue Eminenz der CSU und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken; Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising; sowie Klaus von Dohnanyi, INSM.

Das nenne ich mal einen “Ethikrat”! Da ein solcher “Rat” weder irgendwelche Kompetenzen haben darf und für jedermann ersichtlich auch mit keinerlei Sachkompetenz aufwartet, darf man sich also darauf verlassen, dass Frau Merkel aus deren Ratsstuss ein imperatives Mandat ableiten wird. Ich erkläre diese sogenannte Regierung hiermit für abgesetzt. Das kann ich, weil hier inzwischen ja eh jeder macht, was er will – ob das noch irgendwie im Einklang mit dem Grundgesetz und politischer Legitimation steht oder nicht.

Wie soll man sich das eigentlich vorstellen, wenn ein Politiker gekauft wird? Lieschen Müller stellt sich das so vor: Da gehen Lobbyisten auf einen hochrangigen Politiker zu, sagen ihm: “Wir brauchen diese und jene Änderung an einem Gesetz und zahlen dir folgende Summe dafür …” Eine naive Vorstellung. Das Schlimme ist: Lieschen Müller hat recht.

[Update2: Die Content-Pizzeria hat die Videos eingezogen. Der Text des Interviews (Nach meiner Erinnerung nicht ganz vollständig), ins Deutsche übersetzt, findet sich hier. ]

[Update3: Dieser User hier scheint eine Lizenz zu haben.

Österreich will jetzt etwas gegen Korruption tun, und der “Standard” glaubt, es sei ein quasi nationales Problem.

Das ist nicht ganz richtig, das können andere genauso gut, und zwar nicht nur die vom Balkan, die sich auch haben erwischen lassen. Dass diese dreiste Form der Korruption bei der EU aufgedeckt wurde, liegt vermutlich daran, dass dort eine Menge zu holen ist und die Kontrolle noch schwieriger als in den Einzelstaaten. Das dürfte die Banditen stark ermutigen.

Es ist andererseits zu vermuten, dass dort häufiger zwischen Unbekannten geklüngelt wird, was eine gewisse Gefahr birgt. Die Presse der Heimatländer dürfte obendrein weniger motiviert sein, die Kumpels aus dem Parlament hoch zu nehmen als die ‘ausländische’ Presse. Dies mag zu dem Glücksfall geführt haben, dass die Sunday Times Strasser und Kollegen in flagranti erwischt hat.

Wer sich allein anschaut, welcher Filz in Berlin herrscht zwischen Politik und Medien, wird zu dem Schluss kommen, dass die Korruption dort noch ganz andere Dimensionen annimmt. Wer den Einfluss der Finanzwirtschaft auf die Politik kennt, kommt gar nicht umhin, dies zu erkennen.
Wenn nun Fukushima ein Anlass war, die AKWs hierzulande mit anderen Augen zu sehen, sollte dieser GAU der Lobbyisten erst recht ein Anlass sein, endlich Gesetze gegen Korruption zu verabschieden. Aber wer sperrt sich schon gern selbst ein?

[Update: Für diejenigen, die des Englischen ohnmächtig sind: Strasser, ÖVP-Politiker, Ex-Innenminister, Delegationsleiter der ÖVP im EU-Parlament und Lobbyist, erklärt, er sei eben Lobbyist und Mitglied des EU-Parlaments, das sei eine gute Mischung. Er wolle sich nach Ende seiner EU-Tätigkeit in Brüssel mit einem Büro niederlassen und weiter seine guten Kontakte nutzen. Er nehme 100.000 Euro jährlich pro Klient, für den er Entscheidungen zu manipulieren versucht. Er sei dabei sehr diskret und wolle gar nicht genau wissen, für wen er da arbeitet.]

Die SPD hält die Wähler der Mitte. Alle anderen hauen ab. In Sachsen-Anhalt bringt sie es fertig, in Zeiten allgemeiner Trostlosigkeit noch eine hinreißende Parodie auf die Parteien der gleichnamigen Herrschaft hinzulegen. Mancher mag hier einwenden, im Gegenteil sei deren Gewurschtel doch nur typisches Parteiengebaren in letzter Konsequenz. Das trifft aber nicht recht zu, denn die SPD ist dort ganz und gar unparteiisch und wo sie es nicht ist, da ist sie antiparteiisch. Wie das?

spdvorwNun, in einem Land, indem sie schon vor vielen Jahren mit der PDS koalierte, ist sie nunmehr zum Wackeldackel und Quick-nick der CDU geworden. Ihr Programm und ihre Versprechen vor der Wahl liegen recht nahe bei denen der Linken. Im SPD-Bundesprogramm ist vielfach die Rede von “demokratischem Sozialismus”. Dorthin mag sie aber nicht rucken. Auch dem Programm der Grünen sind sie sehr nah. Nur mit einer Partei im aktuellen Landtag hat sie programmatisch kaum Überschneidungen: Mit der CDU. Deshalb will sie nur unter denen regieren. Es sei denn, sie dürfte als drittstärkste Fraktion und Juniorpartner den Ministerpräsidenten stellen. Jeder fünfte aktive Wähler findet das gut. Das ist dann wohl die “Mitte” – der geschlossenen Abteilung.

Na gut, es gibt da gewisse Gepflogenheiten neoliberaler Herrschaftskunst, die das Ganze erklären könnten, aber wer will schon immer wieder dasselbe hören? Gehen wir doch lieber nach Japan, wo die Menschen so völlig anders sind als wir. Wo alles ganz anderen Regeln folgt. Kein Gewinnstreben, kein Marktradikalismus, keine Atomkraftgegner. Oder doch? Erstaunlich!

Herrschaftskunst international

A propos Atomkraft: Was passiert, wenn man Gesetze durch “Moratorien”, Notstandsverordnungen oder andere spontane Ausbrüche plötzlicher Stimmungswechsel umwirft, kann man gerade im Freiland beobachten: Die Gesetze werden nicht mehr beachtet. Wenn sich jeder aussuchen darf, ob und wann ein Gesetz gilt oder nicht, wäre man ja arg havarierten Verstandes, zahlte man noch Steuern. Das haben auch die Brennstabheuschrecken erkannt und zeigen Frau Merkel den Stinkefinger. Wie wäre es denn jetzt mit einem neuen Gesetz? Na, endlich überzeugt?

flugzWenn man ‘Krieg für Öl’ ablehnt, kann man es mal mit ‘Frieden ohne Öl’ versuchen“, meint Friedrich Küppersbusch. Im Prinzip ja, aber wer lehnt das denn ab? Wie ich bereits anmerkte, ist Demokratie “schwarz und flüssig”. Von “Öl” war noch nie die Rede, wenn die Bomber abgehoben haben. Frankreich zum Beispiel hat sogar noch mehr gute Gründe für die Bomben auf Libyen. Dort muss eine rechtsextreme Präsidentin verhindert werden, und der aktuelle Staatschef hat nur eine Chance auf seine Wiederwahl: Die als Kriegspräsident.

Guido Westerwelle, die Miss Liberty im Außenamt, arbeitet derweil nach Kräften an der ihm angemessenen Bedeutungslosigkeit. In der UNO, der NATO und überall da, wo nicht “Deutschland hier” ist, ist der Mann nach wie vor ein “Rätsel” und auch das “zwiespältige Verhältnis zu den USA” ist noch nicht vom Tisch. Klar kann Deutschland sich enthalten, wenn es im Sicherheitsrat um die Frage geht, ob in Libyen unsere Waffen mit unseren Waffen bekämpft werden. Einen solchen Eklat kann man sich leisten, vielleicht ist er gar überfällig. Der zuständige Außenminister sollte ihn dann aber wenigstens wahrnehmen. Gar nicht schlecht wäre dann eine Erklärung, aus der andeutungsweise hervorginge, warum der Herr so handelt. Mit “einfacher, niedriger, gerechter” ist da nicht gedient.

Es ist so eine Sache mit der Demokratie. Der eine hält sie für ein vorgeschobenes Vehikel, hinter dem es sich hinterlistig herrschen lässt, für den anderen ist es die vielleicht beste Staatsform der Welt. Ähnlich verhält es sich mit dem Rechtsstaat. Für manche ist er ein Instrument der Rechten und Reichen, wieder andere sehen darin den Kern einer gerechten Gesellschaft.

pflasterMancher Leser mag das nicht ganz glauben, aber die hier zumeist gepflegte Perspektive ist alles andere als naiv. Oft macht es den Eindruck, als werde hier das Zerrbild einer Demokratie einfach durchgepaust und so getan, als sei nicht völlig unmöglich, was da als Ziel der Veranstaltung ausgegeben wird. Die bürgerliche Demokratie eine friedliche gerechte Gesellschaft? Wie dumm ist das denn?

Radikale Zweifler und Aktivisten wissen es besser: Da ist nichts zu retten. Das kann bestenfalls zerstört werden in der Hoffnung auf etwas Neues. Dann tritt prompt der Konterrevolutionär auf den Plan, doziert, so werde alles nur noch schlimmer und fragt scheinheilig, wohin genau der Aufstand führen soll?

Bequemlichkeiten

Es erscheint bequem. Es scheint, als verweigere sich der Lampenputzer kampfhaft der radikalen Veränderung. Wie bequem ist es andererseits, einfach dagegen zu sein und die eigene Unfähigkeit zur Veränderung denen anzulasten, die sie nicht leugnen? Was ist das für ein Umgang mit der Ohnmacht, sie anderen Ohnmächtigen vorzuwerfen?

Es ist egal, wo man beginnt, eine Utopie zu formulieren. Es spielt keine Rolle, wo man mit der Kritik beginnt, wenn sie grundlegend ist. Und es ist eine wirksame Methode, Kritik als Utopie zu formulieren. Sie darf sogar illusorisch sein, und zwar umso mehr, je naiver sie die Versprechen der ‘Demokraten’ ernst nimmt.

Wie der brave Soldat Schwejk die Befehle wörtlich genommen hat, so ist es ein Mittel drastischer Kritik, die Preisungen der Demokratie und ihrer ‘sozialen Marktwirtschaft’ wörtlich zu nehmen. Zurecht wird hier immer wieder in den Kommentaren darauf hingewiesen, welch ein Unterschied herrscht zwischen Theorie und Praxis. Das ist Analyse live in stetiger Aktualisierung. Die kann auch ganz schön fad werden, aber wir sind ja nicht zum Spaß hier.

Trottelige Gutgläubigkeit

Noch naiver erscheint die Ergänzung der schon trotteligen Gutgläubigkeit durch Vorschläge, wie man das Ganze vielleicht verbessern könnte. Das, was längst entlarvt wurde als ungerecht, undemokratisch, korrupt und verlogen. Was nützt es, angesichts dessen schlaue Vorschläge zu machen? Ein bisschen anders Besteuern hier, ein wenig Justizreform da, ein paar Euro mehr für die Bedürftigen, was würde das ändern am System?

RLFWenig bis nichts. Dennoch würde es das Leben sichtbar verändern. Schon kleine Veränderungen im Rahmen der gegebenen Ordnung könnten entscheidende Erleichterung bedeuten für alle diejenigen, die sich nicht einfach kaufen können, was und wen sie brauchen. Millionen Menschen hätten wieder eine Vorstellung davon, dass Würde mehr ist als ein komischer Begriff im Grundgesetz. Die Vorstellung von Gerechtigkeit ließe sich wieder mit Politik in Verbindung bringen. Es wäre ein Leichtes, dies legal und ohne große Umwälzungen zu erreichen.

Es wird dennoch nicht getan. Darum schreibe ich darüber. Deshalb zeige ich das anhand konkreter und aktueller Ereignisse und Entscheidungen. Das ist das Zerrbild, das eine Demokratie abgibt, wenn deren “Vertreter” sie beschreiben und man dem einen Blick aus dem Fenster entgegen hält. Was daraus folgt, darüber habe ich nicht zu befinden. Dass daraus etwas folgen muss, das ist die Nachricht.

Wie selbstverständlich übernehmen Abgeordnete von Union und FDP in der Atomdebatte Ansichten, die noch vor ein paar Tagen als linksradikal gegolten hätten. (FAZ)

Ein Kommentar, der dort noch vor ein paar Jahren als linksradikal gegolten hätte. Jetzt müssen sie nur noch lernen, was Verlinkung bedeutet.

Was wir brauchen, ist ein Ausstieg mit Augenmaß.” (Angela Merkel)

Was wir nicht brauchen, sind Worthülsen aus dem Latrinengewehr. Die Steinbrücksche “Augenmaß”-Selbstbeweihräucherung wird nicht besser, wenn sie in entlarvender Gammelfleischrhetorik zwischengelagert wird.

Das Atomforum nachzuahmen, sei dagegen «kein fairer Umgang und nicht akzeptabel»

Fairer Umgang mit dem Atomforum? Spendet Tickets für einen Ausflug zum Aufräumen in Fukushima. Fair enough.

In der aktuellen Berichterstattung vom Montag wurde erst einmal hingenommen, dass Angela Merkel gewissermaßen mit Notverordnungen regieren kann – so als gäbe es keine beschlossenen und gültigen Gesetze.

Es dauerte zwei Tage und es bedurfte erneut der Wachsamkeit von Bundestagspräsident Norbert Lammert und anderer Parlamentarier, bis diese Frage endlich auch in den Zeitungen problematisiert wurde. Kein Ruhmesblatt für die Wachsamkeit der Medien.

Sie sollten Blogs lesen und meinetwegen abschreiben.

Ich halte nichts davon, bei jeder Gelegenheit von “Faschismus” zu reden oder die Diktatur zu beschwören, wo immer einem eine politische Entscheidung nicht passt. Dergleichen ist eher das Handwerk der Antikommunisten, denen alles gleich ‘Mauer und Stacheldraht’ ist, egal ob es um Erbschaftssteuer geht oder das Recht, gegen Atomkraft zu demonstrieren.

brdDennoch ist es mir wichtig, auf alle jene Vorgänge aufmerksam zu machen, die nicht demokratisch sein können und nicht einmal rechtsstaatlich. Und es ist mir durchaus nicht unwichtig zu erwähnen, dass auch kleine und mittlere Rechtsbrüche oder autoritäre Handlungen von Regierenden in der Summe und bei gleichzeitigem Auftreten eine Diktatur ergeben können. Zur Illustration kann man die Zustände in Italien als Grenzwert ansetzen. Was Berlusconi dort treibt, ist diktatorisch. Es ist näher an einer Diktatur als an einem demokratischen Rechtsstaat.

Will man Diktaturen verhindern, muss man sich Gedanken machen lange ehe es soweit ist. Es kann gelingen, die Säulen einzureißen, ehe das Dach darauf errichtet wird. Dies ist die Pflicht der Demokraten, wenn sie wirklich welche sein wollen.

Die Säulen der Diktatur

Eine dieser Säulen ist Regierungshandeln, das sich an die gesetzlichen Grundlagen nicht hält, von denen es seine Legitimation bezieht. Besonders hässlich wird solches Handeln, wenn es sich gegen Bürger und ihre Rechte wendet, wenn es als Notstandshandeln deklariert wird, wo keine Not ist und wenn es Populismus mit falscher Autorität verbindet. In allen diesen Angelegenheiten ist der aktuellen Bundesregierung ein Zeugnis auszustellen, das um die Bewertung “antidemokratisch” nicht herumkommt. Drei Beispiele dazu:

Erstens das Auftreten zu Guttenbergs. Das durch ihn und seine Förderer ausgelöste Revival der Verehrung von Adel, Kommiss und Autorität war genau die Art von verantwortungslosem Populismus, die jeden noch annähernd politischen Diskurs zum Erliegen bringt. Was Lafontaine – der inhaltlich meist richtig lag – jahrelang unterstellt worden war, hat Guttenberg verkörpert. Er hat bar jeden Inhalts und entgegen einer Reihe grober Fehlentscheidungen ganz auf Beliebtheit gesetzt. Selbst als überführter Blender und trotz klaren Rechtsbruchs wollten die meisten der Seinen an ihm festhalten. Das ist durchaus alarmierend.

hivZweitens der Umgang mit den Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts. Die sogenannte “Reform” von Hartz IV ist in allen Details ein Verstoß gegen ein Urteil des BVerfG, das alle diese Details bereits angemahnt hat.
Es geht einher mit einer von Politik und Medien betriebenen Entwürdigung von Hilfeempfängern, die hier oft genug thematisiert worden ist. Vor allem aber zeigt es eine erschreckende Ignoranz gegenüber der Verfassung und ihren Institutionen. Hier hört der Rechtsstaat auf, einer zu sein. Wer so verfährt, dem ist alles zuzutrauen.

Ein kleines Notstandsgesetz

Drittens die aktuelle Entscheidung zur Abschaltung einer Reihe von Kernkraftwerken. Diese Entscheidung entbehrt jeder denkbaren Legitimation. Sie ist wahrscheinlich wieder einmal verfassungswidrig. Sie beruft sich auf einen Notstand, der nicht herrscht. Der angebliche Notstand herrscht entweder unbemerkt seit über dreißig Jahren oder er ist nur vorgeschoben, um die verfassten Institutionen zu umgehen. Beides ist gleichermaßen verwerflich. Hinzu kommt, dass eine Begründung für diese Maßnahme durch diejenigen, die sie gegen den Beschluss des Bundestages eigenmächtig durchführen wollen, völlig unmöglich ist. Es sind dieselben, die auf Basis unveränderter Fakten noch vor einer Woche behauptet haben, es herrsche vollkommene Sicherheit. Die hat sich jetzt in einen Notstand verwandelt, der die Rechte des Parlaments außer Kraft setzt?

Wer so mit dem Rechtsstaat verfährt, offenbart eine gefährliche Gesinnung. Es wäre äußerst fahrlässig, solchen politischen Extremisten die Regierung anzuvertrauen. Hier zeigt sich einmal mehr eine Schwachstelle in der Konstruktion der Bundesrepublik: Es gibt keine namhaften Sanktionen gegen den Missbrauch der Regierungsgewalt und deren fortgesetzten Bruch der Verfassung. Hier ist dringend Abhilfe zu schaffen in Form einer einklagbaren demokratischen Kontrolle. Ansonsten ist es nur eine Frage der Zeit, dass Demokratie und Rechtsstaat völlig der politischen Willkür geopfert werden.

Wer wissen will, was es außer Japans Desaster noch gibt, muss heute die FTD lesen. Die Ölarabische Allianz hält sich solidarisch das Volk vom Hals.

[Aktualisierungen jeweils unten]

Da kann passieren, was will: Tanja Gönner weiß, was der Leser nicht wissen muss und setzt sich im Zweifelsfall einfach auf die Akten (Fritz Teufel lässt grüßen). Was nützt eine Meldepflicht, wenn sie nur die Leute nervös macht? Gönner hat gezeigt, dass sie auch im Unfall ruhig Blut bewahrt. Heute weiß man, wie wichtig das ist, wenn das Kühlwasser kocht. Dieser eiskalte Engel ist die Gauleiterin unseres Vetrauens.

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In der Darstellung des Geschwätzes von gestern gibt es eine Tendenz, die mich nachhaltig stört: Es wird jetzt so getan, als seien Havarien in Japan besonders alarmierend, weil das ja eine “Hochtechnologie-Nation” sei. Die Sowjets waren doch nur Schlamper, aber die Japaner, die können ja was. Die können vor allem Kapitalismus. Im Fall Tepco heißt das, mit dem Höllenfeuer gespielt und dabei noch gespart zu haben. Japan hat sich darauf eingelassen, deren Schlampereien zu ignorieren und die teils Jahrzehnte alten Meiler weiter zu fahren. Das ist kein Problem der Technologie, die war noch nie sicher, weder in den USA noch in Japan noch hier oder sonstwo. Das Problem ist die Inkaufnahme von Millionen Leben. Wenn man so unterwegs ist, fängt man auch irgendwann an, höhere Risisken zu billigen.

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Die Sieben-Meiler-Stiefel, die sich Frau Murksel und ihre Landesvertreter gerade angezogen haben, sind maßgeschneidert für den Schritt über die anstehenden Wahlen:
Sachsen Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland Pfalz, Bremen (Landtage u. Bürgerschaft, zwischen 20.03. und 22.05.), Hessen (Kommunalwahlen am 27.03.).
Bis dahin soll eine “staatliche Anordnung aus Sicherheitsgründen” den Parlamentsbeschluss und den Vertrag mit der Atomwirtschaft außer Kraft setzen. “Sicherheitsgründe”, die letzte Woche noch nicht erkennbar waren? Unter diesen Umständen sollen sie mal schleunigst den Guttenberg rehablitieren. Dessen Lügen lagen exakt auf diesem Niveau.

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Oh my. Ich habe das jetzt erst verstanden: Der Brand in Reaktor 4 / Fukushima I ist in einem trockenen Abklingbecken ausgebrochen. Das heißt, dass alte Brennstäbe, die dort gelagert werden, sich entzündet haben. Dieses Zeug ist logischerweise nicht durch den inneren Sicherheitsbehälter geschützt. Eine spannende Frage auch für die “Prüfungen” hierzulande, wie “sicher” die Abklingbecken sind.

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Ich hole mal etwas aus den Kommentaren zum letzten Artikel hoch:

Merkel hat folgenden Sprachinfarkt erlitten:

Wir können an solch einem Tag nicht sagen, die Kernkraftwerke sind sicher. Ja, die Kernkraftwerke sind sicher. Trotzdem müssen wir fragen, was lernen wir daraus.

und Anjatanja Gönner hat das dann wörtlich wiederholt. Ich mach mich nass!

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Ist das die Zeit für Zynismus? “Im Kanzleramt wurde gerade eine Verstrahlung von 1,2 Röttgen gemessen“, schreibt fefe. Ich bin empört und betroffen. Wozu diese Panikmache? Das kuppelförmige Containment des Reichstags ist für eine Verstrahlung von über 600 MdB ausgelegt, es hat nie eine Gefahr bestanden.

wird es bundesweit Menschenansammlungen und Mahnwachen geben, um auf die Gauereien der japanischen Atommafia zu reagieren. Ich werde mich dem nicht anschließen. Nicht dass ich etwas dagegen hätte oder irgendwen zu kritisieren hätte, der dorthin geht.

Ich habe aber denkbar wenig Lust, Leuten das Händchen zu reichen und mit ihnen Lieder zu singen, die erst Zischpeng und die Atmosphäre allgemeiner Empörung brauchen, um etwas zu merken. Noch weniger mag ich vor allem solchen begegnen, die jetzt das fordern, was Murx-Merkel und ihre Wahlkämpfer schon an Blendwerk aufgefahren haben, um die Leute zu vereimern. Diese Mischpoke, die ihre Bürger willig an die örtliche Strommafia verkauft hat, soll zurücktreten, wenn sie denn nach einer angemessenen Reaktion sucht.

Sollte es wider erwarten zu der angemessenen Reaktion beim Straßenvolk kommen, mache ich mich gern noch auf den Weg. Bei einem Generalstreik mag ich nicht fehlen.

[update: Jetzt nehmen die die ein paar Meiler vom Netz, um ihren Wahlkampf zu retten, das ist derart krank, das glaub ich mir selbst nicht.]

pinocWer sich Gabor Steingart in Haus holt, darf sich nicht wundern, wenn nur noch Propaganda über den Sender läuft. Der geniale US-Korrespondent des “Spiegel” aus der Ära des großen Stefan Aust, der bis zuletzt seinen Opfern Lesern erklärt hatte, warum Obama niemals Präsident werden könne, ist seit gut einem Jahr Chefredakteur des “Handelsblatt”.

Persönlich fällt er derzeit auf durch ein Büchlein, in dem er die dumpfbackige neoliberale Leier wiederkäut, der Sozialstaat sei eine ruinöse Einrichtung. Hatten wir ja noch gar nicht, das Argument. Dass das nicht klüger wird, wenn man auch dreißig Jahre nach Lambsdorff/Tiedmeyer noch die schlichten Fakten ignoriert, ficht einen Steingart nicht an. Da kann der “Herdentrieb” oder sonst wer das noch so oft auseinandernehmen. Was nicht sein darf, das nicht sein kann.

Sein Blatt bringt derweil die Heldentat fertig, Westerwelle zum Atomkraftgegner zu verklären und fantasiert von einer “Kampfansage an die Atomlobby“. Dies, weil Schwarzgelb angesichts der denkbar ungünstigen Lage im Wahlkampf eine windelweiche “Prüfung” der Laufzeitverlängerungen erwägt!

Das ist in der Tat die Fortsetzung des “Spiegel” an anderem Ort. Das Handelsblatt hält seine Leser inzwischen offenbar auch für Idioten. Merkel und Westerwelle als standhafte Kämpfer gegen die Atomlobby! Was muss man nehmen, um derart dreiste Lügen selbst zu ertragen?

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