Wie meine geneigten Kommentatoren und Kommentatorinnen mit teils weit geöffneten Gesichtsluken zur Kenntnis nehmen durften, ist aktuell eine Guitarre auf dem sprichwörtlichen Weg, den Besitzer zu wechseln. Ich verneige mich noch einmal vor so viel Großherzigkeit, will es aber nicht dabei belassen, sondern ein wenig über persönlichen Besitz und dessen Handhabung plauschen.

Zunächst ist da der quasi kindliche Drang zur Aneignung, den man eben nicht zufällig bei den Kleinen beobachten kann: Sie bekommen gern etwas geschenkt, wollen haben, bestaunen, erfreuen sich am Neuen. Das steht zunächst nicht in einem Zusammenhang mit Nutzen, Zweck oder Sinn, es ist einfach im Wortsinne reizend. Danach schon scheiden sich die Geister: Die einen horten und wollen um nichts in der Welt sich wieder trennen vom erworbenen Gut, die anderen überführen das Zeug seinem Nutzen, schenken es weiter, legen es beiseite oder vergessen es einfach.

Der Weg in den Irrsinn

Schon in frühen Phasen der Entwicklung zeigt sich so etwas wie Charakter, der gemeinhin freilich noch formbar ist. Das mag zu tun haben mit Erfahrungen in der ‘analen Phase’, wie Herr Freud nicht völlig unzutreffend beschreibt, es mag andere Gründe haben, es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass die Problematik Eigentum/Besitz etwas quasi Natürliches an sich hat, jedenfalls ein urwüchsiges Kulturphänomen ist. Was daraus wurde in der kapitalistisch geprägten Gesellschaft, spricht hingegen jedem Sinn und Verstand Hohn.

Der Umgang damit ist entscheidend für die Gesellschaftsform und selbstverständlich umgekehrt. Ich mag an dieser Stelle gar nicht lange eingehen auf den irrsinnigen Kult, der das Eigentum, das Privateigentum gar (solches an Produktionsmitteln also) zum höchsten Gut verklärt. Das richtet sich selbst, es hilft dagegen wie bereits gestern gesagt kein Argumentieren. Vielmehr will ich darauf hinweisen, dass ein Gefühl der Schuld meist nicht fern ist, ausgerechnet wenn die Übertragung von Eigentum eben nicht zu sogenannten “Schulden” führt. Genauer muss ich sagen: Wenn sie sich der Sphäre der Geschäftlichkeit entzieht. Reguläre Geschenke wie zu Geburtstagen sind also nicht gemeint, denn dies ist das Reservat der Gabe in der Geschäftswelt.

Das musst du dir verdienen

Was darüber hinaus geht, hat den Ruch des Almosens, welches wiederum den Gedanken der Gabe in besonders perfide Gefilde führt. Wer es nötig hat und bekommt, ohne darauf ein Recht zu haben, habe seinen Rücken besonders tief zu beugen, lebt damit unverdient. Selbst die Attitüde höherer Stände bedient sich des Motivs: “Womit habe ich das verdient?” ist die Frage für Gelegenheiten, in denen das Quid pro quo Pause hat. Von einem Fremden etwas geschenkt zu bekommen, hat schließlich etwas Übergriffiges, verletzt die Privatheit. Man lässt sich nicht von irgendwem etwas schenken, man schläft nicht unter freiem Himmel und lässt sich öffentlich nichts schenken. Das setzt den Beschenkten in den Rang eines solchen, der nicht zur bürgerlichen Gesellschaft gehört. Bürger ist der, der es sich verdient. Alles. Es ist schon eine Art Reflex: Was muss ich jetzt dafür tun?

Dies Tunmüssen ist zu einer Krankheit erwachsen, die täglich bizarrer wird, Arbeit ihr Medium. Kuriert wäre sie, wenn die Besitzverhältnisse sich nicht nur vom bürgerlichen Eigentumsfetisch lösten, sondern endlich auch von der Arbeit. Man muss es sich nicht verdienen; es ist da und soll einen Zweck erfüllen. Freude ist dabei derjenige, der dem Irrsinn aufs Übelste zum Opfer fiel. Das muss anders werden. Ich habe mich von der Aktion inspirieren lassen und möchte für diesen Teil meiner Welt Konsequenzen daraus ziehen. Zwar beabsichtige ich nicht, hier eine Geschenke- oder gar Tauschbörse einzurichten, ich biete aber ausdrücklich denjenigen, die hier diskutieren und Kommentare zu den Artikeln schreiben, die Möglichkeit, sich zu äußern, wenn ihnen etwas fehlt, eben auch Materielles. Dann sehen wir zu, was wir füreinander tun können.