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2012


Nicht, dass ich richtig verstanden werde: Sportförderung geht mir meilenweit hintenrum, Olympia interessiert mich sportlich äußerst peripher und das Gewurschtel jedweder Hanseln, die glauben, man könne Prognosen auch nur annähernd zuverlässig berechnen, hat mich schon immer amüsiert. Allerdings lange nicht so wie die rekordreif dämlichen deutschen Sportförderer. Aber eins nach dem anderen:

Wenn ich eine Prognose für den Ausgang irgendeines Ereignisses erstellen möchte, dann ist das selbst schon Sport, nur dass statt Fett am Ende meist Papier der Verbrennung anheimfällt. Ich nehme das Resultat des letzten Ereignisses, pflege neuere Trends ein, schätze die Faktoren, die für oder gegen ein eher konservatives oder eher dynamisches Verhalten sprechen und würfele das kräftig durch. Bei Sportereignissen ist das noch einfacher, denn da helfen in allen Disziplinen die aktuellen und bisherigen Leistungen der teilnehmenden Sportler als zusätzliche Richtwerte.

Passt scho

Recht amüsiert war ich daher über den Versuch der Ruhr-Universität Bochum, die völlig andere Parameter heranzieht, um zum Ziel zu gelangen. Typisch für sogenannte “Wirtschaftswissenschaftler” lassen sie sich dann auch noch präsentieren, als sei ihre Spökenkiekerei gleichbedeutend mit der schieren Wirklichkeit. Peinlich genug. Der bunte Mix aus ernstzunehmenden Grundgedanken und Scheinkorrelationen ist dabei tatsächlich noch einer der besseren Wahrsagertricks und erzielt – oberflächlich betrachtet – annähernd brauchbare Resultate. Dass sie freilich wirklich glauben, die Realität folgte dem auf dem Fuße, ist der Gemütlichkeit ihres bizarren Wahns geschuldet.

Die deutschen Sportförderer hingegen wussten alles noch besser – und haben 86 Medaillen angestrebt. Das wäre im Vergleich zu den letzten “Spielen” eine Steigerung von bescheidenen 110 Prozent gewesen. Das kommt dabei heraus, wenn sich Sportfunktionäre mit Ministerialbürokraten zusammentun. Man ahnt also, warum sich die hiesige Politeska von Ökonomen beraten lässt und diese nach wie vor für wahre Genies hält. Dass der zuständige Innenminister kein geringer Qualifizierter als Hans-Peter Friedrich ist, kann man dem Mann ausnahmsweise nicht anlasten, denn dieses eine Mal war das Desaster nicht seine erbarmungswürdige Idee. Andererseits kann man sich kaum einen passenderen Vertreter für diese Glanzleistung vorstellen.

Wie kann man als Abgeordneter eines deutschen Parlaments sein Mandat noch frei ausüben, wenn man bei erwiesener Bestechlichkeit möglicherweise zur Rechenschaft gezogen würde? Ein Leben in Angst droht, denn jede Bezahlung ohne Gegenleistung, jeder astronomisch überzogen vergoltene “Vortrag”, ja jede Herbeiführung zweckgebundener Parteienfinanzierung könnte den Parlamentarier in Bedrängnis bringen. Gut, das ist zwar in ca. 200 Ländern der Welt schon lange so, aber das ist Deutschland hier. Land der Mövenpicks, der Steinbrücks und Haseloffs.

Deutsche Mandatsträger lassen sich nicht bestechen. Ein Gesetz, das dergleichen unter Strafe stellte, setzte sie einem Verdacht aus, über den sie vollkommen erhaben sind. Man wundert sich freilich nicht über derlei Sozialneid®, der auch nicht davor Halt macht, unsere demokratisch gewählten Repräsentanten mit Verbrechern in finstere Verliese werfen zu wollen. Schwule und Frauen dürfen hier nicht mehr diskriminiert werden, aber die Hatz auf Leistungsträger® geht unvermindert weiter.

Neiddebatte®

Das zeigt sich dieser Tage schon daran, dass wieder Massendeportationen stattfinden – von den privatesten Daten unserer Spitzenverdiener. Unzählige Steuersünder® werden zur Selbstanzeige genötigt, während sich Sozialschmarotzer® und Bezieher leistungsloser Einkommen®, die gar nicht in die Verlegenheit kommen Steuern zu zahlen, ins Fäustchen lachen. Allein 50elf Milliarden jährlich kosten schon jene Teilzeitschmarotzer, deren “Arbeit” so ineffektiv ist, dass sie sich nicht einmal selbst davon ernähren können. Von Besitzstandwahrern® über 40, die glauben, durch dreiste Lohnforderungen künstlich einen Fachkräftemangel® verursachen zu müssen, ganz zu schweigen.

Alle diese Neider können nicht verstehen, dass dieses Land Freiheit und Verantwortung® braucht, um im globalen Wettbewerb® Wachstum® und Beschäftigung® zu sichern. Für unsere Volksvertreter bedeutet das nicht zuletzt Freiheit von Verantwortung©. Deutschland ist nicht Burkina Faso oder Haiti. Wenn wir eines nicht brauchen, ist es die Bevormundung durch Neider, Neger und Nettoimporteure.

 
spies

Mein Platz an der Sonne oder unter dem Regen ist das Glück der wärmeren Monate, und wenn es so weitergeht mit dem April, gibt’s den bald rund um die Sonne und ich kann jeden Tag des Jahres hier sitzen. Diesen ‘Sommer’ gab es schon 4000 Seiten von einem Schmöker äußerst zweifelhafter Machart, der nur in sehr bescheidenem Maße zur Bildung beiträgt. Revolution könnt ihr mit mir nicht mehr machen, jedenfalls nicht, bevor ich das Kapitel zu Ende gelesen und den Kaffee ausgetrunken habe. Es sei denn, ich würde gentrifiziert. Dann wäre ich sehr solidarisch mit mir und stünde auf, um der Macht entgegenzutreten. Vermutlich mit einer Streitaxt. Mit einem Langschwert könnte ich hier ja nicht mal ausholen.

Nachdem der SPD-Chef für den Durchmarsch des ESM gesorgt hatte, hat er sich bekanntermaßen dafür ausgesprochen, dagegen zu sein und verhindern zu wollen, dass seine Unterstützung Merkels zu den gewünschten Resultaten führt. Nunmehr hat er sich die Meinung dreier großer Männer zueigen gemacht, die noch einen Schritt weiter gehen wollen. Gabriel weiß zwar nicht, in welche Richtung, ist aber entschieden dafür. Aus gut informierten Kreisen heißt es, er arbeite bereits an einem vehementen Widerspruch zu seiner aktuellen Meinung.

Drei, die niemand gefragt hat – Habermas, Bofinger und Nida-Rümelin, wollen einen “Verfassungskonvent”, um endlich die lästige Haushaltssouveränität des Bundestages abzuschaffen. Dabei zeigen sie sich recht geschmeidig in der Frage, wer das Geld den Menschen künftig abpressen und weiterleiten darf: “Europäische Institutionen” sollen es sein, nur welche, das bleibt ungewiss.

Zwar ist vom Europäischen Parlament die Rede, das aber vertritt weder “Kerneuropa” noch die Eurozone, wäre also nach wie vor der falsche Repräsentant. Ganz außen vor lassen die drei Genies, dass eine EU-Verfassung nicht erwünscht ist und der “Vertrag” all dem widerspricht, was sie fordern sowie all dem, was längst getan wird. Wollen sie vielleicht so lange Abstimmungsmikado spielen, bis sich endlich kein Widerstand mehr gegen eine Blankoermächtigung regt?

Fair is foul and foul is fair

Der Kniefall der Politik vor der Verwüstung Europas durch die neoliberale Ökonomie soll endgültig sein, und das ist nicht bloß alternativlos, sondern die einzige Rettung vor Hölle und Verdammnis: Alles andere nämlich sei der “Abschied von der Weltgeschichte“. Es gab Zeiten, da hat man sich mit einem tausendjährigen Reich bescheiden können. Die deutsche Geistesgröße von heute hingegen droht gleich mit der Ewigkeit.

Dass Gabriel nicht der Einzige ist, der sogar mit diesem intellektuellen Limbo unter der Türkante überfordert ist, wird sogleich dröhnend unter Beweis gestellt. Diejenigen, die eigentlich dafür sein müssten, weil der von ihnen angeleierte Putsch nur so zum Erfolg geführt werden kann, sind erst einmal dagegen und nennen das Vorhaben “Schuldensozialismus”; ein Wort, das so dumm ist, dass man beim Versuch einer semantischen Annäherung selbst den Verstand zu verlieren droht. Wenn sie sich beruhigt und die nächste Landtagswahl überstanden haben werden, darf man ihrer nicht minder lauten Zustimmung gewiss sein.

Woran erinnert mich das? An Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Es ist egal. Alles egal. Heute dafür, morgen dagegen, mit denselben Argumenten oder den Gegenargumenten, es spielt keine Rolle. Die neuen Bosse sind die alten Bosse.

Wenn es derzeit einen gibt in Europa, der die inkarnierte Verschwörung darstellen könnte, so ist es Mario Monti. Der Ministerpräsident Italiens, von der Finanzwirtschaft Gnaden Nachfolger Berlusconis, mauschelt in jedem sinistren Club mit, den es eigentlich nicht geben dürfte, von den Bilderbergern über Rockefellers “Trilaterale Kommission” bis hin zu Think Tanks und der schon obligatorischen führenden Tätigkeit für Goldman Sachs ist alles dabei. Ein Musterdemokrat, wie man also annehmen darf, und so tritt er auch auf.

Die Regierungen sollten ihre “Parlamente besser erziehen“, lässt er verlauten und stellt damit zwar jedes Verständnis von Demokratie auf den Kopf, aber auch klar heraus, was er von der ganzen Veranstaltung hält: Gar nichts. Wenn es also noch immer Parlamente gibt – wohlgemerkt nicht Regierungsfraktionen, sondern einschließlich der Opposition -, die sich dem geschmeidigen Abnicken der finanzmarktlichen Notwendigkeiten in den Weg stellen, so ist “Erziehung” nötig. Gut, dass er nicht mitteilt, welche Mittel er sich da so vorstellt, es hätte vielleicht für einen Skandal gereicht.

Griechen raus!

Nicht weniger beeindruckend ist allerdings die Reaktion der königlich bayrischen Wahlkämpfer auf den anderen Kollegen von Goldman Sachs, der die EZB vorsitzlich besetzt, Mario Draghi. Nicht etwa, weil sie sich Sorgen um die Demokratie machten oder nicht am Gängelband der Oligarchen zappeln wollten, nein. Weil sie ein “Exempel statuieren” wollen an “den Griechen“, die gefälligst den Euro zu verlassen hätten. Die seien selbst schuld, an allem. Nicht erwähnt wird in diesem Zusammenhang der von der europäischen Dreifaltigkeit eingesetzte Interimscoach Papademos, der ganz zufällig mit trickreicher Hilfe von Goldman Sachs als Notenbankchef Griechenlands an der Euroeinführung beteiligt war.

Mit solchen Hintergründen, die direkt in die Hölle der Geheimzirkel hie und also der Verschwörungstheorie dort führen, gewinnt man aber keine Wahlkämpfe. “Griechen raus!” kommt da schon besser. So haben alle etwas von dem Abenteuer zwischen dem großen Geld und der kleinen Welt. Es wird auch weiterhin keine Partei rechts von der CSU geben.

 
neopirEin “liberales” Stück Seife ist der Vorsitzende der Piratenpartei, Bernd Schlömer. Im Gespräch mit Katja Kipping und Jakob Augstein weicht er jeder Profilierung aus, nennt Inhalte “Ideologie” und hält die persönliche Meinung eines Politikers für ein “Vorgreifen” von Beschlüssen. Sein Auftreten ist recht inkongruent; verbale Lässigkeit wird von einer verkrampften Körpersprache konterkariert. Er scheint tatsächlich als Person lieber nicht stattfinden zu wollen, ein Fisch im Schwarm, der zufällig der Vorsitzfisch ist.

Nun sollte man hoffen, dass eine Person an prominenter Stelle im Politikbetrieb, die sich so bescheiden formlos gibt, eben ein Programm vertritt, dem sie sich ganz verschreibt. Dazu sagt Schlömer aber, die Piraten würden zwar
ein Stückweit aufgrund ihrer Programmatik gewählt“, in erster Linie aber wegen einer allgemeinen “Wechselstimmung“. “Insbesondere junge Menschen” seien “von pragmatischen Lösungen geprägt, nicht von Ideologie.”

Bevor ich mich dem eingehender widme, noch ein Beispiel für solche “Pragmatik”:
Von Kipping nach einer Abschaffung der Netzneutralität befragt – unter dem Hinweis, dass jene wie im echten Leben den Reichen Vorfahrt einräume, beschränkt sich Schlömer auf ein Verständnis von Netzneutralität, das aufhorchen lässt:
Die Piraten seien für Lösungen, mit denen “Monopolbildung verhindert wird“, “Monopolbildung und Oligopolbildung reduziert und ausgeglichen werden“.

Liquid Charaktermask

Wenn der Mann nun weder als Vertreter einer Programmatik noch als Person stattfinden will, darf man dann wenigstens das, was an Äußerungen noch übrig bleibt, wörtlich nehmen? Eine Marktregelung, die Monopole und Oligopole “reduziert” ist also das pragmatische Ziel der Piraten? Die Oligopole zulässt, aber “ausgleicht”? Selbst die Netzneutralität beschränkt sich demnach auf eine Art kartellamtlich überwachte Förderung des Kapitals. Und das ist dann also “ideologiefrei”?

Der ganze Sermon ist politisch nicht ernstzunehmen. Schon die Definition als Partei der “Wechselstimmung” taumelt willig dem Untergang entgegen, der eben kommt, wenn die Stimmung kippt. Es lässt keinerlei Inhalt erkennen und wird dann noch mit dem Etikett “liberal” versehen. Ein Stückweit liberal mit Markt und ausdrücklicher “Staatsskepsis”, also? Mich gruselt’s.

Der “Wechsel”, der sich andeutet, ist der von einem bewussten neoliberalen Klassenkampf zu einem naiven Aufguss, der das Resultat jahrzehntelanger Propaganda “Pragmatismus” nennt. In einem Anfall gefühlsseliger Schwärmerei hätte Schlömer dann gern noch ein Stückweit Solidarität, will sie aber nicht so nennen, vielleicht weil das uncool wirkt. Er sagt stattdessen “Verantwortung füreinander” und wiederholt ganz ideologiefrei die neoliberale Parole.

Gähnende Leere

Sich nach allen Seiten offen Zeigen und sich dabei tief Bücken scheint die piratische Kunst werden zu sollen. Am ESM zum Beispiel hat der Vorsitzende den Entscheidungsprozess zu kritisieren, nicht etwa das Resultat. Inhalte interessieren ihn nicht einmal, wenn die Welt aus den Angeln gehoben wird. Sollte ein angemessener Entscheidungsprozess dazu führen, erklären wir also Polen den Krieg oder wie?

Es ist extrem ermüdend, Schlömer zuzuhören. Wo er nicht neoliberale Parolen drischt, wiederholt er monoton sein Selbstlob über die großartigen Strukturen in der Piratenpartei, die alles ändern würden. Er selbst hingegen schwitzt aus allen Poren, dass die Piraten keine Alternative sind, sondern eine Karikatur. Er redet einen Brei wie alle anderen, die sich auf nichts festlegen, damit niemand das Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit überprüfen kann. Davon haben wir mehr als reichlich. Selbst Augstein hält ihm das vor, und Katja Kipping lässt ihn in der Hälfte der Redezeit schlicht alt aussehen.

Der Bürokrat als Chef der “Piraten” zerlegt eigentlich das Letzte, was sie noch attraktiv macht: Ihr Design, das coole Image, den Ruch von den Outlaws, die sich ihre Gesetze selber machen. Am Ende werden sie aber doch bloß eine Variante sein jener Plünderer, die den Armen nehmen und den Reichen geben. Denn dagegen gibt es noch keinen Beschluss des virtuellen Parlaments, also ist das wohl so in Ordnung.

 
fon

Was sagt wohl der Lobo dazu? Hätte er das kommen sehen müssen? Oder sollte er am Ende auch nicht besser beraten können als die gelackten Jungs mit dem Strick um den Hals?
Beim Gesichtsbuch gab es also einen Kotorkan, nachdem jemand sich bei Vodafone öffentlich über miese Behandlung beschwert hatte. Aber Halt! Service aus der untersten Schublade? Abzocke womöglich? Bei einem Telefonanbieter? In Deutschland? Das kann nicht sein, das gibt es doch gar nicht!

Wer könnte nicht Romane erzählen von solchen Erfahrungen? Ich selbst hatte sogar bei zwei Anbietern mit Früchten zu tun, die so hohl waren, dass sie mir noch vor Vertragsabschluss sämtliche Folterinstrumente ihrer unfähigen Company gezeigt haben. Ein Unternehmensberater, der noch Kleinunternehmern in die Augen schaut, sagte mir einmal: “Sie können genau erkennen, wer von McBerger oder Roland Kinsey beraten wurde: Da geht niemand mehr ans Telefon.”

Telefonterrorzentrale

Ausgerechnet die Telefongesellschaften haben nämlich den neoliberalen Terror kultiviert, unterbezahlte biersaure “Agenten” in die Legebatterien sogenannter “Callcenter” zu pferchen, um ihren Kunden bei jeder Gelegenheit zu demonstrieren, dass Telefonieren ein einziges sinnloses Ärgernis ist. Selbst sportliche junge Menschen treiben sie damit in Windeseile an den Rand eines Schlaganfalls. Für die Zahlenakrobaten des Managements und ihre kondebilen Berater sind ihre Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen Menschenmaterial, das nur einem Zweck dient, nämlich dem beschleunigten Schaufeln von Kohle auf die Halden der sogenannten “Investoren”.

Dies ist das Musterbeispiel für die widerwärtige Philosophie des “Shareholder Value” und belegt anschaulich, warum jeder diesen Begriff kennt, während niemand weiß, was ein Stakeholder Value sein soll. Dabei ist der nicht einmal böser Kommunismus, sondern bloß ein kapitalistischer Ansatz, der erkennt, dass es suboptimal sein könnte, wenn alle Beteiligten ausgequetscht werden wie die Zitronen, damit die Teilhaber fetter werden.

Tagesbefehl: Spaß für alle!

Im Schlepptau solcher Menschenfreunde kriechen Horden von Paragraphenzombies übers Land und stürzen sich auf alles, was nicht bei drei gezahlt hat oder öffentliche “Tatsachenbehauptungen” äußert, welche jene Tatsachen behaupten. Die sind nämlich völlig unerwünscht, da muss man sich ja nur einmal die PR-Gülle anschauen, mit der sich die Konzerne von willigen Drogenopfern ihre Felder fluten lassen.

Die bunte heile Welt voller sympathischer Menschen, wo der Chef sich persönlich um seine Kunden kümmert und ihnen den Anschluss legt. Wer jemals mit den Originaldilettanten solcher Firmen zu tun hatte, kann nur mühsam die spontane Gewaltneigung unterdrücken, die ihn angesichts dieser Lügen überkommt. Auch wenn man Sascha Lobo nicht eh schon immer mal den Pornobalken rot färben wollte.

Kurzum: Das habt ihr euch verdient, und ihr werdet wie immer nichts daraus lernen. Wie auch? Was sind eure Alternativen? Ehrlichkeit? Wäre ruinös. Mehr Kundenfreundlichkeit? Habt ihr gar nicht drauf, machen eure Aktionäre und ihre nadelgestreiften Edelsklaven auch nicht mit. Qualifizierte, gut bezahlte und motivierte Mitarbeiter? Siehe oben. So ist das halt am Markt®. Da haben 99% keinen Bock mehr, und das müssen sie sich dann auch noch als ganz großen Spaß verkaufen lassen.

 
 
            panzer
 

Deutsche Panzer sind beliebt in aller Welt.

 
 
            Tom Hegermann, WDR2

 
Die Art der Organisation von Arbeit prägt eine Gesellschaft; daher wird jede grundsätzliche Veränderung diesbezüglich von vielen Menschen reflexhaft abgelehnt, vor allem von denen, die glauben, “es geschafft” zu haben”. Dies ist im übrigen der Grund dafür, dass die “Sozialdemokratie” zu einer fanatisch neoliberalen Partei geworden ist. Sie vertritt nämlich längst nicht mehr die Unterschicht, sondern diejenigen, die eine stabile Situation in der gegebenen Arbeitsorganisation verteidigen: Höhere Angestellte, Beamte, kurz: Die Mittelschicht, für die es noch relativ viel Arbeit gibt, von der man ‘leben’ kann.

Die technische Entwicklung hat Arbeit längst in einem Maße überflüssig gemacht, das durch das Überangebot an Arbeitskräften ein neues Proletariat hat entstehen lassen. Dessen Situation ist dreifach fatal, weil es nicht bloß ersetzbar ist, sondern gänzlich verzichtbar und in immer größerer Zahl verzichtbar. Es besteht keinerlei Aussicht, dass diese Menschen jemals noch strukturell gebraucht werden könnten. Dennoch gelingt es der kapitalistischen Propaganda, Arbeitslose für dieses Schicksal auch noch zu beschuldigen. Faszinierend.

Vor die Wand oder anders

Es liegt dabei auf der Hand, dass Arbeit anders organisiert werden muss und dass der “Markt” nicht in der Lage ist, dies zu besorgen. Im Gegenteil profitiert jeder Betrieb von der Situation, solange man die volkswirtschaftlichen Folgen völlig ausblendet – wie es die Systemökonomen ja auch tun. Billige Arbeitskräfte, die lange arbeiten, kann ein an Profit orientiertes Unternehmen gut gebrauchen. So wie ein Rennwagen, der als erster durchs Ziel will, halt ein hohes Tempo braucht. Dumm nur, dass wenige Meter dahinter eine dicke Mauer steht. Aber um solche Kleinigkeiten kann sich der Wettbewerb nicht kümmern.

Nun ist jeder Einzelne in einer Situation, die er für sich selbst definiert und versucht, das Beste daraus zu machen – ganz wie es dem Neoliberalismus gefällt. Das führt u.a. dazu, dass mangels einer großen Vision, für die sich alle begeistern können, jeder seine eigenen Ziele verfolgt. Dazu gehört gemeinhin nicht eine grundsätzlich neue Organisation der Arbeit. Übrigens wäre es auch nicht wirklich beruhigend, gäbe es eine Vision, für die sich alle begeistern können. Die sind nämlich meist eher beängstigend als vernünftig.

So stellt sich denn die Frage, woher überhaupt ein Ansatz kommen soll, das Notwendige zu tun. Darauf zu warten, dass sich die Massen einigen, weil alle Einsicht in die Notwendigkeit erhalten haben, wäre wohl absurd. Ihnen ein Modell überzustülpen, das die Lehre aus der aktuellen Lage zieht, eine praktikable Idee, aber weder eine demokratische noch eine, die Aussicht auf Durchsetzung hätte. Am Ende also weitere Flicken rund um den Kapitalismus, die das Elend nur verlängern?

Gegen alle Flaggen

Unter den schlechten Möglichkeiten zeichnen sich bislang einige ab, die nicht ganz sinnlos erscheinen, darunter zwei, die hier in der Diskussion schon skizziert wurden: Ein Marsch durch und gegen die Institutionen, Graswurzelprojekte, Genossenschaften, regionale Initiativen; oder ein Entwurf für eine Gesellschaftsordnung, eine Verfassung, ein Staatsmodell, das eine Alternative bietet. Nicht nur zum Kapitalismus und seinem unbegrenzten Privateigentum, sondern auch zum “real Existierenden” und seiner Lohnarbeit für die Partei.

Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass man sich nicht bloß die Kapitalisten zu Gegnern macht, sondern alle diejenigen, die sich noch irgend als “Arbeiter” definieren. Es geht um nicht weniger als die Zerstörung von Arbeit als Prinzip, das Leben (“verdienen”) und Identität (Stolz) spendet. Es geht um eine Vorstellung, die das Leben in den Mittelpunkt steht, also weder Erwerb noch Arbeit. Dies ist dann auch eine fundamentale Abkehr von allen linken Traditionen und ihren starken Arbeitsmännern. Ich fürchte, es lässt sich gar nicht vermeiden: Wer ein realistisches Projekt für eine zeitgemäße Organisation von Arbeit anstrebt, muss sich gegen alles stellen, was bisher Anhänger findet – zumal massenhaft.

 
 
nsuschred Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, LKA, BKA, MfS und MAD haben in ein gemeinsames Recherchetool investiert (Siehe Abbildung): Es filtert automatisch alle wichtigen Erkenntnisse aus den Akten zu rechtsextremen Straftaten und besorgt in einem Arbeitsschritt gleich auch die öffentliche Kommunikation. Dabei entstehen Kosten in Höhe von nur einigen Hundert Euro.
 

Damit sind in Zukunft Berichte über Fahndungsfehler und Ermittlungspannen auszuschließen. Den bislang mit ihrer Verantwortung überforderten Beamten können damit Erklärungsnöte wie in der jüngsten Vergangenheit nicht mehr entstehen, und für das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger ist ebenfalls Sorge getragen.
 

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