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April 2011


regelsatz
Allmählich brechen auch die letzten Konstruktionen zusammen, mit denen Neoliberale ihre Ideologie stützen. Die Frankfurter Rundschau berichtet heute, dass die Löhne in Deutschland auch gemessen an ihrer absoluten Höhe im europäischen Vergleich sinken. Es wird ja immer wieder getrommelt, hierzulande wären die Löhne am höchsten, gern auch “bei weitem” am höchsten. Das stimmt aber eben nicht. Die Produktivität in Deutschland, schon traditionell ganz vorne weg, steigt derweil ebenfalls weiter an. Wie sonst sollte auch der Export derart brummen?

Die “Lohnnebenkosten” für Unternehmen sind ebenfalls im Vergleich äußerst übersichtlich, wie der Artikel belegt. Wie man der Grafik oben entnehmen kann [via], ist der Aufwand für die Sicherung des Existenzminimums so beschämend wie man es vor Ort erlebt. Die Praxis der Besteuerung hoher Einkommen – Steuern, die den Neoliberalen ja immer zu hoch sind – ist geradezu paradiesisch in Deutschland, die Damen und Herren treffen also auf ein grandioses Investitionsklima. Ja warum investieren sie denn bloß nicht? Na klar: Weil die Löhne zu hoch sind, die Lohnnebenkosten, die Steuern und die Kosten für den Sozialstaat.

Denn wie das so ist mit den Ideologien, werden ihre dogmatischen ‘Weisheiten’, vulgo Lügen, umso aggressiver vertreten, je näher sie der unübersehbaren Lächerlichkeit kommen. Das gilt nicht zuletzt für die Schuldzuweisungen für das Scheitern neoliberaler Strategien, wie zum Beispiel die haltlosen Deregulierungen der Märkte in den vergangenen Jahrzehnten. Der Staat sei schuld, wird da ernsthaft behauptet, “staatliche” Banken vorneweg. Da wird schon einmal eine private wie die IKB einfach für staatlich erklärt und ansonsten auf gescheiterte Landesbanken verwiesen.

In den USA gehen republikanische Ideologen noch weiter und machen gleich die Armen verantwortlich für die Krise, schließlich hätten die sich Hypotheken aufschwätzen lassen, die sich nicht leisten konnten. Und dann diese staatlichen Subventionen für kleine Häuslebauer – die waren doch der Auslöser! Alles Unsinn, belegt Simon Johnson in der FTD.

   dogma

Ein guter Grund, das noch öfter zu erzählen und noch schneller zu wiederholen. Da müssen dann so Sätze her wie:
Immer stärker greift eine Mentalität um sich, die Eigenverantwortung durch Staatsversorgung ersetzt.
Solch ökonomisches Gammelfleisch gibt es täglich reichlich beim Mietmetzger der INSM. Erstaunlich, dass sich dennoch, wenn auch langsam, der Wind im Blätterwald dreht. Nach immerhin 30 Jahren und der endgültig endgültigen Widerlegung der Heilslehre in allen ihren Einzelheiten werden allmählich auch diejenigen gehört, die sich nicht haben kaufen oder blenden lassen. In 20-30 Jahren könnte der Spuk des Neoliberalismus also vielleicht tatsächlich vorbei sein.

 
Tschernobyl in Zahlen

Die Ärzte gegen den Atomkrieg haben Zahlen vorgelegt, die Folgen von Tschernobyl betreffend. Sie erscheinen recht hoch gegriffen und sind nicht wirklich abgesichert. Die signifikanten statistischen Veränderungen seit 1986 werden sich nicht allein auf Tschernobyl zurückführen lassen. Die Zahl von 600 Millionen möglichen Betroffenen zieht einem allerdings die Schuhe aus.

Allein die gesicherten Zahlen sind erschreckend: An der Ruine wurden gut 800.000 sogenannte “Liquidatoren” eingesetzt, von denen inzwischen 112.000 gestorben sind und weitere 600.000 erkrankt. Die WHO geht von 50.000 Kindern aus, die an Schilddrüsenkrebs erkranken werden bzw. schon krank sind.
Die Studie besteht zum großen Teil aus Schätzungen, da Genschäden, Krebserkrankungen und andere Leiden nicht die Aufschrift “Made in Tschernobyl” tragen. Man sieht halt nicht, wie es wirkt.

SPD: Von den Reichen nehmen ist zu bürokratisch

A propos Katastrophen: Die SPD schärft ihr Profil und revidiert ihren Entwurf eines Bürgergeldes. Sie will anstrengungsloses Einkommen schonen, weil es zu bürokratisch sei, Einkünfte aus Immobilien- und Wertpapierbesitz einzubeziehen. Wie schon bei Erbschafts- und Vermögenssteuer lohnt es sich demnach nicht, die deutschen Millionäre und Milliardäre an den Kosten der Gesellschaft zu beteiligen.

Riestern: Prämienschmarotzer werden gepfändet

Ganz anders übrigens bei der Riesterrente: Hier lohnt es sich, jeden Euro zurück zu pfänden, für den nicht rechtzeitig das richtige Formular ausgefüllt wurde. Das holt sich der Staat gnadenlos zurück. Plus Zinsen, hoffe ich doch.

Al Jazeera in der DDR

Unerhört: Die Araber zerreißen sich das Maul über Deutschlands blühende Landschaften®. Wer ist denn hier das Entwicklungsland, hm?

Bezahlter Sex statt Prostitution

Chartstürmer des heutigen Tages ist allerdings der Top-Demokrator Silvio Bärlutschconi. Er bewahrt Kinder vor der Prostitution, indem er ihnen Geld für Sex zahlt. Das will die linksradikal unterwanderte Kommunistenaxt von einer Justiz aber nicht kapieren. Skandalös!

 
Guttenberg von keinem öffentlichen Interesse

Das Autorenkollektiv zu Guttenberg lässt weiterhin zurückweisen, was sich eigentlich nicht leugnen lässt: Einige der vierhundert Seiten wurden gar nicht versehentlich abgeschrieben. Die volle Kooperation zur brutalen Aufklärung habe er im übrigen geleistet, immerhin stellte er sich den brennenden Fragen der Gutachter – nicht in den Weg. “Kein Kommentar” ist ja auch einer.

Die Strategie folgt offenbar folgendem Plan: Guttenberg verweist auf seine Anwälte. Die verweisen auf ein mögliches Strafverfahren. Das wiederum kommt nicht zustande, weil keiner der Betroffenen persönlich Anzeige erstattet hat. Bei einem Urheberrechtsverstoß durch einen Politiker, der Bundesminister wurde und schon als Kanzler gehandelt, besteht kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Es werden alle Register gezogen, um der Unschuldskonstruktion zu ihrem Recht zu verhelfen. Kommt der KaTe dann ungeschoren davon, wird dies wiederum das Argument dafür sein, dass er nicht absichtlich plagiiert habe – sonst wäre er doch verurteilt worden. Das muss man dann nur noch erfolgreich dem Wähler vermitteln.

Zu doof für Demokratie

An der Vermittlung scheiterte offenbar auch der Versuch, den Isländern das vulgärdemokratische Grundprinzip beizubiegen: Das Volk hat gefälligst in seine Entrechtung einzuwilligen, wenn es dazu aufgerufen wird. Jetzt haben die Eisköppe schon zum zweiten Mal versagt – der Bank ihre Rettung. Knapp 12000 Euro pro Einwohner sollen die Isländer für die Pleite einer privaten Bank an geschädigte in Holland und England zahlen, zuzüglich Zinsen. Das sehen die immer noch nicht ein, obwohl doch schon die verlangten Zinsen gesenkt wurden auf läppische 3,8%. Diese Wikinger sind einfach zu doof für Demokratie.

Liberalala und die Lehrer

Ralph Bollmann hat in der (No-Link-) FAZ eine bemerkenswerte Analyse des deutschen Liberalismus hingelegt. Kernthese: “Vor nichts haben die deutschen Liberalen mehr Angst als vor dem Markt und vor dem freien Wettbewerb.” Auch die Grünen kriegen ihr Fett weg. Vor allem die Anmerkung, nach einer Umfrage “würde die Partei bei einer Bundestagswahl von 41 Prozent der Beamten mit Hochschulabschluss gewählt“, bereitet Schmerzen. Unter Lehrern steuern sie also auf die absolute Mehrheit zu. So sehen sie inzwischen auch aus. Die Grünen; die Lehrer sowieso.
Die FDP ihrerseits hätte gern einfach irgendwo noch Mehrheiten. Rösler, vermitteln Sie! (Lacher vom Band).

Der Text:

Aus tiefstem Herzen und in ehrlicher Demut möchte ich mich in aller Form entschuldigen für die Fehler, die ich gemacht habe. Ich möchte die Soldaten, die ihr Leben für unsere Freiheit geben, schützen. Es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, mich an der Klärung der Fragen hinsichtlich meiner Dissertation zu beteiligen.

Die Übersetzung:

Ich werde jedem den Arsch in Scheiben klagen, der es wagt, auch nur noch ein Wort über meine geklaute Dissertation zu veröffentlichen.

Man muss das verstehen. Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg fühlen sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Sie verstehen sich als Autorenkollektiv und insofern missverstanden. Verstanden?!

So, die FDP kann also ihre Probleme nicht lösen, indem sie das Personal austauscht. Sie bräuchte wohl ein Programm? Eines, dass sie als Partei nicht völlig überflüssig macht, weil sie sich längst entschlossen hat, Politik als solche kurzsichtigen betriebswirtschaftlichen Strategien zu unterwerfen. Ich fürchte, da kann sie lange suchen. Wenn es ganz dicke kommt, wird sie in ihrer Agonie noch die SPD überholen und eingehen, bevor der letzte Wähler bemerkt hat, dass “Sozialdemokratie” ebenfalls reiner Etikettenschwindel ist.

Es wird nicht leichter, zumal dann nicht, wenn man ohnehin seit Jahren oder Jahrzehnten politisch heimatlos ist. Wie dünn das Eis ist, auf dem politische Bewegungen in eine Parteigründung hinein rutschen, um bald den Ballast ihrer Grundsätze abzuwerfen, zeigen in diesen Jahren die Grünen. ‘Erfolg statt Prinzipien’ könne deren Motto sein, und während sie derzeit Volkspartei spielen, ist ihr Untergang schon vorgezeichnet. Atomkraft ist kein Thema mehr, und jede andere ihrer Wurzeln ist abgestorben. Das Ende ist näher als sich derzeit irgendwer vorstellen möchte.

Heimatlos, wie gesagt, bin ich als sozialer Liberaler, als liberaler Linker schon lange. Ich werde auch nicht damit drohen, eine Partei zu gründen. Ein Programm aber hätte ich anzubieten. Das geht in vier Sätzen, mehr braucht es nicht. Unter den darin verfassten Prämissen kann man darüber streiten, ob es noch Eigentum an Produktionsmitteln geben darf, ob einer für den anderen arbeiten soll, ob soziale Marktwirtschaft wirklich möglich ist oder welches das beste Finanzsystem ist. Diskutieren kann man vieles, aber eine Winzigkeit von Prinzipien sind unumstößlich und definitiv.

Sozialliberale Grundsätze

“Liberal” als Grundsatz bedeutet, ein Höchstmaß an Freiheit zu ermöglichen. Eine liberale Gesinnung, eine liberale Gesellschaft sorgt sich darum, dass allen Menschen ein Leben in Würde und frei von Unterdrückung gewährt wird. Niemand darf zu Tätigkeiten gezwungen oder in seiner Bewegungsfreiheit beeinträchtigt werden.

Dies verweist unmittelbar auf eine Gesinnung und Gesellschaft, die “sozial” sein muss, in dem Sinne, dass niemand Not zu leiden hat. Die erste Aufgabe des Wirtschaftens muss darin bestehen, alle Menschen mit Unterkunft, Nahrung und Energie zu versorgen, ohne dass ihnen daraus eine Schuld erwächst. An dieser Aufgabe haben sich die Bürger nach ihren Möglichkeiten und unter weitestgehender Berücksichtigung ihrer Neigungen zu beteiligen.

Alle weiteren Ziele und Forderungen leiten sich aus diesen Grundsätzen ab.

 
Eine Success Story

Die Welt elitärer Poser ist nichts für Normalsterbliche. Wir haben keine Success Story und müssen sie auch nicht so nennen. Recruiting von Young Professionals würde uns im Leben nicht einfallen, unser Networking ist zu schwach und “Alumnis” haben wir auch keine, nicht einmal Alumnisse, selbst wenn wir wissen, dass “Alumni” schon der Plural ist und damit wenigstens das Minimum an Bildung mitbringen, das die Blender in den Maßanzügen nur heucheln können.

Wenn man den ganzen Tag damit beschäftigt ist, sich und seinesgleichen abzufeiern und hablhirnige Streber damit zu beauftragen, dümmlichen Neusprech zu erfinden, kann einem das Geschäft schon mal entgleiten und man verliert die Übersicht. Bei über zweihundert Firmen, mit denen seine “Hochschule” verfilzt ist und die ihm zum Teil zum Teil gehören, kommt es wohl schon mal vor, dass er sich selbst eine Rechnung schreibt, denkt EBS-”Präsident” Jahns. Das ist doch kein Grund, ihn gleich zu verhaften!

Eine Erfolgsgeschichte

Siemens mag keine AKWs AKWe mehr, dies scheint der Tenor eines etwas wirren Spiegel-Artikels. Gar nicht dumm, den Misserfolg der Kernkraftindustrie in einen neuen Erfolg umzumünzen. Ist es nicht so, dass sie bald alle Not leiden werden? Arbeitsplätze in Gefahr? Man kann sich doch sicher einigen: Gegen erhebliche Steuersenkungen und Subventionen zum Erhalt verdienter Aktiengesellschaften schalten wir freiwillig noch ein zwei Kraftwerke ab.
Bonmot am Rande: Beim “Aufbau einer modernen Infrastruktur” wollte Siemens den Russen durch Lieferung von AKW- Hardware helfen. So modern wie Japan in den 70er Jahren, nehme ich an.

Noch mehr Erfolg am Hindukusch

Was bei der Ethikkomission angemessene Beachtung findet, wurde in Afghanistan vergessen: Die Missionare. Der undankbare afghanische Pöbel stürmt und meuchelt wahllos Westler und will dabei keinerlei Unterschied erkennen zwischen deren Heimatfrontfanatikern und den Helden vom Brunnen vor Ort. Zehn Jahre Bomben und Granaten, und noch immer tobt dort der ungebildete geifernde Muslim-Mob. Was neu ist: Christliche Fanatiker entzünden in Florida ein Streichholz, und schwups brennt es kurz darauf in Balch. Die Wege des Herrn sind wieder einmal unerträglich.

Hart wie Kruppstahl

Und immer ein Nasenloch an der Line hat der neue Innenminister, ein Mann des rechten Weges. Er zeigt keinerlei Verschleißerscheinungen unter den Achseln vom Herumschleppen des Grundgesetzes und ist auch sonst von dem schlichten Gemüt, das verbindlich ist für CSU-Funktionäre. Er will eine “Mindestdatenspeicherung” von Mindestens minimal sechs Monaten. Jo sakra, a Hund isser scho! “Gesetz” heißt dann künftig “Bundesbefehl” und Kabinettsbeschluss “Notstandsweisung”. Dafür ist das Bundesverfassungsgericht dann nämlich nicht mehr zuständig. Genial!

14:50

Mehr Atomstrom durch Abschalten von AKWen

Der “Stern” schreibt, dass auch Atomstrom importiert werde, wenn AKWe abgeschaltet würden. Gestern habe ich bereits einen RWE-Propagandisten lügen gehört, dass ja noch schlimmerer Atomstrom in der Welt sei, wenn wir unsere Kraftwerke stillegten. Der Strom käme dann ja aus Frankreich und Tschechien und sei daher Atomstrom.
Okay, der Herr wird fürs Lügen bezahlt, aber müssen wir uns deshalb gleich beleidigen lassen? Sind wir so doof, dass wir uns derartigen Blödsinn verkaufen lassen?

Zuerst ist es einmal sehr einfach: Wenn weniger Kraftwerke laufen, laufen weniger Kraftwerke. Mit jedem sinkt die Gefahr einer Havarie. Dass wir nur oder hauptsächlich Atomstrom importieren, ist komplett frei erfunden. Wahr ist vielmehr, dass Deutschland Nettoexporteur bleibt. Wahr ist, dass ein Tausch von 100% Atomstrom gegen 100-x % Atomstrom weniger Atomstrom ist. Selbst wenn man den Verbrauch von Brennelementen zum Maßstab macht, ist das weniger. Deutschlands AKW-Betreiber erreichen neue Dimensionen der Effizienz: Mehr Lügen pro Wort gehen nun wirklich nicht mehr.

15:51

Die “Ära” Rösler

Reuters salbadert, mit Rösler werde eine “neue Ära” eingeläutet. Wie kommen die darauf? Der Kerl ist noch nicht einmal gewählt. Die Kanzlerin hat ihn noch nicht einmal ernannt. Er macht alles genau so wie seine lobbyfizierten Kumpels aus drei Generationen FDP. Dass er also jetzt “der Partei zu neuer Glaubwürdigkeit verhelfen” will, ist eine Meldung?
Wie das? Will er uns alle kaufen? Oder reicht es dafür schon, dass Rösler Rösler glaubt? Ich glaube ihm jedenfalls überhaupt nichts, ebenso wie den anderen gebügelten Radfahrern, die jetzt einen auf “Team” machen. Das einzige, was sie glaubhaft vertreten können, ist ihr Wille zur Macht, das geht nämlich auch mit dem blutigen Messer in der Hand. Neu und glaubwürdig ist daran freilich nichts, und eine “Ära” wird das schon gar nicht.

Endlich ist die da, die ökologische Wende. Inzwischen wird jeder einsehen müssen, was sich nicht mehr länger leugnen lässt: Die Folgen der Nutzung der Kernenergie fordern ein generelles Umdenken. Was Gutmenschen jahrzehntelang mit ihrem nervigen Genöle und ihrer endlosen Panikmache verbreitet haben, können wir getrost vergessen. Die gesunde, saubere, geschützte Umwelt ist Fallout von gestern.

Wen interessiert heute noch das Geschwätz über Zwischen- oder Endlagerung? Der strahlende Grahphitramsch von Tschernobyl wurde zum Teil in der Stratosphäre und zum Teil im Keller der Ruine entsorgt. Fukushimas Panoptikum der Brennstableichen wird portionsweise im Pazifik verklappt, der Rest in Kunstharz gegossen und ein paar tausend Jährchen ausgestellt.
Und jetzt? Nie wieder Sushi? Ach was! Heile heile Mausespeck, in Hundert Jahr ist alles weg – zumindest aus dem Gedächtnis.

Die Brennelemente des Jülicher Juxreaktors sind derweil verschwunden, vermutlich in der Asse. Alles bestens, vergleichsweise, immerhin haben sie das Uran in Dosen verpackt. Wer jetzt noch kleinlich ist, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wer davor noch Angst hat, sollte sich diskret aufs Ableben vorbereiten, das wird nämlich garantiert alles nicht besser. Überhaupt: Plutonium, um den bösesten Übelwicht aus dem göttlichen Höllenfeuer zu beschwören, hat eine Halbwertszeit von 25.000 Jahren. Bis das Zeug einigermaßen ungefährlich ist, vergehen Äonen. Nehmen wir aber nur einmal die Halbwertszeit: Vor 25.000 Jahren kannte der Mensch noch nicht einmal Ackerbau und Viehzucht. Möglicherweise gab es noch ein paar Neandertaler. Die echten meine ich. Von solchen Zeitspannen reden wir.

Also macht euch allmählich mal locker. Wir werden alle sterben. Statistisch könnte sich das auf lange Sicht wieder etwas zeitiger einstellen. Die kommende Zeit wird wieder eine sein, in der man säuft, raucht und Orgien feiert, weil da draußen eh überall das Gift herumschwirrt. Hat doch auch etwas für sich. Früher nannte man derartiges “Endzeit”, aber im Gegensatz zu den ewigen Versprechungen gewisser Propheten ist das Ende noch verdammt weit. Nennen wir es also “Endlagerzeit”. Dann haben wir noch viele sehr lustige Jahre vor uns. Zumindest die, die in den Garten kommen. Der Rest soll halt draußen weiter flennen.

Ich zitiere mich ausnahmsweise einmal selbst:

roeslerDie effektivste Waffe zur Plünderung öffentlicher Kassen zugunsten der Konzerne bleibt allerdings Dauergrinser Philipp Rösler. Hier nur einige seiner Glanzleistungen:
Zuerst ist er durchgestartet mit Milliardengeschenken an die Pharmakonzerne in Form einer sinnlosen Impfaktion gegen ein harmloses Virus. Dann stürzte er sich Hals über Kopfpauschale in seine grandiose “Reform” des Gesundheitswesens, die die Beitragszahler schlimmer schröpft als alles je Dagewesene.

Damit es auch ja kein Entrinnen gibt für Kunden der gesetzlichen Krankenkasse, werden denen ohne jeden Grund die Wahltarife gestrichen. So etwas ist nichts für die breite Masse, das muss Domäne der privaten Eliteversicherung bleiben.
Das Selbstbewusstsein des Mietministers geht dabei soweit, dass er darauf verzichtet, sich dem Parlament zu stellen, wenn es um seine Entscheidungen geht. Er trägt ganz offen zur Schau, wem er verpflichtet ist und wem nicht.

Dann sei noch erinnert an die großartigen Argumente Röslers:

Drei Milliarden Euro werden die Arbeitnehmer insgesamt bezahlen über die Beiträge, aber drei Milliarden werden ebenso die Arbeitgeber bezahlen, drei Milliarden Euro müssen die Leistungserbringer im System ersparen [...]
Mehr Netto vom Brutto bezieht sich zunächst einmal auf das Steuersystem, bedeutet aber, dass wir die Mitte in unserer Gesellschaft entlasten müssen, und dazu gehört auch, dass wir stabile Sicherungssysteme auf den Weg bringen, denn ohne stabile soziale Sicherungssysteme kann eine Gesellschaft nicht funktionieren, und wer die Mitte stärken will, der muss den Menschen genau solch ein stabiles System bieten, und das haben wir gestern noch stabiler gemacht und auf den Weg gebracht
.”

Mehr Motto vom Otto

Mehr Netto vom Brutto, das Motto, das auch Rösler sich zu eigen gemacht hatte, bedeutete demnach weniger Netto für alle, dafür aber Steuersenkungen für hohe Einkommen. Das ergibt insgesamt ungefähr “Mitte”.
So ist sie, die FDP. Wie sollte sich dort auch jemand verlaufen und es zu Funktionärswürden gebracht haben, der anders tickt? Wer kaum älter ist als das Lambsdorff-Papier und bei den Besserverdienern schon jahrelang Eigenverantwortung organisiert hat, ist halt ein kleiner Westerwelle oder ein großer, ein junger oder ein alter. Diagnose: Alternativlos.

So what? Schon die letzte Bundestagswahl vergessen? Da hatte es doch auch gereicht, bestens vernetzt zu sein mit den Trommelschlägern in Print, Funk und Fernsehen. Da galt es doch auch noch als “wirtschaftskompetent”, freien Börsenhandel mit steuerlicher Vollkaskoabsicherung zu propagieren. Es war der größte Erfolg, den die FDP je hatte, Arbeitslosen die “Verantwortung” für ihre Situation zuzuschieben und gierige Zocker von jeder solchen zu entbinden. Sie ist das Original, die anderen haben das bloß kopiert.

Soll das wegen ein paar blöder Landatgswahlen alles nicht mehr gelten? Auf einmal will das keiner mehr? Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Was hat Westerwelle denn falsch gemacht? Was soll sich denn bessern, wenn an der Spitze der liberalen Raubbänker statt einer arroganten Miss Liberty künftig ein aalglatter Zahnarzt mit Perlweiss-Spastik die Parolen vorgibt?

Der größte Erfolg aller Zeiten

Es ist mir auch völlig wurscht, ob ein Lindner, Bahr oder sonstwer den marktradikalen Muezzin macht. Macht die FDP zur Zweigstelle der INSM, zur Filiale der Deutschen Bank oder zur Tochtergesellschaft des Hotel-und Gaststättenverbandes. Oder noch besser: Gründet einen Dachverband deutscher Lobbyisten und überlasst deren Vorstand gleich die Leitung der ‘Partei’.

roeslerraWenn Rösler meint, die FDP müsse sich mehr um die “Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern“, kann das nichts Gutes bedeuten. Was man gemeinhin unter “Lebenswirklichkeit” versteht, kann er nicht gemeint haben, davon hat er nämlich nicht den Hauch einer Ahnung. Nein, sie sollen sich um uns kümmern! Den aufgeblähten Sozialstaat verschlanken. Steuern senken. Reformen voranbringen, privatisieren und die Regulierungswut eindämmen. Liberalismus à la FDP bedeutet, allen Bürgern die Ketten anzulegen, die sie verdienen: Den einen die mit den Brillanten, den anderen halt die eisernen. Jedem seines Glückes Schmied.

Um diesen Weg zu vollenden, braucht es gar kein Personal, wie ich schon vor einigen Tagen schrieb: Ein Stock mit Hut tut’s genau so gut.

radioaktivherzDie deutschen Banken, allen voran die Deutsche Bank, sind nicht einfach Geldinstitute oder Gewinnmaximierer. Sie sind eine tragende Säule der Bundesrepublik, sie sind Teil der Gesellschaft, sie arbeiten für die Menschen und mit den Menschen in Deutschland. Und sie wissen sehr genau: Ohne eine grundlegende gesellschaftliche Akzeptanz lässt sich kein Geschäft auf Dauer nachhaltig oder erfolgreich betreiben.

Wir müssen nach der Finanzkrise offen über Sicherheitsthemen neu diskutieren. Darüber, ob die Anforderungen dem entsprechen, was wir als Gesellschaft an verbleibenden restlichen Risiken zu tragen bereit sind.

Wir jedenfalls wollen uns an einem offenen und transparenten Dialog zur Transformation des deutschen Finanzsystems beteiligen.

Ein Teil der Gesellschaft

Wir wollen einen Umbau des Systems mit Augenmaß.
Augenmaß heißt, nicht einfach nur die Frage nach einigen Regulierungen mehr oder weniger zu beantworten. Augenmaß muss vielmehr heißen, die Zeit nutzen, um einen Fahrplan für Deutschlands Zukunft zu entwickeln, der über Parteigrenzen hinweg getragen wird und breite gesellschaftliche Akzeptanz findet.

Einfach wird es sicher nicht. Dafür sind die noch ungelösten Fragen zu komplex.
Wie erhalten wir Arbeitsplätze und Wohlstand für uns und unsere Kinder? Denn auch auf deren Zukunft kommt es heute an! Darauf brauchen wir Antworten. Und zwar bevor endgültige Entscheidungen über einen schnellen Umbau des Finanzsystems fallen. Nur so schaffen wir einen tragfähigen Umstieg mit Augenmaß.

Wer jetzt glaubt, es könne sich dabei nur um einen Aprilscherz handeln, fällt ein bitteres Urteil über die Rhetorik deutscher Manager und die Bereitschaft von Printmedien, deren Blabla abzudrucken. Ausgerechnet die von mir sehr geschätzte Frankfurter Rundschau gibt Eon-Chef Teyssen die Gelegenheit, solchen Sermon abzulassen. Dass sich dessen Phrasen (ich hätte auch den kompletten Text adaptieren können) nahtlos auf eine andere Branche und einen anderen Zusammenhang portieren lassen, macht deutlich, wieviel luftleere Propaganda da mitschwingt.

Friss das!

Energiekonzerne sind “ein Teil der Gesellschaft”, sie sind gar keine Monopole, die rücksichtlos ihre Kunden ausplündern. Sie arbeiten auch nicht für Gewinne und den Shareholder Value, sondern aus Selbstzweck. Sie arbeiten für Arbeitsplätze. (Dass Teyssen versehentlich Kinderarbeit propagiert, lassen wir ihm einmal als Freudschen Versprecher durchgehen.) Sie arbeiten, damit es eine Zukunft hat, die fällt nämlich sonst aus. Ihnen steht auch gerade gar nicht der kalte Schweiß der Panik auf der Stirn, weil ihre Großkraftwerke die Zukunft der Vergangenheit verkörpern. Nein, das sind einfach gute Menschen, die völlig selbstlos unser Bestes wollen!

Auffällig ist nicht zum ersten Mal, dass Regierung und Energiekonzerne wortgleich ‘argumentieren’ und ihre Rhetorik von der Resterampe offenbar koordiniert haben. Von der “Brückentechnologie” zum “Ausstieg mit Augenmaß” in Null Komma nix, so schallt es quasi Stereo auf den Bürger ein. Diese “Friss das!”-Mentalität hat inzwischen nicht nur dem politischen Diskurs ersetzt, sondern die ganze Sprache. Ihre 08/15-Propaganda ist gelebtes Bullshit-Bingo.

Der FR kann man diesen Fauxpas nur deshalb durchgehen lassen, weil das Machwerk an dem einen Tag im Jahr veröffentlicht wurde, an dem derartiges tolerabel ist. Dass ihnen das Wasser offenbar bis zum Hals steht, ist keine akzeptable Begründung. Solches Product Placement beschleunigt nicht nur ihren Untergang, er wäre auch noch ein denkbar unwürdiger. Und wenn es um eine Tageszeitung wirklich schade wäre, dann um die FR.

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