Gerwald Herter hat für den DLF ein Interview mit Phillip Rösler führen müssen. Ein Fall für ein sattes Schmerzensgeld. Im folgenden einige der originellsten Symptome:
Herter: Aber die werden doch überfordert. Es wird doch kräftig teuerer für die Beitragszahler.
Rösler: Das gerade nicht. Wir haben für nächstes Jahr ein 11-Milliarden-Euro-Defizit zu erwarten. Drei Milliarden Euro werden die Arbeitnehmer insgesamt bezahlen über die Beiträge, aber drei Milliarden werden ebenso die Arbeitgeber bezahlen, drei Milliarden Euro müssen die Leistungserbringer im System ersparen – das ist ein sehr hartes Sparpaket -, zwei Milliarden werden die Steuerzahler aufbringen.
5 Millarden mehr von Arbeitnehmern und “Steuerzahlern”, die sie ja ebenfalls sind. Nehmen wir übermütig an, auf die Arbeitnehmer kämen nur 4 Milliarden Mehrbelastung zu, das sind dann bei 40 Millionen Beschäftigten hundert Euro jährlich pro Nase. Und daß keine weiteren Zusatzzahlungen auf sie zukommen, ist alles andere als spruchreif. Es kommt also die richtige Frage:
“Herter: Was bleibt denn vom hehren liberalen Grundsatz “mehr Netto vom Brutto”?
Rösler: Mehr Netto vom Brutto bezieht sich zunächst einmal auf das Steuersystem, bedeutet aber, dass wir die Mitte in unserer Gesellschaft entlasten müssen, und dazu gehört auch, dass wir stabile Sicherungssysteme auf den Weg bringen, denn ohne stabile soziale Sicherungssysteme kann eine Gesellschaft nicht funktionieren, und wer die Mitte stärken will, der muss den Menschen genau solch ein stabiles System bieten, und das haben wir gestern noch stabiler gemacht und auf den Weg gebracht.”
Welch ein heilloses Blabla. Es gab Zeiten, da hat man Leuten, die einen derart für blöd verkauft haben, einen Handschuh in die Goschn gehauen zum Zeichen, daß man die Beleidigung verstanden hat und den Urheber zum Duell fordert.
Wenn man durch Abgaben weniger Netto von Brutto hat, ist das mehr Netto von Brutto, weil ja das Steuersystem gemeint ist, in dem ebenfalls die Beiträge steigen. Wenn Rösler sein unverschämten Grinsen grinst, kann man nur seinen Leibwächtern gratulieren. Da fehlt immer noch nichts.
Darauf angesprochen, daß es eben weniger bleibt, ertönt es aus dem Lächeln:
“Rösler: Das Ziel ist es ja jetzt, zu einer weitgehenden Koppelung mit Krankenversicherungskosten und den Lohnzusatzkosten zu kommen, damit der Faktor Arbeit künftig eben nicht mehr belastet wird durch die steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen.”
Gemeint ist, die höheren Steuern mit den höheren Abgaben zu koppeln. Und wenn, was sich hinter dem wirren Gerede verbirgt, die Arbeitgeber entlastet würden, ginge es auch den Mehrzahlern besser. Das kennen wir schon.
Von Einsparungen seien die Patienten nicht betroffen, meint der Herr Minister im folgenden. Dafür Pharmaindustrie und Krankenhäuser. Den Beleg bleibt er freilich schuldig.
Herter findet das immer noch nicht in Ordnung und nervt weiter:
“Herter: Und ich wiederhole meine Frage: Stimmt es, dass Kanzleramtsminister Pofalla (CDU) verhindert hat, dass Apotheker einen stärkeren Beitrag leisten müssen?
Rösler: Die Apotheken zahlen ja einen Beitrag und wir haben viele verschiedene Vorschläge gemeinsam miteinander diskutiert und da gab es Für und Wider, das haben wir dann verworfen. Aber noch mals: die Apotheken müssen genauso ihren Beitrag leisten wie alle anderen Leistungserbringer auch.”
Schön, daß wir das diskutiert haben, auch wenn niemand nichts sagt. Irgendwie sind nach dem Für und Wider die Apotheken mit irgendwas auch dabei.
Am Ende steht dann die Weisheit, daß der Wettberwerb alles zum Guten wendet und:
“Die Daueraufgabe bezieht sich darauf, dass wir jetzt die Finanzen und die Einnahmeseite auf eine stabile Grundlage gestellt haben.”
Die Daueraufgabe “bezieht sich” also (was immer das bedeuten mag) auf das, was erledigt ist: Beitragserhöhungen, Kasse machen, Arbeitnehmer doppelt belasten. Das kann man doch auf Dauer so anlegen.
An dieser Stelle könnte ein schöner Schlußsatz stehen, wohlformuliert und zur Abrundung. Lassen wir das und verweisen darauf, daß Rösler zuversichtlich auf das WM-Halbfinale geschaut und die Daumen gedrückt hat. Das kann er prima, auch das Resultat ist bekannt.
Juli 8th, 2010 at 00:27
sicher ist: keiner grinst so blöd wie er.
die frage ist: ist er so blöd , wie er grinst oder denkt er, der wähler ist so blöd, wie der minister grinst.
Juli 8th, 2010 at 01:27
Besser kann ich es auch nicht formulieren:
https://www.flegel-g.de/Gesundheitsreform-2010.html
Juli 8th, 2010 at 02:52
Hätte fast mein armes Radio zertreten, als er den Unfug von Arbeitsnehmern und Steuerzahlern paldaverte. Man hält es nicht mehr aus.
Juli 8th, 2010 at 06:56
Cat Steavens singt gerade “Peace Train”…ich höre immer nur Train, Train, Train…
Es ist der Zug des Kapitalismus vor den dieses ****
ein Stück Solidarität geworfen hat und das völlig entblödet gut heißt.
Juli 8th, 2010 at 07:04
Die Thinktanks hinter diesem Gesandten der Gesundheitsmafia tun das (für sie) einzig Richtige in der Situation. Sie machen genau das, was die Politik seit Jahren vor jeder neuen Schweinerei erfolgreich praktiziert. Sie setzen zunächst voll auf Verwirrung, wozu es hier keines großen Aufwandes mehr bedarf.
Ich bezweifle arg, dass Rösler selbst überhaupt ansatzweise begreift, was er da für ein Nonsense an Sprechblasen in die Luft hat steigen lassen.
https://www.tagesschau.de/inland/krankenkassen176.html
Noch mal zur Erinnerung: der Mann ist Bundesminister für Gesundheit in einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern.
Juli 8th, 2010 at 07:20
“Wir könne sie nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen, wir können sie aber zwingen, immer unverschämter zu lügen”! (Zit.)
Juli 8th, 2010 at 09:47
Zu den unverschämten Lügen zwingen die sich schon selbst.
Wenn der Kutscher bei einer Panne den Fahrgästen was vorlügt von “Die Pferde tränken, damit wir dann mit voller Kraft weiterfahren können”, dann mag das glaubwürdig klingen, wenn man für ein paar Minuten auf der Straße stehen bleibt, während der Schaden notdürftig geflickt wird.
Wenn allerdings der Karren schon metertief im Morast steckt, den Passagieren der Schlamm bis zum Halse steht und die Pferde schon längst über alle Berge (oder abgesoffen) sind, dann klingt der Satz schon unverschämter, zumal wenn er von einem kommt, der auf einem Bein auf dem Kutschbock balanciert und während seiner Lügengeschichten verzweifelt versucht, selbst irgendwie trockenen Fußes davonzukommen.
Zu erwähnen bliebe, dass weder die Pferde, noch die Straßenverhältnisse irgendwie bemangelnswert waren, sondern nur der Kutscher besonders dämlich…
Juli 8th, 2010 at 10:07
“Wenn Rösler sein unverschämten Grinsen grinst, kann man nur seinen Leibwächtern gratulieren. Da fehlt immer noch nichts.”
Herrlich!
So elegant einen virtuellen Faustschlag hinein in die Grinsefresse zu platzieren, würde ich auch gerne können wollen. ;-)
Juli 8th, 2010 at 11:42
@Frank F.: Ich habe mir das gerade mal angeschaut. der hat diesen Blödsinn ja tatsächlich auswendug gelernt und wiederholt das auch noch.
@Rainer: Schöne Sternchen, man weiß doch, was gemeint ist. Ich muß zugeben, der Typ macht mich auch auf Knopfdruck aggressiv.
Juli 8th, 2010 at 12:21
“Wenn Rösler sein unverschämten Grinsen grinst, kann man nur seinen Leibwächtern gratulieren. Da fehlt immer noch nichts.”
You just made my day! :-)
btw, die fdp-joungster machen alle einen stark gecoachten eindruck! die kriegen sicher auch tabletten!
Juli 8th, 2010 at 13:44
[...] org: dradio.de via: feynsinn [...]
Juli 8th, 2010 at 14:41
“die kriegen sicher auch tabletten”
äähh…ist die NSFDP nicht die partei, deren jugendorganisation das koksen freigeben wollte?
ne aber ohne sch…, der liebe junge erinnert mich immer an figuren aus sf-filmen, wo die leute durch endosymbionten kontrolliert werden. wann immer man ihm ein mikro vor die grinsefresse hält, scheint der rest des körpers einzufrieren.
vielleicht hat er aber auch einfach nur noch nie guten sex gehabt oder eben mit DEM falschen
(tschuldigung, der war billig, aber er wirkt halt so als hätte er nen stock im allerwertesten)
Juli 8th, 2010 at 15:14
In den Staaten rückt bei wirren Sektenpredigern mit Allmachtsphantasien doch auch immer eine bis an die Zähne bewaffnete Task Force an und räuchert die irre Brut aus. Wo bleiben die in Berlin?
Juli 8th, 2010 at 22:44
Dem ist nichts hinzuzufügen, was hier über Minister R. & Konsorten gesagt wird. Nachdenklich macht mich jedoch, wer so dummdreist lügt, muß sich mächtig sicher fühlen oder unter Realitätsverlust leiden wie vor zwanzig Jahren die verdorbenen Greise im Politbüro.
Juli 8th, 2010 at 23:29
Mich nervt das die meisten journalisten diese schwabeligen, schmierigen wortverdrehten antworten durchgehen lassen.
Juli 9th, 2010 at 09:44
Als ich das Bild vom Grinsemann in einem Artikel der „taz“ sah
https://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/schwarz-gelb-kassiert-bei-versicherten/
musste ich spontan an „Neues aus der Anstalt“ vom 26.05.2009 denken.
Hier hatte Herr Rürup aka Piet Klocke zur Beruhigung von Herr Pirol etwas auf Naturbasis bekommen, nämlich zwei Schläge ins Gesicht mit einer freilaufenden Dachlatte.
Das arrogante Grinsen des Herrn Röseler läßt sich sicherlich auch mit einer freilaufenden Dachlatte behandeln.
Freilaufende Dachlatten lassen sich sicherlich in jedem besseren Baumarkt einfangen.
Die Behandlung erfolgt ambulant vor Dienstbeginn durch einen kräftigen Personenschützer.
Die Behandlung endet mit dem Ausscheiden aus der Regierung.
Juli 9th, 2010 at 10:24
“Mehr Netto vom Brutto bezieht sich zunächst einmal auf das Steuersystem”
Heißt also, wenn man Steuern umbenennt in GibtDemStaat, dann haben die Liberalen ihr Wort gehalten und die Steuersenkungen durchgeführt. Hinweis für die Linkspartei. Nehmt Rösler beim Wort. Nennt die Vermögens- und Erbschaftssteuer nicht mehr Steuer sondern Geld zur Betreibung des Staates und schon wehren sie sich nicht mehr.
Wie krank ist dieser Mann. Hinter den Zeilen sieht man schon wo er hin will. Steuern runter, Sozialabgaben rauf entlastet prima diejenigen die oberhalb der Deckelung sind.
September 13th, 2010 at 16:21
[...] effektivste Waffe zur Plünderung öffentlicher Kassen zugunsten der Konzerne bleibt allerdings Dauergrinser Philipp Rösler. Hier nur einige seiner Glanzleistungen: Zuerst ist er durchgestartet mit [...]
September 23rd, 2010 at 00:45
[...] nach FDP-Terminologie der Marsch in den Kommunismus, den der rhetorische GAU Rösler uns in hirnschmelzender Demagogie selbst regierend ernsthaft noch als “mehr Netto” verkauft. Das ewige Geschwätz von [...]