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September 2008


Er fühlt sich so unverstanden, der Gute. Er ist gegen “Gutmenschen“, “schleichende Islamisierung“, “Terrorismus im Namen des Propheten“, “xenophile Einäugige, Gutmenschen vom Dienst, Beschwichtigungsapostel” und “Totschlagargumente der Political Correctness“. Es geht ihm “um die kulturelle Selbstbehauptung Europas“.
Als “Schriftsteller und Publizist” führt er das gesamte Vokabular der rechten Haßprediger im Munde und glaubt, er distanziere sich “scharf von rechtsextremen Islamhassern“. Genau wie diese treibt er sein Geschäft mit Assoziationen und Konnotationen, für die er sich nicht verantwortlich machen lassen will. Seine Feind-Welt kennt den gefährlichen Djihad-Terrorismus, die Ehrenworde, die furchtbare Bedrohung “unserer” Kultur und “Rechtsordnung” und die verblendeten gefährlichen Idioten, die so etwas nicht täglich in der Presse lesen wollen. Was unterscheidet ihn von Neonazis, die gegen alles hetzen, was “anders” ist?
Er meint es nicht so. Er möchte seinen irrationalen Ängsten ganz demokratisch Ausdruck verleihen. Er möchte seine Demokratie und seine Meinungsfreiheit behalten. Er möchte, daß gute Ausländer hier bleiben dürfen, solange sie sich nicht erdreisten, die Kultur, aus der sie stammen, mit Stolz zur Schau zu stellen. Er will nur das verbieten, was seine Angst entfacht.
Vor allem aber: Er hat gelernt, sich zu artikulieren, mit Worten zu kämpfen. Daß ihm nichts anderes einfällt, als mit dem Vokabular und den Feindbildern der Rechtsradikalen zu Werke zu gehen, kann viele Ursachen haben. Ich will darüber nicht spekulieren. De facto ist er ein Nützlicher Idiot für Neonazis. Seine halbgaren Distanzierungen, das begreift er offenbar nicht mehr, bestätigen das nur, denn auch solche gehören zum Intrumentarium der Brandstifter. Sollte er wirklich verstanden werden wollen, müßte er nur dazu übergehen, sich unmißverständlich zu äußern.

Ich habe in den letzten Monaten versucht zu verstehen, was sich hinter der Subprime-Krise, Bankenkrise, Finanzmarktkrise verbirgt. Schon seit Jahren schüttele ich den Kopf über Derivate, Termingeschäfte und den ganzen sinnlosen Hokuspokus, der ursprünglich auf Warengeschäften aufesetzte und sich längst zu einem Casino entwickelt hatte, in dem die Jetons minütlich andere Werte anzeigen.
Nun ist mir so weit deutlich, was war und wie es lief, und was ich von neoliberalem Sozialismus halte, habe ich neulich erläutert. Die neueste Entwicklung zum Aufschub des Untergangs macht mich allerdings stutzen. Wenn sich die Bushleute anschicken, mit Billionen (oder erst einmal einer halben) Dollars unnützes Zeugs zu kaufen, ist das zwar Irrsinn, aber eine interessante Variante. Wenn nämlich der Staat eingreift, um das Schlimmste zu verhindern und einen Hopplasozialismus in den Martk implementiert, könnte das sogar eine gute Idee sein. Ich weiß ja nicht, was da nun genau ablaufen soll (und ich fürchte, das weiß niemand), vermute aber, daß so sinnlos wie möglich die wertlosesten Kreditpäckchen “gekauft” werden sollen, um die dümmsten Zocker zu begünstigen und damit zu sichern, daß niemand sicher sein kann, sein Geld zu verlieren. Dies wiederum führt zu einem kranken Vertrauen in die toten Gleise des Marktes, womit verhindert wird, daß massenhaft Geld abgezogen wird. So weit richtig?
Ein selektiver Kauf von eben den Krediten, mit denen Immoblilien finanziert wurden, deren Besitzer sich das gar nicht leisten können, hätte hingegen durchaus Charme. Der Staat könnte damit diejenigen alimentieren, die wirklich darunter leiden und ihnen eine Zukunft als Mensch und Konsument sichern. Da die Sache ohnehin ein gigantisches Verlustgeschäft für den Staat ist, könnte er doch die alten Kredite den alten Kreditnehmern zu humanen Bedingungen, d.h. niedrigen Zinsen, wieder gewähren und ihre Immobilien als Sicherheit akzeptieren, auch wenn deren Wert nicht dem Kreditvolumen entspricht. Darüber hinaus könnte sogar dauerhaft ein solcher Mechanismus greifen, der in Not geratene Kreditnehmer unterstützt – und nicht die Zocker, die von den Krediten profitieren.
Es dürfte für die meisten zu spät sein – worin der Skandal besteht. Anstatt von vornherein diejenigen zu unterstützen, deren Existenz ruiniert ist, werden nunmehr die “Märkte” gestützt, nachdem die Konsumenten
bis auf den letzten Tropfen ausgelutscht sind.
So stellt sich Lieschen Flatter die Welt vor. Finanzexperten, klärt mich auf!

Häppchen zum Lesen sind der Hit der Saison, wer gibt da schon Geld aus für Journalisten, die auch Artikel schreiben können? Unfreiwillig selbstreferenziell fällt ein solches publizistisches Accessoire bei der TAZ aus. Zum Thema Datenschutz darf Meike Laaff dort einen “Trendforscher” kurzbefragen. Ein Interview wäre etwas anderes. Demnächst werden politische Analysen ganz konsequent von Astrologen geliefert, das liest sich einfach leichter.
Der “Forscher” (wie erforscht man eigentlich die Mode im Datenschutz? Was muß ich dafür studieren?) weiß über die User zu erklären:
Sie hinterlassen ihre Daten mutwillig und bewusst – angefangen bei PayPal über Kreditkarten und Handy bis hin zu Google, dem klassischen Beispiel. Oder bei den ganzen Social Communitys oder Twitter, wo ich ganz bewusst täglich meine Daten hinterlasse, damit meine Freunde und Bekannten quasi in mein Leben integriert sind.
Dazu passend bebildert die TAZ ihren journalistischen Modeschmuck mit einem unscharf fotographierten Wesen, das sich gerade im “SchülerVZ” tummelt. Ganz bewußt erklären dort Zwölfjährige, daß sie für ihren Datenschutz selbst verantwortlich sind.
Das ist eigentlich diese Souveränität, die ich den jetzt kommenden Generation unterstelle: dass sie sehr wohl den Wert ihrer Daten erkennen und dass sie ihre Daten sehr bewusst freigeben – und im Zweifel etwas dafür fordern, zum Beispiel Rabatte.”
Wer mit der Volljährigkeit die Souveränität erhält, über seine unschuldig preisgegebenen Daten wirklich selbst verfügen zu dürfen, kann die Offenlegung seiner gesamten Privatsphäre seit dem Grundschulalter bei seinem Payback-Partner gegen einen Gummiball eintauschen. Wer braucht da noch den “klassischen” muffigen Datenschutz? Der ist doch voll krass untrendy!

Eigentlich wollte ich heute einen anständigen Artikel schreiben. Zum Beispiel über das Erlebnis einer “Rede” von Merkel im Bundestag. Eine Strapaze! Was ich davon gehört habe, war ein derartiger Klumpen von Worthülsen, daß ich glaubte, ich sei völlig verkatert. Einerseits zum einschlafen, war der spärliche Rest an Inhalten so an der Wirklichkeit vorbeigenagelt, daß ich mich hätte echauffieren müssen – hätte ich eben nicht eben noch gegen den Schlaf gekämpft. Die mühsame Arbeit am Originaltext bleibt mir ebenso erspart wie meinen Lesern, denn ich erhielt einen Anruf, dem ein wie immer anregendes Gespräch mit einem Freund folgte. Die Zeit ist damit besser investiert.
Zum Trost drei Links mit unterschiedlichem Unterhaltunsgwert:

Warum SpOn/der “Spiegel” noch exitiert, illustriert Welt.de. “Die Linken haben dieselben Ziele wie die SED” heißt es dort überschriftilich. Ganz konsequent findet sich dort nicht einmal das Bemühen um ein einziges Argument. Es wird gesagt, das muß reichen. Der Link dient nur dazu, meine Aussage zu belegen. Lesen lohnt sich nicht. Wir stellen fest: Die “Linken” regieren die DDR, und das ist auch gut so. Oder so. Propaganda ohne Scheinargumente, wie peinlich! Von Blumenkorn, übernehmen Sie!

Gravenreuth geht in den Knast. Eine Klatsche für die McJustice von der Alster. Wird es etwas ändern an der Rechts-Sprechung zum Internet in Deutschland ? Ich setze einen Zehner dagegen. Und gleich noch ein paar.

Überwachunsgsstaat? Iwo! Jede Maßnahme gegen gefährliche unbürgerliche Computerferkel dient unser aller Sicherheit und dem weltweit-bayrischen Kampf gegen den Terrorismus. Genaueres beim Spiegelfechter.

Das Ende des Neoliberalismus wird durch die Banken- bzw. Finanzmarktkrise stark beschleunigt. Es zeigt sich nicht nur endlich, daß die Ideologie unkontrollierter Märkte sogar für die Märkte schädlich ist, sondern es ist auch an der Zeit, die Rolle des Sozialismus im Neoliberalismus zu erläutern. Der Begriff ist übrigens im “Lexikon” der INSM nicht zu finden, was verwundert. Schließlich ist er einer der häufigsten im Sprachgebrauch der Neolibs. Dort stellt er eine Art Negativ des freien Marktes dar, also staaliche Kontrolle, Verteilung der Ressourcen nach anderen als marktwirtschaftlichen Kriterien und Alimentierung der Menschen, die nicht vom Markt profitieren.
Exakt dieser Sozialismus aber, der politisch oder von Staats wegen als verwerflich betrachtet wird, ist hochwillkommen und gefordert, wenn es aus “wirtschaftlichen” Gründen opportun erscheint. In einer Krise, die durch Gier, Fehlspekulation, Betrug, Dilettantismus und Rücksichtslosigkeit ausgelöst wurde, soll der Staat
- als Kontrolleur des Marktes herhalten, weil dieser zur Selbstkontrolle unfähig ist,
- Ressourcen, d.h. letztlich Steuermittel einsetzen, um das System “Markt” zu retten und
- damit diejenigen alimentieren, die in profitablen Zeiten den Gewinn für sich beanspruchen.
Die Einsicht, daß nur “der Staat”, also eine nicht wirtschaftlich legitimierte und nach Rechtsnormen ausgerichtete Instanz, für Ordnung sorgen soll, ist auch und gerade in einer Marktwirtschaft völlig richtig. Der Staat muß dabei unbedingt frei sein von wirtschaftlichen Interessen und darf sich ausschließlich nach Kriterien richten, die dazu geeignet sind, für Ordnung zu sorgen. Dies bedeutet, daß er dabei das wohl aller Bürger berücksichtigen muß. In einer Demokratie, die der Zustimmung der Bürger für die Ordnung bedarf, ist dies wiederum unmittelbar mit einem Bezug auf Gerechtigkeit verbunden.
Dieser fundamentale Unterschied zwischen “Staat” und “Wirtschaft” befähigt den Staat erst dazu, für Ordnung zu sorgen.
Die Einsicht, daß soviel “Sozialismus” unabdingbar ist, resultiert sogar aus der Lehre des Liberalismus und vor allem aus den Fakten, die die Weltwirtschaft aktuell bestimmen. Eine Diskussion um eine dauerhaft funktionierende Wirtschaft ist also ebenso wie das Wohl des Staatswesens eine Frage des richtigen Sozialismus.
Die Tatsache, daß das Chaos der Finanzmärkte letztlich auf die massenhafte Zahlunsunfägigkeit verführter Privatleute zurückgeht, deutet ebenfalls auf dieses Problem hin. Der Markt hat versagt, weil seine Verteilungsmechanismen versagt haben. Eine stabile Basis für eine Wirtschaft ist nur dann gegeben, wenn der Erwerb von Eigentum sich nach Kriterien von Gerechtigkeit richtet. Es müssen mehr Menschen partizipieren, und das wirtschaftliche Wachstum muß auf einer breiten Basis geschaffen werden, wenn es stabil sein soll. Die enorme Spanne zwischen den Einkünften weniger großer Profiteure und der Masse ist fatal, vor allem deshalb, weil auch die Dynamik des Wachstums sich so ungleich verteilt. Letzteres heißt ganz einfach, daß Zuwächse des Einkommens beim Großteil der Bevölkerung nicht mehr stattfinden. Darum ist jeder Ruf nach niedrigen Löhnen und Kosteneinsparungen zu Lasten der “Massenkaufkraft” ökonomisch widersinnig.
In einem politischen Sinne wäre es durchaus diskutabel, die Reichsten zu einem großen Teil zu enteignen, es wäre wirtschaftlich auch alles andere als schädlich. Damit wäre das Pferd aber falsch herum aufgezäumt. Es brächte nämlich gar nichts, wenn sich an der Dynamik des Wachstuns und der Verteilung der Einkommen strukturell nichts ändern würde. Im Gegenteil kann man den Reichen getrost ihren Reichtum lassen. Unabdingbar für eine stabile Wirtschaft ist aber die Beteiligung der Massen am Wachstum. Es ist blanker Unsinn, zu behaupten, eine breitere Verteilung verhindere Wachstum. Was verhindert würde, wäre lediglich ein rein mathematisch vorhandenes Wachstum bzw. dessen Größe. Wenn eine nationale Wirtschaft etwa um 1% wächst anstatt um 3%, davon aber nicht wenige, sondern möglichst viele profitieren, ist das Wachstum stabiler und langfristig sogar größer. Allein eine Wirtschaft, die auf Tagesgewinne aus ist, immer auf den größten Haufen scheißt und kein Morgen kennt, hat dabei das Nachsehen.
Es gibt also zwei Wege des Sozialismus in der Marktwirtschaft, um die es zu streiten gilt: Den einen, der die große Mistschaufel bedeutet, die immer dann von allen bedient wird, wenn wenige den Karren in den Dreck gefahren haben, und den anderen, der das politische Moment von vornherein in die Wirtschaft einbringt. Nur Gerechtigkeit sorgt dauerhaft für Wachstum. Es sei denn, man fände alles so gut, wie es derzeit ist und sorgte dafür, daß das Volk das mitmacht und nicht aufbegehrt. Dazu müße man ihm freilich mit Gewalt das Maul stopfen.

Meine Lebensgefährtin mag Hunde. “Seltsam”, dachte ich heute, “genau wie Hitler!”.
Lafontaine hat einen französischen Vornamen, genau wie Le Pen. Goebbels, Gorbatschow und Gysi fangen mit “G” an. Das kann doch alles kein Zufall sein!
Wir alle sind übrigens “charismatische Redner”. Also meine Frau und ich und die anderen da oben. Bei Le Pen würde ich allerdings Abstriche machen, sein Deutsch ist miserabel und seine Reden plump und inhaltslos, aber mei, was soll’s, irgendwas wird schon dran sein, wenn der Herr Schmidt das sagt. Der Herr Schmidt konnte seine eigene Partei kaum je überzeugen. Als er noch in Amt und Würden war, mußte ein gewisser “Seehemeir Kreis” ständig verlautbaren, was er doch für ein Toller sei, und auf der anderen Seite disziplinierte ein Ex-Kommunist seine Fraktion mit härtesten Bandagen – immer im Sinne der Demokratie, versteht sich.
Verstanden hat das damals trotz aller Nachhilfe nicht einmal die SPD, danach kamen deshalb 16 Jahre Kohl. Den haben die Leute besser verstanden.
Noch besser haben die Leute allerdings den Herrn Schröder verstanden. Vor allem die Leute von der Wirtschaft und den Medien. Der hat zwar viel versprochen und einige höchst publikumswirksame Versprecher gemacht, vor allem vor Bundestagswahlen. Das war allerdings kein Populismus, denn er wollte ja nicht dem “Populus”, dem Volk, gefallen, sondern seinen vielen wichtigen Freunden. Es ging ihm nicht darum, beliebt zu sein, sondern das Richtige zu tun. Da hat er sich vom Volk nix erzählen lassen, genau wie der Herr Schmidt dunnemals vor ihm. Populistisch war hingegen der Herr Brandt gewesen. Der konnte nicht nur reden, der ist sogar auf die Knie gefallen. Ein Bundeskanzler auf den Knien, das geht gar nicht. Auf den Knien, das ist für Koksnutten in Ordnung, aber nicht für einen Bundeskanzler.
An solchen Vergleichen sollte sich eine gute Politik unbedingt orientieren und vor allem natürlich der Wähler. Darum erklärt man ihm ja auch den Lafontaine. Dem sollte man tunlichst nicht zu zuhören, sonst wirkt das Charisma mit dem Populismus und vernichtet Arbeitsplätze.
Die Entwicklung der meisten Parteien in Deutschland ist von daher sehr positiv zu beurteilen. Charsima und Redetalent, die dunklen Künste, sind dort absolut tabu. Die wahren Antifaschisten erkennt man an sinnlosem Genuschel, ödem Geschwafel und einer Rhetorik, die einem Versicherungsvertreter die Schamesröte ins Gesicht triebe. Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und wollen der Nachwelt einen Schwur leisten:
Von deutschem Boden soll nie wieder eine überzeugende politische Rede ausgehen!

Beck ist weg, die SPD auf einem guten Weg. 4 % an einem Tag, das macht bis zur Wahl etwa 1550 % für die Agenda 2010, die daher bis ins Jahr 3030 fortgeschrieben wird.
Pakistan erfreut sich häufiger Besuche amerikanischer Touristen. Nein, Terroristen. Nein, die Terroristen in Pakistan werden von den amerikanischen Touristen heimgesucht. Diese hätten gern die NATO dabei, die will aber nicht. Wieso eigentlich nicht? Was haben nur die alteuropäischen NATO-Mitglieder gegen Interventionen bei Atommächten? Weicheier!
Piech kloppt sich mit Wiedeking, und zwar in Abwesenheit. Während diejenigen, die die Autos bauen, glauben, sie hätten damit etwas gewonnen, beschmeißen sich die Teilhaber-und Vorstandsgranden samt ihrer Familien mit Kaviar, damit der Plebs drüber ausrutscht.
Ackermann kauft sich die Postbank. “Welch eine Freude, die Postbank bleibt deutsch”, denken sich die Hohlhanseln der Politeska, während der Schweizer ein Bad in seinen Liechtensteiner Kontoauszügen nimmt. Was will er mit der Post? Erstens den längsten haben, ehe ein anderes Wichshähnchen mit mehr Federn protzt, und dann natürlich einem beinahe seriösen Konkurrenten den ganzen Dreck verramschen, den er nirgends sonst mehr loswird. Die nächste Krise kann kommen, dann geht die Postbank für einen Euro an die China Commmercial, den Rest legt der doofe Steuermichel dazu.
Ficht mich alles nicht an, ich hab “Wochenende” und kuriere einen höchst überflüssigen Schnupfen aus. Das Beste sind doch immer noch die alten Hausmittel, leicht abgewandelt: Kaltes Bier. Prost!

Wenn man gegen geltendes Recht wirtschaftet, braucht man Argumente. Zum Beispiel die einmillionste Erhebung, Studie, Befragung, die besagt, wie viele Arbeitsplätze “vernichtet werden“, wenn man Menschen für ihre Arbeit bezahlt. Daß es der Europäischen Sozialcharta widerspricht, wenn man sie, zumal massenhaft, ausbeutet, muß durch große Zahlen und schauerlichen Grusel übertüncht werden.
“Focus” langweilt mit einer weiteren “Studie” von “Wirtschaftsforschern”, deren Weisheit allein schon qua ihrer Autorität unzweifelhaft ist.
1,2 Millionen Arbeitsplätze vernichten” würde also ein flächendeckender Mindestlohn. Ein “Wirtschaftsforscher”, der von der “Vernichtung” von Arbeitsplätzen spricht, sitzt vermutlich in einer Kneipe und macht Experimente mit seinem zwölften Bier. Von Ökonomie hat er nicht den geringsten Dunst. Ist ein Arbeitsplatz “vernichtet”, wenn ich mit einem Bulldozer über meinen Schreibtisch fahre? Oder wenn ich den Bäcker erdolche? Wenn jemand arbeitslos wird oder eine Firma Konkurs anmeldet?
Ökonomie ist ein äußerst komplexes Geschehen. Vor allem in Deutschland, dem Giganten des Exports, wird ein auf Außenhandel angewiesener Arbeitsplatz, der wegfällt, in der Regel sehr schnell durch einen anderen ersetzt. Ist der Bedarf an Produkten vorhanden, wird produziert. Nirgends effizienter als hierzulande. Selbst das “Abwandern” von Arbeitsplätzen, auch eine mißlungene Metapher neoliberaler Gruselgranden, ist unwahrscheinlich. Billiger konnten andere schon immer, haben aber in der Masse nie so viel Erfolg gehabt wie deutsche Unternehmen. Hausaufgabe für die Wirtschaftforscher: Recherchieren Sie, woran das liegt!
Daß der deutsche Binnenmarkt immer noch dahinsiecht, wird hier in jeder Schwächephase der Weltwirtschaft zum Problem, und es wird immer schlimmer. Bislang ging das noch so gerade eben gut, und was häufig übersehen wird, ist der Einfluß, den der deutsche Binnenmarkt auf die Exportfähigkeit hat. Wenn sich hier niemand mehr die Produkte leisten kann, die er selbst herstellt, wird die Produktion als Ganze darunter leiden. Je größer die Masse derer wird, die von einer realen Teilhabe ausgeschlossen sind, desto ineffizienter wird die Produktion. Das Prekariat verliert völlig den Anschluß an die Arbeitswelt, Bildung erreicht immer weniger Menschen, weil sie keine Zeit, kein Geld und keine Vorbildung haben. Für einen “Wirtschaftsstandort”, dessen Angestellte effizient arbeiten sollen, eine Katastrophe. Niedrige Löhne werden überdies dazu führen, daß Arbeitskräfte aus dem Ausland keinen Grund mehr haben, hier ihr Geld zu verdienen – schon gar nicht solche, von denen wesentlich mehr erwartet wird als “Dienst nach Vorschrift”. Damit sind wir noch immer nicht bei dem Problem, daß deutsche Unternehmen vor allem in den europäischen Binnenmarkt exportieren. Der deutsche gehört dazu, und welche Auswirkungen ein toter deutscher Binnenmarkt aufs Gesamtsystem hat, ist die Hausaufgabe für fortgeschrittene “Forscher”.
Selbst, wenn man es nicht begrüßt, daß ausbeuterische Arbeitsverhältnisse abgebaut werden (und es gibt auch sehr gute ökonomische Gründe dafür), ist das Wort von der “Vernichtung” blanker Unfug. Die meisten Unternehmen müßten ihre Mitarbeiter schlicht besser bezahlen, ihre Gewinne würden lediglich bei gleichem Umsatz schrumpfen. Selbst, wenn man glaubt, daß viele Unternehmen dann nicht überleben würden, ist die Behauptung, die Arbeitsplätze würden wegfallen, also falsch. Sie würden in Unternehmen neu entstehen, die bereit sind, mit weniger Gewinn solide zu wirtschaften. Freilich sind Gewinnmargen von 25% nicht mehr drin, aber mit so etwas rechnet, darf gern auswandern.
Löhne, die in vom Export unabhängigen Branchen gezahlt werden, sind eine noch bessere Investition. Hier wandert niemand ab. Dienstleister und Handwerker, die anständig bezahlt werden, können andere Dienstleister und Produzenten anständig bezahlen. Das rechnet sich doppelt, weil dabei auch noch etwas für die öffentlichen Kassen abfällt und sich ganz nebenbei die gesamte Wirtschaftsleistung steigert.
Wie wissenschaftlich solche “Studien” sind, belegt die Astrologie, die dahinter steht:
Die RWI-Studie stützt sich auf Modellrechnungen. Außerdem wurden 800 Unternehmer aus acht Branchen befragt. Demnach rechnen zum Beispiel in Ostdeutschland 40 Prozent der Betriebe mit Entlassungen, sollte es einen flächendeckenden Mindestlohn geben.”
“Modellrechnungen” bedeutet so etwas wie Pi mal Daumen, streng linear und an einem Nachmittag zusammengeschustert.
Wenn “ein Betrieb” “mit etwas rechnet”, wird es schlicht komisch. Achja, es sind “die Unternehmer”. Wer genau ist das? Aufsichtsratsvorsitzende? Aktionäre? Manager? Pförtner? Und was bedeutet “Entlassungen”? Daß ein paar Leute gehen müssen? Ein Leiharbeitszug nach Hause geschickt wird? Daß der Betrieb dicht macht? Nichts Genaues weiß man nicht, aber auf Basis dieser Rumpelstatistik errechnet sich eins fix drei:
Die öffentlichen Haushalte müssten in diesem Fall Mehrkosten von neun Milliarden Euro im Jahr schultern – unter anderem, weil die Ausgaben für das Arbeitslosengeld steigen und die Einnahmen aus der Unternehmenssteuer sinken würden“.
Man hätte sich auch die Mühe machen können, zu errechnen, was an Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen gewonnen wird, wenn 2-Euro-Jobs durch echte Arbeitsplätze ersetzt würden. Aber das hieße ja, man müßte den ganz großen Rechner anschmeißen, wirklich kluge Köpfe, echte Wissenschaftler damit beschätigen und eine seriöse Arbeit leisten, die Monate oder Jahre in Anspruch nimmt. Doppelt uncool. Es käme dabei wohl nicht heraus, was der politisch-publizistische Komplex hören will, und das Geschäft ist immer in Eile. Heute auf den Schreibtisch gewürfelt, morgen veröffentlicht und immer am Puls der Macht – so wird ein neoliberaler Schuh draus.
Zieht ihn euch selbst an, geht ins Wasser und kommt nicht wieder raus!

“Meine Leute und ich kennen die Büchsenspanner”, überschreibt SpOn ein wohlfeiles Werk des Herrn Matthias Bartsch, das auf Beck zielt und sich selbst trifft. Das Artikelchen endet mit den Worten:
Das immerhin hat Kurt Beck in seinen zweieinhalb Jahren dort erkannt: ‘Meine Welt ist das nicht.’
Nein, es ist nicht seine, es ist die Welt der Bücklinge, die der Spiegel-Verlag bezahlt, um die politische und journalistische Kultur zu ruinieren, die einst eine passable Demokratie ausmachten. Becks Rücktritt steht im unmittelbaren Zusammenhang zu einem aktuellen “Spiegel”-Artikel. Wenn jemand die Intriganten kennt, von denen Beck sprach, ist es das Nachrichtenurinal, das da über die Causa zu berichten vorgibt. Das System, das von einem Zirkel schamloser Desinformanten aus Parteien und Journaille inzwischen solche Fakten schafft, ist das größte Problem der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2008. Wo noch vor einigen Jahren Journalisten ihre Arbeit machten, die Politik wachsam kontrollierten, sitzen jetzt willfährige Zuträger einer neoliberalen Sekte, die das Volk kontrollieren. Die Art und Weise, wie der “Spiegel” inzwischen seine Leser zu verarschen versucht, ist mit Worten kaum mehr zu beschreiben. Wer zur Hölle trägt noch sein Geld zum Kiosk, um diesen erbärmlichen Zirkus zu finanzieren?

Selbstkritik ist eine Kunst, die in der Politik selten zum Zuge kommt. Die journalistische Zunft ist da professioneller. Sie ist von höheren Gnaden dazu berufen, in den Himmel zu loben oder zur Hölle zu schreiben und dank ihres Qualitätsanspruchs jederzeit eine integere Instanz. Selbstkritik wäre da völlig fehl am Platze, denn das hieße ja, man hätte womöglich gar nicht das Zeug dazu, andere zu beurteilen.
In der “Analyse” zum Fall Kurt Becks tun sich zwei hervor, den Mann und die Welt zu erklären, die zwar keinen langfristigen Vertrag mit der Wirklichkeit haben, aber einen gut dotierten mit ihrem Verlag. Letzteres qualifiziert eben zu den Urteilen, die sie über andere fällen, ohne vorherige Beweisaufnahme, versteht sich.
Was CC Mahlzahn seinen Lesern ins trübe Licht schiebt, hat der Morgen angemessen gewürdigt. Wenn Kampagnenjournalisten nachkarten, steht eine Runde Ramsch an, die man sich gut sparen kann.
In der Sueddeutschen erklärt Gustav Seibt den Beck und sein Schicksal: Becks “Charakterschwäche” habe zu seinem Sturz geführt, seine “Dünnhäutigkeit”. Zur Erklärung liefert er uns einen Pott Püree, in dem er Merkels “Farblosigkeit”, Kohls Provinzialität und eine “ästhetische Postmoderne” zu einer faden politischen Erklärung zusammen stampft.
Daß Kohl unter Bedingungen an die Macht gekommen ist, die nicht zu vergleichen sind mit der heutigen Medienpräsenz, fällt ihm nicht auf. “Medienpräsenz” heißt dabei vor allem die Präsenz der Medien in der Politik, ihr Mitgewurschtel auf allen Ebenen.
Merkel ist durchaus farblos und hat der CDU immerhin ein historisch schlechtes Wahlergebnis beschert. Der Hauptunterschied zwischen Merkel und Beck ist allerdings, daß die beiden auf zwei Seiten eines Kampganenjournalismus stehen, sie eben im Himmel und er in der Hölle. Das Dauerfeuer aus allen Richtungen, das auf Beck losgelassen wurde, hätte kaum jemand so lange aushalten wie er. Ausgerechnet Kohl zu nennen, der bei jeder Majestätsbeleidigung grantig wurde und nur journalistische Hofschranzen an sich heranließ, ist abenteuerlich.
Die Attacken der vergangenen Monate, die erst erfolgreich wurden, als Beck bemerkt hat, daß die Genossen mit den gewetzten Messern sich immer enger um ihn scharten, sollen also nicht der Grund für den Rücktritt gewesen sein. Beck war falsch, so einfach ist das. Seibt, der sich bereits als großer Kenner Lafontaines und anderer Demagogen hervorgetan hat, macht also das, was er am besten kann: PR, die sich das vorgepinselte Weltbild nicht von langweiligen Fakten verunzieren läßt.

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