“SPIEGEL-ONLINE-Blogger Peter Ross Range” wird von SpOn stets “SPIEGEL-ONLINE-Blogger Peter Ross Range” genannt. Er darf unter dieser Flagge Artikel schreiben, die so etwas wie einen Header haben, ein nettes Bildchen mit dem Titel “The Lone Ranger”.
Was in Deutschland als pöbelnder Mob abgetan wird, ist im Kontext mit den US-Wahlen ein Aushängeschild: “Blogger”. Da wird allerdings herzlich wenig gebloggt. Es gibt, im Gegensatz zu anderen Artikeln bei SpOn, die man im Forum diskutieren kann, nicht einmal eine Kommentarfunktion.
Der Titel “Blogger” ist nicht anderes als ein Trojanisches Pferd. Einerseits eben Augenwischerei, Etikettenschwindel und ein parasitärer Gebrauch des Blogger-Ruchs, kann man so jemanden gern gehörten Unsinn verzapfen lassen, von dem der “Journalismus” nachher nichts mehr wissen muß. Peter Ross Range erklärt nämlich, warum Obama noch verlieren kann. Er scheint dies ebenso zu hoffen wie der Rest der Achse des Guten beim “Spiegel”. In 2004 hat er die Trommel für den Irak-Krieg gerührt, im vollen Bewußtsein der Lügen, die diesen ausgelöst haben. Statt “Massenvernichtungswaffen” waren ihm halt Saddams “Massengräber” die Rechtfertigung. Der Krieg gegen das Böse ist nämlich immer gut.
So einen kann man gut gebrauchen, wenn man sich eigentlich mit den Bush-Regime eingerichtet hatte – um nicht zu sagen: “angefreundet”. Andererseits ist es inzwischen zu peinlich, noch auf dieser Seite zu stehen, das mag selbst Broder zu einer gewissen Zurückhaltung zwingen.
Einen amerikanischen “Blogger” auszuleihen, dem von Kommentatoren der Hintern versohlt würde, ließe man die Leute nur kommentieren, ist also eine probate Lösung. Das Dumme ist nur, daß es echte Blogger gibt, und die wissen: Peter Ross-Range ist für die Dauer seines Engagements für SpOn ein SpOn-Journalist. Mit diesem Titel wird er sich zukünftig allerdings kaum bewerben wollen.
2008
Der Spiegel und sein "Blogger"
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26. Okt 2008 0:49
Wenn einem so gar nichts einfällt,
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25. Okt 2008 1:54
hilft ein Link: Don Pepone bloggt wieder.
Immer lesenswert.
Rettung vor dem Kommunismus, McCains Sieg und mehr oder weniger zu "Lesen"
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24. Okt 2008 0:33
Wer rettet uns vor den Kommunisten?
“Ypsilanti will sich in Obamas Windschatten an die Macht schleichen”
“Neuer Anlauf in Hessen: Schon Anfang November will sich Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin küren lassen – zeitgleich mit den US-Wahlen. Ein Zufall? Wohl kaum. Die SPD-Chefin hofft, das öffentliche Interesse an ihrem umstrittenen Pakt mit der Linkspartei zu schmälern.”
Diese wunderbare Verschwörungstheorie liefert die Online-Ausgabe des größten deutschen Boulevardmagazins “Der Spiegel”. Dafür natürlich keinen Link. Abtreten!
“Lesen” oder nicht lesen…
Selbstherrliche und Mimosen, wohin man sieht. Heidenreich schämt sich, wird vor die Tür gesetzt, mit Häme übergossen und dann doch betrauert – schließlich hat sie (sich) lange gut verkauft. That’s Business. Mit Kultur und Literatur hat dieser Komödienstadel freilich herzlich wenig zu tun. Besser ist das.
McCain gewinnt die Wahl
Kann er? Davon überzeugt ist als einer der Letzten der unermüdliche publizistische Geisterfahrer Josef Joffe. En passant erscheinen ihm die 12 millionen Dollar, die dem Republikaner für TV-Spots zur Verfügung stehen, als “HartzIV“. Jetzt weiß ich auch, warum die Sozialschmarotzer hierzulande so überschätzt werden. Josef Joffe ist übrigens der Namensgeber des Jojo-Effekts: Vor den Schrank laufen, zurücktaumeln, unterwegs alles vergessen und hurtig wieder vorpreschen. Anbetungswürdig!
Mal wieder dieser Prantl! Will sich nicht nackt zeigen, wenn’s der Staatssicherheit dient. Spießer!
Peer Sparstrick zeigt’s den Schweizern. Die sollen gefälligst Steuerflüchtlinge aufhalten. Wir können schließlich nicht unser Geld für Steuerfahnder ausgeben, wenn die das Geld horten. Nicht lange fackeln, den Jung anrufen und einmarschieren!
Der Bildungszipfel ist gezückt. Wir haben Großes vor, zum Beispiel Zahlen halbieren:
“Auch die Zahl der Ausbildungsabbrecher soll im bundesweiten Durchschnitt von derzeit 17 Prozent auf 8,5 Prozent sinken.” Klasse, so hat der Hartz auch angefangen. “Halbierung” versprechen kommt immer gut. Oder Vollbeschäftigung. Oder Freibier für alle. Das hat gute Tradition:
“Rund 15 Prozent der Schulen in Deutschland sind Ganztagsschulen. Diese Quote wollte man schon bis 1985 erreicht haben.” Na geht doch! Blühende Landschaften, wohin man schaut. Hauptsache, der Pöbel rennt weiter vor die Gebührenwand der Hoschulen. Schmerz spornt schließlich an.
“Wir tun nur unsere Pflicht”, das ist das Motto der Eichmännchen und -Frolleins, die uns auf dem Amt klar machen, daß wir erst den Fernseher verkaufen müssen, ehe die nächste warme Mahlzeit dran ist, der freundlichen BKA-Beamten, die monatelang einem Hinweis aus der Bevölkerung nachgehen oder der korrekten Sekretärin, die um zwölf uhr null und null Sekunden den lebenswichtigen Antrag nicht mehr entgegennimmt, weil “dann ja jeder kommen” könnte.
Heute hat ihn sich die unbekannte Heldin der Deutschen Bahn verdient, die ganz im Sinne des zukünftigen Börsenkurses dafür sorgt, daß nur zahlende Kunden transportiert werden. Eine Zwölfjährige mußte bei Rostock in der Dunkelheit aussteigen, obwohl andere Fahrgäste bereit waren, für ihr Ticket zu zahlen.
Diese Förderung des Schwarzfahrens macht die Sache ja nun wirklich nicht besser, wußte die Plichbewußte und tat diese ihre.
Der Skandal: Die Bahn hat sie vom Dienst suspendiert. Dabei hat sie alles richtig und nichts falsch gemacht, war sogar nachsichtig mit dem Gör:
“Ich habe doch gewartet, bis der Zug zum Stehen kam und sie dann erst rausgeworfen”, verteidigt sie sich zurecht.
Das Hartz-Land: Aufstieg unerwünscht
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22. Okt 2008 1:09
Anfang Oktober habe ich in Aussicht gestellt, einen Artikel über die größte Schrödersche Sünde zu verfassen: Daß es keine Aufstiegsmöglichkeiten mehr gibt. Wohlan!
“HartzIV” bedeutet nicht nur Gängelung für diejenigen, denen es nicht gelingt, einen Job zu finden. Es bedeutet überdies ein großes Hemmnis für gerade diejenigen, die angeblich davon profitieren sollen: Die Fleißigen, Zielstrebigen – die Sorte Mensch, die will, daß es “ihren Kindern einmal besser gehen” soll. Um den sozialen Aufstieg zu schaffen, bedarf es einer passenden Berufswahl, der Wahl einer passenden Arbeitsstelle, an der man seine Stärken nutzen kann. WIe kommt man an eine solche? Man bewirbt sich, wählt aus, probiert aus, schaut sich das eigene Fortkommen an und entscheidet sich eventuell, etwas anderes oder einfach dasselbe woanders auszuprobieren. In den fünfziger bis siebziger Jahren war die Phase des Probierens in der Regel recht kurz, bis man einen Betrieb fand, in dem man viele Jahre, oft ein ganzes Leben lang, beschäftigt war.
Heute ist die Situation anders. Mehr Fluktuation ist die Regel, dazu wird mehr Flexibilität gefordert. Diese Belastung der Arbeitnehmerschaft birgt viele Probleme, etwa die Schwierigkeit, Familien zu gründen oder die generelle Unsicherheit von Jobs.
Auf der anderen Seite birgt ein solcher Arbeitsmarkt die Möglichkeit, sich in unterschiedlichen Beschäftigungen zu versuchen und den Arbeitgeber häufiger zu wechseln. Hier aber schlägt die aktuelle Gesetzgebung gnadenlos zu. Die Flexibilität, die von den Arbeitnehmern verlangt wird, ist dem Gesetz und seinen ausführenden Agenturen selbst völlig fremd. Will sich jemand verbessern und kündigt deshalb eine Stelle, wird ihm das Arbeitslosengeld zumindest gekürzt. In der Regel bedeutet das für Empfänger eines Gehalts, von dem man leben kann, daß sie drei Monate vom Ersparten leben müssen. Dies hat zwar nur am Rande mit “HartzIV” zu tun, hat aber für die tatsächliche “Flexibilität am Arbeitsmarkt” fatale Folgen. Der Druck, eine Stelle zu behalten, weil man sich eine Kündigung nicht leisten kann und eben nicht die Gelegenheit hat, sich halbwegs in Ruhe eine andere Stelle zu suchen, ist eine psychologische Totalblockade. Allein die Aussicht, durch die Ablehnung von Stellen von heute auf morgen arm zu werden, verhindert durchaus berechtigte Versuche, sich zu verändern.
Und selbst, wenn man eine Stelle in Aussicht hat, während man noch beschäftigt ist, wird es äußerst schwierig. Man muß ja die Kündigungsfrist abwarten. So viel Zeit hat der potentielle neue Arbeitgeber aber oft nicht. Es ist also ein Glücksfall, wenn es Menschen noch gelingt, eine bessere Beschäftigung zu finden. Wer kündigt, gilt als Arbeitsflüchtling und wird so behandelt. Selbst wenn der Job unerträglich wird, weil man mit den Kollegen, dem Chef oder den Arbeitsbedingungen nicht zurecht kommt, ist dem so, denn wer kann dies schon nachweisen? Kündigt man nicht, wird man sich einigeln, die Leistung nachlassen und das Beschäftigungsverhältnis für alle Beteiligten zur Qual. Arbeitgeberverbände und neoliberale Politiker rufen gern und laut nach einem “gelockerten Kündigungsrecht”. Hier könnte man lockern – wenn man Arbeitnehmern eine sinnvolle Kündigung ermöglichen würde.
Flankiert wird diese Blockade durch den organisierten Abstieg von ehemaligen Angestellten durch “HartzIV”. Auch und gerade diejenigen, die sich auf ein Leben am Existenzminimum einlassen, dürfen diese Investition in ihre Laufbahn nicht tätigen. Ihre Aussicht besteht darin, in ausbeuterische Beschäftigungen vermittelt zu werden oder sogar ihr Existenzminimum zu verspielen. Sie werden gezwungen und herumgereicht, ihnen wird nicht gestattet, sich auf Angebote zu konzentrieren, die ihren Fähigkeiten und Vorstellungen von einem guten Job entsprechen. Mindestens ebenso hart trifft sie der Status als “Sozialschmarotzer” und der Verlust kultureller Teilhabe. Gerade, wer seinen eigenen Weg gehen will und wirklich das leisten will, was er kann, ist ja selbst schuld – er hätte doch Arbeit haben können. Wer soll unter solchen Bedingungen beruflich vorankommen?
Es gibt so viele Hintergründe, die völlig unberücksichtigt bleiben, was die Entwicklung der Menschen in ihrem Berufsleben massiv behindert.
Zur Illustration: Ich selbst befinde mich aktuell in dieser Situation. Nach elf Jahren in einem Beruf, für den ich qausi nebenbei qualifiziert bin, weil ich als promovierter Geisteswissenschaftler auch im (sozial-)pädagogischen Bereich tätig sein darf, habe ich ziemlich fertig. Ich leite ein Team von derzeit vier Mitarbeiter/innen an der Front, die diese Gesellschaft durch ihre sprichwörtliche Kinderliebe geschaffen hat. Ich stelle fest, daß ich meinen Job nicht mehr als sinnvoll betrachte. Nicht, weil die ganze Branche überflüssig wäre, sondern, weil mein konkretes Aufgabengebiet letztendlich ein Feigenblatt ist. Was Schule, einzelne soziale Hintergründe und die Realität meines Klientels kaputt machen, ist durch die von mir verantwortlich durchgeführten Maßnahmen oft nicht einmal mehr zu reparieren. Ich glaube, wir machen einen geilen Job, aber das ist einfach nicht ausreichend. Wie gehe ich damit um? Ich werde ordentlich bezahlt (wenngleich die 80km zur Arbeitsstelle eine Menge meines Gehaltes auffressen), und es ist durchaus erträglich, da, wo ich bin. Soll ich aber tumb meinen Streifen durchziehen, darauf warten, daß meine Motivation völlig aufgebraucht ist und meine Kollegen irgendwann mit einer “Null-Bock”-Haltung infizieren? Es gibt noch einige Gründe mehr, “nein” zu sagen, aber diese gehören nicht hierher.
Ich habe mich also entschlossen, etwas anderes zu suchen. Mein Ausstieg steht quasi fest, er könnte allerdings daran scheitern, daß ich nicht bereit sein werde, selbst zu kündigen. Die Folgen dieses Details werden unter Umständen zu einem absurden Theater führen.
Nun sind die allermeisten Arbeitnehmer nicht so entschlossen, das Richtige zu tun, und sie haben meist auch deutlich schlechtere Aussichten, damit nicht im totalen Absturz zu enden. Ihnen ist jede Aussicht genommen: Zu einer Betriebsgemeinschaft zu gehören, in der man sich einrichten kann, wie in einer funktionierenden Ehe, ist Schnee von gestern. Freude am Beruf und der Tätigkeit gilt nichts im Angesicht von Hartz. Auf Veränderung steht die Höchsttrafe. In diesem Land ist der Versuch verboten, sich einen Beruf zu suchen. Eine Tätigkeit, die als Teil des eigenen Lebens angenommen werden kann, die der Gemeinschaft, den eigenen Interessen und einem bißchen Wohlstand dient, ist von Gesetztes wegen irrelevant. Man hat dem Profit zu dienen – entweder dem eigenen oder dem der anderen. Dieser Zustand ist sogenannten “Sozialdemokraten” zu verdanken, die inzwischen nur noch eines können: So zu tun, als könnten sie mit Geld umgehen. Menschen und ihre Lebenswelt kommen in ihrem Wirken nicht mehr vor. Die Ironie besteht darin, daß diese Menschenverachtung just in ein nachhaltiges wirtschaftliches Desaster führt.
In einem Interview mit der “Welt”, das nicht weiter erwähnenswert ist, da Glos nur sagt, was er zu sagen hat, nämlich nichts, findet sich eine Passage, die auf ein Problem der Kapitalismuskritik hinweist:
[Welt:] Gerade in Ostdeutschland, aber nicht nur dort, wünschen sich viele Menschen die Rückkehr zum Sozialismus.
Glos:
Der Sozialismus hat noch nie funktioniert. Leistungsfähige private Unternehmen sind die Voraussetzung für Arbeitsplätze und Wohlstand. Das wissen auch die Menschen, sei es in Ost oder West.
In der medialen Öffentlichkeit wird noch immer gern der Antagonismus “Kapitalismus/Sozialismus gepflegt, gemeinhin mit den bekannten Stereotypen. Der böse fatale Sozialismus wird als einzige Alternative präsentiert, und das Resultat scheint logisch: Es gibt keine Alternative.
Daß die SPD in ihrem aktuellen Parteiprogramm den “demokratischen Sozialismus” wiederentdecken will, trägt dazu bei. Dieses Lavieren ist ein Alles und Nichts. Worum kann es aber wirklich gehen?
Nun hat Glos nicht einmal geifernd reagiert, sondern sogar recht moderat. Als “Sozialismus” gilt ihm das Fehlen oder Verbot privater Unternehmen. Seine Ansicht, der Sozialismus habe noch nie funktioniert, ist äußerst zweischneidig, heißt dies doch nur, daß man ihn vielleicht funktionierend gestalten könnte, weil der Kapitalismus gerade eben auch nicht “funktioniert”.
Mir ist aktuell kein “sozialistisches” Konzept bekannt, das etwas gegen private Unternehmen hätte. Ganz im Gegenteil hat sogar die Sowjetunion unter Gorbatschow solche ermöglichen wollen, und China lebt längst damit, auch, wenn die Nomenklatur eine andere Bezeichnung für “private Unternehmen” vorhalten mag. Aber wer kann schon Chinesisch?
Die schlichte Gleichsetzung von kapitalistisch/marktwirtschaftlich/unkontrolliert mit Wirtschaften schlechthin ist das eine Problem. Es ist eine quasi religiöse Ansicht, daß es keinen Handel und keine organisierte Produktion gäbe, wenn der möglichst uneingeschränkte Erwerb persönlichen Eigentums nicht die oberste Direktive wäre. Diese historische Blindheit macht sich nicht zuletzt dadurch lächerlich, daß ausgerechnet religiöse Motive zu organisiertem Handel geführt haben. Dazu muß man noch nie etwas von Max Weber gehört haben, es wäre aber durchaus angebracht, ihn wieder einmal zu lesen.
Republik und Demokratie als Ideen haben es nie zu einer Konsistenz gebracht, die sich mit der von Religionen hätten messen lassen. Dem Neoliberalismus hingegen ist es gelungen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Werte so zu verbinden, daß eine Erwerbsethik entstehen konnte, die alle Ressourcen religiöser Gesellschaftsbildung vereint hat: Macht, Status, Alltagsorientierung, Hierarchienbildung, Zielhaftigkeit und ein alle verbindendes Prinzip – um nur einige zu nennen. Diese Ideologie hat allerdings alles auf der Strecke gelassen und systematisch zerstört, was soziale Bindungen sitftet. Diese Erkenntnis ist alles andere als neu, man hat sie wohl nicht beachtet, weil sie eben alternativlos schien. Daß aber das vermeintlich große Ziel eines “Wohlstands” just verloren geht, weil nicht einmal eine akzeptierte unsoziale Verteilung mehr funktioniert, läßt alle Dämme brechen. Die Situation ist absurder als das Ende des Absolutismus. Es kollabiert nämlich nicht bloß ein längst als unsinnig erkannter Herrschaftsanspruch, der an einer neuen weltlichen Macht scheitert, sondern die herrschende Definition von Wirklichkeit selbst. Zurück bleibt auf der einen Seite eine gescheiterte Macht und auf der anderen Seite ein Vakuum. Es gibt nicht einmal ein Heilsversprechen. Es gibt kaum noch soziale Strukturen, aus denen eine Neuorientierung entstehen könnte.
Die Zukunft wird eine Variante des Vergangenen sein. Diverse Spielarten bizarrer Diktaturen stehen hoch im Kurs. Die blasse Hoffnung auf Rettung wäre die auf eine neue Aufklärung. Eine, die das Primat der Poltik begreift als eine Etablierung von sozialen Strukturen, denen “Wirtschaft” zu dienen hat. Ist das Sozialismus? Nein. Der Sozialismus hatte nie das Problem, das Soziale erst schaffen zu müssen. Er hatte nie das Problem, mit einem Wohlstandsversprechen für die Einzelnen konkurrieren zu müssen, das den Menschen aussichtsreicher erschien als die Möglichkeit eines Gemeinwohls. Was der real existierende Sozialismus “nur” mißbraucht hat, hat der Kapitalismus zerstört. Es geht heute also nicht nur um eine gerechtere Verteilung von Reichtum und Verzicht, sondern um die Rückbesinnung darauf, daß Menschen ohne Gemeinschaft nicht existieren können. Wirtschaften, produzieren und verteilen können wir. Die Techniken der Marktwirtschaft sind vorhanden und können genutzt werden. Die Frage ist, wie wir Gesellschaft so zu organiseren lernen, daß sie wieder eine ist. Eine völlig neue und offene Frage.
Kritischer Journalismus ist noch nicht ganz tot. Auch wenn es eigentlich keine herausragende Leistung sein sollte, nackte Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, gebührt Susanne Gaschke großes Lob für ihren Artikel in der Zeit, in der sie einige Helden des Neoliberalismus noch einmal zu Wort kommen läßt, um deren Weisheiten ins rechte Licht zu rücken. Ihre präzise Einschätzung der Lage:
“Nach so viel Gehirnwäsche können wir uns glücklich schätzen, dass es uns noch möglich ist, eine echte Krise zu erkennen, wenn wir sie vor der Nase haben.
Weitermachen!
Wer solche Freunde hat oder: Journaille zum Kotzen
Posted by flatter under JournalismusKommentare deaktiviert
19. Okt 2008 2:38
Ich bin fassungslos über das, was die Sueddeutsche da präsentiert. Evelyn Roll bewährt sich als schmierige Stichwortgeberin für eine Charakteramöbe (Was habe ich mir auf die Zunge gebissen, das Wort “Arschloch” nicht in den Mund zu nehmen!), die sich “Freund” nennt und zum gnadenlosen Verräter wird. Was Reinhard Klimmt da von sich gibt, ist so abgründig, daß es einem der Speichel nicht wert ist, ihn anzuspucken. Das geifernd geheuchelte Interesse der Gossenjournalistin, die nicht genug bekommen kann von dem Futter, das ein Widerling ihrer Hetzpresse liefert, ist um nichts besser. Man sollte sich beide Namen merken. Wer einen solchen Dreck publiziert, ist es nicht wert, je wieder zitiert zu werden.
SPD gewinnt Wahl mit 25%
Posted by flatter under JournalismusKommentare deaktiviert
19. Okt 2008 0:26
Man wird in einigen Jahren die Ausgaben des “Spiegel” dieser Zeit zur Hand nehmen und weise nicken, wenn man die Artikel über Kurt Beck mit denen über die Agenda-Fraktion vergleicht. Man wird sich fragen, wie es dazu kommen konnte, daß ein Nachrichtenmagazin derart offen Partei ergriff. Ganz gleich, ob dies dann endgültig üblich sein wird für den gesamten Journalismus – dann werden es halt ein paar verschrobene Akademiker sein, die den Zeiten nachtrauern, da man noch etwas anderes erwarten durfte als offene Manipulation. Oder, wenn es denn besser kommt, als man heute hoffen darf, werden die Leute sagen: Das sind die, die einen Berufsstand diskreditiert haben unter der falschen Flagge der Aufklärung.
Aktuell bläst SpOn zum Sturm aufs Kanzleramt und macht seinen Lesern weis, Steinmeier hätte eine Chance, Kanzler zu werden. Er hat dieselben wie Kurt Beck sie hatte, egal, wie sehr die Tendenzschreiberlinge von der Brandstwiete ihn hochjubeln:
“Berlin- Angela Merkel und die Union müssen gewarnt sein. Diese SPD unter ihrem neuen Spitzenduo Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier hat der angeschlagenen Partei neues Leben eingehaucht.”
Worin dieses neue Leben besteht, wird nicht mitgeteilt. SpOn bedient sich eines erbärmlichen Tricks, um das “Spitzenduo” besser aussehen zu lassen. Fettgedruckt ist zu lesen:
“Wahl Steinmeiers mit mehr als 90 Prozent der Stimmen“. Daß Müntefering mit 85% der Stimmen ein miserables Ergebnis erzielt hat (im Vergleich etwa zu Beck, der es auf 95,5% brachte), nennt SpOn lediglich einen “Dämpfer”, davon ist nichts fettgedruckt. Es ist eines der schlechtesten Ergebnisse in der Geschichte. Außer bei Kampfkandidaturen haben nur Schröder und Scharping schlechter abgeschnitten.
Hätte Beck ein solches Ergebnis eingefahren, SpOn würde ihn sofort zum Rücktritt auffordern und feststellen, wie schlimm er schon abgewirtschaftet hätte. Dazu gäbe es ein mitleiderregendes Foto von ihm. Hätte er sich in einer solchen Siegerpose gezeigt wie Müntefering, ihm würde (zurecht) Realitätsverlust nachgesagt.
Für Müntefering sind es knapp 10% weniger als bei seiner letzten Wahl. Wo da der Grund zum Optimismus ist, soll mir einmal jemand verraten. SpOn wird es bald (oder haben sie schon?) mit den hochwissenschaftlichen Umfragen dieses Güllner belegen.
Wenn die Sozen dann trotzdem die Wahl vergeigen, sind’s die Populisten schuld. Die Welt der hohen Politik kann so einfach sein – wenn man sie derart tumb zurechtbiegt.