In einem Interview mit der “Welt”, das nicht weiter erwähnenswert ist, da Glos nur sagt, was er zu sagen hat, nämlich nichts, findet sich eine Passage, die auf ein Problem der Kapitalismuskritik hinweist:
[Welt:] Gerade in Ostdeutschland, aber nicht nur dort, wünschen sich viele Menschen die Rückkehr zum Sozialismus.
Glos:
Der Sozialismus hat noch nie funktioniert. Leistungsfähige private Unternehmen sind die Voraussetzung für Arbeitsplätze und Wohlstand. Das wissen auch die Menschen, sei es in Ost oder West.
In der medialen Öffentlichkeit wird noch immer gern der Antagonismus “Kapitalismus/Sozialismus gepflegt, gemeinhin mit den bekannten Stereotypen. Der böse fatale Sozialismus wird als einzige Alternative präsentiert, und das Resultat scheint logisch: Es gibt keine Alternative.
Daß die SPD in ihrem aktuellen Parteiprogramm den “demokratischen Sozialismus” wiederentdecken will, trägt dazu bei. Dieses Lavieren ist ein Alles und Nichts. Worum kann es aber wirklich gehen?
Nun hat Glos nicht einmal geifernd reagiert, sondern sogar recht moderat. Als “Sozialismus” gilt ihm das Fehlen oder Verbot privater Unternehmen. Seine Ansicht, der Sozialismus habe noch nie funktioniert, ist äußerst zweischneidig, heißt dies doch nur, daß man ihn vielleicht funktionierend gestalten könnte, weil der Kapitalismus gerade eben auch nicht “funktioniert”.
Mir ist aktuell kein “sozialistisches” Konzept bekannt, das etwas gegen private Unternehmen hätte. Ganz im Gegenteil hat sogar die Sowjetunion unter Gorbatschow solche ermöglichen wollen, und China lebt längst damit, auch, wenn die Nomenklatur eine andere Bezeichnung für “private Unternehmen” vorhalten mag. Aber wer kann schon Chinesisch?
Die schlichte Gleichsetzung von kapitalistisch/marktwirtschaftlich/unkontrolliert mit Wirtschaften schlechthin ist das eine Problem. Es ist eine quasi religiöse Ansicht, daß es keinen Handel und keine organisierte Produktion gäbe, wenn der möglichst uneingeschränkte Erwerb persönlichen Eigentums nicht die oberste Direktive wäre. Diese historische Blindheit macht sich nicht zuletzt dadurch lächerlich, daß ausgerechnet religiöse Motive zu organisiertem Handel geführt haben. Dazu muß man noch nie etwas von Max Weber gehört haben, es wäre aber durchaus angebracht, ihn wieder einmal zu lesen.
Republik und Demokratie als Ideen haben es nie zu einer Konsistenz gebracht, die sich mit der von Religionen hätten messen lassen. Dem Neoliberalismus hingegen ist es gelungen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Werte so zu verbinden, daß eine Erwerbsethik entstehen konnte, die alle Ressourcen religiöser Gesellschaftsbildung vereint hat: Macht, Status, Alltagsorientierung, Hierarchienbildung, Zielhaftigkeit und ein alle verbindendes Prinzip – um nur einige zu nennen. Diese Ideologie hat allerdings alles auf der Strecke gelassen und systematisch zerstört, was soziale Bindungen sitftet. Diese Erkenntnis ist alles andere als neu, man hat sie wohl nicht beachtet, weil sie eben alternativlos schien. Daß aber das vermeintlich große Ziel eines “Wohlstands” just verloren geht, weil nicht einmal eine akzeptierte unsoziale Verteilung mehr funktioniert, läßt alle Dämme brechen. Die Situation ist absurder als das Ende des Absolutismus. Es kollabiert nämlich nicht bloß ein längst als unsinnig erkannter Herrschaftsanspruch, der an einer neuen weltlichen Macht scheitert, sondern die herrschende Definition von Wirklichkeit selbst. Zurück bleibt auf der einen Seite eine gescheiterte Macht und auf der anderen Seite ein Vakuum. Es gibt nicht einmal ein Heilsversprechen. Es gibt kaum noch soziale Strukturen, aus denen eine Neuorientierung entstehen könnte.
Die Zukunft wird eine Variante des Vergangenen sein. Diverse Spielarten bizarrer Diktaturen stehen hoch im Kurs. Die blasse Hoffnung auf Rettung wäre die auf eine neue Aufklärung. Eine, die das Primat der Poltik begreift als eine Etablierung von sozialen Strukturen, denen “Wirtschaft” zu dienen hat. Ist das Sozialismus? Nein. Der Sozialismus hatte nie das Problem, das Soziale erst schaffen zu müssen. Er hatte nie das Problem, mit einem Wohlstandsversprechen für die Einzelnen konkurrieren zu müssen, das den Menschen aussichtsreicher erschien als die Möglichkeit eines Gemeinwohls. Was der real existierende Sozialismus “nur” mißbraucht hat, hat der Kapitalismus zerstört. Es geht heute also nicht nur um eine gerechtere Verteilung von Reichtum und Verzicht, sondern um die Rückbesinnung darauf, daß Menschen ohne Gemeinschaft nicht existieren können. Wirtschaften, produzieren und verteilen können wir. Die Techniken der Marktwirtschaft sind vorhanden und können genutzt werden. Die Frage ist, wie wir Gesellschaft so zu organiseren lernen, daß sie wieder eine ist. Eine völlig neue und offene Frage.
Oktober 21st, 2008 at 02:43
Excellent! 1+*
;-)
Oktober 21st, 2008 at 02:43
Excellent! 1+*
;-)
Oktober 21st, 2008 at 05:53
Seht gut !!! Der folgende Satz bringt die Misere perfekt auf den Punkt.
> Dem Neoliberalismus hingegen ist es
> gelungen, … Diese Ideologie hat
> allerdings alles auf der Strecke gelassen > und systematisch zerstört, was soziale
> Binndungen sitftet.
Oktober 21st, 2008 at 05:53
Seht gut !!! Der folgende Satz bringt die Misere perfekt auf den Punkt.
> Dem Neoliberalismus hingegen ist es
> gelungen, … Diese Ideologie hat
> allerdings alles auf der Strecke gelassen > und systematisch zerstört, was soziale
> Binndungen sitftet.
Oktober 21st, 2008 at 07:16
Die Gefahren die bei solchen extremen Systemen entstehen liegen in einem Umschlagen zum absoluten Extrem. Genau aus diesem Grund kann man nicht sagen, ob der Sozialismus funktioniert hat oder nicht. Genau die gleichen Typen von Menschen die ihre Macht im kapitalistischen System suchen, suchen diese auch im sozialistischen und pervertieren es in einer ähnlichen Form wie heute. Darum sollte man sehr vorsichtig sein mit den Jubelrufen und die Konsequenz ziehen, dass einzelne Menschen oder Gruppen nicht zu viel Macht/Einfluss über den Rest haben dürfen. Die Umsetzung ist schwierig. Gibt man dem Staat die Medien in die Hand hat man ein Problem. Bei reiner privaten Beschallung sieht es genauso aus.
Viele Probleme werden einfach herbeigeredet um Macht zu schaffen und zu erhalten. Technisch lösbare Probleme werden als zu teuer weggeworfen, obwohl die alternative ist, dass Menschen in fernen (manchmal auch um die Ecke) dafür sterben oder leiden müssen. Diese Situation gab und gibt es in beiden Systemen. Es verdeutlicht, dass das sozialistische System der DDR und UdSSR keineswegs so verschieden war wie uns immer weiß gemacht wurde.
Oktober 21st, 2008 at 07:16
Die Gefahren die bei solchen extremen Systemen entstehen liegen in einem Umschlagen zum absoluten Extrem. Genau aus diesem Grund kann man nicht sagen, ob der Sozialismus funktioniert hat oder nicht. Genau die gleichen Typen von Menschen die ihre Macht im kapitalistischen System suchen, suchen diese auch im sozialistischen und pervertieren es in einer ähnlichen Form wie heute. Darum sollte man sehr vorsichtig sein mit den Jubelrufen und die Konsequenz ziehen, dass einzelne Menschen oder Gruppen nicht zu viel Macht/Einfluss über den Rest haben dürfen. Die Umsetzung ist schwierig. Gibt man dem Staat die Medien in die Hand hat man ein Problem. Bei reiner privaten Beschallung sieht es genauso aus.
Viele Probleme werden einfach herbeigeredet um Macht zu schaffen und zu erhalten. Technisch lösbare Probleme werden als zu teuer weggeworfen, obwohl die alternative ist, dass Menschen in fernen (manchmal auch um die Ecke) dafür sterben oder leiden müssen. Diese Situation gab und gibt es in beiden Systemen. Es verdeutlicht, dass das sozialistische System der DDR und UdSSR keineswegs so verschieden war wie uns immer weiß gemacht wurde.
Oktober 21st, 2008 at 11:04
eine spontane bemerkung nach meiner lektüre der ersten zeilen deines kommentars:
aus familiären zusammenhängen weiß ich, daß gut funktionierende firmen in der Post-DDR kaputt gemacht worden vom freien unternehmertum des westens – um konkurrenz auszuschalten.
Oktober 21st, 2008 at 11:04
eine spontane bemerkung nach meiner lektüre der ersten zeilen deines kommentars:
aus familiären zusammenhängen weiß ich, daß gut funktionierende firmen in der Post-DDR kaputt gemacht worden vom freien unternehmertum des westens – um konkurrenz auszuschalten.
Oktober 21st, 2008 at 11:18
@klaus
es sind die teilweise die gleichen Verantwortlichen die uns jetzt weiß machen, dass es keine Alternative gibt und gab.
Alter macht nicht weiser nur weißer.
Oktober 21st, 2008 at 11:18
@klaus
es sind die teilweise die gleichen Verantwortlichen die uns jetzt weiß machen, dass es keine Alternative gibt und gab.
Alter macht nicht weiser nur weißer.
Oktober 21st, 2008 at 11:18
@Klaus Baum: DA geraten wir dann in die Niederungen Glosscher Wirtschaftsweisheit: Vermutlich gelten leistungsfähige Betriebe als verwerflich, wenn sie “volkseigen” sind. Da war es beizeiten wohl besser, sie zu zerschlagen, als sie im Staatsbesitz weiter zu betreiben.
Oktober 21st, 2008 at 11:18
@Klaus Baum: DA geraten wir dann in die Niederungen Glosscher Wirtschaftsweisheit: Vermutlich gelten leistungsfähige Betriebe als verwerflich, wenn sie “volkseigen” sind. Da war es beizeiten wohl besser, sie zu zerschlagen, als sie im Staatsbesitz weiter zu betreiben.
Oktober 21st, 2008 at 16:45
Werden Menschen oder wer oder was auch immer in 2000 Jahren unsere Artefakte ausgraben, wird man unser Zeitalter wohl nicht ohne Belustigung als das “ohne Alternativen” bezeichnen. Ist doch auch was!
Oktober 21st, 2008 at 16:45
Werden Menschen oder wer oder was auch immer in 2000 Jahren unsere Artefakte ausgraben, wird man unser Zeitalter wohl nicht ohne Belustigung als das “ohne Alternativen” bezeichnen. Ist doch auch was!
Oktober 21st, 2008 at 22:14
Dieser einem noch halbwegs kritisch denkenden Menschen eingehende Beitrag läßt mich in meiner Skepsis gegenüber der Wandlungs- und Einsichtsfähigkeit des gegenwärtig herrschenden Polit-, Wirtschafts- und Medienklüngels eher noch bestätigt fühlen. Denn wenn es anders wäre, hätte man sich längst einmal wieder mit J.M.Keynes und Keynesianischer Politik befassen müssen.
Daß Keynes kein Sozialist, aber auch kein Kapitalist war und einseitiges “Entweder-Oder”-Denken zurückwies, spricht m.E. für seine geistige Flexibilität und auch Praktikabilität seiner Lehre. Denn der Keynesianismus ist keine bloße Kopfgeburt irgendeines Intellektuellen, sondern hat seinen Praxistest in vielen Jahren durchaus erfolgreicher Wirtschafts- und Sozialpolitik abgelegt. An diese “Reformbaustelle” einer kapitalistischen Gesellschaft mit menschlichem Antlitz wollen die dem Neoliberalismus verschriebenen Anhänger aber nicht herangehen.
Oktober 21st, 2008 at 22:14
Dieser einem noch halbwegs kritisch denkenden Menschen eingehende Beitrag läßt mich in meiner Skepsis gegenüber der Wandlungs- und Einsichtsfähigkeit des gegenwärtig herrschenden Polit-, Wirtschafts- und Medienklüngels eher noch bestätigt fühlen. Denn wenn es anders wäre, hätte man sich längst einmal wieder mit J.M.Keynes und Keynesianischer Politik befassen müssen.
Daß Keynes kein Sozialist, aber auch kein Kapitalist war und einseitiges “Entweder-Oder”-Denken zurückwies, spricht m.E. für seine geistige Flexibilität und auch Praktikabilität seiner Lehre. Denn der Keynesianismus ist keine bloße Kopfgeburt irgendeines Intellektuellen, sondern hat seinen Praxistest in vielen Jahren durchaus erfolgreicher Wirtschafts- und Sozialpolitik abgelegt. An diese “Reformbaustelle” einer kapitalistischen Gesellschaft mit menschlichem Antlitz wollen die dem Neoliberalismus verschriebenen Anhänger aber nicht herangehen.
Oktober 21st, 2008 at 23:16
Es wäre jetzt wirklich einmal an der Zeit eine Diskussion über das gesellschaftlich-wirtschaftliche System zu beginnen. Nach dem Scheitern des Kommunismus und der großen Krise des Kapitalismus muss ernsthaft nach einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System gesucht werden, das “das Primat der Poltik begreift als eine Etablierung von sozialen Strukturen, denen “Wirtschaft” zu dienen hat.” Das hast du so schön gesagt, dass man es nur zitieren kann.
Die jetzige Politikerkaste versucht umgekehrt soziale Strukturen zu schaffen, die der Wirtschaft dienen. Von diesem Kurs kan sie anscheinend nicht abweichen, weil damit eine Lebenslüge aufgedeckt würde.
Ein gesellschaftlicher Diskurs, der dazu führen würde, diese erstarrtte Politikerriege abzulösen, wäre vonnöten.
Oktober 21st, 2008 at 23:16
Es wäre jetzt wirklich einmal an der Zeit eine Diskussion über das gesellschaftlich-wirtschaftliche System zu beginnen. Nach dem Scheitern des Kommunismus und der großen Krise des Kapitalismus muss ernsthaft nach einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System gesucht werden, das “das Primat der Poltik begreift als eine Etablierung von sozialen Strukturen, denen “Wirtschaft” zu dienen hat.” Das hast du so schön gesagt, dass man es nur zitieren kann.
Die jetzige Politikerkaste versucht umgekehrt soziale Strukturen zu schaffen, die der Wirtschaft dienen. Von diesem Kurs kan sie anscheinend nicht abweichen, weil damit eine Lebenslüge aufgedeckt würde.
Ein gesellschaftlicher Diskurs, der dazu führen würde, diese erstarrtte Politikerriege abzulösen, wäre vonnöten.
Oktober 21st, 2008 at 23:38
@Don Pepone: Welcome back! Schön, wieder was von dir zu lesen.
Oktober 21st, 2008 at 23:38
@Don Pepone: Welcome back! Schön, wieder was von dir zu lesen.
Oktober 22nd, 2008 at 11:10
der Beitrag gibt sehr gut wieder, wozu es ‘unserer’ Zeit prinzipiell mangelt, an der Fähigkeit, sich kolletktiv um den Entwurf von Utopien, im Blochschen Sinne, also am jeweilig Realen vermittelt, zu bemühen. Das Problem ist tatsächlich das, dass Macht es geschaffen hat, dieser Gesellschaft die Strukturen zu solcher Fähigkeit zu nehmen, was sich u.a. in der Leere im öffentlichen Diskurs zeigt. Man hat es hingekriegt eine Öffentlichekit zu schaffen, deren geschaffenes allgemeines Bewußtsein sich keine andere Wirklichkeit als die vorhandene von Herrschaft gewollte vorstellen kann. Die Alternativlosigekit wird dadurch erreicht, dass die Alternative auf die des ‘Sozialismus’ reduziert wird. Was an sich nicht schlimm wäre, wenn diese Alternative nicht lediglich das Bild wäre, das Herrschaft vom Sozialismus machen läßt. Das ist nicht einmal der real existierende, denn dieser geht sicher nicht in das Bild auf, das Herrschaft in der Öffentlichkeit davon machen läßt. Was not tut, wäre in der Gesellschaft breite diskursive Strukturen (nicht nur als intellektuelle Auseiandersetzung, sondern in Schulen, Betrieben usw) zu schaffen, wo Menschen offen und frei über alternative Gesellschaftsentwürfe diskutieren, und ich bin mir sicher, dass in solchem Diskurs auch sozialistische Entwürfe eine positive Rolle spielen würden.
Oktober 22nd, 2008 at 11:10
der Beitrag gibt sehr gut wieder, wozu es ‘unserer’ Zeit prinzipiell mangelt, an der Fähigkeit, sich kolletktiv um den Entwurf von Utopien, im Blochschen Sinne, also am jeweilig Realen vermittelt, zu bemühen. Das Problem ist tatsächlich das, dass Macht es geschaffen hat, dieser Gesellschaft die Strukturen zu solcher Fähigkeit zu nehmen, was sich u.a. in der Leere im öffentlichen Diskurs zeigt. Man hat es hingekriegt eine Öffentlichekit zu schaffen, deren geschaffenes allgemeines Bewußtsein sich keine andere Wirklichkeit als die vorhandene von Herrschaft gewollte vorstellen kann. Die Alternativlosigekit wird dadurch erreicht, dass die Alternative auf die des ‘Sozialismus’ reduziert wird. Was an sich nicht schlimm wäre, wenn diese Alternative nicht lediglich das Bild wäre, das Herrschaft vom Sozialismus machen läßt. Das ist nicht einmal der real existierende, denn dieser geht sicher nicht in das Bild auf, das Herrschaft in der Öffentlichkeit davon machen läßt. Was not tut, wäre in der Gesellschaft breite diskursive Strukturen (nicht nur als intellektuelle Auseiandersetzung, sondern in Schulen, Betrieben usw) zu schaffen, wo Menschen offen und frei über alternative Gesellschaftsentwürfe diskutieren, und ich bin mir sicher, dass in solchem Diskurs auch sozialistische Entwürfe eine positive Rolle spielen würden.
Oktober 22nd, 2008 at 16:34
“Mir ist aktuell kein “sozialistisches” Konzept bekannt, das etwas gegen private Unternehmen hätte. Ganz im Gegenteil hat sogar die Sowjetunion unter Gorbatschow solche ermöglichen wollen, und China lebt längst damit, auch, wenn die Nomenklatur eine andere Bezeichnung für “private Unternehmen” vorhalten mag.”
Komisch, mir geht es genau umgekehrt. Und auch in der ‘späten’ Sowjetunion oder in Cina war bzw ist es eine Entwicklung weg von ‘sozialistischen’ Ansätzen (so unvollkommen und in sich widersprüchlich sie waren) hin zur marktwirtschaftlichen Konkurrenz, zum Kapitalismus. Und mir ist auch kein aktuelles Modell bekannt, das ‘Sozialismus’ mit der Konkurrenz durch ‘private Unternehmen’ unter einen Hut bringen könnte oder wollte.
“Wirtschaften, produzieren und verteilen können wir. Die Techniken der Marktwirtschaft sind vorhanden und können genutzt werden.”
Letzteres war der Grundirrtum des ‘Realsoz’ – man meinte, das grundsätzlich nur blind und in Konkurrenz wirkende ‘Wertgesetz’ einspannen und ‘sozialistisch’ wirken lassen zu können. Und der erste Satz stimmt leider auch nicht – wir (ver-) teilen nämlich nicht, wir tauschen. Und genau weil wir auf der Basis des Privateigentums an Produktionsmitteln tauschen, sieht diese Welt so aus wie sie aussieht. Verteilen aber kann man Privateigentum eben nicht, sondern nur gemeinsam Produziertes.
Oktober 22nd, 2008 at 16:34
“Mir ist aktuell kein “sozialistisches” Konzept bekannt, das etwas gegen private Unternehmen hätte. Ganz im Gegenteil hat sogar die Sowjetunion unter Gorbatschow solche ermöglichen wollen, und China lebt längst damit, auch, wenn die Nomenklatur eine andere Bezeichnung für “private Unternehmen” vorhalten mag.”
Komisch, mir geht es genau umgekehrt. Und auch in der ‘späten’ Sowjetunion oder in Cina war bzw ist es eine Entwicklung weg von ‘sozialistischen’ Ansätzen (so unvollkommen und in sich widersprüchlich sie waren) hin zur marktwirtschaftlichen Konkurrenz, zum Kapitalismus. Und mir ist auch kein aktuelles Modell bekannt, das ‘Sozialismus’ mit der Konkurrenz durch ‘private Unternehmen’ unter einen Hut bringen könnte oder wollte.
“Wirtschaften, produzieren und verteilen können wir. Die Techniken der Marktwirtschaft sind vorhanden und können genutzt werden.”
Letzteres war der Grundirrtum des ‘Realsoz’ – man meinte, das grundsätzlich nur blind und in Konkurrenz wirkende ‘Wertgesetz’ einspannen und ‘sozialistisch’ wirken lassen zu können. Und der erste Satz stimmt leider auch nicht – wir (ver-) teilen nämlich nicht, wir tauschen. Und genau weil wir auf der Basis des Privateigentums an Produktionsmitteln tauschen, sieht diese Welt so aus wie sie aussieht. Verteilen aber kann man Privateigentum eben nicht, sondern nur gemeinsam Produziertes.
Oktober 22nd, 2008 at 20:55
@…mir ist auch kein aktuelles Modell bekannt, das ‘Sozialismus’ mit der Konkurrenz durch ‘private Unternehmen’ unter einen Hut bringen könnte oder wollte.
2 Beispiele nur auf die Schnelle:
- Genossenschaften, auf einem Markt?
- Alle Unternehmen an die Börse, dann gleichmässige Distribution aller Aktien auf alle Bürger?
Oktober 22nd, 2008 at 20:55
@…mir ist auch kein aktuelles Modell bekannt, das ‘Sozialismus’ mit der Konkurrenz durch ‘private Unternehmen’ unter einen Hut bringen könnte oder wollte.
2 Beispiele nur auf die Schnelle:
- Genossenschaften, auf einem Markt?
- Alle Unternehmen an die Börse, dann gleichmässige Distribution aller Aktien auf alle Bürger?
Oktober 23rd, 2008 at 07:35
@jeunesse
Beides wäre – ebenso wie der Schritt, den Staat zum (Privat-) Eigentümer zu machen – im Kern immer noch ein warenproduzierendes, auf Konkurrenz, Lohnarbeit und der ‘Verwertung’ von Arbeitskraft basierendes System, mithin ‘Kapitalismus’. Man kann zwar beides als einen ‘Schritt in die richtige Richtung’ sehen, aber eben noch nicht als Sozialismus.
Oktober 23rd, 2008 at 07:35
@jeunesse
Beides wäre – ebenso wie der Schritt, den Staat zum (Privat-) Eigentümer zu machen – im Kern immer noch ein warenproduzierendes, auf Konkurrenz, Lohnarbeit und der ‘Verwertung’ von Arbeitskraft basierendes System, mithin ‘Kapitalismus’. Man kann zwar beides als einen ‘Schritt in die richtige Richtung’ sehen, aber eben noch nicht als Sozialismus.
Oktober 23rd, 2008 at 19:43
Eine Zentralplanwirtschaft hat den Nachteil, dass man gewissermaßen in die Köpfe der Leute schauen müsste, welche Produkte sie kaufen wollen. Daher halte ich den Markt als Distributions- und Allokationsinstrument für praktikabler, weil er flexibler ist. Was keiner kauft, wird auch nicht produziert. Doch er sollte auch genau dieses bleiben ein Instrument und nicht eine Art Glaube. Schließlich führt auch die marktwirtschaftliche Koordination nicht zwangsläufig zu gewünschten Ergebnissen. Das Drei-Liter-Auto sollte z. B. auch heute schon technisch kein Problem mehr darstellen, aber es ist immer noch kein Massenprodukt.
Oktober 23rd, 2008 at 19:43
Eine Zentralplanwirtschaft hat den Nachteil, dass man gewissermaßen in die Köpfe der Leute schauen müsste, welche Produkte sie kaufen wollen. Daher halte ich den Markt als Distributions- und Allokationsinstrument für praktikabler, weil er flexibler ist. Was keiner kauft, wird auch nicht produziert. Doch er sollte auch genau dieses bleiben ein Instrument und nicht eine Art Glaube. Schließlich führt auch die marktwirtschaftliche Koordination nicht zwangsläufig zu gewünschten Ergebnissen. Das Drei-Liter-Auto sollte z. B. auch heute schon technisch kein Problem mehr darstellen, aber es ist immer noch kein Massenprodukt.
Oktober 27th, 2008 at 16:25
“Was keiner kauft, wird auch nicht produziert.”
Das stimmt so nicht. Vielmehr ist die Produktion auf Verdacht bzw auf Halde gerade ein typisches Merkmal einer ‘Marktwirtschaft’. Nur wenn das Zeug wie Blei in den Regalen liegenbleibt, wird allenfalls nicht *weiter*produziert. Eine solche ‘postproduktiv getriggerte’ Flexibilität könnte ohne weiteres auch eine ‘klassische’ Zentralplanwirtschaft – die ich ohnehin nicht für sinnvoll hielte – leisten. Beim heutigen Stand der Kommunikationstechnik, der Datenerhebung und -verarbeitung könnte eine koordinierte Planung aber *mindestens* so flexibel agieren wie ‘der Markt’. So etwas wie ‘Fünf-Jahres-Pläne’, selbst Monate oder Wochen, wären auf dieser technischen Stufe der reinste Anachronismus. Siehe dazu zB auch:
https://helmutdunkhase.de/sozmach.pdf
“Das Drei-Liter-Auto sollte z. B. auch heute schon technisch kein Problem mehr darstellen, aber es ist immer noch kein Massenprodukt.”
Richtig. Eine bewusste gesellschaftliche Planung hingegen könnte das Drei-Liter-Auto, oder, darüber noch hinausgehend, eine andere Verteilung zwischen ‘öffentlichen’ und ‘privaten’ Verkehrsstrukturen sehr schnell ‘durchsetzen’ – wenn das denn wirklich auch gesellschaftlich gewollt ist.
Oktober 27th, 2008 at 16:25
“Was keiner kauft, wird auch nicht produziert.”
Das stimmt so nicht. Vielmehr ist die Produktion auf Verdacht bzw auf Halde gerade ein typisches Merkmal einer ‘Marktwirtschaft’. Nur wenn das Zeug wie Blei in den Regalen liegenbleibt, wird allenfalls nicht *weiter*produziert. Eine solche ‘postproduktiv getriggerte’ Flexibilität könnte ohne weiteres auch eine ‘klassische’ Zentralplanwirtschaft – die ich ohnehin nicht für sinnvoll hielte – leisten. Beim heutigen Stand der Kommunikationstechnik, der Datenerhebung und -verarbeitung könnte eine koordinierte Planung aber *mindestens* so flexibel agieren wie ‘der Markt’. So etwas wie ‘Fünf-Jahres-Pläne’, selbst Monate oder Wochen, wären auf dieser technischen Stufe der reinste Anachronismus. Siehe dazu zB auch:
https://helmutdunkhase.de/sozmach.pdf
“Das Drei-Liter-Auto sollte z. B. auch heute schon technisch kein Problem mehr darstellen, aber es ist immer noch kein Massenprodukt.”
Richtig. Eine bewusste gesellschaftliche Planung hingegen könnte das Drei-Liter-Auto, oder, darüber noch hinausgehend, eine andere Verteilung zwischen ‘öffentlichen’ und ‘privaten’ Verkehrsstrukturen sehr schnell ‘durchsetzen’ – wenn das denn wirklich auch gesellschaftlich gewollt ist.
Oktober 28th, 2008 at 15:11
Schade das wir alle hier schon ebenso Opfer der Schönrederei geworden sind, wie jene, die man “aufwecken” will.
Neolierale Kanalschreiberlinge werden nicht müde, den Sozialismus ein gescheitertes Experiment zu nennen.
Auch der Kapitalismus ist gescheitert! Das will man allerdings in der Form so nicht benennen, man redet lieber von einer Krise.
Hätte man dem Sozialismus mit den gleichen Geldspritzen, die man heute in die Rettung des Kapitalismus investiert, auf die Beine geholfen, wäre der Osten heute ein Land, in dem Milch und Honig durch die Kanalisation fliessen könnten.
Würde der Steuerzahler nicht gegen seinen Willen durch die Willkür der Staaten dazu gezwungen, den Planeten “Finanzwelt” zu retten,stände unser gesamter elitärer Kulturkreis vor einem wirtschaftlichem Kollaps, gegen den der Zusammenbruch der DDR wie ein Kindergeburtstag anmuten würde.
Das sollte man, auch wenn man sich selbst einen lupenreinen demokraten nennt, bei seiner Meinungsbildung vielleicht aich mal berücksichtigen, wenn man dafür votiert, alles beim alten zu lassen und “auf den Markt” zu vertrauen.
Oktober 28th, 2008 at 15:11
Schade das wir alle hier schon ebenso Opfer der Schönrederei geworden sind, wie jene, die man “aufwecken” will.
Neolierale Kanalschreiberlinge werden nicht müde, den Sozialismus ein gescheitertes Experiment zu nennen.
Auch der Kapitalismus ist gescheitert! Das will man allerdings in der Form so nicht benennen, man redet lieber von einer Krise.
Hätte man dem Sozialismus mit den gleichen Geldspritzen, die man heute in die Rettung des Kapitalismus investiert, auf die Beine geholfen, wäre der Osten heute ein Land, in dem Milch und Honig durch die Kanalisation fliessen könnten.
Würde der Steuerzahler nicht gegen seinen Willen durch die Willkür der Staaten dazu gezwungen, den Planeten “Finanzwelt” zu retten,stände unser gesamter elitärer Kulturkreis vor einem wirtschaftlichem Kollaps, gegen den der Zusammenbruch der DDR wie ein Kindergeburtstag anmuten würde.
Das sollte man, auch wenn man sich selbst einen lupenreinen demokraten nennt, bei seiner Meinungsbildung vielleicht aich mal berücksichtigen, wenn man dafür votiert, alles beim alten zu lassen und “auf den Markt” zu vertrauen.