Journalismus


 
korrupt… ist es in Deutschland, wenn ein Minister von einer Kanzlei, der er Aufträge zugeschustert hat, Geld für angebliche Vorträge nimmt. Schon der Auftrag war übrigens überflüssig, das hätten auch Juristen erledigen können, die ohnehin vom Bund bezahlt werden. Die Höhe des mutmaßlichen Dankeschöns ist übrigens nicht bekannt. Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen und ähnlichen zwielichtigen Zuwendungen keineswegs um jeweils 7000 Euro handelt.

Dergleichen lügt etwa ein Detlef Esslinger in der “Sueddeutschen”. Es handelt sich vielmehr um mindestens 7000 Euro, mithin kann sich dahinter auch eine Million verbergen. Der Unsinn mit den 7000 Euro stimmt übrigens vorn und hinten nicht. Wer 7000 bekäme, ließe sich 6999 auszahlen und würde damit nicht in der höchsten Kategorie auffallen. Ich gehe also davon aus, dass hinter jeder einzelnen Zahlung deutlich mehr als 7000 Euro stecken.

Wir kaufen Leute, keine Stimmen

Das muss der saubere Herr aber nicht aufdecken, denn in Deutschland wird dafür gesorgt, dass Abgeordnetenbestechung und andere Formen der Korruption nicht stattfinden. Dabei kommen zwei Strategien zur Anwendung: Intransparenz und eine nur noch absurd zu nennende gesetzliche Regelung der Abgeordnetenbestechung. Strafbar ist demnach nämlich nur, “eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen“. Im Strafrecht gilt selbstverständlich auch für diesen Tatbestand die Unschuldsvermutung, das heißt, dass im Einzelfall der konkrete Kauf einer Stimme bei einer bestimmten Abstimmung bewiesen werden müsste. Das ist schlicht unmöglich, es sei denn, jemand wollte unbedingt verurteilt werden und schließt einen diesbezüglichen Vertrag ab. Man kann diesen Paragraphen im Grunde streichen.

Was von Seiten der nicht minder korrupten Schmierfinken aufgeboten wird, um den Dauerskandal im allgemeinen und die Verstrickungen eines gewissen Möchtegernkanzlers im besonderen zu vertuschen, so sind die Mittel von demselben Niveau wie die Geisteshaltung derer, die sie anwenden. Ernsthaft ist da von “Neid” die Rede, wenn man es Ministern und Abgeordneten nicht ‘gönnt’, von Lobbyisten geschmiert zu werden. Wenn man faktische Bestechung wenigstens moniert und bedauert, dass sie nicht justiziabel ist, dann sei man “neidisch”! Wieder einmal wendet sich der beleidigte Verstand ab und hinterlässt angeekelt die Frage, wer das eigentlich noch lesen soll.

 
Wenn ich dieser Tage lese, Steinbrück wolle die Banken zerschlagen, möchte ich den billigen Mietmäulern, die so einen Stuss zu schreiben sich nicht in Grund und Boden schämen, gern persönlich die Prügel verabreichen, um die sie da bitten. Der Liikanen-Plan ist nicht auf Steinbrücks Mist gewachsen. Der hängt sich jetzt nur hinten dran, um ihn kräftig zu verwässern und nachher die Reste als seine grandiose Leistung zu verkaufen. Das hat bislang ja auch prima funktioniert.

   linksruck

In der Causa zeigt sich aufs Erbärmlichste, wie eine öffentliche Meinung produziert wird, wenn es keine unabhängige Presse gibt. Qualität und Quantität der Informationen sind äußerst mager, dafür wird aus allen Rohren der PR gefeuert. Nicht nur dass eben Fehlinformationen gestreut werden, es wird auch ungehemmt geworben. Von “bester Mann” und “beste Wahl” ist da die Rede, von “Wunder” gar, das nur der bislang als desaströser Verlierer in Erscheinung Getretene bewirken könne. Man kann lügen oder lügen, aber die Verkehrung der Wahrheit ist inzwischen Standard in den Meinungsschmieden. Am Ende haben sie dann noch die Stirn, sich da eine “Trennung von Bericht und Kommentar” zu bescheinigen, wo längst jedes einzelne Wort tendenziös ist.

Nur passende ‘Informationen’

Die TAZ lässt Jens Berger wenigstens ein wenig dagegen halten. Wenn es sonstwo ‘Kritik’ gibt, dann eine à la Augstein, ein wirrer Bürgersohn mit Linksblinkerattitüde. Er hat bei SpOn zwar den Scheinriesen Steinbrück auf sein Bürokratenmaß zurechtgestutzt, kann sich aber auch den Unsinn nicht verkneifen, der habe selbst einen Plan vorgelegt, anstatt auf die Urheber desselben zu verweisen. Ackermann habe den Plan gelobt, was “nicht sehr beruhigend” sei. Holla, da traut sich wer was!

Wie wir wissen, gibt es aber beim Rohrkrepierer des Elitenfunks Ausgleich von Broder bis Fleischhauer, damit solch gelegentliches Eiern über sozialdemokratische Nebenstraßen nicht zum gefährlichen Linksruck® führt. Das hält der Q-Journalismus derzeit für politische Berichterstattung, Hintergrundinformation womöglich, die glorreiche Gatekeeperfunktion der unbestechlichen vierten Gewalt. Wer jetzt noch lacht, ist herzlich in den Garten eingeladen.

Rien ne vas plus

Tröstlich nur, dass das ganze Spiel völlig irrelevant ist. Von den inkompetenten Lohnschreibern der anzeigenfinanzierten und profitorientierten Verlage erwarte ich ja gar keine Kenntnisse über den Gegenstand ihrer Arbeit. Sie wissen stets, was sie schreiben sollen, da kommt es eben nicht mehr drauf an, worüber. Die Meinung muss passen, das geht halt auf Kosten des Inhalts. Traurig aber, dass nicht wenigstens von außen irgendwer noch hineinruft und wenigstens Bescheid sagt, wenn der Baum brennt.

Denn ganz ohne Wirtschaft kann auch das tollste Finanzinstitut nicht überleben, und jene geht gerade saftig vor die Hunde. Mal sehen, was vom Exportweltmeister bald noch übrig bleibt angesichts solcher Konsumdaten. Oder gilt Spanien der deutschen Heuschrecke schon als abgegrast? Jetzt muss ganz fix der Steinbrück ran, damit niemand die “Krise herbeiredet”?

Es ist egal. Vergesst Steinbrück, vergesst Griechenland, vergesst Bankenkrisen und Rettungsfonds. Macht es euch gemütlich, kauft reichlich Popcorn und freut euch auf den Thriller “Endzeit in Europa”. Von hier aus hat man eine sehr gute Aussicht. Nur die Aussichten könnten miserabler kaum sein.

 
Einzelfall No. 1782: Lance Armstrong soll illegale Substanzen eingenommen haben, als er an der Tour de France teilgenommen hat. Mit dieser brandneuen Erkenntnis und der Erklärung des Dopingtäters, dass er aus der juristischen Schlacht um die offizielle Wahrheit aussteigt, ist der Radsport endlich frei von Doping (Hier bitte hysterischen Lacher vom Band einfügen). Ihm sollen jetzt alle Titel aberkannt werden und er selbst lebenslang gesperrt.

Sein Konkurrent bis zu dessen Berufsverbot war kein intellektuelles Schwergewicht, aber als er vor den Scherben seiner Karriere stand, hätte man ihm zuhören sollen. Jan Ullrich sagte 2006: “Ich habe nie jemanden betrogen”. Warum auch? Der Mann war körperlich seinen Konkurrenten – einschließlich Armstrong – weit überlegen. Seine Äußerung, Armstrongs Siege und überhaupt die ganzen Geschichten rund ums Rad konnten nur Sinn ergeben, wenn man den Schluss zuließ, dass alle Spitzenfahrer, vermutlich alle Teilnehmer der großen Rundfahrten, gedopt waren.

Immer sauberer

radspritzeAber was heißt hier “waren”? Jedes Jahr, das auf 2006 folgte, sah weitere Enthüllungen in Sachen Doping. Sieger und Plazierte wurden nach jeder Tour ausgeschlossen, die Ergebnislisten im Nachhinein ‘korrigiert’, und noch immer sprechen die Handlanger des Schwachsinns, den die öffentliche Meinung darstellt, von Einzelfällen. Noch immer dient die versammelte Journaille der Lüge, es hätte jemals “sauberen Sport” gegeben.

Diese Verschwörung der Deppen ist nichts als Inquisition. Wer die heilige Wahrheit anzweifelt, wer ausspricht, was jeder sehen kann, ist ein Ketzer. Wer schriebe, was jeder weiß, der es wissen will, verlöre seinen Job. Wie sonst ließe sich das Phänomen erklären? Fahrer wie Didi Thurau dürfen 30 Jahre nach ihrer Karriere öffentlich sagen, dass zu seiner Zeit “alle gedopt” waren. Für alle, die noch gezählt werden, gilt die Parole “Sauber wie nie”. Am besten überlassen wir den Sportteil den Historikern.

Immer besser, immer sauberer ist der Sport! Das Nähere regeln Substanzen, von denen “Dopingjäger” nichts wissen, die aber jeder ambitionierte Amateurfahrer kennt. Nichts Neues, gar nichts, und das ist das Schlimme. Es geht nicht um große Politik, es geht nicht um Einfluss, es geht nicht einmal um Profite und Anzeigenkunden. Jeder Sponsor, der mit ‘Einzelfällen’ in Kontakt kommt, fürchtet Verluste und hat kein Interesse an diesem Maximum der Verlogenheit. Wozu dann also das Theater?

Wenn Wirklichkeit Wahrheit wird

Es ist bestes Anschauungsmaterial für das Walten des Systems, für seine ‘Wahrheiten’, sein Funktionieren, die Genese der Propaganda. Es ist die Schwarmdummheit, das Lemmingdenken, geschult in Wiederholung und Anpassung. Was alle immer sagen, kann nicht falsch sein. Man stellt sich nicht gegen die Masse. Schon gar nicht gegen eine Maschinerie von Organisationen, hier WADA, NADA, UCI, Gerichte und Verlage.

Anfangs waren die Sponsoren noch unter denen, die am heftigsten geleugnet haben, dann haben sie sich wohlwissend juristisch abgesichert, schließlich großenteils abgewendet. Die jetzt noch dabei sind, wollen am liebsten ihre Ruhe und werden wissen, wie sie nur zu haben ist: Durch eine Zulassung leistungssteigernder Mittel und das Ende der Heuchelei. Noch hat sich das nicht durchgesetzt, aber wenn sie soweit sind, wird das auf die Agenda gesetzt werden. Wenn es dann noch Sponsoren gibt.

Womit wir beim Fazit sind: Das Kapital hat am Ende die Macht, die Wirklichkeit als Wahrheit zuzulassen. Alle anderen machen nur mit. Die öffentliche Meinung ist derart zur PR verkommen, zur Verkündung dessen, was Lobbygruppen senden, dass es kein Korrektiv mehr gibt. Wo die private Meinung immerhin sporadisch der Prüfung durch den Verstand unterliegt, verliert in der organisierten Meinung der Verlage immer die abweichende. Einst wurde uns die Vielzahl privater Medien als „Pluralismus“ verkauft. Genauer betrachtet, herrscht in einer kapitalistischen Medienlandschaft das reine Meinungsmonopol. So ist das System, es kann gar nicht anders.

 
“Spiegel” sinkt noch tiefer

Im letzten Artikel zitierte ich bereits den tiefergelegten Anspruch des “Spiegel”- Chefredakteurs an die Qualität des ehemaligen Nachrichtenmagazins, heute lese ich eine Geschichte, die belegt, dass seit dem wütenden Abbau journalistischer Standards durch Stefan Aust die Lage keineswegs besser geworden ist. Aktuell brilliert das Kampagnenblatt durch Manipulationen und Contentklau ohne Angabe der Quelle. Offenbar scheuen die Kuhjournalisten aus der Hansestadt auch nicht davor zurück, einer Kollegin die Karriere zu ruinieren, indem sie diese in den Verdacht bringen, ‘Islamistin’ zu sein – was ihnen allerdings noch nicht gelungen ist.

Eine brutale Farce

Wie Schaulustige am Ort eines grausamen Unfalls erscheinen mir die ‘Berichterstatter’ von der Causa US-Rachejustiz vs. Julian Assange. Was ist das für eine blödsinnige Diskussion, ob dem Mann die Todesstrafe droht oder nicht? Offensichtlicher geht es gar nicht mehr, was da abläuft: Fingierte Vergewaltigungsvorwürfe, die ihn von England über Schweden in die USA entführen sollen, damit er dem dortigen Feindstrafrecht übergeben werden kann. Was ist das für eine Rechtskultur? Die britischen Pit Bulls können den Stiefel ihres Herrchens nicht leidenschaftlich genug lecken, um dafür mit den Knochen ihrer Feinde belohnt zu werden, und eine nicht weniger kriecherische Regierung in Schweden arbeitet dem emsig zu. Das ist nicht nur zutiefst widerlich, es zeigt auch, welche Prioritäten in Europa gelten. Mit Demokratie hat das nicht einmal mehr zum Schein etwas zu tun.

Flassbeck gibt’s auf

Apropos Europa, für mich eine Sensation: Heiner Flassbeck gibt den Euro auf und verlegt sich aufs Zusammenkehren der Scherben. Neulich habe ich noch beim Spiegelfechter – den ich den “Flying Flassbecks” zuordne – angefragt, ob er nicht allmählich “aus dem Hamsterrad” steigen wolle, weil es für eine ‘Rettung’ des Euro und seiner Wirtschaftszone zu spät sei. Der Vordenker seilt sich also schon mal ab.

Außenansicht

Al Jazeera zum deutschen “Leistungsschutzrecht”. Dort beobachtet man die Tendenz, dass das ganze Ding eine Totgeburt ist. Interessant am Rande: Der deutsche Printmarkt wird dort als vergleichsweise intakt beschrieben. Das sollte durchaus als Alarmsignal aufgenommen werden. Nach unten ist noch reichlich Luft im Print, während online die nackte Inkompetenz waltet.

 
 
            panzer
 

Deutsche Panzer sind beliebt in aller Welt.

 
 
            Tom Hegermann, WDR2

Wenn der Qualitätsjournalismus einen Link setzt, haben Sinn und Verstand Pause, und wir werden auf eine spannende Entdeckungsreise geschickt. Die Irrfahrten des Odysseus mögen länger gewesen sein, aber die Strände, an die wir gespült werden, sind nicht weniger entlegen und warten mit ähnlich bizarren Geschichten auf.

In ihrem Bericht zur “Schießerei” in Denver, die eher eine spontane Massenhinrichtung war, verlinkt die Sueddeutsche unter dem angeführten Wort auf eine Seite mit buntem Allerlei zum Thema, äh … irgendwie “Schießerei”. Das beginnt mit Terminen der Olympischen Spiele und endet beim “Neuanfang” von Arjen Robben. Wen soll es da noch wundern, wenn sie Links, die auf ein externes Webangebot verweisen und einen echten Zusammenhang herstellen, gesetzlich verbieten lassen wollen?

 
Die Frankfurter Rundschau weiß, wie Menschen zu Zombies werden: Sie nehmen Drogen!

                    hasch
                    Macht Menschen zu Monstern und Killermaschinen:
                    Haschgiftspritze eines Nerdsüchtigen.

Wer die Geschichte des Jacob Anslinger kennt, fühlt sich erinnert und fragt sich, ob das Zeug, von dem da die Rede ist, auch vollkommen harmlos ist und was zur Hölle los ist, dass solche Oma-Horrorgeschichten erzählt werden müssen. Zwei Zitate aus Anslingers Anti-Hanf-Kampagne (Übersetzung von mir):

Die meisten Marihuanaraucher sind Neger, Latinos, Jazzmusiker und Entertainer. Ihre satanische Musik wird von Marihuana befeuert, und Marihuana Rauchen erweckt in weißen Frauen den Wunsch, sexuelle Beziehungen mit Negern, Entertainern und anderen einzugehen. Es ist die Droge, die Wahnsinn, Kriminalität und Tod bringt – die schlimmste Gewalt verursachende Droge in der Geschichte der Menschheit“.

Wenn Sie einen Joint rauchen, werden Sie wahrscheinlich Ihren Bruder töten.”

Warum sollte man diese Geschichte und ihre Hintergründe kennen, wenn man einen Artikel über Drogen schreibt? Warum sollte man überhaupt irgend etwas wissen, wenn man Zeitungsartikel schreibt? Naja, und wenn man Artikel schreibt über Substanzen, die dazu führen, dass man ein kannibalischer Zombie wird, der anderen das Gesicht wegfrisst, was muss man dafür einwerfen?

Journalistischer Horrortrip

Keineswegs behaupte ich, halluzinogene Drogen seien harmlos. Das aber tun genau diejenigen, sie solch einen Stuss schreiben, Arm in Arm mit denen, die Drogen illegalisieren. Wer einen Joint raucht (hiervon muss man inzwischen die abartig hochpotenten Züchtungen ausnehmen, die inzwischen aus Cannabispflanzen designt wurden), wird in der Regel feststellen, dass das weder süchtig macht noch irgendwie alarmierende Zustände hervorruft. Das Dumme ist jetzt, dass Jugendlichen, die damit erste Drogenerfahrungen machen und durch solche Horrorstories “aufgeklärt” wurden, ein fataler Trugschluss nahegelegt wird: Dass illegale Drogen nämlich durchweg beherrschbare Substanzen seien, vor denen nur gewarnt wird, weil die Spießer einem den Spaß verderben wollen.

Wer über Drogen, ihre Wirkungen, Gefahren und den Genuss aufklären will, sollte nicht unmittelbar vorher welche genommen haben. Es ist aber die denkbar dümmste Herangehensweise, aus Sicht einer panischen Ablehnung von Teufelszeugs Töne anzuschlagen, die Ammenmärchen liefern und damit schiere Gegenaufklärung verbreiten. Hier treffen sich die Extremisten beider Fronten, die alles dazu beitragen, einen vernünftigen Umgang mit Drogen und eine fundierte Einschätzung von deren Zweck und Wirkung zu verhindern.

Was die FR betrifft, so ist dieser Quatsch nicht das einzige traurige Machwerk des gestrigen Tages. An anderer Stelle lese ich in bezug auf das Erwürgen der griechischen Wirtschaft: “Wer jetzt Lockerungen verspricht, erschwert nur die nötigen Reformen. Merkel sollte hart bleiben“. Jenes neoliberale Gewäsch also, das man ausgerechnet dort lange Zeit nicht erwarten musste. Gegen den Trend verkommt das Blatt zu einem weiteren Verkündungsorgan der nämlichen Religion. Wer das noch erträgt, braucht sicher Härteres als einen Joint am Morgen.

Es ist so erbärmlich wie die Kleingeistigkeit deutscher Verleger, der Rechtspositivismus deutscher Juristen und die Regierungskunst der Spreegurkentruppe halt sind. Es gießt weiteren Neusprech in Paragraphen, den Etikettenschwindel führt es im Namen: Das sogenannte “Leistungsschutzrecht”. Es (Kurzform hier) schafft maximale Verwirrung und Rechtsunsicherheit, besten Humus für sinnlose Rechtsstreitigkeiten, keinerlei benennbaren Nutzen für Autoren und Verlage und lässt am Ende nichts mehr erkennen, das sich noch ironiefrei einen Sinn oder Zweck nennen ließe.

Welcher Autor hätte ein Problem damit, wenn 250 Anschläge seines Textes zitiert würden und mit einem Link auf die Quelle versehen? Wer sähe sich um seine “Leistung”, die Früchte seiner Arbeit gebracht, wenn ein paar Zeilen woanders zu lesen wären, die andeuten, worüber da geschrieben wurde? Die Einzigen, die sich dabei betrogen fühlen könnten, wären die, die sich längst daran gewöhnt haben: Verfasser von Agenturmeldungen, die hundertfach abgeschrieben und von den lieben Kollegen als deren eigene Leistung deklariert werden.

Zitierfreiheit schon nach einem Jahr

Der wirtschaftliche Schaden solcher Zitate ist nicht zu erkennen, im Gegenteil. Was war dann der Anlass, die Lobbyfreunde in Berlin zu einem Kotau vor den Verlagen zu veranlassen? Rechtssicherheit? Mit diesem vagen Larifari sicher nicht. Ich habe eine Menge Gesetze und Entwürfe gelesen, aber dieser ist einer der handwerklich schlechtesten, wenn es darum geht, einem Problem in der Wirklichkeit mit einem Gesetz beizukommen. Ist Google eigentlich betroffen? Oder ich? Ab wann ist ein Zitat “öffentliche Zugänglichmachung”, wenn ein Ausschnitt mit Link schon über die Zitierfreiheit hinausgeht?

Wieviel darf ich zitieren, und darf ich das auch wörtlich? Und was in dem Entwurf so an Beiwerk steht, soll das vielleicht schon die richterliche Überprüfung vorwegnehmen? Oder sollte man nicht vielmehr damit rechnen, dass Gerichte die Sachlage ganz anders bewerten als die Referenten? Man wäre ja blöd, wenn man unter solchen Umständen noch mehrere Sätze zitierte. Im übrigen empfiehlt es sich ganz selbstverständlich, in Zukunft Zitate im Fall des Falles nicht mehr mit Link zu versehen, um die Verlage nicht auch noch darauf aufmerksam zu machen.

Es wird unfair

Künftig werde ich es also bei Anmerkungen belassen, wo ich bislang fair zitiert und verlinkt habe. Ich werde mir die Informationen zusammenlesen und keinerlei Hinweis mehr auf die Quellen geben. Links und indirekte Zitate werden getrennt, wenn ich überhaupt noch verlinke. Nur Verlage, die mir uneingeschränkte Sicherheit vor Abmahnungen und sonstigen Forderungen garantieren, würde ich davon ausnehmen. Es wird sich vieles ändern im Umgang miteinander. Es wird unfairer werden, von Vorsicht geprägt und auf lange Sicht zum Schaden derjenigen, die sich mit ihrer geistlosen Anspruchshaltung durchgesetzt haben.

Der Haupteffekt aber wird der sein, dass man sich unsicher fühlt, wenn man im Netz noch öffentlich debattiert. Viele werden latenten Druck verspüren, zweimal nachdenken, ehe sie sich äußern und vielleicht auch einmal schweigen. Die Praxis wird zeigen, wer wofür mit welchen Repressionen belegt werden wird. Ich selbst werde mir den einen oder Spaß gönnen, um diesen Quatsch ad absurdum zu führen. Man lässt sich ja nicht die Freude verderben von halbgescheiten Mafiosi, die mit Holzgewehren zur Schießerei gehen.

“Vulgär”, so definierte wenn ich mich recht erinnere einst Adorno, bedeute “auf Seiten seiner eigenen Entwürdigung stehend”. In diesem Sinne immer vulgärer wird die deutsche Journaille, die sich zu einem Verband Nützlicher Idioten entwickelt. Mit der Vergabe des “Henri-Nannen-Preises” an die “Bild” für ihr heuchlerisches Spiel mit Christian Wulff ist ein Niveau erreicht, das sich nicht mehr unterbieten lässt. Eine “Investigation”, die in jahrelangem Ranwanzen und Hochjubeln sowie dem final intriganten Absägen besteht, ist eher einen Marcus Iunius Brutus-Preis wert. Ich schlage vor, man benennt den klebrigen Weihrauchtopf des “Qualitätsjournalismus” um, in “Gerd-Heidemann-Preis”. Das träfe es besser und steht in derselben Tradition.
Glückwunsch an Hans Leyendecker und die SZ-Crew, die sich dafür wenigstens zu schade sind.

Heute Morgen in WDR 2 wurde mal wieder ein “Terrorexperte” vorgestellt, ein “ARD-Terrorexperte” gar. Nun frage ich mich schon seit geraumer Zeit, wie viele Bomben einer erfolgreich gelegt und gezündet haben muss, wen und wie viele er bereits in Angst und Schrecken versetzt haben sollte, um sich so nennen zu dürfen. Oder reicht es aus, einen fürwahr horriblen mentalen Rachengammel spazieren zu tragen wie der (Ex-?) Terrorexperte Udo Ulfkotte, der ansonsten nur als fanatischer Feind des Muslimischen aufgefallen ist?

Und was hatte also der Experte für Anschläge und Großalarm Erhellendes zu berichten?
Die große Frage“, so meinte er, sei ob der Täter “sich selbst radikalisiert” habe oder von anderen oder durch das Internet “radikalisiert worden” sei. Wobei ich schon nicht verstanden habe, ob das Internet jetzt ‘selbst’ oder ‘fremd’ ist. Oder vielleicht auch das Böse selbst.

Meine Herren, welch ein Experte! Natürlich hat so einer es nicht nötig, seine Frage halbwegs von Anzeichen übelster Sprachverlotterung freizuhalten und etwa den Kern der “großen Frage” einer intellektuellen Prüfung zu unterziehen, indem er den Begriff “Radikalisieren” erläutert. Wenigstens sich selbst. Wie man also an die Wurzel geht, an welche und was das dann bedeutet.

Ein Virus aus dem Internet?

Sich selbst verwurzeln? Sich verwurzeln lassen? Durchs Internet? Interessante Vorstellung. Aber gut, ich weiß ja: Der Mann hat keine Ahnung, was er sagt, aber man hat eine Ahnung, was er meint. Er meint, dass da einer eben böse wird, terrorböse. Und nun fragt er, ob er das also aus sich selbst heraus geschafft hat oder von anderen infiziert wurde. Beides recht rührende Vorstellungen, zumal das “Selbst” ja immer von Informationen abhängt, die es nicht selbst erschafft.

Was aber steckt hinter der Vorstellung, jemand könnte durch Lektüre und Informationen zur Zerstörung der Gesellschaft motiviert werden, in der er lebt? Vor allem: Was hilft dagegen?
Es dürfte häufig so sein, dass Menschen nicht mehr glauben, was ihnen gesagt wird. Dass sie all die staatstragenden und systemkompatiblen Informationen zurückweisen, woanders andere Lehren aufnehmen und diese ggf. in eine wütende Tat umsetzen. Würde man denen Informationen bieten, die verständlich sind, plausibel erscheinen, Zusammenhänge erläutern und sich propagandistischer Rhetorik enthalten, dann könnte man wohl viele der Menschen erreichen, die sich heute radikal abwenden in der Gewissheit, dass sie doch nur belogen werden.

Und nun ist die große Frage die, welchen Beitrag der Herr Terrorexperte dazu wohl geleistet hat?

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