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April 2012


 
Dass Wolfgang Clement die SPD hasste, in die er einst eingetreten war, ist verständlich. Was selbst ein konservativer staatstragender Prediger wie Johannes Rau noch vertreten hatte, musste ihm nachgerade linksradikal erscheinen. Das musste vernichtet und durch ungehemmten Lobbyismus ersetzt werden, gewürzt mit zynischer Verachtung der Unterschicht und jenem Rassismus, den Kollege Sarrazin später populär machte. Als Clement das Amt niederlegte, übergab er es an den geschulten Wahlversager Steinbrück, der den ersten Wahlsieg der CDU in Nordrhein-Westfalen nach über 40 Jahren besiegelte.

Was aber hat der Mann gegen die FDP? Die machen doch exakt die Politik, die Clement am Herzen liegt. Von Reichen für Reiche, neoliberal bis ins Mark, lobbyfreundlich bis zur Korruption, selbstherrlich und antidemokratisch. Aber ist es wirklich hilfreich, wenn ein unsympathischer Choleriker, dem die Arroganz aus dem Hemdkragen quillt, deren Trommel schlägt, bloß weil er früher einmal etwas zu sagen hatte – im Auftrag einer anderen Partei? Oder vernichtet Clement einfach aus Spaß an der Freude die Parteien, für die er sich ‘einsetzt’?
Mir soll’s recht sein. Ich kann die FDP auch nicht leiden und weiß jederzeit warum. Wenn ich denen einen gönne, ist es Wolfgang Clement. Den nimmt sonst eh niemand mehr.

 
Hatten wir nicht geschmunzelt über die DDR und ihre “Wahlergebnisse”? Wo es nur “Ja” oder “Nein” anzukreuzen gab und immer Ergebnisse knapp unter 100% ?

Aktuell haben wir Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in NRW, die mit folgenden Ergebnissen gekürt wurden:
Röttgen: 96,4%
Lindner: 99,8%
Kraft: 99%
Löhrmann: 98,4%. Der gute freiheitlich-demokratische Wähler entscheidet sich dann für eine der neoliberalen Geschmackssorten, in deren Namen die oben Genannten den Einheitsbrei servieren.
Dass die Funktionäre die Inhalte nach Gusto bestimmen und die Programme ihrer Partei ebenso ignorieren wie die Interessen ihrer ‘Basis’, versteht sich. Bei uns ist das demokratisch, auch wenn eine Wahl nie wirklich stattfindet.
Übrigens wurde auch Philipp Rösler mit 95,1% gewählt. Der war kürzlich auch noch alternativlos.

FDP Rechtsexperte und Generalbundeskasperle Döring weiß was: Wenn hinter Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach. Aber! Wer als Strafverfolger Strafbewehrte verfolgt, darf als strafverfolgt gelten, wenn die Verfolgten den Verfolgern Verfolgungsfehler nachsagen können. Diese Rechtsauffassung wird ihnen präsentiert von deutschen Hoteliers, Finanzdienstleistern und dem Verein der Verfolgten des Finanzamtsregimes. Wenn deutsche Steuerfahnder deutschen Steuerverbrechern in der Schweiz nachstellen, so ist das nicht weniger als ein Verbrechen, das weiß jeder, der dort ein Konto hat und es derart verdient, die FDP wählen zu dürfen.

Döring kann Lindner nicht leiden. Er hasst Wähler. Ganze Zahlen sind ihm ein Greuel, selbst als Hundertstel. Er liebt die Null vor den Komma, als deren Repräsentant er sich nicht zu Unrecht empfindet. “0,18% in NRW”, so Döring, „das darf keine Utopie mehr sein.“

 
Dass Goldman Sachs eine der schlimmsten Finanzkraken der Welt ist, lässt sich nicht leugnen, ich halte sie gar für die schlimmste. Und wenn ich auf diesen Umstand hinweise, erhalte ich regelmäßig Kommentare von Rechtsdraußen, von den ganz Schlauen, die mich dann bekehren wollen. Ich müsste doch sehen, dass diese Juden die Welt beherrschen. Sogar Reden von Adolf Selig werden mir zugespielt.

hoell2Goldman Sachs wurde tatsächlich von einem Juden gegründet und fortan jüdisch dominiert. Und es lässt sich ebenso wenig leugnen, dass Juden historisch bedingt den Finanzgeschäften zugetan waren. Vor allem der Ausschluss von Juden aus den Handwerksgilden und das für sie historisch religiös nicht gültige Zinsverbot – dem lange Zeit auch Christen unterworfen waren – bedingten dies. Bis zur Moderne war das nicht gerade ein Vorteil. Erst mit dem Durchstarten des Kapitalismus wurde daraus ein ‘Wettbewerbsvorteil’. Der bestand allerdings nur in der längeren Erfahrung, denn Christen nahmen längst auch Zinsen. Wer noch fundamentalistisch dachte, musste dafür inzwischen das Fegefeuer fürchten, aber immerhin nicht mehr ewige Verdammnis. Der Deal war okay.

Kapitalismus? Ja bitte!

Jedenfalls gehen Kapitalismus und Judentum prima Hand in Hand. Wie wir von Max Weber wissen, ist es aber der Entwicklung des Protestantismus im Christentum zu verdanken, dass das Kapital den Turbo eingeschaltet hat. Dies verdankt sich einer bizarren Konstruktion:
Man darf annehmen, dass ein Leben in Verzicht, “Askese”, ursprünglich mit freiwilliger Armut verbunden war. Ein solches Leben galt als gottgefällig in manchen Strömungen des Christentums. Mit der Reformation entstanden dann diverse Varianten der Auslegung solcher Gottgefälligkeit, und eine der verrücktesten setzte sich in der Moderne durch, weil sie eben die besten Voraussetzungen bot.

Die Auffassung, dass Gott im Diesseits seine Schäfchen belohnt, führte zu der Einsicht, dass Reichtum demnach ein Zeichen für Gottes Gnade sei – die der Reiche sich wohl ‘verdient’ haben musste. Gleichzeitig aber galten Pomp und Prasserei nach wie vor als sündig. Die Konsequenz: Sich und anderen nichts gönnen, Zaster anhäufen, die Gier nach mehr ausleben ohne davon zu konsumieren. Diese Elemente sind heute in Konstrukten wie “Eigenverantwortung” oder “schädlichem Konsum” [s. vorletzter Absatz] wiederzufinden. Akkumulation als religiös begründeter Selbstzweck – besser kann Kapitalismus nicht gefördert werden. Kapitalismus und Christentum gehen prima Hand Hand.

Gern mehr davon!

Die Letzten, die sich noch zu wehren scheinen und etwa Zinswirtschaft großenteils anrüchig finden, scheinen die Muslime zu sein. Viele Staaten, die muslimisch geprägt sind, stehen eher auf sprichwörtlichem Kriegsfuß mit dem kapitalistischen Westen. Dies wiederum ist ihnen aber gar nicht als Verdienst zu verbuchen, denn vor allem die USA mögen es nicht besonders, wenn man ihnen kein Öl verkaufen will oder das nicht in Dollars abrechnet. Wer so fanatisch ist seine eigenen Prioritäten zu setzen anstatt gutes Geld anzuhäufen, muss eben mit Besuch aus der Luft rechnen.

Aber es ist ja nicht ganz Gallien. Saudi Arabien und die befreundeten Ölbohrinseln mit Staatsflaggen wie Qatar, die Emirate, Bahrain und Kuwait können das ganz gut. Genug Öl und die Bereitschaft es zu verkaufen sind immer wohl gelitten. So entstehen Freundschaften zu Diktaturen mit mittelalterlich muslimischen Rechtssystemen. Kein Problem. Schon die Geschichte zeigt, dass die Sauds den Bogen raus haben: Bereits im 18. Jahrhundert tat sich Muhammad ibn Saud mit Muhammad ibn Abd al-Wahhab zusammen. Der Deal: Saud durfte König sein mit dem Segen von al-Wahhab, der durfte Religionsführer sein und seine Auslegung der Lehre offizielle Religion. Für diese mächtige Konstellation haben die Sauds Mekka und Medina zweimal erobert, was ihnen noch heute die Herrschaft sichert.

Mutter aller Religionen

Auch die Beziehungen zum Westen waren immer gut: Die Engländer waren Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten, die Saudi-Arabien anerkannten und französische Spezialeinheiten halfen 1979 sogar Mekka von Besetzern zu befreien.
Auch im Islam ist die Lehre also Auslegware, und diejenigen, die sich das leisten können, respektive davon ungemein profitieren, tun das eben so, wie es ihnen Macht und Reichtum sichert. Doch: Kapitalismus und Islam gehen prima Hand Hand.

Mit dem Hinduismus dürfte es sich ähnlich verhalten. Eine Religion, in der traditionell die gesellschaftlichen Schichten mit einer religiösen Hierarchie identisch sind, lässt nichts zu wünschen übrig. Ich weiß zu wenig über die konkrete Ausgestaltung des gesellschaftlichen Lebens in Indien und die Ausgestaltung der Wirtschaft im “Schwellenland”, aber Kapitalismus und Hinduismus kann ich mir prima vorstellen. Es ist wie es schon immer war: Der eine hält sie dumm, der andere hält sie arm. Dass der Kapitalismus, zumal in seiner neoliberalen Ausprägung, selbst religiöse Züge trägt, ist kein Zufall. Ebenso wenig wie der Fanatismus, mit dem er der Welt seine Dogmen aufzwingt. Dabei macht er sich jede Religion zunutze, die er für seinen Herrschaftsanspruch gebrauchen kann. Auch das macht ihn so gefährlich.

 
Terroristen ignoriert

Es gibt sie noch, die “Autonomen” in der öffentlichen Wahrnehmung. Zwar haben wir noch nie etwas erfahren über deren politische Ansichten (außer dass sie “linksradikal” seien”), aber wenn wer vermummt zu einer Demo geht, noch besser: wenn er dann einen Stein wirft, ist er “autonom”. Selbst der “Duden” belehrt uns: “Angehörige einer politisch der Linken zuzuordnenden, nach eigenem Selbstverständnis aber keiner Ideologie verpflichteten Gruppierung, die Staat und Gesellschaftssystem ablehnt und mit Gewaltaktionen bekämpft” seien diese Autonomen.

Lange nichts gehört von denen? In Hessen ist das Kalkül, denn das Ministerium für Wahrheit, die Presseabteilung der demokratischen Schutztruppen, hat systematisch Nachrichten unterdrückt, die Aktivitäten der Autonomen betreffen. Jetzt wurde ein Polizist verletzt, die Aktion war vielleicht auch einfach nicht zu übersehen, dann wird die freie Presse® auch mit entsprechenden Texten versorgt. Das alles dient der demokratischen Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung, weshalb die freie Presse® sich an entsprechende Vorgaben halten wird.

Und morgen ganz Europa

Ein europaweites Netz von Gauleitern hätte der Minister für Schuldenbremsen und Rettungsschirmchen gern. Wolfgang Schäuble ist zuletzt mit der Idee eines Protektorats Griechenland vorläufig gescheitert, was ihm aber nur Ansporn ist. Gleiches Recht für alle soll künftig gelten, am gleichesten ist natürlich der Exportweltmeister, der die Regeln für die Bremsschirme und deren Nutzung zum Wohle aller Investoren vorlegt. Die Stabilitätstunion darf dann Abgesandte der heimischen Investmentbanken als Talkmaster in die Quasselbuden der Einzelstaaten entsenden. Der Euro ist gerettet.

Rettungsschirme, letzte Strohhalme

rettschirmRainer Hank schreibt für den Wirtschaftsteil der FAZ. Damit ist er bereits als Komiker qualifiziert, und er heizt uns mächtig ein: “Griechischer gehts nicht” meint er zum Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst. Zwar steht noch nicht einmal fest, ob das nach hundert Jahren die erste Reallohnerhöhung ist, von der andere sagen, sie sei eher noch zu niedrig. Genie Hank aber weiß: Was man ausgibt, ist weg und wir können dann unsere Schulden nicht mehr bezahlen. Wer seine Mitarbeiter bezahlt, macht Party, und die ist schlecht:

Bei den Griechen ist das Ausgabenfest inzwischen zu Ende, hierzulande geht es munter weiter.”.

Austerität für alle wollen die neoliberalen Hanswurste, bei Rettungsschirmen, Schuldenbremsen, Sozialabbau und niedrigen Steuern. Das meinen die ernst. Davon sind sie überzeugt. Der Staat ist eine schwäbische Hausfrau auf Diät. Die Erde ist eine Scheibe. Wir leben über unsere Verhältnisse.
Dafür gibt es leider keinen Link.

Schweizgeruch

Während Hessen seine Steuerfahnder psychiatrisiert, werden die aus Nordrhein-Westfalen gleich per Haftbefehl gesucht, nämlich von der Schweiz. Die Eidgenossen lehnen sich damit weit aus dem Fenster, und man fragt sich, ob sie damit nicht den Bündnisfall ausgelöst haben. Vielleicht ist es ihnen ja entgangen, aber seit sie unseren Weltkrieg nicht mehr finanzieren, gibt es keinen stichhaltigen Grund mehr, dort nicht einzumarschieren. Die Arbeit der Beamten eines Staates zu kriminalisieren ist das Ende jeder Diplomatie und wurde in anderen Zeiten als eindeutige Kriegserklärung aufgefasst.

Nehmen wir’s aber doch mit Humor, den Handschuh auf und frieren den Sackgesichtern ihre Konten ein, fordern die Herausgabe sämtlicher illegal transferierter Mittel und behandeln die Förderung der Steuerhinterziehung durch die alpine Geldsackverschwörung aka “Schweiz” als das, was sie ist. Nageln wir ihnen die Tunnel zu und verabschieden die Finanziers der Mafias dieser Welt aus der Zivilisation. Sollen sie halt von Lochkäse leben und ihre Bergziegen … melken.

Bildquelle: alpha du centaure

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