Antikommunistischen Einheitsbrei kann nicht nur die ZEIT servieren. Die “Welt” kann das mindestenes genauso gut, was von einem Springer-Blatt auch nicht anders zu erwarten ist.
Wer kann die Linkspartei jetzt noch aufhalten?” fragt sie, und stellt fest:
Nicht einmal der Skandal um [...] Christel Wegner hält den Siegeszug der Linken auf
Was gewinnen sie denn bei diesem Siegeszug? Und was bedeutet ein solcher “Siegeszug”? Ganz einfach, daß viele Leute diese Partei wählen. Wenn einem das nicht paßt, kann man sich fragen, was man dagegen tun kann. Dann ist es recht hilfreich, sich auch zu fragen, warum die Leute diese Partei wählen.
Die Presse von bürgerlich bis rechts innen ignoriert aber geflissentlich den Umstand, daß es dafür tatsächlich Gründe gibt. Für sie ist es undenkbar, eine solche Partei zu wählen. Die Existenz der Linken ist ihnen eine moralische Verfehlung, und sie zu wählen eine Art politischer Gotteslästerung. “Trotz des Skandals” schreibt Günther Lachmann und versteht tatsächlich nicht, daß der “Skandal” von den Wählern der Linken nicht als solcher betrachtet wird. Und zwar von den kritischen ebensowenig wie von den unkritischen. Die einen stört’s einfach nicht, und die anderen können zwischen einer Person und einer Partei unterscheiden.
Lachmann kann das nicht. Er ist so unbeleckt von jedem politischen Verstand, daß er sich folgendes Bild zurecht zimmert:
Unter solchen Vorzeichen darf es nicht wundern, wenn die DKP auch in Hamburg, wo am Sonntag eine neue Bürgerschaft gewählt wird, auf der Welle dieser DDR-Nostalgie zu neuen Ufern aufbricht“. Die DKP steht aber gar nicht zur Wahl, gemeint ist damit die “Linke”. Dieser Tinnef wird verkauft als “Umfrage”, und eines der Items, die der Welt-Leser anklicken darf, nennt die Linke “SED-Nachfolgepartei“.
Für Lachmann ist die Linke ein Verein, der die DDR wiederhaben will. Er glaubt öffentlich, die Wähler dieser Partei wollten das auch. Zumindest läßt er das seine Leser glauben, die er wohl für völlig doof hält. Wohin soll das führen? Wenn der Mann das denkt, was er da schreibt, ist er so eine hohle Nuß, daß sich weitere Fragen erübrigen. Es ist aber vielmehr anzunehmen, daß er auf Teufel-komm-raus jede Debatte um das vermeiden will, was die Linke derzeit wirklich groß macht: Armut, Zukunftsangst und unerträgliche soziale Ungerechtigkeit. Deshalb wird die Linke nicht politisch, sondern moralisch angegriffen. Und zwar mit einer Moral, die nicht nur nach dem Fressen kommt, sondern sogar moralisch auf verlorenem Posten steht. Die Gier der Profiteure ist allemal empörender als das dumme Gewäsch der dümmsten Linken.
Die ängstliche Frage, “wer” die Linke aufhalten könne, ist derzeit berechtigt, denn es scheinen sich nicht allzuviele Gedanken darüber zu machen, wie man sie aufhalten kann. Das wäre nämlich gar nicht schwierig, wenn man wirklich wollte: Klüger, sozialer, ehrlicher. Vor allem aber politisch. Fangt endlich damit an!