Infolge des aktuellen Niveaus sogenannter “Politik” möchte man sich abwenden und schweigen, zu sagen gibt es zum Treiben auf der Bühne ohnehin nicht viel. Ich mag daher wie gesagt die Depression auch nicht bloß vorantreiben, sondern andere Wege gehen, über andere Themen schreiben. Wer glaubt, das werde dann unpolitisch, wird enttäuscht werden.

Wo bist du gewesen? Schon gut, wir wissen, wo du warst:
Du warst in der Pipeline, Zeit einfüllen
versorgt mit Spielzeugen und Pfadfinderei
du kauftest eine Gitarre, um deine Ma zu bestrafen
du mochtest die Schule nicht
und du weißt: Niemand macht dir etwas vor.

Willkommen in der Maschine!

Ich möchte über Musik sprechen, z.B. über die Platten, die mich geprägt haben und deren Geschichten. Das Album, das für mich das größte ist seit ich es gehört habe, bleibt “Wish You Were Here” von Pink Floyd. Rock’n Roll war damals durchaus schon kommerziell, wurde aber nicht vom ersten Ton an wie am Fließband produziert. Es gab eine ganze Bewegung von Musikern und Musikerinnen, die nicht ans Kohle scheffeln dachten, sondern an eine bessere Welt. Kritische politische Texte gehörten ganz selbstverständlich dazu, auch und gerade bei den ‘Großen’.

Das Stück, das mich beim ersten Hören schon flashte, war “Welcome to the Machine”. Ich konnte damals gerade genug Englisch, um es zu verstehen. Kurz darauf war ich wochenlang dauerbreit und tageweise dem Leben nicht wesentlich näher als der anderen Seite. Zu dieser Zeit habe ich die Kassette, die mir ein Mitschüler aufgenommen hatte, rauf und runter gehört, wenn ich gerade einmal nicht schlief. Man kann in der Musik baden, die Linien von “Shine On You Crazy Diamond” sind überirdisch, keine große Technik, aber reines Feeling.

Komm rein Junge, Nimm dir ‘ne Zigarre, du wirst es weit bringen.
Du wirst abgehen, du wirst unsterblich sein,
du wirst es schaffen, wenn du’s willst, sie werden dich lieben!

Es funktioniert prima, sich das mit ein wenig Doping oder hohem Fieber anzuhören, aber es geht auch völlig ohne. Auf dem Album gibt es kein Stück, keine Sequenz, die ich nicht anhimmeln könnte. Sogar “Have A Cigar” ist wirklich großes Kino, was mir erst recht spät aufgegangen ist. Nicht nur der Text ist gut und noch immer aktuell, auch der – im Album etwas aus der Rolle fallende – Groove ist großartig, was mir u.a. durch eine Coverversion von The Who auffiel.

Der kryptische Text von Shine On You Crazy Diamond ist übrigens eine Hommage an Syd Barrett, der sich mit diversen Substanzen das Hirn leergefegt hatte. Der kreative Kopf der frühen Floyd hatte den zuvor düsteren und psychedelischen Sound geprägt, der durch den leichter verdaulichen, mehr zum Mainstream neigenden seiner Nachfolger Gilmour und Waters abgelöst wurde.

Auch die Konzeptalben “The Dark Side of the Moon” und “The Wall” gehören zu den herausragenden der Popgeschichte, und auch wenn Egomane Roger Waters darin seine Biographie verwurstet hat, ist das Werk ein einziger Abgesang auf die Nachkriegsgeschichte, die große Droge “Konsum” und die Zurichtung der Menschheit auf etwas, das später “marktgerechte Demokratie” genannt werden würde. Das alles ist nicht vom Planeten verschwunden. Es wartet vielmehr auf eine Wiederentdeckung.