Es gab einmal Zeiten, da waren Künstler tendenziell kritisch und verstanden sich als außerhalb des Systems stehend. Ihre Wurzeln sind Philosophien, die von “Transzendenz” und “Aura” sprechen, ihnen wurde unterstellt, sie arbeiteten sich ab am “Nicht-Identischen”, dem, was nicht einfach zur Sprache kommt oder sich der Norm anpasst. Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts gab es immerhin noch eine gewisse Tendenz zur politischen Einmischung. Künstler hatten oft eine andere Vorstellung von Idealen wie Gerechtigkeit oder Frieden als das, was der Sachzwang davon übrig ließ.

Wie so vieles, was die Ökonomisierung der Lebensbereiche geschleift hat, ist auch die Kunst, sind die Künstler inzwischen ein hässlicher Abklatsch des einstigen Strebens nach Entfaltung und Ausdruck, eine unfreiwillige Karikatur, eine entstellte Fratze. Der Gipfel dessen, was sich in der gesellschaftlichen Nische für solche Gestalten tummelt, sind die Selbstdarsteller ohne Selbst, “Celebrities”, deren Aufgabe darin besteht, da zu sein und Geld zu haben. Einige mögen irgendwann irgendwer gewesen sein, ein Castingprodukt, eine Sportskanone. Andere sind einfach Tochter, Gattin, Vetter von.

Erbfolge und Verlagskonzept

Es ist ein Hofstaat, in dem selbst die Narren gottlos dämlich sind und ohne jeden Witz. Die dazugehören, bestimmen, wer noch rein darf. Und wo einst Kreativität und Originalität die Türen und Ohren öffneten, sorgt heute eine Martkmaschine dafür, dass man ins Verlagskonzept passt. Das heißt also im selteneren Fall, dass frau ein entsprechendes Fahrgestell hat und dem Chef gefällt. In aller Regel reicht aber auch das nicht. Das neue Feudalsystem ist auch bei den “Künstlern” angekommen, der Platz auf der Bühne wird schlicht vererbt. Nichts hat diesen Umstand in seiner ganzen Erbärmlichkeit so bloßgestellt wie der Fall Hegemann.

Andere können das genau so gut, kaum ein Prominentenkind, das keine Karriere macht, wenn es nur will. Die Journaille feiert das ab wie alles andere, das die Kulturkonzerne ihr lancieren und stellt die richtigen Fragen wie immer im falschen Kontext, als seien die armen Kinder, die im Schatten ihrer noblen Eltern stehen, ein Opfer solcher Umstände. Ein passendes Exempel gibt es aktuell in der Sueddeutschen: Die Tochter Westernhagen. Sie spricht Sätze wie:

Ich unterhielt mich auf einer Party mit dem Anwalt meiner deutschen Model-Agentur. Ich erzählte ihm, dass ich Songs schreibe.”

Vermutlich hat der Interviewer sie in diesem Augenblick zutiefst bewundert. Ich hätte spätestens an dieser Stelle einen Eimer gebraucht.