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Januar 2012


 
wolfskelDie ‘Jamaika Koalition’ im Saarland ist am Ende. Schon die FAZ bemühte jüngst die “Wolf”-Metaphorik, als sie unter dem Titel “Der Mensch ist dem Menschen ein Parteifreund” die Zustände in der Saar-FDP beschrieb. “Homo homini lupus” lautet das Original und bedeutet “Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf”. Es geht um Macht, und da wird dem Wolf als Fabeltier unterstellt, er nutze die Kraft seiner Reißzähne ganz ungehemmt gegen die armen Schafe. Aber das ist nur eine seiner charakterlichen Schwächen.

Der Wolf ist nämlich kein Fuchs. Wäre er einer, er machte sich die Sache nicht ganz so leicht und wüsste, dass anders manchmal besser ist. Nicht bloß, dass da draußen noch andere Wölfe sind und irgendwann einer daher kommt, der stärker ist. Eigentlich, und da bricht jetzt die Metapher, ist der Wolf nur ein Teilzeitraubtier. Ansonsten ist er ein soziales Wesen, und die Wölfe der Demokratie – das vergessen sie zu leichtfertig – haben ihr Gebiss nur geliehen.

Wölfchen der Demokratie

Der Wulff hat sich so benommen, als hätte er von alledem noch nie etwas gehört. Das verleiht ihm sogar etwas Rührendes, denn wenn die Ameise dem Elefanten mit “Krieg” droht, riecht das eher nach Verzweiflung als nach Machtmissbrauch. Auch das, was an Korruptionsverdacht an ihm hängen bleibt, ist nicht einmal zweite Liga. Günstige Kreditzinsen für eine Mittelschichtsbutze, ich bitte Sie! Was soll die Oberschicht darüber denken? Der Mann ist unter den Reichen und Schönen erledigt – nicht, weil er es tat, sondern weil er es nötig hat.

Schrieb ich neulich, “einen besseren Präsidenten kann ich mir nicht vorstellen“, so bestätigt sich das heute und am Beispiel der Saarländer auf den Punkt. Was dort an Gemauschel und Gekeile anstelle von Politik veranstaltet wird, ist exakt das, was der Präsident aktuell repräsentiert. Kleingeistig, kurzsichtig, auf den eigenen Vorteil bedacht und bar jeder realistischen Selbsteinschätzung marodiert dort die politische Kaste durch die öffentlichen Rabatten. Vergnügt durften wir bereits zur Kenntnis nehmen, dass der dortige FDP-Vorsitzende sich und seine Zukunft in die Arme der CDU-Fraktion gerettet hat. Der Rest zerlegte sich in der Folge gegenseitig und selbst.

Dass dabei diverses Geschacher um Pöstchen und Dienstwagen, die keine sind, eine Rolle spielt, ist geradezu komisch, denn solche Kleinigkeiten hat der Grünen-Chef Ulrich vor Jahren schon an sich abperlen lassen. Ich zitiere mich:
Und wenn sich dann herausstellt, daß er [Ulrich] noch bis Anfang Oktober auf der Gehaltsliste des FDP-Chefs Ostermann stand, der auch die Verhandlungen begleitete, fängt es arg an zu stinken. Ganz nebenbei bemerkt ist Ostermann überführter Steuerhinterzieher, Ulrich seinerseits hat sich laut Stuttgarter Zeitung damit hervorgetan, daß er PKWs mit Fraktionsrabatt an Land gezogen und verhökert hat.

Ihr gutes Recht

Nach dem Ende der schwarzgelben Koalition kann der brave Wähler sich jetzt anschauen, welche Variante seiner Irrelevanz demnächst aufgeführt wird. Schwarzrot oder rosagrünrot? Das eine ist die Option für Wahlen, die man sich schenken kann, das andere werden wir nicht erleben, weil die Linke mit mehr als 21% der Stimmen zu viel Einfluss hätte. Für die gilt ja: Je mehr sie wählen, desto weniger darf sie mitspielen. Lediglich der Machtwille des Grünenchefs spräche dafür. Er könnte derart auch den Einfluss der FDP sichern, mithilfe der Linken. Eine bizarre Vorstellung, aber ebenfalls sehr passend in dieses Verständnis von Demokratie.

Aus der Hauptstadt berichtet der Tagesspiegel derweil fröhlich frech von Versuchen der Einflussnahme auf seine Berichterstattung. Auch das ist keine Erfindung des Gescheitelten aus Hannover, es ist vielmehr die Ergänzung zur organisierten Hofberichterstattung, auf die ich hier gar nicht oft genug hinweisen kann (siehe Video). Es sind diese Parteien, es ist dieses Verständnis von Politik, dass sich im Recht wähnt und keine Vorstellung mehr hat von Korruption und davon, wie sie funktioniert. Wozu auch? Sie werden ja trotzdem wiedergewählt.

 
aawastZwei sich bestens ergänzende Meldungen über das Schicksal ehemaliger Lohnempfänger bringt der “Tagesspiegel” heute. Beginnen wir mit einem meiner besten politischen Freunde, dem Schachgenie, Weltretter und Frontmann der sozialdemokratischen Rammstein-Fraktion, Peer Steinbrück. Während seine Partei den Eiertango um die Rentenkürzung67® mit eingesprungenem Müntefering tanzt, spart der Peer strikt dagegen:

“Die Antwort auf den mathematischen Druck der Demografie kann nicht die ersatzlose Suspendierung der Rente mit 67 sein”; Er verwies in diesem Zusammenhang auf Berufsschulangebote für Menschen ab 50 oder 55 Jahren.

Je kürzer die Rente

Die hohe Kunst des Lügenikebana, wie sie sonst kaum einer beherrscht. Vergessen wir den Nonsens des ‘mathematischen Drucks’, der nichts anderes ist als eine Variante neoliberaler Alternativlosigkeit®. Stellen wir uns nur für einen Moment vor, was Berufsschulen für alte Menschen bedeutet: Reife Männer und Frauen behandeln wie Kinder, damit sie freiwillig ihrer Rentenkürzung aufs Armutsniveau zustimmen. Steinbrück weiß, dass auch bestens ausgebildete Kollegen in dem Alter keinen Job mehr bekommen. Der ‘Anreiz’ wird also bewusst auf Schikane gepolt.

Was allerdings zur Hoffnung berechtigt, ist dass der Herr so vehement dazu Stellung bezieht. Wir erinnern uns u.a. an die Lüge von der Mehrwertsteuer, die laut SPD/Steinbrück nie nicht um zwei Prozent erhöht werden dürfe und daher um drei Prozent angehoben wurde. Wenn das einer Logik folgt, könnte Steinbrück also die Rente mit 67 rückgängig machen wollen.
Wann fliegt dem seine Beliebigkeit endlich mal um die Ohren – dieser größten losen Kanone auf dem politischen Deck?” – sagt ausgerechnet Steinbrück über einen Konkurrenten. Zum Schießen, fürwahr.

Legal, illegal, JobCenter

Die Meldung des Tages kommt aber aus dem Berliner Sozialgericht, das die Faxen dicke hat von der Praxis in den JobCentern und deren Übermut, vor Gericht zu ziehen. Zu Tausenden klagen Bürger und bekommen Recht, noch viel öfter aber ziehen die Jobcenter den Schwanz ein und ihre Schikanen zurück. “Einigung” heißt das dann. Man wird sich aber wohl kaum “einigen”, wenn die Jobcenter sich bis zur Klageerhebung an geltendes Recht gehalten haben.

Von den Prozesskosten sind dabei nicht nur die Hartz IV – Empfänger befreit, sondern auch die JobCenter. Das Sozialgericht fordert daher die Wiedereinführung einer Gerichtsgebühr für letztere. Alle Welt quakt von “Anreizen” für Arbeitslose, derweil können Menschenhasser in der Bürokratie nach Gusto rechtswidrig handeln ohne jedwede Konsequenzen fürchten zu müssen. Das ist nicht bloß ein obrigkeitsstaatliches Missverhältnis, es ermutigt auch charakterliche Hanswurste, ihre ganz persönlichen Leidenschaften auszuleben. Fragt sich jetzt allerdings, ob das so hingenommen wird oder gar so gewollt ist.

 
neopirIch habe mir wie viele, die vom neoliberalen Einheitsbrei die Nase voll haben, zwischenzeitlich so meine Gedanken gemacht über die Piratenpartei und ob ich sie für wählbar halte. Grundsätzlich halte ich nicht viel von Shooting Stars, die letztlich aus Verdruss in Parlamente gewählt werden. Hinzu kam bei den Piraten eine Zeitlang der Einfluss bräunlicher Genossen wie Aaron König. Den haben sie zwar inzwischen entsorgt, aber die Nachfolge ‘überzeugt’ auf ihre ganz eigene Weise.

Was Käpt’n Sebastian Nerz da von sich gegeben hat, kann enttäuschender nicht sein, denn die Linie, die er vertritt, ist schlicht reaktionär und strategisch neoliberal. Der große Trumpf der Piraten, eine Alternative zur Alternativlosigkeit zu sein, ist damit zunächst aus der Hand gegeben. Mit den Grünen und der FDP würde er gern, keineswegs aber mit den Linken und favorisiert eine “Sozialpolitik” à la SPD. Na Bravo, das hatten wir ja noch gar nicht. Zwar gab es reichlich Kritik aus den eigenen Reihen, die Nerz damit konterte, er könnte Interviews ja auch abbrechen, wenn ihm auf doofe Fragen nichts Schlaues einfiele. Sie haben ihn sich aber nun mal gewählt, und er versaut’s.

Kuscheln mit dem Mainstream

Das Kuscheln mit dem antilinken Mainstream besorgt er dann ausgerechnet in der Passauer Neuen Presse, wo man heute die Forderung nach der Vorratsdatenspeicherung zu lesen bekommt neben der nach einem Verbot der Linken – von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. In dieser Gesellschaft also lebte Herr Nerz seine Träume von einer neoliberalen Koalition ohne Internetsperren aus. Ja, es wäre wohl besser gewesen, er hätte das Interview abgebrochen – vor der Anreise.

Es zeigt sich erfreulich rasch, dass mit Aktivismus kein Staat zu machen ist. Eine Partei ist nur dann eine, wenn ein Meinungsfindungsprozess stattfindet, an dessen Ende der gefundene Konsens auch vertreten wird. Gibt es keinen oder wird er nicht vertreten, braucht niemand eine Partei. Man mag jetzt sagen, dass die Funktionäre anderer Parteien auch vom Konsens abweichen. Eben. Und selbst dann gibt es einen. Vor allem sind diese Funktionäre mit anderen Machtebenen verflochten, die ihnen näher sind als die ‘Basis’. Wer aber braucht Funktionäre, die sich korrumpieren, noch ehe ihnen dafür etwas geboten wird? Eine neue Partei hat ohnehnin nur eine Chance, wenn sie sich über die wesentlichen politischen Fragen einig ist. Deshalb wird das auch nichts werden mit den Piraten.

Beliebigkeit bewegt nichts

Die Hoffnung, Piraten und “Occupy”-Bewegung könnten eine Allianz eingehen, ist damit auch beim Teufel. Oder sind wir schon so beliebig, dass FDP und Occupy auch miteinander könnten?
Dass außerparlamentarische Bewegungen bislang immer links waren, hat schon seinen guten Grund. Damit ist nicht gesagt, dass es nur von links Druck auf die Institutionen geben kann. Aber es ist an der Zeit zu erkennen, dass die oppositionelle Linke mit all ihrer Geschichte, Theorie und Streitkultur sich jahrzehntelang abgemüht hat, und dass Veränderung jetzt nicht mal eben zu machen ist – ohne Inhalte. Gegen Banken zu sein ist kein Konzept. Gegen Internetzensur zu sein auch nicht.

Bei allem Frust über organisierte Politik, zumal die Parteien, ist es aber weiterhin unabdingbar ein Gesellschaftskonzept zu haben, wenn man die Gesellschaft verändern will. Wer zu viel Raum für Beliebigkeit lässt, wird entsprechend beliebige Vertreter hervorbringen, die beliebige Aussagen treffen. Das Problem liegt nicht in der Person eines politischen Fischstäbchens wie Sebastian Nerz. Das Problem liegt in der Struktur der Bewegung, die sich an ihrer vermeintlichen Wirkungsmacht ergötzt und doch nichts bewegt. Gar nichts.

 
enteispriHeute einmal Qualitätsjournalismus bei Feynsinn: Wir übernehmen Gerüchte aus anderen Zeitungen informieren uns aus verschiedenen Quellen und formulieren sie halbgar um fertigen aus den Informationen einen Artikel. Die Überschrift ist demnach sehr professionell gewählt und bereits von anderen Angeboten in der Praxis getestet worden. Geprüfte Qualität also. Kommen wir zum Artikel (die Endfassung ist normal gesetzt, gestrichene Passagen gehörten zum Entwurf, die Bemerkungen des Chefredakteurs sind kursiv gesetzt):

Christian Wulff nennt die Pressefreiheit ein “hohes Gut”.
Als höchste Instanz im Staate steht er freilich noch über ihr.
Nein, solche Sätze gehen überhaupt nicht. Ironie verrät eine Position, die uns als Journalisten nicht zusteht und endet leicht in Majestätsbeleidigung.
In seinem Amt werden an Wulff besonders hohe ethisch-moralische Ansprüche gestellt.
… während er locker den Limbo unter der “ethisch-moralischen” Türkante tanzt. Wieso überhaupt “ethisch-moralisch”? Kann hier wieder einer nichts mit den Begriffen anfangen und verbraucht deshalb zur Sicherheit beide?
Eieiei, so wird das nichts mit dem Volontariat. Bleiben wir bitte sachlich!
Er hatte Bild-Redakteur Kai Diekmann mit Konsequenzen bis hin zu einer Klage gedroht, sollte dieser Details in der Kreditaffäre öffentlich machen. Dennoch wollte Wulff die Pressefreiheit nicht beeinträchtigen, so das Bundespräsidialamt.
Der Don wollte die Schwimmfähigkeit des säumigen Schuldners keineswegs mindern durch die formschönen Betonpantoffeln. Wir streichen diese Schmähungen jetzt einfach kommentarlos. Ihre Stelle übrigens auch.
In der Kreditaffäre sieht Wulff keinerlei Interessenkollision mit der LBBW. Dass ich mich für die ganzen Gefälligkeiten schmieren lasse, hat keinen Einfluss auf mein Handeln. Ich werfe mich eh vor jedem in den Staub, der mehr Macht hat als ich.
Wulffs Verhalten wird vielfach kritisiert, vor allem von der Opposition. Die Bundeskanzlerin sprach ihm zuletzt das Vertrauen aus, als bekannt wurde, dass Unternehmer Maschmeyer Wir wissen nicht, wer das ist und kennen den Vornamen nicht, aber das stand bei den anderen in der Überschrift ihm eine Werbeanzeige finanziert hatte. Je mehr Dreck am Stecken, desto mehr Vertrauen braucht so ein Nützling, schon klar.
Christian Wulff gilt als Bundespräsident.

Wir sehen also: Einen guten Artikel zu schreiben, der höchsten journalistischen Ansprüchen genügt, ist gar nicht einfach und erfordert neben professioneller Sicherheit bei der Formulierung auch eine hoch ausgebildete Selbstbeherrschung. Sonst könnte ja jeder ABC-Schütze diesen Beruf ausüben.

 
mentzKlaus Baum hat seinem Missmut gegenüber dem unreflektierten Geschwätz einer überschätzten Schriftstellerin bereits deutlich Ausdruck verliehen. Ich fühle mich bewogen, da anzuknüpfen. Zu ihrer armseligen Namenswahl und der depperten Begründung dafür habe ich mich bei Klaus ebenfalls bereits geäußert.

Ich will mich aber auf ein Detail ihrer Äußerungen beziehen, das noch absurder ist als das schon langweilige Blabla neoliberaler Erfolgsmenschen über faule Arbeitslose. Für Klickfaule: Frau “Thea Dorn”, eine meiner Ansicht nach bedingt talentierte Krimischreiberin, die ihren Künstlernamen Adorno ‘widmet’, gab auf die Ansicht, die Mehrheit der Arbeitslosen würden arbeiten wollen, zum Besten:

Dem würde ich empirisch, dem würde ich nicht zustimmen.”

Sich selbst auf der Tasche liegen: die regelmäßige Ausnahme

Bei Klaus Baum wurde dazu hinreichend Stellung genommen. Noch besser aber finde ich folgende Äußerungen:

Ich halte es für die Grundbedingung Menschlichen Lebens, dass wir dazu verdammt sind auf die Welt zu kommen und zuständig zu sein für uns selber [...] und die Tatsache, dass man nicht imstande ist, sich selber zu alimentieren, muss ein Ausnahme- und Notfall bleiben.”

Die Grundbedingung ist es, dazu verdammt zu sein, auf die Welt zu kommen? Das muss ich nicht verstehen. Was ich verstehe, ist dass sie meint, wir alle seien “zuständig für uns selber”, sonst niemand und für niemanden. Dieser grobe Unsinn, den Frau “Dorn” im folgenden in geahnte Untiefen treiben wird, verneint jede Existenz einer Gesellschaft oder Gemeinschaft von Menschen, die füreinander sorgen.
“Alimentieren” bedeutet übrigens ausdrücklich “andere” zu unterhalten. Man kann sich nicht “selbst alimentieren”.

Wohlgemerkt: der in hölzernem Pathos vom “menschlichen Leben” daher kommende neoliberale Sermon belässt es nicht dabei, auf einen Beitrag zur Gemeinschaft abzuheben, den jeder zu leisten hätte. Er vereinzelt den Menschen absolut, die Selbstsorge wird zu einer Art Existenzial. Man muss also so weit gehen festzustellen, dass eigentlich schon der Säugling schuldig wird, weil er an Mutters Brust schmarotzt. Wer das für eine übertriebene Unterstellung hält, sei hiermit eines Besseren belehrt:

Nackte Einzelkämpfer

Selbst wenn wir in reiche Familien geboren sind, kommen wir nackt zur Welt und müssen gucken, wie wir uns durch dieses Leben schlagen“.

Pardon? Die nackten Kinder der Reichen schlagen sich selbst durchs Leben? Was will die im übrigen teilweise schlicht stammelnde Künstlerin uns damit sagen? Die Reichen sind auch Menschen, die sich aber Kleidung und Nahrung ‘verdienen’, weil sie’s eben haben? Was man hat, gilt als Leistung, als “durchschlagen”, und wer nichts hat, schlägt sich nicht durch? Dass Reiche wie Arme vor der Abnabelung noch gleich (nackt) sind, beweist grundsätzliche Gleichheit, welche die Armen sich durch Arbeit “verdienen” müssen? Jene Armen, die mehrheitlich nicht arbeiten wollen?

Die Urheberin dieser Höchstleistung an intellektueller Verkommenheit hat so viel mit Adorno zu tun wie mein Abbild mit dem von Marilyn Monroe. Ist Dorns Ranting schon strukturell völlig verwüstet, bar jeder nachvollziehbaren Grammatik und ein Stiefeltritt ins Gesicht der Logik, besorgt die Faktenlage den Rest: Was nach ihrem Credo “Ausnahme- und Notfall bleiben” soll, betrifft am unteren Ende der Einkommenskurve bis zu zehn Millionen Menschen. Am anderen Ende horten weitere 8 Millionen so viel Vermögen wie die anderen 72 Millionen zusammen. Diese Menschen werden also nie in die Verlegenheit kommen, für ihr Brot arbeiten zu müssen, das tun andere für sie. So viel zu der einfachen Darstellung der Sachlage. Mit Volkswirtschaft mag man ihr ja gar nicht erst kommen, auf der Ebene liegen bei ihr geistige Rossbreiten.

Kein Sinn, keine Ahnung, fest im Glauben

Für die Ignoranz ihrer Weltsicht steht auch der eingestammelte Halbsatz:
… die Piratenpartei, die auf so lustige Ideen kommen wie das Bedingungslose Grundeinkommen
Dass das BGE ein Modell ist, welches unter anderem von Teilen der CDU favorisiert wird und dessen Entwürfe schon Anfang des 20. Jahrhunderts diskutiert wurden, die bis heute variiert und aktualisiert wurden, muss man ja nicht wissen. Es ist aber umso peinlicher, sie der Piratenpartei unterzuschieben, weil es einem gerade passt, diese vermeintlich zu diskreditieren.

In der Tat stellt sich die Frage, warum niemand diesem unerträglichen Geschwätz Einhalt geboten hat. Spätestens die nackten Reichen wären doch die Gelegenheit gewesen, den Geisteszustand der Rednerin zu überprüfen. Stattdessen werden wir uns wohl immer wieder fragen müssen, wer solche Narren noch zu ernsthaften Diskussionen einlädt und warum. Man zwingt uns ja obendrein auch noch dazu, sie mit der Rundfunkpauschale zu alimentieren.

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