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März 2011


 
justitDurch einen Artikel in der Sueddeutschen (die ja nicht mehr verlinkt werden möchte) wurde ich auf eine Einrichtung aufmerksam, die in mir als eingefleischtem Neider und Leistungsfeind einen routinierten Ekel erregt. Allein der Name ist schon preiswürdig: “Law & Leadership Academy”. Dahinter verbirgt sich ein Club, in dem man für 25.000 Euro pro Jahr ergänzend zum Studium an der Uni Trier die Manieren der Elite einüben darf. Von “Ethik” ist da die Rede, von “Schlüsselqualifikationen”, “Führungsmethoden, Kultur- und Kommunikations- Techniken”, antrainiert in “Exzellenzseminaren” und “Kamingesprächen”.

Auf der Startseite begrüßen den Besucher stolzgeschwellte junge Menschen mit albernen Doktorhüten, und der “Präsident” lässt sich ganz offen darüber aus, was er für “Elite” hält. Im weiteren ist, welch feinsinniger Humor, gar von “fordern und fördern” die Rede. Nicht unmittelbar sind dabei wohl die Kosten gemeint, die mit dem Hinweis auf die Einkommensmöglichkeiten von Prädikatsabsolventen in sechsstelligen Beträgen annonciert werden. Wer hat, dem wird gegeben.

Ungerecht, aber politisch gewollt

Das ist das akademische Umfeld, in dem ein von Guttenberg ‘promoviert’ hat. Dessen Fall zeigt vor allem auf, dass gute Kontakte, der Status der Familie und ganz selbstverständlich Geld sehr erheblich sind für das Fortkommen, zumal für höhere Weihen. Dass er eigentlich gar nicht hätte promovieren dürfen, war für ihn kein Hindernis. Bis heute hat niemand eine Antwort darauf, wie das eigentlich begründet wurde.

Es ist zu befürchten, dass die Mitgliedschaft in solchen sich offensiv elitär gebenden Clubs zur Voraussetzung werden kann, als Jurist Karriere zu machen. Diese Entwicklung wäre eine weitere Bevorzugung der Oberschicht in der Rechtspraxis. Als äußerst ungerecht, aber offenbar politisch gewollt, stellt sich die Situation ohnehin längst dar. Ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages sind Juristen. In vielen Landesparlamenten (womöglich den meisten) ist diese Berufsgruppe ebenfalls völlig überrepräsentiert. Dass die für Justiz zuständigen Ministerien gemeinhin von Juristen durchsetzt sind, liegt nahe, ist aber kein wirklich glücklicher Umstand. Sie machen reichlich Gebrauch von dieser Macht, um sich Privilegien und Einkommensquellen zu sichern.

Eine Quelle der Ungleichheit vor deutschen Gerichten ist vor allem der Anwaltszwang. Viele Gerichte und Rechtsbereiche sehen es vor, dass sich Personen nicht selbst vertreten dürfen. Das heißt täglich für Massen von Betroffenen, dass sie sich gar nicht vertreten können, weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Denn hinter dem Anwaltszwang stehen obendrein Gebührenordnungen, die man nicht verstehen muss. So sind Anwälte dazu verpflichtet, ihre Honorare an sogenannten Streitwert auszurichten. Deren Höhe ist für die meisten Bürger ein ruinöser Umstand. Die Begründung für diese Praxis: Es sei nur so eine “geordnete Rechtspflege sicherzustellen”.

Sargnägel der Demokratie

Weil das Rechtsgeschäft eine so komplizierte Sache ist, muss der Anwalt her. Weil der Anwalt schon einmal da ist, muss er so viel Geld fordern, dass man sich das Verfahren eben leisten können muss. Mit dem Anwaltzwang haben sich bereits das BVerfG und der Petitionsausschuss befasst und ihn nicht grundsätzlich angezweifelt oder abgeschafft. Im Gegenteil: Er wurde zuletzt 2009 auch auf das Unterhaltsrecht ausgeweitet.

dociusAnstatt sich die Mühe zu machen, das Rechtswesen zu entstauben, von den Schatten der Vergangenheit zu befreien und zu vereinfachen, erhält sich eine offen elitäre Berufsgruppe selbst die Macht über eine der Staatsgewalten (Judikative), indem sie eine weitere okkupiert (Legislative). Nimmt man zur Kenntnis, dass der Staat sich ohnehin zum Lehen der Parteien entwickelt hat, ist die Macht der Juristen und ihre Ausübung ein weiterer Sargnagel der Demokratie.

Es ist höchste Zeit, dass die Macht dieser Kaste auf ein erträgliches Maß gestutzt wird, dass sie besser kontrolliert wird und die Öffentlichkeit sehr genau hinschaut, wenn sich innerhalb ihrer Zirkel elitäre Seilschaften bilden, die jedem demokratischen Rechtsempfinden Hohn sprechen. Im übrigen ist die Tatsache, dass man sich ein Verfahren vor einem deutschen Zivilgericht in aller Regel nicht leisten kann, ein bitteres Armutszeugnis für den sogenannten Rechtsstaat.

Original Bild oben (bearbeiteter Ausschnitt): Immanuel Giel (by Wikimedia Commons), CC BY 3.0

Demokratie ist schwarz und flüssig. Ihre Gegner haben Massenvernichtungswaffen. Verteidigen wir also unsere Freiheit in Karthago!

Die Grande Nation, Hort der Kultur und des Intellekts, nimmt sich ein Beispiel an den Befreiungskämpfen Nordafrikas – und wählt bei Gelegenheit die Diktatur.

Die freiheitlichste Demokratie der Welt und deren überzeugtester Exporteur lässt ihre Folteropfer wieder von Tribunalen aburteilen. Change you can believe in.

Noch ein Nobelpreisträger in Not: Auch der Wohltäter Yunus, Held der Marktwirtschaft, gerät unter Druck. Alles nur ein Missverständnis.

Terrorangriff auf den Bundestag. A Kaida ist ein Kabel. So einfach ist das? Totalausfall auch beim Energieminister.

Im Zusammenhang mit meinem Artikel von gestern wurde ich auf einen Artikel aufmerksam gemacht, der sich mit Studien genau zu der aufgeworfenen Frage befasst, die zu bemerkenswerten Ergebnissen führten:

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„Fakten haben nicht unbedingt die Macht, unsere Meinungen zu ändern. Tatsächlich gilt eher das Gegenteil.

Stattdessen scheint es, dass uninformierte Menschen oft die stärksten politischen Meinungen haben.

Vielleicht noch erschütternder: Diejenigen, die am sichersten waren, recht zu haben, waren bei weitem diejenigen, die am wenigstens über das Thema wussten.

Charles Taber und Milton Lodge von der Stony Brook University zeigten, dass politisch gebildetere Denker noch weniger offen waren für neue Informationen als weniger gebildete.“

Niemand revidiert je seine Meinung

Der letzte Satz mag ein wenig verwirren: Zuvor wurde deutlich, dass die Ahnungslosen zuallerletzt Zweifel an ihrer Meinung hegten, schließlich wird aber behauptet, gebildetere Menschen seien am wenigsten bereit, neue Informationen in ihr Meinungsbild einfließen zu lassen.

Das muss kein Widerspruch sein. Es hieße lediglich, dass im Grunde niemand je seine Meinung revidiert, bloß weil es neue Fakten gibt. Es hieße, dass mangelndes Wissen durch Treue und Ignoranz kompensiert wird, frei nach dem Motto: “Meine Partei hat immer recht”. Es hieße darüber hinaus, dass Bildung zu der Erkenntnis führt, dass sich Sachlagen ändern können, dass Menschen gern bereit sind, neue Informationen zu verarbeiten, solange sie nicht unmittelbar das vorgefertigte Bild zerstören. Es heißt vor allem, dass Fakten nahezu keinerlei unmittelbaren Einfluss haben auf die Bildung von Meinungen.

Dass dies sogar nachhaltig der Fall sein kann, zeigt die Trotzreaktion der Guttenberger. Das war der Anlass für mich, nach der Relevanz von Verstand in der politischen Debatte zu fragen. Ich befasse mich durchaus nicht zum ersten Mal mit diesem Phänomen, vielmehr war es ironischer Weise sogar ein Kernthema meiner Promotion. Dass alle Rationalität suggestiv ist, dass es kein Wissen gibt, welches nicht von Motiven geprägt ist, meine These.

Ein Betrug führt zum nächsten

Allerdings fragt sich, ob es wohl überhaupt noch einen Einfluss von Erkenntnis auf Meinung gibt und wie dieser gemehrt werden könnte. Eine meiner Thesen war dabei die, dass der Vorteil rationaler und faktenreicher Weltbilder in ihrer Stabilität liegt. Einfacher: Wenn ich nicht ständig mich und andere belüge, muss ich meine Scheinwelt nicht ständig mit Updates an die sich entfernende Wirklichkeit anpassen. Wo ein Betrug zum nächsten führt, geht irgendwann jeder Zusammenhang verloren. Bis dahin ist allerdings alles möglich und selbst der dümmste Quatsch hat prima Chancen, zu herrschendem Wissen zu werden.

Es ist also ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist Propaganda das Mittel Wahl. Will man Menschen beeinflussen, muss man sie manipulieren. Stakkatohaft mit einfachen wiederholten Botschaften beschallen. Möglichst Reizkopplungen nutzen: Begeisterung, Sex Appeal, Aussicht auf Lust und Erfolg an einfache ‘Wahrheiten’ binden. Das funktioniert. Der große Nachteil dieser Methode: Das können andere auch. Ein weiteres Problem: Sind die Menschen erst einmal so programmiert, hat man keine plausible Erklärung, wenn die eingeimpfte Meinung auf eine abweichende Realität prallt. Daraus resultieren Spannungen, die sich unkontrolliert entladen können.

Eine weitere Einschränkung der oben skizzierten Katastrophe besteht in der Langzeitwirkung von Überzeugungen. Die Erfahrung lehrt, dass Informationen oder Argumente, die zunächst zurückgewiesen werden, dennoch in die Meinungsbildung einfließen können. Etwas, das man plötzlich sieht, mag man eine Weile aus Trotz ignorieren, es ist aber nicht aus der Welt geschafft.

Die Attraktivität der Propaganda

Gefährlich ist angesichts dieser Erkenntnisse die Attraktivität der Propaganda auch für diejenigen, die eigentlich überzeugen wollen. Die Parteien sind längst sämtlich der verdummenden Propaganda verfallen, die vermeintlich durch ihre kurzfristig bestätigte Wirkung erfolgreich Wahlen beeinflusst. Dass sie auf Dauer aber mehr schaden als nutzen, schlägt sich u.a. in der stetig sinkenden Wahlbeteiligung nieder.

Umso wichtiger sind wiederum Journalisten und ihre Medien. Deren Unabhängigkeit ist die einzige Chance auf eine relevante Meinungsvielfalt, die wiederum eine Chance für Argumente bietet. Wo alle dasselbe erzählen, sind ‘falsch’ und ‘richtig’ verlorene Kategorien. Dass gerade in diesem Zusammenhang der Fall Guttenberg ein Lehrstück darstellt, darauf verweist auch Stephan Hebel. Dass es schon wieder einer von der FR ist, der den Knall gehört hat, ist eher entmutigend. Die Presse ist Lichtjahre davon entfernt, unabhängig zu berichten, vom Fernsehen einmal ganz zu schweigen.

So stellt sich am Ende die Frage, wohin das alles führen soll. Dass Blogger die Demokratie nicht retten, sollte inzwischen klar sein. Wenn die großen Medien also nicht endlich mehr für ihre Unabhängigkeit tun, hat am Ende doch der Italiener recht, der zuletzt erklärte, soweit wie Berlusconis Medienlandschaft wären wir hier noch nicht – mit der herzlichen Empfehlung wohl, so etwas auch hierzulande einzurichten.

 
diDie Karriere des Blenders zu Guttenberg ist über die Skandalisierung seiner letzten Affäre hinaus ein Anlass, die Kommunikation über Politik zu hinterfragen. Nicht zuletzt um zu klären, inwiefern eine Ansprache an den Verstand der Menschen überhaupt noch sinnvoll ist. Man muss sich dafür nicht einmal das peinliche Radiogespräch von Holger Klein mit einer Guttenberg-Anhängerin anhören. Die Glorifizierung des geschniegelten Dilettanten hält der einfachsten Nachfrage nicht stand, das kann niemanden überraschen, der sich von der Propaganda nicht hat einlullen lassen. Die Frage: “Was hat Guttenberg gut gemacht?” können dessen glühendste Verehrer noch am allerwenigsten beantworten. Wie denn auch?

Wer nie ein Spiel von Franz Beckenbauer gesehen hat, weiß dennoch, dass er eine “Lichtgestalt” ist. Besser noch “absolute Lichtgestalt” oder etwas mit einem Superlativ. Wer keine Ahnung von Wirtschaft hat und eine solche auch gar nicht entwickeln will, weiß dennoch: ‘Wir’ sind Exportweltmeister, und wie der Name schon sagt, ist das etwas extrem Gutes. Die Identifikation mit einem Status oder einer Gruppe ist dabei schon ein sehr starkes Motiv, die mit einer Person ein noch stärkeres. Es ist nichts anderes als das, was die Psyche von Verliebten prägt. Es sind eigentlich “narzisstische” Triebkräfte, die da am Werk sind, Gefühle, die eigentlich den Bezug der geblendeten Personen zu sich selbst betreffen. Daher ist die Formulierung, man “identifiziere” sich mit jemanden, völlig richtig gewählt. Das Schicksal des Promis wird empfunden, als sei es das eigene. Sein Erfolg ist der seiner Fans, sein Misserfolg ebenso.

Sehnsucht und Kränkung

brainpipeExakt deshalb ist der Abstieg des Blenders vom Star zum Betrüger für viele so unerträglich. Sie selbst sind verletzt, sie selbst sind aus luftiger Höhe abgestürzt und fühlen sich jetzt zu unrecht geschmäht. Der Weg in eine von Verstand geleitete Aufarbeitung der Angelegenheit fällt ihnen doppelt schwer: Erstens weil man das Band der Identifizierung nicht mal eben so löst, zweitens, weil man dann die nächste Kränkung erfährt. Denn wenn man dann wieder ganz bei sich ist und nicht mehr Teil der grandiosen Führerfigur, steht man als Depp da, der einem Aufschneider auf den Leim gegangen ist, unfähig, einen Laienschauspieler von einer Gottheit zu unterscheiden.

So endet, was sich von Sehnsüchten treiben lässt, wo Nüchternheit geboten wäre. Wie in allen anderen Lebenslagen, in denen Produkte mit Pomp und PR verkauft werden, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. In der Verschmelzung solcher Verkaufsstrategien mit Politik und Glamour bleibt es nicht bei der lehrreichen Ernüchterung, sondern es wird gewaltiger Flurschaden angerichtet. Je weiter sich die Propaganda von der Wirklichkeit entfernt, desto größer ist die Blamage, wenn der Betrug auffliegt. Dass Guttenbergs Fans das nicht ihm ankreiden, sondern den Medien, ist obendrein ein Reflex, der unbewusst die Richtigen zu treffen sucht. Da wurde einer gemacht und zerstört, und mit ihm die Träume der Entzückten und Entrückten.

Herzschmerz und Propaganda

Das mögen die auf der anderen Seite mit Hohn begleiten, den der Baron allemal verdient hat, zumal er bis heute nicht einsehen mag, dass er an seiner eigenen billigen Legende gescheitert ist. Viel wichtiger aber ist die Frage, wie man sich zu dem Phänomen stellt, das ihm und anderen Trugbildern ihren Erfolg beschert. Was kann man tun gegen eine Melange von Propaganda und Kitsch, gegen Herzschmerz und Promi-PR? Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass Fakten und Vernunft völlig außen vor sind in diesem Spiel.

Ein Minister, der von einer Affäre in die andere geschlittert ist, schon bei den Verhandlungen um Opel nicht koordiniert hat, sondern erst entschlossen die Insolvenz vorantreiben wollte, um dann ebenso standhaft das Gegenteil zu tun. Die Presse adelte derweil den Adel. Dann kam die Linklaters-Affäre. Guttenberg ließ ein ganzes Gesetz von einer Anwaltskanzlei schreiben, teilte das gleichwohl niemandem mit. Der Briefkopf im Gesetzentwurf war freilich ein eindeutiger Hinweis. Es folgten u.a. Kundus-Affäre, Gorch Fock-Affäre, Promotions-Affäre. Aber das sind Fakten und die spielen keine Rolle.

Bildquelle:

Schnöde Realität vs. schöne Illusion

Auf der ganz anderen Seite stehen Angebote wie dieses Blog, und die Frage, die hier immer wieder aufkommt, ist vollkommen berechtigt: Wozu das Ganze? Wofür noch mehr Information, pointierter Kommentar und abweichende Meinung, wenn der grundlegende Bezug auf Fakten offenbar unerwünscht ist? Wozu sich an der schnöden Realität abarbeiten, wo die schöne Illusion herrscht? Wie aufklären, wenn bereits genug gesagt ist und niemand das hören will? Oder gibt es womöglich einen Weg, dem Verstand doch noch zu seinem Recht zu verhelfen?

Ich weiß es nicht. Ein kleiner Hoffnungsschimmer liegt darin, dass vielleicht einige Journalisten mitlesen in den kritischen Blogs und bei den wenigen mutigeren Kollegen. Dass sie sich ärgern, bei der Vollverschleierung des politischen Diskurses erwischt zu werden. Dass es eine multiplizierende Leserschaft gibt, die sie verlieren, wenn sie einen so schlechten Job machen. Dass sich doch der eine oder andere schämt, wenn er seine Artikel von gestern liest. Vielleicht ist Bloggen am Ende aber auch nur Besserwisserei, die mit ein wenig politischer Lyrik tröstet. Ist das besser als nichts?

Zum Beispiel vom Tellerwäscher der Wirtschaft zum Millionär. In Deutschland gibt es keine Korruption, das ist vor allem Gerhard Schröder zu verdanken, der sie mit Stumpf und Stiel ausgerottet hat. Seit die Finanzwirtschaft selbst in der Regierung sitzt und ganz offiziell für ‘Beratung’ und andere langweilige Textbeiträge gute Honorare zahlt, muss niemand mehr Schmiergeld im Briefumschlag verstecken. Eine Million von Maschmeyer für einen Bundeskanzler aus dem Proletariat – ein angemessener Preis.

Die Nebeneinkünfte von Politikern, darauf verweist Schröder zurecht, sind deren “Privatangelegenheiten”. Der Steuerzahler soll sich glücklich schätzen, dass er dafür nicht auch noch aufkommen muss. Dass der genannte Betrag zutrifft, mögen die Freunde derweil nicht bestätigen. Schließlich hat der eine noch mehr für den anderen getan, wofür der sich vielleicht noch öfter erkenntlich gezeigt hat. Ein Schuft, wer fragt, ob das wenigstens versteuert wurde.

akwDie große Gratis-Haftfluchtversicherung für Banken, der Staat, wird von Seiten des Neoliberalismus kampagnenhaft der Unfähigkeit bezichtigt, das gute Geld der Bürger gut anzulegen. Das könne “die Wirtschaft” viel besser. Die Wirtschaft, das ist alles, hinter dem jemand steht, der aus einer Sache Profit schlägt.
Dabei hält sich die Wirtschaft durch erfolgreiche Lobbypolitik gemeinhin die Konkurrenz durch den Staat vom Hals. So etwas wird dann zum Beispiel in Form von EU-Wettbewerbsrecht oder in Form von internationalen Handelsabkommen festgelegt. Hier beschließen die Staatschefs regelmäßig weitreichende Vereinbarungen mit dem Ziel, ihre Haushalte zu ruinieren und Konzernen gute Geschäfte zu ermöglichen.

Die “Bankenrettung” war der Dammbruch, der endgültig die Steuerzahler in Haft nahm für private Profiteure, ohne dass er irgend etwas davon gehabt hätte. Die Dankbarkeit sieht seitdem so aus, dass die Verantwortlichen Banker die nächste Havarie des Systems vorbereiten.
Die angebliche Notwendigkeit der Zweckentfremdung von Steuermitteln zugunsten der Banken ist dabei das Prinzip “Too big to fail”, d.h. Banken sind aufgefordert, möglichst so umfangreiche Geschäfte zu tätigen, dass ihre Insolvenz die Märkte ganzer Länder oder Kontinente zusammenbrechen ließe.

Verantwortung ist Sozialismus

Hans-Peter Burghof hat vor einigen Tagen im Interview mit dem Handelsblatt die Ansicht geäußert, es sei gar nicht möglich, die Banken unterhalb der Größenordnung zu halten, die irgendwann “systemgefährdend” wird und weist immerhin darauf hin, dass darin ein perverser Wettbewerbsvorteil liegt.
Die Großbanken können Risiken eingehen, die sich kleinere Banken nicht leisten können. Deren seriöseres Geschäftsgebaren kann mithin ruinös für sie sein. Der Markt hat das jetzt so geregelt: Wer sprichwörtlich zockt wie gestört, macht das Rennen. Wer aus der Kurve fliegt, erntet Steuergelder.
Und dies zu ändern, schlägt Burghof vor, eine Bankenabgabe einzurichten, die für Großbanken entsprechend höher ausfällt.

Hier wäre anzufügen: Es muss eine Pflichtversicherung eingeführt werden, die dazu führt, dass der Schaden, den sie anrichten, auch von ihnen selbst beglichen werden kann. Jedenfalls, wenn man den Kapitalismus nicht ersatzweise abschafft. Sie würden vermutlich schon bei ersterem Zeter und Mordio schreien, denn sie wollen schließlich keine Verantwortung für ihr Gewinnstreben tragen. Das nämlich wäre Sozialismus.

Alles meins, ich bestimme.

Privatisierung ist gut, Öffentliches Eigentum ist schlecht. Das weiß jeder Stromkunde, der inzwischen eine Woche im Monat für seinen Energieversorger arbeitet. Das Verscherbeln einer äußerst lukrativen Einkommensquelle für die Kommunen wurde als Geniestreich angepriesen. Inzwischen leugnet eigentlich niemand mehr, dass die Konzerne ihre Kunden ausplündern und dabei noch die Netze verkommen lassen. Die grandiosen Regulierungsbehörden schauen dumm zu, die Bundesregierung protegiert die Monopole, und dennoch soll es die Konkurrenz richten, meint Peter Becker. Wenn das mal nicht ein wenig zu optimistisch ist.

Wie es konsequent geht, ohne Schnörkel, dreist und rücksichtslos, demonstriert der Chef der Telekom Austria, Hannes Ametsreiter: “Wir besitzen die Infrastruktur. Wir bestimmen. Punkt.”, meint er und glaubt daher, auch darüber bestimmen zu können, wer für was die Telefonleitungen benutzen darf. Das gehört alles ihm, damit kann er machen, was er will. Ein Kandidat für die Nachfolge Ackermanns?

Der Staat privat

Privatisierung, die Übergabe einst staatlicher Dienste und ihrer Infrastruktur, ändert vor allem eines: Es entbindet den Eigentümer von jeder Verantwortung. Während der Staat sich stets an die eigenen Gesetze gebunden fühlt, soll das Gros der damit verbundenen Einschränkungen für die Privaten nicht gelten. Alles, was die demokratischen Rechte der Bürger sichert, alles was im Interesse der öffentlichen Ordnung ist, soll der Staat sichern und finanzieren. Alles, wovon die Allgemeinheit abhängig ist, soll zum Geschäftsfeld privater Profiteure werden.

Dass der Staat unter diesen Bedingungen nicht wirtschaften kann, soll irgendwen wundern? Wer fällt den bitte auf einen solchen Unsinn herein?
Die Schweden machen das ein bisschen anders. Daheim behalten sie sich vor, die Gesetze noch im Interesse der öffentlichen Haushalte zu erlassen, hier in Deutschland machen sie Kasse als “privates” Unternehmen. Vattenfall plündert die deutschen Stromkunden genauso fröhlich aus wie RWE, Eon und EnBw. Vattenfall aber gehört dem schwedischen Staat.

Oh my. Er ist der Mann, bei dessen Reden ich mich immer gefragt habe: “Wer ist das denn?”. Ein zurückgebliebener kalter Krieger, Freund der Stromwirtschaft und der “unternehmerischen Unternehmer”. Eine furchtbare Strapaze, dem Mann zuzuhören. Was ihn qualifiziert: ja was wohl – das Parteibuch. So sieht sie halt aus, die Resterampe der CSU, der Union im allgemeinen. Mit 16 in die Junge Union eingetreten. Ich kann nicht finden, was der Mann sonst mitbringt. Es ist wohl zu erwarten, dass demnächst wieder mehr vom “Linksterrorismus” gesprochen werden wird, sagt meine Kristallkugel.

Dass einer der letzten Ansehnlichen aus dem Innen- ins Verteidigungsressort verschoben wird, zeigt auf, wie sich die Hierarchie verändert hat. Die Leitung der ehemaligen Parlamentsarmee ist das wichtigste Amt nach dem Kanzleramt. Erinnert mich ein wenig an die Begräbniskommission in der Sowjetunion. Deren Vorsitzender war auch stets der designierte neue Staatschef. Der nächste Kanzlerkandidat der Union heißt also de Maizière.
Und jetzt, liebe Gartenfreunde, schaut euchmal die Diss. von diesem Friedrich an!

p.s.: Der Mann ist so wichtig, dass ich glatt vergessen hatte, seinen Namen zu erwähnen: Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU).

In allertiefster Demut und von Herzen bereuend habe ich die entsetzlichen Tage einer gnadenlosen Jagd auf mich als grundehrlichen, gütigen und im Volk unerreicht beliebten Heerführer durchlitten. Ausgehend von der Denunziation durch einen linken Professor haben die linken Medien einen winzigen Fehler einer meiner Randpersönlichkeiten genutzt, um mich der blutrünstigen Folter ihrer Inquisition zu unterziehen. Inzwischen fehlt mir die Kraft, neue Statements verfassen zu lassen, die meine Heldenrolle noch angemessen darzustellen vermögen. Ich habe daher meinen Rücktritt bei der Bild-Zeitung eingereicht.

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