justitDurch einen Artikel in der Sueddeutschen (die ja nicht mehr verlinkt werden möchte) wurde ich auf eine Einrichtung aufmerksam, die in mir als eingefleischtem Neider und Leistungsfeind einen routinierten Ekel erregt. Allein der Name ist schon preiswürdig: “Law & Leadership Academy”. Dahinter verbirgt sich ein Club, in dem man für 25.000 Euro pro Jahr ergänzend zum Studium an der Uni Trier die Manieren der Elite einüben darf. Von “Ethik” ist da die Rede, von “Schlüsselqualifikationen”, “Führungsmethoden, Kultur- und Kommunikations- Techniken”, antrainiert in “Exzellenzseminaren” und “Kamingesprächen”.

Auf der Startseite begrüßen den Besucher stolzgeschwellte junge Menschen mit albernen Doktorhüten, und der “Präsident” lässt sich ganz offen darüber aus, was er für “Elite” hält. Im weiteren ist, welch feinsinniger Humor, gar von “fordern und fördern” die Rede. Nicht unmittelbar sind dabei wohl die Kosten gemeint, die mit dem Hinweis auf die Einkommensmöglichkeiten von Prädikatsabsolventen in sechsstelligen Beträgen annonciert werden. Wer hat, dem wird gegeben.

Ungerecht, aber politisch gewollt

Das ist das akademische Umfeld, in dem ein von Guttenberg ‘promoviert’ hat. Dessen Fall zeigt vor allem auf, dass gute Kontakte, der Status der Familie und ganz selbstverständlich Geld sehr erheblich sind für das Fortkommen, zumal für höhere Weihen. Dass er eigentlich gar nicht hätte promovieren dürfen, war für ihn kein Hindernis. Bis heute hat niemand eine Antwort darauf, wie das eigentlich begründet wurde.

Es ist zu befürchten, dass die Mitgliedschaft in solchen sich offensiv elitär gebenden Clubs zur Voraussetzung werden kann, als Jurist Karriere zu machen. Diese Entwicklung wäre eine weitere Bevorzugung der Oberschicht in der Rechtspraxis. Als äußerst ungerecht, aber offenbar politisch gewollt, stellt sich die Situation ohnehin längst dar. Ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages sind Juristen. In vielen Landesparlamenten (womöglich den meisten) ist diese Berufsgruppe ebenfalls völlig überrepräsentiert. Dass die für Justiz zuständigen Ministerien gemeinhin von Juristen durchsetzt sind, liegt nahe, ist aber kein wirklich glücklicher Umstand. Sie machen reichlich Gebrauch von dieser Macht, um sich Privilegien und Einkommensquellen zu sichern.

Eine Quelle der Ungleichheit vor deutschen Gerichten ist vor allem der Anwaltszwang. Viele Gerichte und Rechtsbereiche sehen es vor, dass sich Personen nicht selbst vertreten dürfen. Das heißt täglich für Massen von Betroffenen, dass sie sich gar nicht vertreten können, weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Denn hinter dem Anwaltszwang stehen obendrein Gebührenordnungen, die man nicht verstehen muss. So sind Anwälte dazu verpflichtet, ihre Honorare an sogenannten Streitwert auszurichten. Deren Höhe ist für die meisten Bürger ein ruinöser Umstand. Die Begründung für diese Praxis: Es sei nur so eine “geordnete Rechtspflege sicherzustellen”.

Sargnägel der Demokratie

Weil das Rechtsgeschäft eine so komplizierte Sache ist, muss der Anwalt her. Weil der Anwalt schon einmal da ist, muss er so viel Geld fordern, dass man sich das Verfahren eben leisten können muss. Mit dem Anwaltzwang haben sich bereits das BVerfG und der Petitionsausschuss befasst und ihn nicht grundsätzlich angezweifelt oder abgeschafft. Im Gegenteil: Er wurde zuletzt 2009 auch auf das Unterhaltsrecht ausgeweitet.

dociusAnstatt sich die Mühe zu machen, das Rechtswesen zu entstauben, von den Schatten der Vergangenheit zu befreien und zu vereinfachen, erhält sich eine offen elitäre Berufsgruppe selbst die Macht über eine der Staatsgewalten (Judikative), indem sie eine weitere okkupiert (Legislative). Nimmt man zur Kenntnis, dass der Staat sich ohnehin zum Lehen der Parteien entwickelt hat, ist die Macht der Juristen und ihre Ausübung ein weiterer Sargnagel der Demokratie.

Es ist höchste Zeit, dass die Macht dieser Kaste auf ein erträgliches Maß gestutzt wird, dass sie besser kontrolliert wird und die Öffentlichkeit sehr genau hinschaut, wenn sich innerhalb ihrer Zirkel elitäre Seilschaften bilden, die jedem demokratischen Rechtsempfinden Hohn sprechen. Im übrigen ist die Tatsache, dass man sich ein Verfahren vor einem deutschen Zivilgericht in aller Regel nicht leisten kann, ein bitteres Armutszeugnis für den sogenannten Rechtsstaat.

Original Bild oben (bearbeiteter Ausschnitt): Immanuel Giel (by Wikimedia Commons), CC BY 3.0