Die Karriere des Blenders zu Guttenberg ist über die Skandalisierung seiner letzten Affäre hinaus ein Anlass, die Kommunikation über Politik zu hinterfragen. Nicht zuletzt um zu klären, inwiefern eine Ansprache an den Verstand der Menschen überhaupt noch sinnvoll ist. Man muss sich dafür nicht einmal das peinliche Radiogespräch von Holger Klein mit einer Guttenberg-Anhängerin anhören. Die Glorifizierung des geschniegelten Dilettanten hält der einfachsten Nachfrage nicht stand, das kann niemanden überraschen, der sich von der Propaganda nicht hat einlullen lassen. Die Frage: “Was hat Guttenberg gut gemacht?” können dessen glühendste Verehrer noch am allerwenigsten beantworten. Wie denn auch?
Wer nie ein Spiel von Franz Beckenbauer gesehen hat, weiß dennoch, dass er eine “Lichtgestalt” ist. Besser noch “absolute Lichtgestalt” oder etwas mit einem Superlativ. Wer keine Ahnung von Wirtschaft hat und eine solche auch gar nicht entwickeln will, weiß dennoch: ‘Wir’ sind Exportweltmeister, und wie der Name schon sagt, ist das etwas extrem Gutes. Die Identifikation mit einem Status oder einer Gruppe ist dabei schon ein sehr starkes Motiv, die mit einer Person ein noch stärkeres. Es ist nichts anderes als das, was die Psyche von Verliebten prägt. Es sind eigentlich “narzisstische” Triebkräfte, die da am Werk sind, Gefühle, die eigentlich den Bezug der geblendeten Personen zu sich selbst betreffen. Daher ist die Formulierung, man “identifiziere” sich mit jemanden, völlig richtig gewählt. Das Schicksal des Promis wird empfunden, als sei es das eigene. Sein Erfolg ist der seiner Fans, sein Misserfolg ebenso.
Sehnsucht und Kränkung
Exakt deshalb ist der Abstieg des Blenders vom Star zum Betrüger für viele so unerträglich. Sie selbst sind verletzt, sie selbst sind aus luftiger Höhe abgestürzt und fühlen sich jetzt zu unrecht geschmäht. Der Weg in eine von Verstand geleitete Aufarbeitung der Angelegenheit fällt ihnen doppelt schwer: Erstens weil man das Band der Identifizierung nicht mal eben so löst, zweitens, weil man dann die nächste Kränkung erfährt. Denn wenn man dann wieder ganz bei sich ist und nicht mehr Teil der grandiosen Führerfigur, steht man als Depp da, der einem Aufschneider auf den Leim gegangen ist, unfähig, einen Laienschauspieler von einer Gottheit zu unterscheiden.
So endet, was sich von Sehnsüchten treiben lässt, wo Nüchternheit geboten wäre. Wie in allen anderen Lebenslagen, in denen Produkte mit Pomp und PR verkauft werden, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. In der Verschmelzung solcher Verkaufsstrategien mit Politik und Glamour bleibt es nicht bei der lehrreichen Ernüchterung, sondern es wird gewaltiger Flurschaden angerichtet. Je weiter sich die Propaganda von der Wirklichkeit entfernt, desto größer ist die Blamage, wenn der Betrug auffliegt. Dass Guttenbergs Fans das nicht ihm ankreiden, sondern den Medien, ist obendrein ein Reflex, der unbewusst die Richtigen zu treffen sucht. Da wurde einer gemacht und zerstört, und mit ihm die Träume der Entzückten und Entrückten.
Herzschmerz und Propaganda
Das mögen die auf der anderen Seite mit Hohn begleiten, den der Baron allemal verdient hat, zumal er bis heute nicht einsehen mag, dass er an seiner eigenen billigen Legende gescheitert ist. Viel wichtiger aber ist die Frage, wie man sich zu dem Phänomen stellt, das ihm und anderen Trugbildern ihren Erfolg beschert. Was kann man tun gegen eine Melange von Propaganda und Kitsch, gegen Herzschmerz und Promi-PR? Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass Fakten und Vernunft völlig außen vor sind in diesem Spiel.
Ein Minister, der von einer Affäre in die andere geschlittert ist, schon bei den Verhandlungen um Opel nicht koordiniert hat, sondern erst entschlossen die Insolvenz vorantreiben wollte, um dann ebenso standhaft das Gegenteil zu tun. Die Presse adelte derweil den Adel. Dann kam die Linklaters-Affäre. Guttenberg ließ ein ganzes Gesetz von einer Anwaltskanzlei schreiben, teilte das gleichwohl niemandem mit. Der Briefkopf im Gesetzentwurf war freilich ein eindeutiger Hinweis. Es folgten u.a. Kundus-Affäre, Gorch Fock-Affäre, Promotions-Affäre. Aber das sind Fakten und die spielen keine Rolle.
Bildquelle:
Schnöde Realität vs. schöne Illusion
Auf der ganz anderen Seite stehen Angebote wie dieses Blog, und die Frage, die hier immer wieder aufkommt, ist vollkommen berechtigt: Wozu das Ganze? Wofür noch mehr Information, pointierter Kommentar und abweichende Meinung, wenn der grundlegende Bezug auf Fakten offenbar unerwünscht ist? Wozu sich an der schnöden Realität abarbeiten, wo die schöne Illusion herrscht? Wie aufklären, wenn bereits genug gesagt ist und niemand das hören will? Oder gibt es womöglich einen Weg, dem Verstand doch noch zu seinem Recht zu verhelfen?
Ich weiß es nicht. Ein kleiner Hoffnungsschimmer liegt darin, dass vielleicht einige Journalisten mitlesen in den kritischen Blogs und bei den wenigen mutigeren Kollegen. Dass sie sich ärgern, bei der Vollverschleierung des politischen Diskurses erwischt zu werden. Dass es eine multiplizierende Leserschaft gibt, die sie verlieren, wenn sie einen so schlechten Job machen. Dass sich doch der eine oder andere schämt, wenn er seine Artikel von gestern liest. Vielleicht ist Bloggen am Ende aber auch nur Besserwisserei, die mit ein wenig politischer Lyrik tröstet. Ist das besser als nichts?
März 6th, 2011 at 17:30
Respekt, Respekt, Du hast den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen.
Jetzt frage ich mich bloß noch eines: Wessen Hirn steckt in der Pfeife? Guttenbergs, das von Lady Di oder dem durchschnittlichen BILD-Leser?
März 6th, 2011 at 17:47
Das Problem ist auch, wie man die älteren erreicht die aus Gewohnheit CDUSPDETC wählen!
März 6th, 2011 at 17:51
Sehr guter Text!
Ich bin auf jeden Fall ziemlich froh, dass dieser kurzzeitige Einzug der Popkultur in die Politik genau auf diese Art und Weise beendet wurde.
Allerdings befürchte ich, dass der feine Baron in absehbarer Zeit noch eine Zugabe auf der politischen Bühne geben wird.
März 6th, 2011 at 17:54
Wie so oft: Ceci n’est pas une pipe (Magritte)
März 6th, 2011 at 17:54
auf jeden fall kannst du dir dessen gewiß sein, falls deine texte in fünfzig jahr noch durch das netz schwirren, dass einige, wenn sie diese texte lesen, sagen werden: dieser flatter hat es damals schon gewußt, gesehen und ausgesprochen.
März 6th, 2011 at 17:59
Das Bild ist super!
Lady Diana in einem Artikel über den ‘Doktor der Herzen’.
März 6th, 2011 at 18:03
was beckenbauer betrifft, so muss ich dir widersprechen. hätte ich nie ein spiel mit ihm gesehen – er war selbst in schwarzen strumpfhosen beim HSV noch klasse -, dann wäre er für mich eine neoliberale macherfigur wie alle anderen auf dem jahrmarkt der eitelkeiten auch.
März 6th, 2011 at 18:07
was mich betrifft, ich bin Dir, Jochen Hoff, Jens Berger und den NDS, um nur ein paar zu nennen, sehr dankbar für eure Artikel. Ich glaube, dass ich weit davon entfernt bin, mir von den Mainstream Medien das Gehirn waschen zu lassen, aber ihr prangert immer wieder Misstände an, die sicher auch den einen oder anderen erreichen und ihm/ihr die Augen öffnet.
Oder um es kurz zu machen, eure Arbeit ist nicht umsonst,
März 6th, 2011 at 18:30
confess, you needed some flattering.
März 6th, 2011 at 18:43
“Vielleicht ist Bloggen am Ende aber auch nur Besserwisserei, die mit ein wenig politischer Lyrik tröstet. Ist das besser als nichts? ”
Ja, eine Frage, die sich so gut beantworten lässt, wie die (solipsistische) Frage ob die ganze Welt nur mein Bewusstseinzustand ist und gar nichts mehr.
Wenn ich am Rande dieser Bankrotterklärung stehe, dann lasse ich mich zuerst überzeugen, dass alles, was ich über die Geschichte der Menschheit gelernt habe, NICHT eine reine Erfindung ist. Dann stelle ich fest, dass es einen Fortschritt geben musste: Es gab Sklaventum, Inquisition, Faschismus, Massenmorde, Genozide, Gulag, … Die Verfassung der Gesellschaft in der wir leben, ist heute doch besser. (Warum sonst sind sogar die westlichen Unterschichten so still?) Das kann als Fortschritt betrachtet werden. Ja, dieser Fortschritt ist langsam und das macht traurig, aber es gibt ihn – würde ich sagen. … Und man hat auch Kinder und dann denkt man: Da hat man etwas freiwillig „verursacht“, und deshalb, sogar wenn TUN und NICHTSTUN an sich gleichwertig wären, soll man doch was tun – warum nicht?
(Jawohl, meine ganz private Philosophie)
März 6th, 2011 at 18:49
Das sind so die Blüten der kulturellen Evolution. Wir hatten bisher den Sarrazin, wir hatten den Gutte. Als nächstes kommt der Sarrazgutte? Dann ist’s vorbei.
Was mich heute echt erschreckt hat, war diese unverfrorene Diskussion im Pressclub mit diesem Michael Hirz und dabei war auch eine unmögliche amerikanische Journalistin namens DeLisle, natürlich auch noch ein komplett verbiesterter Tichy, aber denn nimmt ja keiner wirklich ernst.
Und die haben tatsächlich das Fass aufgemacht, dass in Deutschland eine “moderne Politik” a la Guttenberg keine Chance habe und bedauerten das durch die Reihe. Der Italiener in der Runde meinte doch tatsächlich, in Italien wäre das alles gar kein Problem gewesen aber in Deutschland sei man ‘halt’ noch nicht soweit (hat er tatsächlich ‘halt’ gesagt?).
Man hatte das Gefühl, die würden sich über einen Berlusconi bei uns freuen. Diese Sendung war ein Skandal. Unterirdisch dumm (übrigens vor allem diese Amerikanerin, schlichter und falscher als deren Argumentation geht’s einfach nicht).
Es wird Zeit, die Öffentlich-Rechtlichen massiv zu kritisieren und denen mal so richtig unangehm zu kommen, vor allem diesen Sendungen, die das normale Volk zur politischen Weiterbildung nutzt, (Tagesschau, Heute-Journal, Presse-club, Bericht aus Berlin, etc.) die lesen ja keine Blogs. Wir sollten einfach affirmativ und ausdauernd den Austausch des unfähigen Personals dort fordern. Das sind doch alles selber Guttis.
Nicht umsonst wird bei diesen Sendungen peinlichst darauf geachtet, dass sie nur von bewährten Stock-Konservativen moderiert werden. Denn die haben diese sedierende Wirkung auf den Zuschauer. Die schaffen es, durch die Konnotierung einer normalen Nachricht (z.B. Rücktritt eines Betrügers namens Guttenberg), aus dem Typen einen Heroen zu machen mit Hilfe penetranter Attributierungen wie ‘Lichtgestalt’ und ‘Ausnahmepolitiker’.
Wie diese Art von Propaganda-Journalisten ticken, ist durch den heutigen Presse-Club unwiderlegbar dokumentiert (finde leider das Video nicht).
März 6th, 2011 at 18:55
Ich stimme 100% Maldoror zu!
Im Konsumpf gab´s da neulich auch theoretisch-strategische Überlegungen: https://konsumpf.de/?p=1960
Dabei geht es um Meme Warfare, so eine Art Propagit-Dauerbearbeitung. Klingt anfangs etwas kurios, hat aber nix mit Chemtrails, Iluminaten o. Ä. zu tun.
März 6th, 2011 at 19:05
@klaus baum(9): Mean me? Wieso, wegen der Frage am Schluss? Ich frage mich das wirklich gelegentlich. Das Gute daran ist, dass ich als Besserwisser eh meist motiviert bin.
März 6th, 2011 at 19:06
@ Schrödibär,
den Frühschoppen habe ich mir heute auch angesehen.
Viel mehr ich wollte mir das anschauen, hab aber schon nach 10 Minuten entnervt und angewidert abgeschaltet. So was von eindeutiger Manipulation ist schon dreist.
März 6th, 2011 at 19:17
@Kowalski
Das heute war echt ‘ne Grenzüberschreitung. Eine so eindeutige Positionierung von Journalisten für(!) eine populistische Politik habe ich noch nie erlebt.
März 6th, 2011 at 20:02
Wozu Blogs?
Damit sich Interessierte informieren können, die etablierten Medien bieten m.E. keine objektive Informationen mehr – umso wichtiger, daß es alternative Quellen wie Fefe, Feynsinn, Oeffinger, Nachdenkseiten etc. gibt, damit man sich ein realistischeres Bild machen kann.
März 6th, 2011 at 21:03
Danke, flatter. Sehr guter Text – auch wenn oder gerade weil Fragen offen bleiben.
März 6th, 2011 at 22:28
@flatter
Tausend Möglichkeiten etwas zu tun, um dann doch zwischen dem schnellen und langsamen Erfolg, lediglich gegenüber den ausgetauschten Konzepten mit immer gleichen Problemen,
nur den Hoffnungsschimmer finden zu können. Das ist der feine Unterschied, zum Egozentridogmatiker. (Schönes Wort, – gelle ?, aber meine persönliche Bezeichnung für den heutigen Vollblutpolitiker, – auch den privaten). Die Frage ob bloggen Besserwisserei ist, entspricht dem selben Verhältnis wie die Frage, ob jegliche andere Art der Meinungsverbreitung Besserwisserei ist. Dabei ist lediglich nur die Motivation entscheidend. Und der, der fähig ist überhaupt die Frage zu stellen, ist immerhin der Zeit ein Stück voraus. Indem er eine Motivation vermittelt, – die sich erfrischend vom Zeitgeist unterscheidet. Also bleibt der Hoffnungsschimmer.
März 6th, 2011 at 23:28
Mit dem Kopf gegen die Wand, mein Fazit, wenn ich mit einem (oder zwei) Guttifans versuche argumentativ ihre Bewunderung kritisiere.
Immer wieder die Aussage – Fischer hat sogar mit Steinen geworfen und Polizisten verprügelt – um die Argumente gegen KTvG zu ignorieren.
So habe ich einen Link auf den Artikel an diese “Fans” gesendet. Besser kann ich es auch nicht begründen. Meine Befürchtung, das jahrzehntelange BLÖD-lesen dieser beiden wird sie gegen Argumente gefeit haben, die der BLÖD-Ansicht widersprechen.
Seine Freunde kan man sich aussuchen, seine Verwandten nicht.
März 6th, 2011 at 23:58
@unbequemer:
Mir hat mal einer gesagt, zu Beginn der 70er Jahre, man könne den eigenen Hang zu kriminellen Taten nicht dadurch rechtfertigen, dass es auch andere tun. Eine Einsicht, die für Junge Unionisten wohl schon zu hoch ist.
Wie wäre es denn mal mit der umgekehrten Argumentation: Man hat seitens der CDU/FDP die Ypsilanti wegen eines Sinnesänderung fertig gemacht und sie ins politische Abseits gestellt. Täuschen und Fälschen ist schlimmer, als eine Meinung zu ändern.
März 7th, 2011 at 00:00
@flatter, das besserwissen hält uns doch am laufen.
März 7th, 2011 at 00:38
@flatter
“Oder gibt es womöglich einen Weg, dem Verstand doch noch zu seinem Recht zu verhelfen?”
Äh, ist das hier nicht gerade ein Teil des Weges, oder bin ich hier falsch?
Dass hierzuschland jeder an seinem Verstand zweifeln muss, sofern er über welchen verfügt, weil er in einem Land lebt, in dem die Leute Gutti für respektabel zu halten belieben/beliebten, ist doch allgemeinverständlich.
Der sich im letzten Absatz offenbarende Bloggerblues ist daher überflüssig und wehrkraftzersetzend im Hinblick darauf, dass wie weiter oben erwähnt ein Krieg um die Köpfe entbrannt ist, “Meme Warfare”, und hier eine Frontlinie verläuft.Du stehst in der ersten Reihe!
Mach dir eine Scharte in die Tastatur, auch an deiner Enter-Taste klebt blaues Blut!
Du bist ein gottverdammter Scheiß-Held im Ringen mit der Unvernunft. Du hast ihn mit kaputtgeschrieben…
oder pisst du Defaetist?
März 7th, 2011 at 00:46
Schöner Artikel!
@Benjamin
Deine Frage ist berechtigt, aber ich sehe da auch schon Probleme mit den Jüngeren “Wahlvieh”.
März 7th, 2011 at 01:24
Flatter, Blogs wie Deines sind deshalb wichtig, weil vermutlich viele eine Geschichte wie ich hinter sich bzw. noch vor sich haben.
Bis ca. 2000 (da war ich 35) war ich ein “politisch interessierter Mensch”, der regelmäßig die Tagesthemen, Monitor etc. geschaut, den Spiegel gelesen und stramm SPD gewählt hat.
Dann habe ich angefangen mir Fragen zu stellen. Warum muss die Wirtschaft immer weiter wachsen? Wieso dürfen die Löhne das nicht? Kann überhaupt etwas unendlich wachsen? Warum kriegen die Afrikaner kein Bein auf die Erde? usw. usf. Da ich hierauf keine Antworten hatte, und im Bekanntenkreis über solche Selbstverständlichkeiten nicht diskutiert wurde kam ich zu dem Schluss, dass ich einfach nur ein Haarspalter bin, der das Unvermeidliche in Frage stellt, dass es also sinnlos ist, sich solche Fragen zu stellen. Losgelassen hat es mich aber nicht.
Irgendwann las ich dann einen Kommentar zu einem Artikel auf der Webseite der SZ, in dem auf die Nachdenkseiten verwiesen wurde. Ich bin dann gleich mal dahin und habe meinen Augen nicht getraut. Ich war also doch nicht der einzige, der über so einen Quatsch nachdenkt. Und dann habe ich angefangen zu lesen und zu lesen. Zwischendurch fand ich Links zu Deiner Seite hier, zum Spiegelfechter, zu netzpolitik, ad sinistram, weissgarnix etc. etc.
Ich denke, DAS ist der Sinn und Zweck eines politischen Blogs: den Leuten zu zeigen, dass sie nicht allein sind mit ihren Zweifeln und dass das hinterfragen der “Wahrheiten”, die uns Politik und Presse in trauter Eintracht täglich verkünden eben keine Haarspalterei ist, sondern für einen denkenden Menschen völlig normal.
Und zur Außenwirkung von Blogs sei gesagt: Es gab mal ein paar Leute, die haben angezweifelt, dass die Erde eine Scheibe ist. Das wollte damals auch niemand hören und vermutlich wusste Volk noch nicht mal, dass da ein paar Freaks von einer “Weltkugel” schwafeln. Heute redet niemand mehr von der Scheibenwelt (abgesehen Terry Pratchett). Was Du hier machst, ist Pionierarbeit. Ihr Blogger seid im Moment ein kleines Grüppchen mit wenig Geld und noch weniger Publikum. Aber irgendeiner muss halt den Anfang machen und sagen: “… und sie bewegt sich doch!”
März 7th, 2011 at 07:57
Nee, mit Besserwisserei hat das hier nüscht zu tun, Aufklärung vom Feinsten.
Dankbare Grüße…
März 7th, 2011 at 08:00
Das sehe ich, wie Wolfgang @24 genauso. Auch meine Fragen wurden erst durch solche Blogs wie diesen hier beantwortet und ich habe das Gefühl, nicht allein mit meinen Zweifeln zu leben. Ich beteilige mich aber nur selten an den Diskussionen, da ich nicht die Fähigkeit habe, mich so gut ausdrücken zu können. Mir ist aber aufgefallen, das sich manche Online-Medien anscheinend doch auf solche Blogs wie diesen hier einstellen und diese auch lesen. Ist die Reaktion auf diese Blogs dann groß, wird dann meist zeitlich verzögert doch noch ein (wenigstens im Ansatz) kritischer Artikel nachgeliefert. So habe ich es zumindest gestern wieder erlebt. Nach dem großen Rummel um die Pro-Gutti-Demo und den angeblich 500 000 Anhängern, und dann dieser totale Reinfall. Nachdem andere Blogs schon von den lustigen Gegenreaktionen berichtet hatten, brachte z.B. Spiegel-Online dann auch einen Artikel mit einer lustigen Fotostrecke. Ich denke in manchen Redaktionen hat man schon begriffen, das man nicht ignorieren kann, was an guten Informationen durchs Netz läuft, will man nicht auch noch den letzten Leser verlieren.
Das sind für mich schon zwei gute Gründe, diesen Blog, den ich jeden Morgen lese, weiterzuführen wie bisher. Es ist also nicht umsonst und schon gar keine Besserwisserei.
Übrigens fand ich die Aktionen der Anti-Gutti-Fans am Samstag sehr gelungen. Nicht diese haben die Gutti-Fans lächerlich gemacht (das haben die schon ganz alleine geschafft), sondern denen wurde nur ein Spiegel vorgehalten. Ich denke das hat besser getroffen, als viele Worte. Und so mancher wird sich vielleicht vor der nächsten Aktion fragen, ob er sich damit nicht wieder selbst ver…scht und in der Öffentlichkeit lächerlich macht.
März 7th, 2011 at 09:03
Ich verweise auf folgenden Artikel, der klarmacht dass sich manche Leute von Fakten nicht beeindrucken lassen: Es liegt an ihren Gehirnen. Bei Konservativen scheinbar umso mehr.
https://www.boston.com/bostonglobe/ideas/articles/2010/07/11/how_facts_backfire/
März 7th, 2011 at 09:15
-> Wolfgang
“Nichts auf der Welt kann eine Idee aufhalten, deren Zeit gekommen ist!”
Aber wird sie jemals kommen …die Zeit ?
Im Grunde genommen kennt jeder, der sich intensiv mit der Thematik befasst und befasst hat, die Vorhaben, Ziele, Ungerechtigkeiten, Menschen verachtenden Vorgänge etc. in- und auswändig.
Es kommt mir vor wie eine Tischgesellschaft denen eine schlecht gekochte aus verdorbenen Zutaten hergestelle Mehlzeit aufgetischt wurde.Die einen merken gar nichts,die anderen vermuten es könnte mies sein und die letzten diskutieren heftig, belegen,beweisen und erklären ..zweifelsohne der Frass ist faul,schmeckt beschissen und zudem noch viel zu teuer ..aber ..ALLE ESSEN WEITER . Wann werden die ersten Teller fliegen ..wann müssen Kellner, Koch und Wirt schlimmeres befürchten …?
März 7th, 2011 at 09:53
@lazarus09
->Wann werden die ersten Teller fliegen ?
Das ist simpel zu beantworten, wenn es in der Magengegend Schmerzen verursacht. Oder anders ausgedrückt, ist noch einige Jahre hin bis es weh tut, wenn 30% diese Schmerzen haben und noch Hirn, dann kommt der Küchenschrank.
Danke dem Flatter für die, trotz Zweifel, bereitgestellte Aufklärung.
März 7th, 2011 at 09:53
@ attacy Betreff Memetik
chefarztfraulicher:beobachter 2006, Selbstzitat
1976 wurde der Begriff “Mem” erstmals vom Biologen Richard Dawkins in seinem Buch “Das egoistische Gen”, zur Beschreibung sozialen Verhaltens gebraucht. Dawkins “Mem” ist das kulturelle Äquivalent zum biologischen Gen und daraus resultiert die Theorie der “Memetik”. Diese erweitert die Darwinsche Theorie der Selektion auf den Bereich der Kultur. Gedankeneinheiten/Ideen werden innerhalb der Kultur ständig reproduziert. Wie ein Gen fungiert dabei jedes “Mem” als Replikator und es wirken dabei die gleichen Prinzipien wie in der Evolutionstheorie. Die deterministische Kraft solcher Denkmuster nimmt mit der Anzahl der Wiederholungen zu und wird schließlich zur ungeprüft angenommenen Wahrheit. Da ein Verlassen der eingeübten Denkmuster von der Gesellschaft sanktioniert wird, erfolgt also eine Selektion der “Meme” in Richtung des bereits vorherrschenden Memtypus.
Im Informationszeitalter potenziert sich nun die Reproduktionshäufigkeit der “Meme” und damit auch ihre Macht über unser Urteilsvermögen. Allerdings ist es auch viel einfacher für das Individuum geworden, neue “Meme” zu verbreiten. Das zunehmend partizipatorische Informationszeitalter (Web 2.0?) erlaubt auch subversiven Denkmustern eine schnellere Verbreitung. Da “Meme” einen reversiblen Charakter haben, besteht die Hoffnung, die vorherrschenden Denkmuster vielleicht schneller den Realitäten einer sich verändernden Welt anzupassen, als dies in der Vergangenheit möglich war. Die Gehirne der Menschen sind die Wirte auch solcher Meme, die wie Viren in sie eindringen und neues Verhalten hervorrufen können.
Gerade in diesem Moment werden Sie, die LeserInnen, einigen meiner “Meme” ausgesetzt. Womöglich infiziere ich Sie durch meine Überlegung und Sie verbreiten meine Darstellung sogar weiter. Dann habe ich einen “memischen Virus” in die Welt geschrieben. Für diese Übergrifflichkeit werde ich mich nicht entschuldigen, durch einen Kommentar zu meinen Überlegungen können Sie sich ja bei mir mit einem Ihrer “Meme” revanchieren. Streng genommen muss ich mich überhaupt nicht entschuldigen, denn schließlich bin ich im Sinne dieser Theorie ganz wie Sie jetzt ein bloßes Opfer! Hätte ich nicht o.g. Kommentar gelesen… – falsch! Richtig: Hätte dieses Mem nicht über die Zwischenwirte Dawkins und den Autor meine Gehirnwindungen verseucht, dann wären auch Sie von dieser Infektion verschont geblieben.
März 7th, 2011 at 10:38
@Wolfgang: Dann habe ich angefangen mir Fragen zu stellen. Warum muss die Wirtschaft immer weiter wachsen? Wieso dürfen die Löhne das nicht? Kann überhaupt etwas unendlich wachsen? Warum kriegen die Afrikaner kein Bein auf die Erde? usw. usf.
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Ging mir genau so, allerdings bereits Anfang der siebziger Jahre. Dann liest man, liest man viel, informiert sich, bemerkt was…
Und irgendwann & manchmal wünscht man sich verzweifelt, doch wieder so “glücklich” zu sein wie alle anderen: “doof sein und Arbeit haben”.
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Dieter Hildebrandt (anno 1994 in einem Interview:)”Jede Generation fängt immer neu an, nichts zu wissen” – Bedeutet das … daß man von einer zyklischen Verblödung ausgehen muß, die von Generation zu Generation wiederkehrt? Dieter Hildebrandt: “Ich glaube ja”.
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März 7th, 2011 at 10:57
Jeeves meint:
März 7th, 2011 at 10:38 “Dieter Hildebrandt (anno 1994 in einem Interview:)”Jede Generation fängt immer neu an, nichts zu wissen” – Bedeutet das … daß man von einer zyklischen Verblödung ausgehen muß, die von Generation zu Generation wiederkehrt? Dieter Hildebrandt:” “Ich glaube ja”.
Dieser Satz ist und bleibt insofern richtig, so lange sich nichts an den tatsächlichen MACHTVERHÄLTNISSEN in einer Gesellschaft ändert.
Noch immer bestimmt(in der Masse) das SEIN das Bewusstsein!
.
März 7th, 2011 at 11:30
@Jeeves: Ich weiß nicht, ob Hildebrandt da recht hat. Für mich hat das “wissen” bzw. “wissen wollen” vor allem etwas mit sozialer Absicherung zu tun.
Ab ca. Mitte der 60er bis etwa Mitte der 80er lebten wir Deutschen in gesicherten sozialen Verhältnissen. Die Leute, und hier gerade die jungen, hatten Zeit und Muße, sich über das große Ganze Gedanken zu machen. Ergebnisse dieser Gedanken waren z.B. die Studentenrevolten und die Anti-AKW-Bewegung.
In den letzten 25 hat sich dann die soziale Situation drastisch verändert und spätestens seit Hartz IV ist auch hierzulande der soziale Totalabsturz wieder möglich. Das macht Angst. Und wer Angst hat, kann nicht klar denken und der will auch nichts wissen. Zumindest nichts, was nicht direkt mit seiner persönlichen Situation zu tun hat.
Das Motto heute lautet wieder: “Fresse halten und froh sein, dass man arbeiten darf.” (und das Denken wieder den Pferden überlassen, da die ja den größeren Kopf haben). Ganz so, als hätte es diese renitenten 20 Jahre im vorangegangenen Jahrhundert gar nicht gegeben.
März 7th, 2011 at 12:02
@Christian(27): Genau das ist es, was ich meine. Wie hast du den Artikel gefunden?
Ich habe eben einige zentrale Sätze daraus übersetzt und überlege gerade, ob ich das gleich in einen Kommentar packe oder einen Anschlussartikel draus baue.
März 7th, 2011 at 12:30
Nix da mit Sinnkrise! Auf jeden Fall weiter machen (steter Tropfen höhlt den Kopf äh Stein).
Denk doch mal bitte an den verbliebenen denkenden Teil der Bevölkerung – ich kann doch nicht plötzlich mit Bildlesen anfangen ;)
März 7th, 2011 at 12:57
->Wolfgang
That’s it ..aber nichts desto trotz lässt man sich weiter ausnehmen und würde auch wieder das Bäumchen spiel mitmachen und die Verräterpartei mit grünem Anhängsel wählen ..was ja immer wieder zur Frage führt wählen wir wirklich ?
Mich beschäftigt inzwischen mehr die Frage:
WAS KÖNNEN WIR ETWAS WIE,WENN IRGENDWIE MÖGLICH GEWALTLOS ÄNDERN !
Und da wird schon ein Problem sichtbar,die Regierung scheint zu wissen das es gärt,man betreibt seit Jahren ” Insolvenzverschleppung ” und man bastelt an der BW im inneren ..warum wohl ? Weil Wahlen etwas verändern …wohl kaum .Trotz der Sparorgien seit dem “Blanken Hans”um den “Ausgeglichenen Haushalt”, der Rübe vor des Volkes Maul ,ist die Staatverschuldung bei gleichzeitig dramatischem Leistungsabbau in Größenornungen gestiegen die jenseits jeder Vorstellungskraft liegen .
1.938.904.635.075 EURO !(1.938 Milliarden )Schulden
https://www.steuerzahler.de/Verschuldung/7688c8973i1p477/index.html
Anzahl der Menschen auf der Welt 6.900.000.000 (6,9 Milliarden )
Nur mal zur Verdeutlichung ! Und dank Euro können die Länder nicht mehr mit der eigenen Notenpresse ankämpfen, sondern dürfen sich brav bei denen verschulden die sie später retten müssen.. G E N I A L ! Googelt mal nach Gläubigerbanken ;-)
666
März 7th, 2011 at 13:00
Gut, die PR- Show um den Adelsspross ist die eine Seite der Medaille. Mich würde es hingegen nicht wundern, wenn Gutti ganz gezielt abgeschossen wurde, um Platz zu machen für den eigentlichen BW-Reformer, Thomas de Maizière. Als Stimmungsmacher für die Bundeswehr war der Winkonkel aus dem Bayreuther Schloss genau der Richtige. Mit solch einer schneidigen Prinzenrolle an der Spitze hatte die Bundeswehr sicherlich einiges an Renomée zugelegt
Was die Bundeswehrreformen zu einer Söldnertruppe oder Aufstandsbekämpfungselite im Inneren betrifft, hat er, soweit ich weiß, noch nicht einen Finger gerührt. Dafür ist unser jetziger Verteidigungsminister auch viel besser geeignet.
Und noch etwas:
Gutti ist von Anbeginn seiner Karriere als Verteidigungsminister an mit offener Flanke zu Felde gezogen. Eine Leiche im Keller ist eine Sache, aber diese hier war noch nicht einmal vergraben. Da hat sich der sich doch tatsächlich eine Doktorarbeit aufschwätzen und andrehen lassen, deren bloße Existenz seitdem wie ein Damoklesschwert über ihm geschwebt haben muss. Wie kommt jemand mehr als ein Jahrzehnt nach seinem Studium dazu, sich inmitten seines Berufslebens zur Promotion zu entschließen. Den Floh hat dem Ex-Dr. meines Erachtens nach jemand ins Ohr gesetzt, der ihn dadurch an die kurze Leine nehmen wollte. Von selbst ist der nicht auf diese blödsinnige Idee gekommen. Aber seine Eitelkeit oder falsch verstandene Sachzwänge haben ihn auf den Deal eingehen lassen, sein fehlender Anstand hat ihn nicht gewarnt, das ganze Machwerk von fremder Hand fertigen zu lassen, die fremde Hand hat sich irgendwie nicht so recht Mühe gegeben und schon war er fertig für den Abschuss zu gegebener Zeit. Und er hat’s einfach nicht gemerkt, der Gimpel, dass er sich eine Angriffsfläche schafft, so groß wie der Atlantik. Sonst hätte er sich wohl mit einem einfachen Dr.h.c. begnügt.
März 7th, 2011 at 14:10
Eine der besseren VTn, sehr plausibel. Allerdings wäre der Zeitpunkz der Aufdeckung dennoch ein Unfall, da hakt der Plan auch: Wann wer in die offene Flanke fällt, konnte ja nicht vorausgesehen werden. Wenn dann noch der Text für jedermann digital aufrufbar ist, gerät der Plan allerdings zur Lachnummer.
Wie dem auch sei, der Doktor war ein Teil seiner Inszenierung, seiner (beinahe) pathologischen Eitelkeit. Die hätte ihn auch ganz anderes scheitern lassen können, denn es gibt reichlich Konkurrenten, denen er damit auf die Nerven ging. Erika Merkel zeigt, wie es besser geht: keine Meinung, keine Entscheidung und darauf warten, dass die anderen sich gegenseitig massakrieren.
März 7th, 2011 at 14:59
@Lazarus09: Das Problem ist, dass es z.Z. eben keine neue, frische “Idee” gibt, die man den Entwicklungen der letzten 25 Jahre entgegen stellen könnte. Ich erwische mich jedenfalls öfter dabei, dass ich kurz davor bin, den Satz “Früher war alles …” zu beenden. Soziale Sicherheit oder Solidarität mit Schwächeren gelten heute als altmodisch. Für junge Leute hat das was von “Opa erzählt vom Krieg”.
Der Protest gegen die herrschenden Verhältnisse ist immer noch eher rückwärtsgewandt. Im Grunde genommen läuft seit Mitte der 80er ein einziges Rückzugsgefecht. Ganz im Gegensatz z.B. zu den Studentenprotesten, die offensiv waren. “Weg mit dem alten, her mit dem neuen” war die Parole. Das war frisch und sexy und kam deshalb bei den jungen Leuten gut an.
Deswegen brauchen wir Blogs wie dieses hier. Flatter und Kollegen sind vielleicht in der Lage dabei zu helfen die fehlende “neue Idee” zu entwickeln und diese dann knackig zu verbreiten.
März 7th, 2011 at 16:04
[...] Demokratie und Verstand. Versuch einer Erklärung des Erfolgs eines [...]
März 7th, 2011 at 17:37
[...] Hier weiterlesen. Dieser Eintrag wurde veröffentlicht unter fremde Federn. Permalink in die Lesezeichen aufnehmen. ← so ist das LikeSei der Erste, dem dieser post gefällt. [...]
März 7th, 2011 at 21:52
Wieso verzweifeln? Guttenberg ist erledigt und sein Abstieg kam ziemlich schnell. Selbst seine Befürworter wollten für ihn nicht auf die Strasse gehen.
Da der Großteil der Presse schon immer Teil des kapitalistischen Systems und Nutznießer der bestehenden Verhältnisse war, ist es irrational, von diesen Leuten zu verlangen, sie sollen ihre eigene Geschäftsgrundlage zerstören.
Aber zukünftig werden sich diese Leute überlegen, ob sie nochmal jmdn wie Guttenberg nochmal so unkritisch hochschreiben.
Es ist ja nicht nur Guttenberg blamiert, sondern auch seine Hofpresse bestehend aus den Poscharts und Schuhmachers dieser Republik.
März 8th, 2011 at 00:57
“Ein kleiner Hoffnungsschimmer liegt darin, dass vielleicht einige Journalisten mitlesen in den kritischen Blogs”.
Das ist mit Sicherheit so! Kritische Blogs sind eine wahre Fundgrube an Quellen und Argumentation. Die MSM nutzen diese natürlich als wohlfeilen Steinbruch, umgekehrt kommen sie aber auch daran nicht vorbei. Jeder, der heute in den MSM schreibt, muß damit rechnen, daß er von kritischen Blogs zerlegt wird, was dann wieder von anderen MSM aufgegriffen und fürs “breite” MSM-Publikum ausgeschlachtet wird. Zumindest auf der nicht völlig tumben Ebene findet also durchaus ein Feedback statt.
Jüngste prägnante Beispiele sind zwei Artikel vom SF:
- das Bild-Logo aus Streichhölzern: der Spiegel hat sich umgehend bei SF gemeldet.
- der offene Brief der Gorch Fock Besatzung: Es wurde sofort darauf Bezug genommen, wenn auch ohne Quellenangabe.
Ach ja, und natürlich Guttenplag. Hätte die Analyse nicht online stattgefunden, wäre das Ganze wohl nie über Fakultätsebene hinausgekommen.
Das Netz ist inzwischen die mit riesigem Abstand beste Nachrichtenagentur, und Blogs übernehmen den Löwen-Anteil der Bewertung. Tatsächlich ist es kein Problem, sich eine qualitativ hochwertige persönliche Tageszeitung in Form einer privaten Blog-Roll zusammenzustellen.
Der einzige Vorsprung, den die MSM gegenüber Blogs noch besitzen, ist ihre privilegierte Verbindung zu Politik und anderen “Meinungsmachern”, also eine konspirative symbiotische Beziehung, die nicht so sehr der Information dient, sondern der Manipulation. Die MSM ziehen sich zwangsläufig mehr und mehr in diese Nische zurück, wobei das natürlich keiner merken darf, sonst funktionierts ja nicht mehr. Das ist heute der eigentliche Daseinszweck der MSM, natürlich getarnt hinter ‘dpa’-Müll. Als Dienstleister in erster Linie für die “Meinungsmacher” (auch Werbung ist nichts anderes) und nicht mehr für die Konsumenten.
Die MSM zehren heute noch von ihrer Stammkundschaft, die sie aber nach und nach verlieren, je mehr das Internet die althergebrachten Medien verdrängt. Und das wird es auf jeden Fall, denn es ist interaktiv, während die alten Medien naturgemäß auf Broadcasting beschränkt sind. Diese Einschränkung werden sie aus Ressourcen-Gründen auch niemals überwinden.
Überhaupt Ressourcen: Guttenplag war das jüngste “kleine” Beispiel, zu was das Netz da fähig ist.
März 8th, 2011 at 09:25
@flatter
Ich bin vor zwei Wochen über diesen Artikel gestolpert und habe seither schon öfters probiert ihn “an den Mann” zu bringen. Bis dato ist er aber immer in den Kommentaren untergegangen ;)
Ich vermute das ich den Artikel aus den Kommentaren von diesem Blog Eintrag auf billy blog gefunden habe: https://bilbo.economicoutlook.net/blog/?p=10670
Ich habe bis jetzt keine andere Erklärung für die Guttenberg-Fanboys gefunden. Danke für die Weiterverarbeitung als Blog-Eintrag.
März 8th, 2011 at 13:04
[...] Bei Feynsinn werden psychologische Apekte der Guttenberg-Anhänger beleuchtet und dabei die Frage aufgeworfen, ob eine Ansprache an Fakten, an den Verstand und die Vernunft der Menschen überhaupt noch sinnvoll ist oder die auf Emotionen abzielende Propaganda. [...]
März 8th, 2011 at 14:31
Kritische Blogs, das ich nicht lache. Glaubt hier oder anderswo tatsächlich noch einer an den Osterhasen?! Gutti ist doch nicht wegen irgendwelchen vorhersehbaren Netz-Aktionen zurückgetreten, sondern weil es der Hosenanzug so WOLLTE.
Nebenbei ist das Kopieren in der freien Wirtschaft (dazu gehört auch eine Universität, weil die Ökonomisierung jeden Lebensbereich betrifft) völlig normal und wird teilweise sogar gefördert.
Gutti kam, kopierte und verlor, weil er in den Augen der Öffentlichkeit eine charismatische FÜHRUNGSpersönlichkeit darstellt. Mit seinem Rücktritt hat der Hosenanzug seine Kanzlerschaft langfristig GESICHERT (s. die jüngste Pressemitteilung von Kauder).
Kleinbloggersdorf hat sich wieder mal erfolgreich instrumentalisieren lassen. Meinen herzlichen Glückwunsch!
März 8th, 2011 at 14:49
@46: wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Da steht nirgends, Blogger hätten Gutti gestürzt. “Kritische Blogs” sind dort vielmehr erwähnt, weil diese sich an den Jubelarien nicht beteiligt haben.
Monokausale Argumentationen sind meist äußerst schwach. Das ist also der Grund?, und wir Verblendeten kapieren nicht, dass alles andere, was wir noch an Erklärungen finden, ungültig ist?
Dass “charismatische Führerfiguren” das Letzte sind, was ich brauche, habe ich hie und da bereits angesprochen, ebenso dass das ‘Charisma” produziertes Blendwerk ist. Aber ich bin ja auch so blöd und glaube nicht an die Allmacht handelnder Figuren.
März 8th, 2011 at 15:40
also um Kanzler zu sein, mußte er erstmal zurückgetreten werden? Und die Blogger sind das Instrument des Führers gewesen? Wozu denn? Na ja, VTer. Lies Dir mal den verlinkten Artikel im boston, vielleicht lernst du doch was daraus.
März 29th, 2011 at 12:08
Das Problem der Gratwanderung zwischen wahrer Meinung und echtem Einfluss ist überall schwierig. Zumindest ich lese hier und wohl auch einige andere, so dass doch diese Meinungen zählen. Sicherlich sollte keine Illusion vorherrschen, dass auch viele der Illusion leichter folgen und dass Medien noch immer etwas erzeugen können, das kaum Grundlagen besitzt. Es bleibt nur in seinem Einfluss zu arbeiten und die eigene Meinung kund zu tun, dabei sollte stets Hoffnung existieren, dass es auch etwas bewirkt.