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Februar 2011


Der Kongress, der bloggte, trug schon die richtige Bezeichnung. Es war keine Veranstaltung, die grandiose Außenwirkung zeitigte, zumindest aus meiner Sicht aber eine schöne Gelegenheit, Leute zu treffen. Ich habe den einen oder anderen Blogger kennengelernt, Whistleblower, Künstler, Premium-Kommentatoren, Menschen, über die ich bereits geschrieben habe und natürlich auch Kollegen, die ich schon kannte. Das war das Interessanteste, und schon allein dafür würde ich auch einem nächsten Kongress beiwohnen.

kong

Das Gesamtkunstwerk war leider ein wenig puzzled. Zwar haben die satirischen Beiträge, z.T. mit musikalischer Begleitung, ein wenig die Stränge zusammengefügt. Insgesamt fand aber ein echter Austausch zwischen Autoren und Künstlern kaum statt. Das ist bei einer frisch aus der Taufe gehobenen Veranstaltung aber auch nicht anders zu erwarten, so etwas braucht ein wenig Kontinuität.

Die Diskussion, die keine war

Die Veranstalter waren insgesamt tendenziell überfordert, auch das kein Wunder bei so viel Treiben auf den Bühnen und dahinter. Dennoch haben sie das Ding mit viel Charme geschaukelt. Da kann ich nur “Heißen Dank” sagen.

Die größte Enttäuschung war der Part, für den ich angeworben worden war, die “Diskussion” auf dem Podium. Zu wenig Zeit, zu viele Leute auf der Bühne und eine leider äußerst zaghafte Moderation ließen wenig Sinnreiches zu. Der abrupte Übergang zur Publikumsbeteiligung gab dem Versuch den Rest. Gerade als auf der Bühne eine Diskussion hätte in Gang kommen können, wurde das Publikum gefragt, und aus dem kamen fast ausschließlich langatmige Statements, die man auch daheim vor dem Spiegel hätte abgeben können. Die ernstzunehmenden Fragen wurden infolge dessen dann auch nicht mehr beantwortet. Schade.

Den Tag der Whistleblower habe ich leider verpasst, die alten Knochen wollten am Sonntag nicht so recht und haben “nach Ibus gegrölt”. Immerhin habe ich diejenigen, denen ich noch nicht begegnet war, am Samstag beim Essen kennengelernt. Sequence completed.

Und was kommt jetzt?

Jens Berger bemüht sich derweil, die Diskussion nachzuholen, die nicht stattgefunden hat. Sie wäre im Großen und Ganzen auch nur eine gut abgehangene Wiederholung gewesen. Mit Wolfgang Storz war eh nur ein Journalist da, der erwartungsgemäß feststellte, dass Blogger die Presse nicht ersetzen könnten. Ich habe daraus die Lehre gezogen, dass ein fruchtbarer Ansatz eher drin bestehen könnte zu fragen, was Blogger und Journalisten vielleicht gemeinsam schaffen oder voneinander lernen könnten, und zwar ganz konkret. Eine Diskussion, die ich freilich nicht in Abwesenheit der Betroffenen führen kann.

Ein weiteres Fazit, das wenig überrascht, aber dennoch ein weiteres Nachdenken lohnt, ist der Konsens, der in der Dichte der Beiträge sehr deutlich wurde: Ob man das nun als „links“ bezeichnet oder nicht, als „sozialliberal“ oder sonstwas, die gemeinsame Linie verläuft entlang einer fundierten und fundamentalen Kritik des Neoliberalismus. Diese hat nicht nur alle Argumente für sich, sondern auch die Bilder, die Motive, die Ethik und das Gefühl für Gerechtigkeit. Es gilt tatsächlich etwas zu retten an der Demokratie und etwas zu verhindern, auf das wir zusteuern. Die Kräfte, die dafür zur Verfügung stehen, sind noch zu gering. Das zu ändern, kann und darf nicht nur das Anliegen von ein paar Aufrechten ‘aus dem Netz’ sein.

Ein erfolgreicher Anwalt rät seinen Klienten in aller Regel, erst mal den Rand zu halten, um der Gegenpartei nicht unnötig Munition zu liefern. Der KaTe hingegen, gottgleich wie Singstar Mayer-Landshut (sagt der Schäuble jedenfalls), ist so über Kritik erhaben, dass er sich noch munter reinreitet auf seinem hohen Edelross. “Nach bestem Wissen und Gewissen” habe er seine Dissertation verfertigt, eingetütet und für sein Werk erklärt. Eine dem entsprechende Erklärung muss man als Doktorand ja auch abgeben.

Ein Wissen, das nicht seines ist und ein Gewissen, das nicht einmal zuckt, wenn er gegen die paar eisernen Regeln verstößt, die bei einer Promotion zu beachten sind. Das Plagiieren ist dabei übrigens nicht bloß eine ‘Raubkopie’ zum leistungslosen Konsum. Der Plagiator gibt sich damit als Autor aus, das ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber.

Nicht, dass es mich wundert, aber festgehalten werden muss es einmal: Das ist schon das Beste, was seine Durchlaucht an Wissen und Gewissen zu bieten hat, expressis verbis. zur Kenntnis genommen. Abtreten!

Er sei “fassungslos”, meint die FR über Gesundheitsminister Rösler und glaubt womöglich, damit eine Erklärung dafür gefunden zu haben, warum er nichts in der Birne hat. Dass die Zustände in der Pflege für Patienten und Angehörige fürchterlich sein können, ergibt sich schon allein aus dem organisierten Geiz, den neoliberale “Reformer” so geil finden. Wenn Krankenhäuser und Pflege privatisiert und auf jede denkbare Weise Kosten gedrückt werden, ist solches Leid eine unmittelbare Folge – oder was glaubt ihr?

Ganz großes Kino ist der gespielte Witz über das Walten der Sachbearbeiter. Bürokratie? Wo gibt es die denn in Deutschland, wenn staatliche Leistungen angefordert werden? Der Lösungsansatz ist Comedy vom Feinsten:
Die Sachbearbeiter sollen durch die geplante Pflegerreform mehr Spielräume bekommen, um nach gesundem Menschenverstand zu entscheiden”. Wer je einen Sachbearbeiter zu Gesicht bekam, weiß, wie gesund deren Menschenverstand sein kann und nach welchen Kriterien Antragsteller zumeist behandelt werden: Pflicht, Gehorsam, Kostendämpfung.

Herr Fassungslos hat wie immer keine Ahnung, wovon er redet, wenn er “reformiert”. Das liegt nicht zuletzt an dem Witz hinter den Witzen: Kommt ein Zahnarzt zum Jobcenter …

Endlich soll das in den USA seit jeher erfolgreiche Prinzip auch in der Bundeswehr greifen: Wer nichts hat, kann auch anderswo sterben gehen. Schulabbrecher, Geringstqualifizierte, Männer ohne Wissen und Besitz sollen künftig gezielt für die Armee angeworben werden. Kameradschaft, Befehl und Gehorsam, Treue bis zum Tod sind ihnen ohnehin besser zu vermitteln als Akademikerkindern.

Als gäbe es nicht ohnehin schon einen rechten Bodensatz bei den unteren Diensträngen, will Adelsspross Guttenberg das offensichtlich noch ausbauen. “Ausländer”, das sieht auch FDP-Lindner so, wollen wir hingegen nicht. Das stört nur das Bild.
Na dann schießt mal schön!

Eine Eloge auf Schalkes Innenverteidiger Metzelder findet sich heute im Sportteil der “FAZ” (die ich bis auf weiteres nicht mehr verlinke). Unter der Überschrift “Der Gentleman-Verteidiger” erfahren wir, wie “reflektiert” der “Vertrauensmann”, “Argumentationshelfer und Kommunikator” sei und dass sich auch Trainer Magath Rat bei Metzelder hole.

Nun fragt man sich ggf., wen das interessiert, zumal die Fußballinteressierten von einem Verteidiger eher erwarten, dass er sich nicht dumm ausspielen lässt. Diesbezüglich waren die Schalker in dieser Saison oft weniger glücklich als die FAZ.
Für die aber zählen andere Werte: Christoph Metzelder ist Botschafter der INSM.

Kurt Becks große Sorge ist, die Politik insgesamt nehme Schaden, wenn keine “Lösung” im Streit um Hartz IV gefunden werde. Die SPD bemüht sich also schon wieder, den Ärmsten in den Rücken zu fallen und wird sich nachher darüber wundern, dass sie damit noch immer keine Wahlen gewinnt. Dabei macht sie doch alles richtig.
In den Gazetten laufen die wirrsten Kommentare dazu auf, selten aber wird darauf verwiesen, dass die “Opposition” staatstragender ist als die Regierung, dabei aber nicht minder untreu gegen die Verfassung. Sonst müsste sie nämlich die Ansicht vertreten: Macht, was wir wollt, wir stimmen dem dann zu, wenn es nicht schon wieder dem Grundgesetz widerspricht.

ballerbStattdessen das Signal: Wenn ihr nicht noch grausamer zu den Menschen seid als wir, dann stimmen wir auch einer verfassungswidrigen Regelung zu. Es hat bis heute keine Ermittlung des Grundbedarfs stattgefunden, die auch nur annähernd den Vorgaben entspricht. So etwas kann und darf nicht Gesetz werden. Das müssten alle so sehen: Regierung, Opposition, Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident. Am Ende wird es aber wieder nur das Gericht in Karlsruhe sein, das so erkennt und entscheidet. Und weiter geht die wilde Fahrt, auf zur nächsten Runde!

Im Interview mit der Sueddeutschen (die ich vorläufig nicht mehr verlinke) stellt sich derweil der neue “Wirtschaftsweise” vor: Lars Feld, der jüngste seit jeher, ein in der Wolle gefärbter Neoliberaler. Die Kosten für die Masse erhöhen, “Subventionen” bei der Masse sparen (Pendlerpauschale), Schulden drücken, Fordern ohne zu fördern, das ist sein geniales Programm für die Zukunft. Solche Geistesschnösel sprießen wie die Pilze aus den Akademien.

Ökonomische Flakhelfer

Ernsthaft ist derzeit Jens Weidmann als Bundesbank-Chef im Gespräch, und nicht minder ohne Witz Peer Sparbrück als EZB-Präsident. Dorthin würde er todsicher den noch Fehlenden im Bunde mitnehmen, Freund Jörg Asmussen, der seit Jahren tatkräftig dabei hilft, Deutschland und Europa in die Krise zu dilettieren.

Passend dazu meldet die FR, dass die Kommunen ohnehin an der Gebührenschraube drehen. Sparen war gestern, heute gibt es dafür weniger Leistung für mehr Geld. Ist ja ganz was Neues.
Bevor der Kapitalismus sich selbst abschafft oder die Rettung in der Inflation sucht, quetscht er noch mal raus, was schon nicht mehr drin ist. Was kann denn schon noch passieren?

Dass die Schlüsselpositionen inzwischen offenbar von ökonomischen Flakhelfern eingenommen werden, macht Mut. Das Ende scheint nahe. Es wäre wohl vermessen, einen Wechsel der Strategie zu erwarten oder auch nur das geringste Abweichen von der Linie. Dazu sind Ideologien mit Absolutheitsanspruch nicht in der Lage, und der Neoliberalismus ist unzweifelhaft eine solche. Das Motto für die diesjährige Session der Alternativlosen darf also lauten: Der Kurs stimmt, nur der blöde Eisberg gehört nicht hierher.

Ich blogge dann mal den Kongress. Oder so. Bis neulich!

Hubert Ulrich, bekannt durch ebenso exzellente wie pikante Beziehungen zur Saar-FDP, für die er den Vorsitz der “Grünen” einnimmt, sieht wieder einmal “Spielraum”. Diesmal geht es um die Möglichkeit, dem schwarzgelben Modell eines weiteren Verfassungsbruchs im SGB II zuzustimmen. Da geht noch was, wenn da noch was geht. Und wie immer geht es ihm natürlich um “grüne” Inhalte. Wie kommt die organisierte Politeska eigentlich immer dazu, die Grünen mit einem “Linksbündnis” in Verbindung zu bringen? Grün, grün, grün sind …

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[update: Tagesschau.de meldet, die Grünen hätten sich jetzt doch dagegen entschieden – weil “nicht die gebotene Verfassungsmäßigkeit” gegeben sei. Und was gab es dann zu verhandeln? Was müsste man den Grünen bieten, damit sie trotz fehlender Verfassungsmäßigkeit zustimmen oder eine fehlende Verfassungsmäßigkeit als gegebene Verfassungsmäßigkeit betrachten?]

Die schwarze Seite der Macht, die Hessen seit Jahren im Würgegriff hält – wähle der Wähler, was er wolle – hat eine äußerst unterhaltsame Paranoia entwickelt. Nach einer verbotenen Demonstration im Landtag haben jetzt mehrere Gewerkschafter Hausverbot im Landtag, was noch nachvollziehbar ist. Die Dramatisierung durch den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU aber ist zu ulkig:

Aufgrund der deutschen Geschichte ist die unabhängige Willensbildung der Parlamente und die Garantie einer störungsfreien Parlamentsarbeit ein hohes Verfassungsgut.”

“Störungsfreie Parlamentsarbeit”, das ist, wenn Medien, Lobbyisten und ein paar gut geölte Abweichler der anderen Seite dafür sorgen, das Schwarzgelb regiert. Das ist, wenn das Parlament die Regierung nicht stört und nicht lange die Nase rümpft, wenn es überall stinkt.

Und selbstverständlich muss man – wegen der deutschen Geschichte – stets gut aufpassen, dass die Gewerkschaften nicht wieder zum Staatsstreich ansetzen.

Vorab empfehle ich mal einen Kollegen, der sich sehr intensiv mit der Situation in Ägypten/Nordafrika beschäftigt. Das Gemerkel der Massenmedien dazu ist ja nicht wirklich informativ.

Es folgt ein wenig Betteley. Wer wissen will, wie reich man durch flattr wird, sei hierdurch davon in Kenntnis gesetzt, dass im Januar ein Klick 28 Cent brachte. Das bringt pro Artikel etwa einen Euro. Immerhin. Seit ich den PayPal Button entfernt habe, ist hier noch eine Spende eingegangen, für die ich mich herzlich bedanke. Ganz nebenbei hatte ich kürzlich eine sehr verzichtbare und dennoch kostspielige juristische Auseinandersetzung, über die ich hier nicht näher berichten möchte. Mit dem Thema ‘Zivilrecht’ und ‘Gebührenordnung’ werde ich mich hier und da sicher noch befassen.

Kurzum: Wer mich unterstützen möchte, kann das einfach per Überweisung auf folgendes Konto tun:

[Grafik gelöscht.]

p.s.: Don’t call me “Stephan”, so heißt nur mein Konto.

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