Der Kongress, der bloggte, trug schon die richtige Bezeichnung. Es war keine Veranstaltung, die grandiose Außenwirkung zeitigte, zumindest aus meiner Sicht aber eine schöne Gelegenheit, Leute zu treffen. Ich habe den einen oder anderen Blogger kennengelernt, Whistleblower, Künstler, Premium-Kommentatoren, Menschen, über die ich bereits geschrieben habe und natürlich auch Kollegen, die ich schon kannte. Das war das Interessanteste, und schon allein dafür würde ich auch einem nächsten Kongress beiwohnen.

kong

Das Gesamtkunstwerk war leider ein wenig puzzled. Zwar haben die satirischen Beiträge, z.T. mit musikalischer Begleitung, ein wenig die Stränge zusammengefügt. Insgesamt fand aber ein echter Austausch zwischen Autoren und Künstlern kaum statt. Das ist bei einer frisch aus der Taufe gehobenen Veranstaltung aber auch nicht anders zu erwarten, so etwas braucht ein wenig Kontinuität.

Die Diskussion, die keine war

Die Veranstalter waren insgesamt tendenziell überfordert, auch das kein Wunder bei so viel Treiben auf den Bühnen und dahinter. Dennoch haben sie das Ding mit viel Charme geschaukelt. Da kann ich nur “Heißen Dank” sagen.

Die größte Enttäuschung war der Part, für den ich angeworben worden war, die “Diskussion” auf dem Podium. Zu wenig Zeit, zu viele Leute auf der Bühne und eine leider äußerst zaghafte Moderation ließen wenig Sinnreiches zu. Der abrupte Übergang zur Publikumsbeteiligung gab dem Versuch den Rest. Gerade als auf der Bühne eine Diskussion hätte in Gang kommen können, wurde das Publikum gefragt, und aus dem kamen fast ausschließlich langatmige Statements, die man auch daheim vor dem Spiegel hätte abgeben können. Die ernstzunehmenden Fragen wurden infolge dessen dann auch nicht mehr beantwortet. Schade.

Den Tag der Whistleblower habe ich leider verpasst, die alten Knochen wollten am Sonntag nicht so recht und haben “nach Ibus gegrölt”. Immerhin habe ich diejenigen, denen ich noch nicht begegnet war, am Samstag beim Essen kennengelernt. Sequence completed.

Und was kommt jetzt?

Jens Berger bemüht sich derweil, die Diskussion nachzuholen, die nicht stattgefunden hat. Sie wäre im Großen und Ganzen auch nur eine gut abgehangene Wiederholung gewesen. Mit Wolfgang Storz war eh nur ein Journalist da, der erwartungsgemäß feststellte, dass Blogger die Presse nicht ersetzen könnten. Ich habe daraus die Lehre gezogen, dass ein fruchtbarer Ansatz eher drin bestehen könnte zu fragen, was Blogger und Journalisten vielleicht gemeinsam schaffen oder voneinander lernen könnten, und zwar ganz konkret. Eine Diskussion, die ich freilich nicht in Abwesenheit der Betroffenen führen kann.

Ein weiteres Fazit, das wenig überrascht, aber dennoch ein weiteres Nachdenken lohnt, ist der Konsens, der in der Dichte der Beiträge sehr deutlich wurde: Ob man das nun als „links“ bezeichnet oder nicht, als „sozialliberal“ oder sonstwas, die gemeinsame Linie verläuft entlang einer fundierten und fundamentalen Kritik des Neoliberalismus. Diese hat nicht nur alle Argumente für sich, sondern auch die Bilder, die Motive, die Ethik und das Gefühl für Gerechtigkeit. Es gilt tatsächlich etwas zu retten an der Demokratie und etwas zu verhindern, auf das wir zusteuern. Die Kräfte, die dafür zur Verfügung stehen, sind noch zu gering. Das zu ändern, kann und darf nicht nur das Anliegen von ein paar Aufrechten ‘aus dem Netz’ sein.