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2008


Ich gucke gern. Zum Beispiel meiner Liebsten beim Einschlafen zu. Das vollzieht sich beim Fernsehen, sie guckt sich Klamotten im TV an, die mir Zahnschmerzen bereiten, aber so bleibe ich immerhin in der Welt. Eine der Sendungen, die da regelmäßig flimmern, ist derzeit “Mein Restaurant” auf “VOX”.
Das Ding ist so übel, daß ich mir auf die Zunge beiße, um nicht ins Vulgäre abzudriften. Da werden Leute vom Sender angestiftet, ein Restaurant zu eröffnen, mit Mitteln des Senders, der die Sache mit einem Sprecherhansel und einem Team von “Experten” begleitet, welche das Ganze beurteilen. Geld gibt es abgestuft nach Leistungsbeurteilung, u.a. durch Tim Mälzer, den charmanten Starletkoch und zwei anderen unsympathischen Leuten, die auch was zu sagen haben.
Inzwischen haben eine gute Handvoll (vielleicht sind es auch zehn – was weiß ich) Restaurants eröffnet, alle mit einer Idee, einem Konzept und mehr oder weniger talentierten Teams. Diese Restaurants sind real, mit echten Chefs und Angestellten und aufwendig gestalteten Räumlichkeiten. Der Wahnsinnclou an der Nummer ist nun folgender: Es darf nur eines geben. Am Ende der Reality-Soap soll nur ein Restaurant bleiben dürfen, die anderen müssen dichtmachen (Lest diesen Satz getrost zweimal). Nachdem sich also hundert Leute Hoffnungen auf einen Job oder eine “Existenz” gemacht haben, läßt man sie nach und nach ins Nichts zurücktaumeln. Diese perverse Geschichte begleitet die Sendung mit aberwitzig-infantilen Ritualen: Wenn ein Laden per Telefonvotum ausgeschieden ist, haben die Teams noch 15 Minuten Zeit, ihre privaten Sachen zu packen, die Gäste rauszuschmeißen und abzusperren. Dazu kommentiert die Stimme auf dem Off: “Für immer, für immer… für immer”.
Das ist in jeder Dimension so behämmert, daß auch ein abendlich sedierter Restverstand hoffen darf, die Inhaber bekämen nach Ende dieses Idiotenentertainments die Schlüssel zurück und dürften weitermachen. Das wäre freilich fast zu schade, denn der losgelassene Zynismus nimmt doch argen Schaden, wenn er posthum in Menschelei endet.
Reality eben: Ihr könnt euch verbiegen, wie ihr wollt, ihr könnt Erfolg haben oder nicht, es mögen Arbeitsplätze daran hängen – who cares?! Wenn der Geldgeber den Hahn zudreht aus irrationalem Anlaß, seid ihr draußen, in fünfzehn Minuten, zackzack!
Als erstes Restaurant hat es eines in Leipzig erwischt, das besonders kinderfreundlich war. Die Kunden konnten ihre (kleinen) Kinder mitnehmen, darauf war das Konzept abgestellt. Aber hallo: Ossis und Kinder? Braucht kein Mensch, wie im richtigen Leben. Wir weinen also kurz mit ihnen und schalten dann um auf Sport und Titten.

Als ich mit Windows XP zum ersten Mal in Berührung kam, hatte ich bereits einige Vorurteile parat, obwohl ich selbst Windows-User war. Mit win98 habe ich alles gemacht, was man einem Betriebssystem antun kann, eine hohe zweistellige Zahl von Neuinstallationen inklusive. Dann kam XP.
Es gab schon vorab diverse Warnungen, und es verging kein Tag, an dem nicht neue Sicheheitslücken und Bugs gefunden wurden. Schlimmer noch war das neue Design, daher auch der Name “Ypspe” oder “Windows Teletubbies”. Als es gar nicht mehr anders ging, weil 98 und ME (ebenso 2000) neue Hardware und vor allem Software nicht mehr unterstützte, habe ich dann gewechselt. Es stellte sich heraus, daß XP ein hervorragendes OS war, das mit relativ wenig Aufwand auf das alte Design unzustellen war und nach dem 300. Update und Service-Pack komfortabel und stabil. Selbst das Auswechseln eines Mainboards mit einem völlig neuen Prozessor verkraftete XP ohne Neuinstallation. Hut ab!
Die Vorberichte zu Vista ließen nichts Gutes ahnen – mit den Systemanforderungen, die allein Vista stellt, fährt man unter XP aufwendigste Anwendungen ohne Probleme. Vista ist mit Maschinen neuester Bauart teils so lahmarschig, daß man sich fragt, ob Billie sich im Hintergrund heimlich Filme anguckt, während die Kiste hochfährt. Die unter XP schon ein wenig nervige Art, ständig zu fragen, ob man denn wirklich einen Druckertreiber installieren will, setzt Vista unnachahmlich fort. was vielleicht irgenwann einmal als “komfortabel” gelten sollte, weil es User vor dummen Fehlern bewahrt, ist einfach unnütz und sperrig.
Das Design ist überladen und nervtötend, unübersichtlich und misslungen. Microsoft ist nicht Macinstosh, und wenn ich einen Appel haben will, kaufe ich mir einen.
Das alles kann man vielleicht noch ertragen, aber die Architektur von Windows ist inzwischen eine Frechheit. Im Zuge der Firmenpolitik, die User als zu kontrollierende Deppen betrachtet, strahlt diese auch auf XP aus. Windows hatte bislang den großen Vorteil, daß die Hardware-Hersteller ihre Treiber darauf abgestellt haben und eine einfache Installation ermöglichten. Auch für eienige Software, vor allem Spiele, war Windows eine gute unkomplizierte Plattform. Das allerdings war gestern.
Die 64-bit-Betriebssysteme von Vista und XP können gar nichts mehr fahren. Wer zocken will, braucht ein 32-bit-XP.
Mir ist in den vergangenen Tagen endgültig die Hutschnur geplatzt, als ich Vista auf Wunsch eines Notebook-Besitzers radiert und XP installiert habe. Die Entfernung von Vista gestaltete sich äußerst zäh, hier haben die Vorinstallation und die auf Vista abgestellte Hardware verdammt hohe Hürden aufgebaut. “Pech gehabt”, mag man sagen – wer kauft schon ein Notebook mit Vista und will eigentlich XP? Nun gibt es ja offiziell noch die Möglichkeit, eine Lizenz für Vista gegeneine für XP zu tauschen. Forget it! Die Microsoft-Hotline weiß davon nichts, der Hardwareherstelller sei zuständig, stellt sich aber leider tot. Egal, es gibt andere Möglichkeiten.
XP also installieren, dann die Treiber suchen und installieren.
Aargh! Versucht mal, einen Radeon-Mobility-Chip ans laufen zu bringen! AMD/ATI macht einen ganz beschissenen Job, man muß sich ein Tool aus dem Netz suchen, das den Treiber erst so hackt, daß er funktioniert. Einer der beiden führenden Grafikchip-Hersteller ist nicht mehr Windows-kompatibel.
Noch nerviger ist aber das ganze Gewese um “Windows-Installer”, “.net” und den ganzen Krempel, den man braucht, um einen blöden Treiber zu laden. Das hat mich stark an die übelsten Sessions mit Linux erinnert. Du willst etwas installieren, was die Distribution nicht mitliefert? Dann saugst du ein Paket, das ein weiteres Paket verlangt, welches man sich suchen und installieren muß, was dann ein weiteres Paket erfordert. Prima, das kann Windows jetzt auch. Es mag ja sein, daß ein neu gekauftes und immer aktuell gehaltenes Windows die notwendigen Packs beinhaltet. Das heißt aber dann, daß eine gekaufte Lizenz für die Tonne ist, wenn man das Betriebssystem einige Zeit später neu aufsetzt. Im Grunde muß man immer ein aktuelles Windows kaufen, weil es billiger ist als die Arbeitszeit, ein vorhandenes auf neuer Hardware zu aktualisieren. Ich selbst habe daher mein im Frühjahr erworbenes eigenes Notebook auch mit installiertem XP bestellt – eine weise Entscheidung!
Ich will mir gar nicht vorstellen, wie DAUs sich auf Vista umstellen sollen. Eine Goldgrube für IT-Helferlein und Seminaranbieter, nehme ich an.
Windows stinkt. Bei mir laufen zwei legale und gut gepflegte XP-Versionen, darauf drei Kreuze! Aber ich will kein neues Windows, definitiv. Ich habe außerdem ein schlankes Linux (Kanotix) laufen, das den nächsten Rechner nicht mehr wird fahren können. Ubuntu war auf meiner Hardware eine Katastrophe, die SUSE mochte ich immer gern, aber zuletzt gab es too much Trouble mit den Codecs für Videos, deshalb habe ich es entfernt. Wie ich hörte, ist das inzwischen besser geworden, daher werde ich die SUSE demnächst wieder aufsetzen und davon berichten. Ich gebe die Vision nicht auf, alle Rechner mit Linux zu fahren und halte das für realistisch. Das einzige ungelöste Problem bleiben Anwendungen, die nur unter “DirectX” laufen. Ich habe etwas gelesen von einem Freak, der DirectX für Linux emulieren will, aber daran glaube ich erst, wenn es wirklich funktioniert. Von daher hoffe ich darauf:
Entweder wird es, von Microsoft oder sonstwem, ein schlankes OS für DirectX-Anwendungen geben (Ja, ich rede von Spielen), oder die Welt wird endlich wach und macht sich unabhängig von der Software-Mafia. Es gibt tolle Spiele, die weniger als tausend GB Speicher brauchen und auf ganz verschiedenen Plattformen laufen. Ich muß nicht die Pickel in Gesicht der Figürchen sehen, schon gar nicht mit Schatten. Ich will etwas, das funktioniert, das sich sich nicht alle 6 Monate ändert, mir meine Gewohnheiten nicht ständig madig macht und bezahlbar ist. Microsoft kann das nicht leisten.

Die Kommentare verteilen sich inzwischen wild auf die einzelnen Artikel, zuletzt hat Ulysses einen recht interessanten Vorschlag gemacht, und zwar unter dem ersten Artikel.
Ich selbst versuche, mich an Vorbereitungen für eine noch unausgegorene Sache zu beteiligen und werde mich dazu äußern, wenn das Früchte tragen sollte. Der Beitrag “Geplättet” versteht sich übrigens als vorläufige Zusammmenfassung der Diskussion, eine eingehendere Analyse hatte ich nicht vor, das kann kann aber gern jemand nachholen – vielleicht im eigenen Blog oder einem Forum.
Weitere Kommentare bitte ich sinnvollerweise unter diesem Artikel zu hinterlassen, falls die Diskussion noch weitergehen sollte.

“Politik machen” heißt, Interessen durchzusetzen. Was auf der Agenda steht, ist mehr oder weniger wichtig, aber in aller Regel einigt man sich darauf, anstehende Entscheidungen zu diskutieren, vorzubereiten und zu treffen.
Ein Extremist in solchen Fragen war der Agenda-Kanzler Schröder. Was er mit seinen Getreuen ausbaldowerte, wurde durchgepeitscht, nicht nur mit dem “Machtwort”, sondern unter wiederholter Rücktrittsdrohung. Alle haben sich dem gebeugt.
Ausgerechnet diejenigen in der hessischen SPD, die ihre Positionen aus den Resten der Schröder-Ära im Einklang mit Schröders Mannen beziehen, haben jede Verlässlichkeit über Bord geworfen und nicht nur regieren unmöglich gemacht, sondern jede Politik der SPD.
Zu fragen: “Woher kommt eigentlich die Wut über die Abweichler?”, womit der Artikel von Timo Frasch auf der FAZ-Homepage eingeleitet wird, ist daher müßig. Ebenso müßig wie die zitierte, dümmlich tendenziöse Behauptung von Forsa, daß 63% der Deutschen “die Entscheidung der drei Abgeordneten Carmen Everts, Silke Tesch und Jürgen Walter, Andrea Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin zu wählen, für gut befinden.” Forsa macht dumpfe Propaganda, und wer Forsa zitiert, tut nichts anderes. Dieselben Trommelschläger, die da feixend applaudieren, würden jede Regierung für heruntergewirtschaftet befinden, der auch nur zwei Abgeordnete die Gefolgschaft verweigern. Also was nun: Erwarten wir völlig freie Parlamentsentscheidungen oder stabile politische Verhältnisse? Ich kann mit beidem leben, aber nicht mit gezinkten Wahrheiten, die nur die herrschende Minderheitsmeinung verbreiten.

Was ganz unten am Rand der Agenda 2010 geschieht, zerstört jede Gemeinschaft und zuerst die Familien. HartzIV bedeutet, daß sich die Armen gegenseitig zu alimentieren haben. Jeder, dessen Tür offen steht für Partner, Verwandte oder Verwandte von Partnern, hat für diese finanziell aufzukommen. Dies bedeutet unmittelbar, daß Solidarität mit den Allernächsten in den Ruin führen kann. Ziehe ich mit meiner Freundin zusammen? Ich bin doch nicht blöd! Nehme ich ihren Sohn auch noch auf? Bin ich die Caritas? Danke, ihr feinen Sparfüchse, euch opfern wir die letzten Reste menschlichen Anstands, damit wir unsere Banken noch hinreichend unterstützen können.

Wer schon mal gar nicht interessiert, das sind die Versager, die seit Jahrzehnten auf keiner Agenda stehen: Die unverschuldet Ungebildeten, die Vergessenen und der ganze Rest derer, die zu stumpfsinnigem Konsum verführt wurden und nie in Kontakt kamen mit der Notwendigkeit, seinen Standesdünkel in angemessener Rechtschreibung zu Papier zu bringen. Während die Leistungslüge für jeden pädagogisch-didaktischen Dilettantismus herhalten darf und kein Ranking zu überflüssig schien, gelten die Hauptschulen inzwischen nicht einmal mehr als Symptom für ein zynisches Schulsystem. Hauptschüler sind in der Masse zu schlecht für eine Überprüfung ihres Leistungsstandes. Viel zu spät erkennen die Vertreter des feudalen dreigliedrigen Schulsystems, daß nichts, aber auch gar nichts mehr zu retten ist. Was tun? Totschweigen! Daß Deutschland in puncto Bildung ein Entwicklungsland ist, soll niemand wissen dürfen. Zurecht bemerkt Thomas Kerstan in der “ZEIT”:
Statt den Leistungstest der Hauptschüler auszusetzen, sollten sich die Kultusminister das Drama vor Augen führen. Und unter diesem Druck endlich die Bildungsverlierer in den Mittelpunkt ihrer Politik rücken.

Wozu? Es ist doch alles sozial in diesem Land. Wir haben doch Arbeitsplätze geschaffen.

Das BKA-Gesetz ist durch. Bereits vorhandene Möglichkeiten zum Kampf gegen den Terror werden genutzt. Es geht voran!

Die FDP ist die wahre soziale Partei Deutschlands. Sie kämpft wie ein Löwe für die Enterbten, die enteigneten Leistungsträger qua Geburt. Leider stellt sich heraus, daß diese Helden nicht lesen können, denn was ihr Versprecher Thiele in seinem Youtube-Video da verzapft, ist blanker Unsinn. Daß Herr Thiele nicht lesen kann, ist bedauernswert. Daß die Partei sich diesen Quatsch zu eigen macht, entlarvt ihn als dreiste Lüge. Mit keinem Wort geht Thiele auf den Gesetzestext ein, stattdessen malt er das Bild von armen Häuslebauern, die enteignet würden und Firmen, die unter der Last der Erbschaftssteuer zusammenbrechen, weil deutsche Unternehmer keine Formulare ausfüllen können. Er garniert seine abgelesene Rede mit Phantasiezahlen und einem Begriff von “Mittelstand“, der suggerieren soll, dabei handele es sich um Kleinstbetriebe. Das entbehrt jeder Grundlage, ist aber äußerst anregend für die ideologischen Tränendrüsen.
Bei jeder Erhebung von Steuern fällt der Partei der Bessergestellten nichts anderes ein, als von “Enteignung” zu schwadronieren, während sie kein Problem damit hat, das von ihrem Klientel angerichtete Desaster mit hunderten Milliarden aus Steuermitteln ausbaden zu lassen. Sie haben nichts gewußt und nichts gelernt. Sie können nicht lesen und nicht denken, aber schwätzen wie der Teufel.
Wer Angst hat vor dem furchtbaren “Linksruck”, sollte sich deutlich machen, daß es zur Großen Koalition nur zwei Alternativen gibt: SPD-Grüne-Linke und eine Regierung mit Beteiligung der FDP. Und wer Gewissensbisse vor dem “Wortbruch” hat, darf sich nichts vormachen: Die FDP bricht ihr Wort nur deshalb nicht, weil bei ihr der Meineid Programm ist.

Gut, daß ich gerade mit einem zickigen Notebook zanke, das erst mit massivem Linux-Einsatz dazu überredet werden konnte, von Vista abzulassen, damit ich Ypspe installieren kann. Mir schwirrt der Kopf angesichts der Reaktionen, die ich da ausgelöst habe. Ich stehe ohnehin noch auf wackligen Beinen, da vor einigen Tagen meine kleine Welt zusammenzubrechen drohte, ganz privat.
Zum uneingeschränkt Guten: Mein Gedanke war der, angesichts meiner Ratlosigkeit bezüglich des Sinns und Zwecks eines politischen Blogs die Leser/innen sprechen zu lassen und eine Debatte auszulösen. Mission accomplished. ;-)

Meine konkreten Ideen haben keinen weiteren Anklang gefunden, was in Ordnung ist. Ich mußte auch keinen Kleinkrieg moderieren, immerhin.
Es gibt Ideen und Hinweise auf bereits bestehende Projekte, von denen ich das von “Mein Parteibuch” hervorheben möchte. Es geht in etwa in die Richtung, die mir vorschwebt, könnte aber in einen wirksameren Rahmen eingebunden werden. Ich stelle mir eine seriöse und professionelle Plattform vor, in der arbeitsteilig und gut vorbereitet gearbeitet werden könnte. Einiges ist mir deutlich geworden: Ein größeres Projekt bedarf einer guten Redaktion. Hier ist viel Vorbereitung notwendig, und eine der größten Schwierigkeiten besteht darin, Eitelkeiten zurückzustellen. Ich sehe einige, die das könnten, noch niemanden, der willens und in der Lage wäre, ein solches Projekt zu betreuen und einen agilen Ameisenhaufen.
Was mich denken läßt, daß die Zeit noch nicht reif ist, ist eine Mischung aus Bedenkenträgern, Schnellschießern und Unentschlossenen. Zu letzteren zähle ich mich selbst. Dies ist eine oberflächliche Einschätzung der Lage. Sie läßt mich nicht daran zweifeln, daß eine andere Öffentlichkeit machbar ist, im Gegenteil: Es brennt vielen unter den Nägeln, wir machen uns Gedanken und suchen nach einem Weg. Daß mein kleines Blog dazu geeignet ist, eine sehr lebhafte Reaktion auszulösen, freut mich sehr und zeigt, daß es ein gewaltiges Potential gibt. Viele kluge Menschen, die nicht bloß unzufrieden sind, sondern beginnen, Vorstellungen zu entwickeln, wie eine wirksame Gegenbewegung zur täglichen Gehirnwäsche zustande kommen kann. Ich nehme nicht zuletzt einige Inspiration mit, um mein Ding hier weiter zu entwickeln. Dafür heißen Dank!
Wie es weitergehen kann: Cobra, übernehmen sie – wer immer sich angesprochen fühlt! Ich selbst sehe mich nicht dazu imstande, die notwendige strukturierende Arbeit maßgeblich zu leisten. Das hat zwei Gründe: Erstens würdet ihr mich hassen, denn außerhalb dessen, was ich für diskutabel halte, bin ich eine autoritäre Sau. Zweitens habe ich derzeit nicht die Kraft und die Zeit dazu. Aber dergleichen habe ich ja auch nicht versprochen.
Die Diskussion ist weiterhin offen, hier im Beitrag von gestern, und vor allem überall da draußen. Rock on!

Im Anschluß an die Diskussion zum Beitrag von gestern möchte ich einiges klarstellen und konkretisieren:
Ich habe in der Hauptsache zwei Anliegen: Erstens eben Ideen zu sammeln für eine größere politische Resonanz. Ob etwas dabei herauskommt, wird sich zeigen. Es geht dabei nicht um Leserzahlen, sondern um eine andere Qualität der politischen Auseinandersetzung.
Zweitens: Ich kenne viele Blogs, in denen sich hervorragende Kommentare zu politischen Themen finden. Man liest sie meist, weil man wissen will, was der eine oder die andere heute zu sagen hat und freut sich darauf, etwas anderes vorzufinden als Mainstream-Meinung.
Dies findet aber alles außerhalb des politisch-publizistichen Komplexes statt. Während woanders Meinung gemacht wird, können wir sie nur kommentieren.
Es wäre schon etwas anderes, selbst Nachrichtenquelle zu sein. Es wäre etwas anderes, wenn man Nachrichtenquellen mit der eigenen Meinung konfrontieren würde. Politiker sprechen nicht mit Bloggern, das sollte sich ändern. Dies geht aber nur, indem wir Kontakt aufnehmen. Sie kommen nicht von selbst zu uns.
Die Idee eines großen “Hauptblogs” oder “Online-Journals” ist nicht so schlecht, ich halte es allerdings für äußerst schwierig. Was soll dabei herumkommen? Nehmen wir einmal drei existierende Angebote, die bereits eine Menge leisten: Telepolis, Net News Global und die Nachdenkseiten. Letztere haben eine große Reichweite und leisten hauptsächlich, was Blogs auch leisten: Kommentare zu politischen Themen. Telepolis macht achtbaren Online-Journalismus, bei aller Kritikwürdigkeit. Net News Global ist eine Nachrichtenquelle, die erfrischend anders ist als die Holzmedien. Könnten wir das alles besser? Ich fürchte nein.
Hinzu kommt, daß die bloggenden Ego-Shooter ihren Job zum Teil gut machen, aber noch kaum jemand belegt hat, daß er arbeitsteilig ebenso gut ist und man sich nicht in endlosen Debatten zerreibt. Ein Angebot von 100 Kommentatoren zu einem Thema hilft niemandem. Wer wäre auch schon fähig, den Job eines Volljournalisten ganz nebenbei zu erledigen? Viele von uns schreiben besser und lesen mehr als die Holzjournalisten, aber das ist nur ein Kriterium und reicht nicht aus.
So what? Ich möchte mit Leuten diskutieren, die keine Blogger sind. Ich möchte eine Auseinandersetzung mit der Politik da draußen. Das heißt, Kontakt aufzunehmen. Meine Idee, daß wir etwa mit unseren Wahlkreis-Vertretern diskutieren, steht dafür exemplarisch. Nicht in der Art von Abgeordnetenwatch, sondern in einer fairen offenen Debatte, in der wir Fragen stellen, uns die Antworten anhören und darauf reagieren. Die direkte Begegnung Face to Face sollte dabei eine wichtige Rolle spielen, das eine oder andere Telefonat vielleicht. Der Austausch online wird ganz selbstverständlich eine tragende Säule sein.
Es ist nicht so irrsinngig schwierig für mich, ein paar Leute anzurufen und um ein Gespräch zu bitten. Ein Termin pro Monat würde sich sicherlich einrichten lassen.
Es ist allerdings damit zu rechnen, daß sich niemand Zeit für mich nimmt. Die Chancen stünden dann schon besser, wenn es eine Kooperation vieler Blogger gäbe, die ähnliches tun und dies öffentlich machen. Um ein Blog mit ein paar hundert Lesern täglich muß sich niemand scheren. Hundert Blogs wären schon eine kleine Macht. Dies ist eine Idee und sicher nicht das Optimum. Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif, vielleicht wird nichts daraus, womöglich hat neimand eine bessere Idee und das Ganze verhallt. Dann kommt hoffentlich irgendwann der Nächste mit der nächsten Idee, und irgendwann ist die Zeit dafür reif.
Es wäre im übrigen gar nicht schlecht, wenn sich jemand vor den Karren spannt, der mehr Ressourcen hat als ich. Außerhalb meines Blogs stehe ich gern in der zweiten oder dritten Reihe.
Die Diskussion ist weiterhin offen. Ideen sind ebenso willkommen wie Vorschläge zur Umsetzung. In einem dritten Teil werde ich später versuchen, die Diskussion zusammenzufassen.

Zur Debatte siehe auch hier

Ich habe einige Monate lang darüber nachgedacht, in eine Partei einzutreten. Schon die Kontaktaufnahme gestaltete sich mehr als zäh. Es mag durchaus sein, daß ich zu halbherzig bin, aber ich stelle fest: Wenn mir nicht signalisiert wird, daß neue Leute willkommen sind und eher Ignoranz als Bemühen herrscht, ist dieser Weg für mich nicht der richtige.
Kritik zu üben und Gegenöffentlichkeit mit langem Atem aufzubauen, ist mir ohnehin das wichtigere Anliegen, aber ich bin unzufrieden damit, daß in einer Zeit des Zusammenbruchs einer neoliberalen Welt noch immer die Halbgescheiten auf allen Kanälen ihre Parolen dreschen können und nur ein kleines unbefestigtes Bloggerdorf dagegen hält, das kaum jemand kennt.
Noch ist es fast ein Jahr hin zur nächsten Merkelwahl, aber höchste Zeit, sich vorzubereiten und mitzumischen.
Ich weiß, daß die Resonanz meines Blogs kaum dafür ausreicht, aber ich wage hiermit einen Versuch, etwas Größeres anzugehen:
Die KommentatorInnen sind gefragt. Wie können wir Einfluß nehmen in dem Sinne, daß eine neue Qualität der öffentlichen Diskussion zustande kommt? Sollten wir womöglich direkt in den “Wahlkampf” eintreten? Könnten wir ggf. selbst Kandidaten in bestehende Parteien bringen? Eine stetige Diskussion mit Kandidaten führen? Den Versuch wagen, auf Wahlprogramme gestaltend einzuwirken? Ideen sind gefragt.
Das politische Spektrum, in dem sich dies bewegt, sollte sozialliberal sein, Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit die Leitlinien, an denen sich das Verständnis von Politik orientiert.
Die Diskussion ist eröffnet.

Wer glaubt, die Große Koalition kenne nur soziale Kälte, sieht sich heute eines Besseren belehrt. Sie ist vielmehr die Koalition der Witwen und Waisen, die ein ganz großes Herz hat für trauernde Milliardärserben. Die Witwe von Hoch und Wohl darf nach dem Ableben ihres Gatten die 200-Zimmer-Kaschemme weiterhin ihr Eigen nennen, ohne dafür auch nur einen Cent Erbschaftssteuer zu zahlen. Das wird ihr über den herben Verlust hinweg helfen.
Auch die Kinder müssen nichts an den Fiskus abführen, solange ihre Wohnung nicht größer ist als 200 m². Das wird einige Erben sehr ärgern, ein Triumph für die SPD, die doch so hart gekämpft hat, damit die Reichen sich angemessen am Steueraufkommen beteiligen.
Ganz große Juristerei ist die Lesart des Karlruher Urteils, welches die Reform notwendig machte. Darin hieß es, Immobilien dürften gegenüber anderen Vermögensarten nicht bevorzugt werden. Der Experte für rechtlichen Rock’n Roll, Volker Kauder, meint, dies
entspreche auch dem besonderen Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz“.
So soll also ein Verfassungsgebot durch ein anderes ausgehebelt werden. Wenn Frau Trump im Tower bleibt, gehört der Kasten ihr – ohne Abschläge. Das ist doch glasklar “Schutz von Ehe und Familie”.
Auch der Besitz von Produktionsmitteln darf nicht schnöde versteuert werden wie Meiers Familienschmuck. Nein, wer den Betrieb zehn Jahre weiter fährt, zahlt keine Steuern. Könnte man dies noch in Ansätzen verstehen, wird der Steuersatz auf 15% reduziert, wenn mindestens sieben Jahre weiter im Namen der Familie produziert wird. Dies ist ein peinlich deutliches Zeichen dafür, daß es überhaupt nicht um das Wohl der Betriebe geht, sondern darum, ein möglichst frühes möglichst einträgliches Verhökern zu ermöglichen.
Sinnvoll wäre es gewesen, die Steuer sowohl für Kleinbetriebe als auch für Immobilien abhängig zu machen vom Gesamtvolumen der Erbschaft. Niemand soll sein kleines Häuschen verkaufen müssen, um die Steuer entrichten zu können. Es ist auch durchaus diskutabel, einen kleinen Palast behalten zu dürfen, wenn jemand sein ganzes Leben dort zugebracht hat. Allerdings ist es nicht einzusehen, daß aus einem möglicherweise gigantischen Restvermögen nichts für die Erbschaftssteuer auf das Millionen-Anwesen herangezogen werden darf. Dieses “Gesetz” ist ein weiterer Akt der Umverteilung. So weit, so ungerecht.
Während man also einen feinen Sinn hat für Geldadel, der nicht aus seinem Haus vetrieben werden darf, zieht man andernorts jeden Cent einer Erbschaft heran, damit nicht jemand auf die Idee kommt, sich einmal im Leben einen schönen Tag zu machen. Wenn ein HartzIV-Empfänger erbt, gilt das Erbe als Einkommen. Bis es aufgebraucht ist, werden die Leistungen eingestellt.
Ich frage mich, wer angesichts solcher Gesetze noch die FDP braucht. Besser können es die Besserverdienenden mit ihr auch nicht haben.

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