Ich gucke gern. Zum Beispiel meiner Liebsten beim Einschlafen zu. Das vollzieht sich beim Fernsehen, sie guckt sich Klamotten im TV an, die mir Zahnschmerzen bereiten, aber so bleibe ich immerhin in der Welt. Eine der Sendungen, die da regelmäßig flimmern, ist derzeit “Mein Restaurant” auf “VOX”.
Das Ding ist so übel, daß ich mir auf die Zunge beiße, um nicht ins Vulgäre abzudriften. Da werden Leute vom Sender angestiftet, ein Restaurant zu eröffnen, mit Mitteln des Senders, der die Sache mit einem Sprecherhansel und einem Team von “Experten” begleitet, welche das Ganze beurteilen. Geld gibt es abgestuft nach Leistungsbeurteilung, u.a. durch Tim Mälzer, den charmanten Starletkoch und zwei anderen unsympathischen Leuten, die auch was zu sagen haben.
Inzwischen haben eine gute Handvoll (vielleicht sind es auch zehn – was weiß ich) Restaurants eröffnet, alle mit einer Idee, einem Konzept und mehr oder weniger talentierten Teams. Diese Restaurants sind real, mit echten Chefs und Angestellten und aufwendig gestalteten Räumlichkeiten. Der Wahnsinnclou an der Nummer ist nun folgender: Es darf nur eines geben. Am Ende der Reality-Soap soll nur ein Restaurant bleiben dürfen, die anderen müssen dichtmachen (Lest diesen Satz getrost zweimal). Nachdem sich also hundert Leute Hoffnungen auf einen Job oder eine “Existenz” gemacht haben, läßt man sie nach und nach ins Nichts zurücktaumeln. Diese perverse Geschichte begleitet die Sendung mit aberwitzig-infantilen Ritualen: Wenn ein Laden per Telefonvotum ausgeschieden ist, haben die Teams noch 15 Minuten Zeit, ihre privaten Sachen zu packen, die Gäste rauszuschmeißen und abzusperren. Dazu kommentiert die Stimme auf dem Off: “Für immer, für immer… für immer”.
Das ist in jeder Dimension so behämmert, daß auch ein abendlich sedierter Restverstand hoffen darf, die Inhaber bekämen nach Ende dieses Idiotenentertainments die Schlüssel zurück und dürften weitermachen. Das wäre freilich fast zu schade, denn der losgelassene Zynismus nimmt doch argen Schaden, wenn er posthum in Menschelei endet.
Reality eben: Ihr könnt euch verbiegen, wie ihr wollt, ihr könnt Erfolg haben oder nicht, es mögen Arbeitsplätze daran hängen – who cares?! Wenn der Geldgeber den Hahn zudreht aus irrationalem Anlaß, seid ihr draußen, in fünfzehn Minuten, zackzack!
Als erstes Restaurant hat es eines in Leipzig erwischt, das besonders kinderfreundlich war. Die Kunden konnten ihre (kleinen) Kinder mitnehmen, darauf war das Konzept abgestellt. Aber hallo: Ossis und Kinder? Braucht kein Mensch, wie im richtigen Leben. Wir weinen also kurz mit ihnen und schalten dann um auf Sport und Titten.